Quelle:
http://www.bfg-bayern.de/rundfunk/180600.htmLieber Leser!
Wieder einmal hatten wir mit dem Bayerischen Rundfunk etwas Ärger. Es wurden Korrekturen angebracht bzw. ganze Passagen gestrichen. Sie lesen hier das Originalmanuskript. Die gestrichenen Passagen wurden vom Bayerischen Rundfunk gestrichen. Die kursiv gedruckten Passagen wurden uns vom Bayerischen Rundfunk vorgeschrieben.
Autor und Sprecher: Hugo Molter
Der Dalai Lama - ein Friedensapostel?
Zu dem tibetanischen Gottkönig und seinem Besuch in München
Guten Morgen, werte Hörerinnen und Hörer!
Wenn wir heute in Europa eine x-beliebige Zeitschrift aufschlagen und Reportagen oder politische Hintergrundartikel über den Himalaya-Staat Tibet lesen, wird uns regelmäßig geschildert, dass dieses Land bis zur Besetzung durch die kommunistische Volksrepublik China das „Paradies auf Erden" war. Man liest von Menschen, welche unter dem Einfluss des buddhistischen Glaubens glücklich und zufrieden mit sich selbst, der Natur und den Göttern gelebt hätten lebten.
Dieses romantische Bild findet auch hierzulande viele Verehrer. Bewirkt wird dies vor allem durch die Erscheinung des Dalai Lamas, der weltweit den Ruf eines Friedens-Apostels wie Mahatma Gandhi hat. Der Dalai Lama – das Wort ist mongolischen Ursprungs und bedeutet: „Ozean des Wissens" – gilt als lebender Gott. Seine theokratische Herrschaft geht auf ein Feudalsystem zurück, das im 16. Jahrhundert begründet wurde und sein geistliches wie politisches Hauptquartier im Potala-Kloster in Lhasa hat. Dort thronen die „Gelben Mützen", ein buddhistischer Mönchsorden, der unter dem Einfluss der Mongolen seine Machtstellung errang.
Die „Gelben Mützen" bestimmen seit dem 17. Jahrhundert, wer König und Gott der Tibeter ist. Und jeder Dalai Lama wird betrachtet als die Reinkarnation (= Wiedergeburt) seines Vorgängers. Kein Zufall also, dass die Sekte nach dem Prinzip der Erbfolge handelt und den nächsten Gottkönig unter neugeborenen Kindern sucht.
Der jetzige Dalai Lama, der auf den bürgerlichen Namen Tenzin Gyatso oder La-Mu-Teng-Chu hört, ist 65 Jahre alt. Er wurde 1939, als vierjähriger Knabe, zur höchsten geistlichen und weltlichen Autorität des Landes erkoren. Als die chinesische Volksarmee 1950 in den buddhistischen Mönchsstaat einmarschierte, floh der Dalai Lama nach Indien. Später kehrte er zwar in den Potala-Palast zurück, ergriff dann aber 1959 erneut die Flucht – und lebt seitdem ausschließlich im Ausland, wo ihm der Ruf vorauseilt, er kämpfe für den Frieden in der Welt und wolle die Religionen aussöhnen miteinander.
Der Dalai Lama verkörpert eine ganz auf Aberglauben ausgerichtete Religion, in der Zauberzettel, Gebetsmühlen, Gebetstrommeln, Amulette, Rosenkränze und Reliquien als Instrumente ständiger zeremonieller Handlungen von großer Bedeutung sind. Für diese religiösen Zeremonien braucht der tibetanische Buddhist den Mönch (oder Lama), der ihn in der Handhabung der magischen Rituale unterweist.
Wer nun diesen Dalai Lama und das System religiöser Magie in Tibet hierorts genauer in Augenschein nimmt und Kritik wagt, muss damit Widerstand rechnen, dass er Deutschlands Innenminister Otto Schily unliebsam auffällt. Immerhin hatte der bayerische Sozialdemokrat Innenminister Otto Schily unlängst den buddhistischen Gottkönig in München zu Gast, um über „Frieden und Gerechtigkeit" zu diskutieren. Veranstalter dieses Treffens zwischen dem deutschen Verfassungsminister und dem tibetanischen Sektenführer war die Münchener SPD. Dass die Einladung an den Herrn der „Gelben Mützen" allen Sozialdemokraten in der Landeshauptstadt Freude gemacht hatte, kann man nicht sagen. Vor allem in der Frauen-Arbeitsgemeinschaft der Partei SPD rührte sich vehementer Widerstand gegen den Dialog mit dem Dalai Lama. Bei diesem religiösen Führer habe man es keineswegs mit einem toleranten Menschen zu tun, meinte die Landtagsabgeordnete Monica Lochner-Fischer.
Der Lamaismus, hielten die SPD-Frauen ihrem Parteifreund Schily entgegen, sei „geprägt von Gewalt und Unterdrückung der Bevölkerung, Dämonenglauben, systematischem Missbrauch kleiner Kinder und frauenverachtenden Ritualen". Die SPD dürfe sich niemals, so die Abgeordnete, die zu den Freidenkern in München gehört, „zu einer religiösen Richtung bekennen, nur weil sich irgendwelche Leitenden zu dieser hingezogen fühlen". Mit gutem Recht könnten andere in der Partei dann „den Papst zu einem Gespräch über den Paragraphen 218 einladen.
Doch der Innenminister fand eine solche Kritik an seiner Entscheidung unerhört. Als der Münchener Freidenker-Verband und das Forum Kritische Psychologie e.V. ihre Vorwürfe gegen den Dalai Lama, die „Kultfigur der Esoterik-Szene", wie der Psychologe Colin Goldner ihn nennt, an die Öffentlichkeit trugen, konterte Schily: „Das sind hasserfüllte Leute, mit denen ich mich nicht abgebe."
Schily ist Jahrgang 1932. Er hat sein geistiges Rüstzeug in einem anthroposophischen Bochumer Elternhaus und in der Waldorf-Schule erhalten, wo die von dem Philosophen Rudolf Steiner entwickelte „Erziehung zur Freiheit" vorherrschend war. Steiners Theosophie – der Versuch, das Übersinnliche, das „Okkulte", durch Wissenschaft philosophisch zu begründen – ist sehr umstritten.
Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung" bestritt der Innenminister, ein Anthroposoph zu sein. Auch als Buddhist will er nicht betrachtet werden. Diese fernöstliche Religion halte er aber für „hoch interessant, spannend und bedeutsam". Mit dem Dalai Lama könne man „ein offenes Gespräch" führen, sagte Schily. Der tibetanische Gottkönig fasziniere ihn als „politische Persönlichkeit", als „ein Mensch, der den Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen führt".
Dem Dalai Lama wurde in München ein großer Bahnhof bereitet. Alle, die sich dagegen zu stellen wagten, bürstete Bundesinnenminister Schily schon vorher in der „Süddeutschen Zeitung" arrogant ab: „Wer Hass im Denken hat, kann nicht richtig denken."
Man sollte Gleiches nicht mit Gleichem vergelten. Dem Herrn Verfassungsminister muss in In aller Klarheit, aber muss dennoch einmal deutlich gesagt werden, dass er Schily mit einem Religionsführer an einem Tisch gesessen ist, der Freundschaften zu alten und neuen Nazis pflegt und sich von ihnen hofieren lässt. Einer, der bis zu seinem Tod vor zwei Jahren auf den Dalai Lama als Freund und Fürsprecher bauen konnte, war der SS-Hauptsturmführer Bruno Beger. Im Vernichtungslager Auschwitz war Beger, der der berüchtigten SS-Division Schäfer angehörte, „Spezialist für Rassenfragen". 1971 wurde ihm in der Bundesrepublik als NS-Kriegsverbrecher der Prozess gemacht. Er kam allerdings schon bald wieder frei – und traf sich häufig mit dem Dalai Lama „in herzlichster" Atmosphäre", wie Colin Goldner vom Münchener Forum Kritische Psychologie für sein Buch „Fall eines Gottkönigs" recherchierte.
Auch der österreichische Weltreisende Heinrich Harrer, der die meisten Bücher über Tibet in Deutschland veröffentlicht und viele Fernsehsendungen über den Himalaja mit hohen Einschaltquoten gemacht hat, war in den 30er und 40er Jahren Nazi. Dass er bis heute ein enger Freund des Gottkönigs ist, hängt auch mit dieser Zeit und einem engen Treuebund zwischen den deutschen Faschisten und den buddhistischen Mönchen zusammen.
Im ersten Kriegsjahr besuchte eine SS-Delegation Tibet und wurde im Potala-Palast vom Staatsregenten Reting Riponche empfangen. Die Nationalsozialisten hatten an Tibet höchstes Interesse, weil sie dort den „Ursprung der nordischen Rassenseele" vermuteten. Bis jetzt verheimlicht der Dalai Lama der Welt, was das Mönchsregime 1939 mit der SS ausgehandelt hat. Vor drei Jahren aber verriet der Gottkönig, angesprochen auf sein Verhältnis zum Ex-SS-Oberscharführer Heinrich Harrer, warum sich die „Gelben Mützen" bis heute nicht von den Nazis distanzieren.
„Natürlich wusste ich, dass Heinrich Harrer deutscher Abstammung war", sagte er. „Und zwar zu einer Zeit, als die Deutschen wegen des Zweiten Weltkrieges weltweit als Buhmänner dastanden. Aber wir Tibeter haben traditionsgemäß schon immer für Underdogs Partei ergriffen und meinten deshalb auch, dass die Deutschen gegen Ende der 40er Jahre von den Alliierten genügend bestraft und gedemütigt worden waren." sagte der Dalai Lama.
Kein Wunder also auch die Freundschaft zu dem ehemaligen Chef der Nationalsozialistischen Partei Chiles. Miguel Serrano, einstmals Botschafter seines Landes in Österreich, strebte nach einem so genannten „esoterischen Hitlerismus". Der „Führer" lebe, behauptete er. Er werde, von einer unterirdischen Basis aus in der Antarktis mittels UFOS die Welt erobern.
Nicht verurteilt hat der Dalai Lama bisher auch die Terrorakte des japanischen Hitler-Fans Shoko Ashara. Der Anführer der mörderischen AUM-Sekte, die ihre U-Bahn-Attentate in Tokio nur als Auftakt zur Ermordung von Millionen Menschen durch Giftgas betrachtete, ging im Exil-Palast des Tibeters im indischen Dharamsala ein und aus. Der Dalai Lama stattete den Terroristen Ashara sogar mit zwei hochoffiziellen Empfehlungsschreiben aus, die dem „kompetenten religiösen Lehrer" Zugang zur japanischen Regierung verschafften, wo er dank der Fürsprache des buddhistischen Gottkönigs für seine AUM-Shinri-kyo-Sekte den „wohlverdienten steuerbefreiten Status" und die „gebührende Anerkennung" fand.
Bevor Mao Tse-tung mit seiner Volksarmee in Tibet einmarschierte, hatte er die Koumintang des Generals Tschiang Kai-schek besiegt und aus China vertrieben. China beansprucht die Herrschaft über Tibet schon seit der Zeit der Mandschu-Kaiser, die 1706 – nach dem Tod des sechsten Dalai Lama – einen Streit im Regierungspalast in Lhasa schlichteten und zwei eigene Verwalter einsetzten, um das Land zu befrieden.
Ende des 18. Jahrhunderts, als der Mandschu-Kaiser Kienlung an der Macht war, erlebte das Reich seine größte Ausdehnung. Tibet wurde zu einem Satelliten degradiert. Doch das Theokraten-Regime der „Gelben Mützen" blieb an der Macht. Die Lamas konnten das Volk nach Belieben weiterhin knechten und ausbeuten.
„Die moderne Geschichtsschreibung weiß längst, dass das alte Tibet keineswegs die friedvolle und harmonische Gesellschaft war, die der Dalai Lama ständig beschwört", schreibt Colin Goldner. So verwerflich und unentschuldbar die Gewalt- und Zerstörungsakte der chinesischen Volksbefreiungsarmee waren, es stimme aber Pekings Propaganda, dass die Mönche dem Volk die „Hölle auf Erden" bereiteten.
„Bitterste Armut und Hunger durchherrschten den Alltag in Tibet", so der Esoterik- und Okkultismuskritiker aus München. „Es gab keinerlei Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen. Wie in der Hindu-Gesellschaft Indiens bestand auch in Tibet eine strenge Hierarchie aus Kasten, einschließlich einer Kaste der „Unberührbaren". Privilegierte beziehungsweise benachteiligte Lebensumstände wurden erklärt und gerechtfertigt durch die buddhistische Karma-Lehre, derzufolge das gegenwärtige Leben sich allemal als Ergebnis angesammelten Verdienstes respektive aufgehäufter Schuld früherer Leben darstellt."
Goldner prangert auch das tibetische Strafrecht an, dass sich durch „extreme Grausamkeit" ausgezeichnet habe. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein sei die öffentliche Auspeitschung, das Abschneiden von Gliedmaßen, das Ausstechen der Augen, das Abziehen der Haut bei lebendigen Leibe üblich gewesen. „Da Buddhisten die Tötung eines Lebewesens prinzipiell untersagt ist", so der Psychologe, „wurden Delinquenten oftmals bis nahe an den Tod herangeführt und dann ihrem Schicksal überlassen. Starben sie nun an den Folgen der Tortur, war dies durch ihr eigenes Karma bedingt."
Der jetzige Dalai Lama räumt inzwischen zwar ein, dass das feudale Tibet „sicherlich nicht vollkommen" gewesen sei. Eine Aufarbeitung dieser grausamen Geschichte und einen deutlichen Bruch mit der Vergangenheit erlebt man jedoch nicht. Die Sekte der „Gelben Mützen" versorgt heute vielmehr die ganze Welt mit Folter-Geschichten aus dem Himalaja-Hochland. Unter dem Regime der chinesischen Militär-Machthaber herrsche in Tibet jetzt „eine totale Missachtung der Menschenwürde", verlautet unaufhörlich aus dem Hauptquartier des vom Dalai Lama. Wie weit diese Vorwürfe zutreffen, ob die behauptete flächendeckende Sterilisierung tibetischer Frauen, die Überflutung des Landes durch chinesische Siedler und die systematische Zerstörung tibetischer Kulturgüter zutreffen, hat noch niemand definitiv bewiesen beweisen können.
Diese Vorwürfe gegen das kommunistische China und seine politischen Herrschaftsansprüche in Tibet, das 680 Jahre von den buddhistischen Mönchen buddhistischer Sekten beherrscht wurde, können jedoch die dunklen Seiten des Feudalsystems der „Gelben Mützen" nicht verschleiern. Noch einmal der Psychologe Goldner: „Die Doktrin der Geluspa ist ein abstruses Konglomerat aus Geister- und Dämonenglauben, verbunden mit menschenunwürdigen Unterwerfungsritualen. Horrende Monster-, Vampir- und Teufelsvorstellungen durchziehen die Lehre des tibetischen Buddhismus. Wer die Gebete der Lamas nicht befolgt, findet sich unweigerlich in einer der sechzehn Höllen wieder."
Eine davon bestehe aus einem „stinkenden Sumpf von Exkrementen", in dem man bis zum Hals versinke. Zugleich werde man „von den scharfen Schnäbeln dort lebender riesiger Insekten bis aufs Maul zerfressen und zerpickt." In anderen Höllen werde man verbrannt, zerschlagen, zerquetscht, von Felsbrocken zermalmt oder mit riesigen Rasiermessern in tausend Stücke geschnitten. Und das, über Äonen hinweg, immer wieder aufs Neue.
Wie sagte doch noch Bundesinnenminister Otto Schily, Gastgeber des Dalai Lama: „Wer hasst, kann nicht richtig denken". Als Colin Goldners Buch über den Gottkönig erschienen ist, wurde ihm in einem anonymen Schreiben angedroht: Tod dem Verräter". Und der Alibri-Verlag in Aschaffenburg bekam ein Paket mit Fäkalien. Da hat die SPD-Abgeordnete Lechner-Fischer garantiert Recht: „Das ist als Psychoterror.