Heute mal wieder eine kleine Lektion von der Gilde der Hütchenspieler. Erst mal das corpus relicti als Ganzes, nicht, daß es heißt, ich würde da was aus dem Zusammenhang reißen.
http://www.welt.de/die-welt/wissen/article6685465/Die-letzten-Geheimnisse-der-Klostergaerten.html[*QUOTE*]
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Die letzten Geheimnisse der Klostergärten
Von Elke Bodderas
8. März 2010, 04:00 Uhr
Bis in die Haifischflossenspitze hinein ist die traditionelle chinesische Medizin der vergangenen Jahrhunderte in Ehren gehalten worden. Ein großer, ein gewaltiger Markt. Aber erst jetzt gehen Pharmakonzerne daran, die Heilkunst deutscher Nonnen und Mönche zu studieren. Die wussten sehr genau, was sie taten
Sie werden keine Taschenlampen dabei gehabt haben. Oder, was noch stilechter gewesen wäre: dicke, blakende Kerzenstumpen. Aber ein merkwürdiger Trupp war es schon, der sich in den hintersten, den finstersten und versunkensten Winkeln der überlieferten europäischen Geschichte zu schaffen machte. Eine bunt zusammengewürfelte, aber hochversierte Gruppe jedenfalls war's - Forscher der Universität Würzburg, Pharmakologen der Charité, Mediziner von der Universität Marburg und vom Arzneimittelkonzern GlaxoSmithkline, allesamt als Forschungsgruppe "Klostermedizin" auf der Suche nach sehr, sehr alten Dokumenten. Wie viel naturwissenschaftliche Wahrheit, wie viel Wissen könnte dran sein an den jahrtausendealten Weisheiten der Heilkunst, niedergelegt auf Tierhäuten, Pergament oder Papier?
Die Forscher frickeln zerbröckelte Herbarien zusammen, fotografieren Rezepte, entziffern Federkielkratzer auf zerfallenem Untergrund. Der Ort des Geschehens: viele kleine und große Klöster in ganz Deutschland und Europa und, vor allem, die Staatsbibliothek München, deren Vorläufer im Jahr 1803 systematisch alle heilkundlichen Schriften beschlagnahmt, zwangsweise enteignet und der eigenen Sammlung einverleibt hatte. Am meisten hatten die Klöster darunter zu leiden, als vor rund 200 Jahren auf Leiterwagen und Pferdefuhrwerken randhoch das beste medizinische Wissen Mitteleuropas in München zusammenkam.
Das alles hat dieser Trupp aus wissenschaftlich gelehrten Neu-Heilkundlern gesichtet. Man darf sicher sein: Sie haben gelacht dabei. Aber nur am Anfang und auch nicht lange. Zum Beispiel bei einem Rezept aus dem 8. Jahrhundert im "Lorscher Arzneibuch". Die Manuskripte stammen aus einem kleinen Kloster bei Worms. Diese Rezeptur beginnt sinngemäß so: Man nehme etwas Schafdung und eine ordentliche Portion Käseschimmel, dazu etwas Honig, "gut verrührt und für 20 Tage auf der Wunde belassen".
"Wir dachten, die spinnen", sagt Johannes Mayer, Medizinhistoriker der Universität Würzburg und Leiter des Teams. Aber nur zu Beginn,
bis sie es ausprobiert hatten. Sie mischten also Schafskötel mit Honig, genau wie geheißen, verrührten es mit den übrigen Zutaten, alles genau nach Rezept. Danach schickten sie das kräuterhexenkesselmäßige Asterix- und Obelix-Wundergebräu durch die Analyse-Apparaturen. Ab da lächelte niemand mehr. In einem dieser Rezepte aus dem Schafstall fanden die Pharmakologen einen Wirkstoff, der Bakterien töten kann. 1100 Jahre vor Alexander Flemings Penicillin-Entdeckung konnten Lorscher Mönche offenbar schon mit einer Rezeptur für Antibiotika dienen.
Knapp 600 medizinisch dienstbare Gewächse hat die Forschergruppe inzwischen zusammen, vom Augentrost bis zum Zinnkraut, von asiatischen Ingwer-Knollen bis zum Hopfen vom Niederrhein. 120 Grünzeug-Heilskandidaten haben sie inventarisiert und beschrieben.
Auf Mikrofilm sind die auf Tierhäuten niedergelegten Erfahrungen, Erkenntnisse, Ratschläge für die Ewigkeit gerettet - komprimiert als eine der weltweit größten Sammlungen von Arzneibüchern des Mittelalters, "eine erste Ausgabe der traditionellen, europäischen Medizin", sagt Mayer, die die Arbeitsgruppe demnächst auch als Weltkulturerbe anmelden will.
Bis ins 13. Jahrhundert waren Europas Klöster eher Ambulanzen und Apotheken als göttliche Weisungsorte. "In der Blütezeit der Klostermedizin blieb Europa von den großen Seuchen verschont", sagt Mayer. Die Ordensmitglieder pflegten nicht nur die eigenen Schwestern und Brüder. Von überall her kam das Volk, sogar Fürsten und Könige wollten ihre Blessuren, ihre Wehwehchen oder ihre tödlichen Infektionen oder Verletzungen behandeln lassen.
Woher die Nonnen und Mönche ihr Wissen hatten? Jedenfalls nicht vom Jäten und Hacken im gepflegten Klostergarten, erklärt Mayer. Dort züchteten sie nach Plan - eben nur das, was sie zuvor erforscht und in seiner Wirksamkeit bewiesen hatten. "Die Brüder und Schwestern gingen raus in die Dörfer, aufs Land, in die Ziegenställe, sie kletterten im Wald den wilden Tieren hinterher und folgten den Schafhirten auf die Berghänge." Dass Tiere eine feine Nase für medizinisch wirksame Kräuter haben, ist seit der Steinzeit eine der wichtigsten Grundregeln der Pflanzenheilkunde.
"Viele wichtige Wirkstoffe sind über das Tier zum Menschen gekommen", schreibt der berühmte französische Botaniker Jean-Marie Pelt in seinem Buch "Die Geheimnisse der Heilpflanzen". Baldrian, zum Beispiel. Über den machen sich Katzen her, wenn sie es so richtig wissen wollen: Sie reiben sich, fressen die Blätter und geraten für zehn Minuten völlig außer sich. Verwurmte Hunde schnappen nach Ackerweizen, und in den Niederlanden hatten Forscher kürzlich mit Naserümpfen Schweine dabei beobachtet, wie sie den Urin ihrer Artgenossen aufschlürften. Als sie der seltsamen Sache nachgingen, stießen sie auf eine erstaunliche Erklärung: "Die Tiere waren mit einem starken Darmmittel behandelt worden, das ihre Nebennierenrinde beschädigt hatte. Im Urin der Verwandtschaft fanden sie wertvolle Hormone und Salze, die ihnen durch die Pillen abhanden gekommen waren, schreibt Pelt in seinem Buch.
Viele der Tees, Salben und Sude, die die Arbeitsgruppe "Klostermedizin" heute in Würzburg in ihren Laboren mischen und mörsern, haben die Schaf- und Schweinehirten vor Jahrhunderten in dunklen Ställen ausprobiert - und ihr Wissen auch hinter die Klostermauern gebracht. "Es gab zwar auch exotische Rezepte", sagt Mayer, "zum Beispiel aus Ingwerwurzeln aus Asien. Aber meistens wurde eher das Naheliegende verwertet."
Sellerie, zum Beispiel. Gegen Potenzprobleme und Lustlosigkeit hilft die Knolle allen Legenden zum Trotz zwar nicht. Trotzdem entfaltet die Pflanze anderweitig wunderbare Heilkraft - etwa bei Bluthochdruck, Verstopfung oder rheumatischen Beschwerden. Dabei hilft der pure Saft der Knolle ebenso wie das Selleriegrün im Tee. Oder der Fenchel: Damals mit "der Milch einer Mutterziege getrunken", fördert er "den zaudernden Gang der verstopften Verdauung". Als Gemüse oder Tee empfiehlt ihn der Hausarzt noch heute - allerdings ohne Ziegenmilch.
Vieles vom medizinischen Erbe der Klöster bereitet heute die GSK-Tochterfirma "Abtei" auf, einige Rezepte brachten es ins Supermarktregal, in die Apotheke und sogar in die Krebsmedizin. Aber wie bei den heutigen Ärzten gab es auch damals Pfuscher: So hat der "Schlafschwamm", getränkt mit Drogen wie Alraune, Bilsenkraut (wichtig auch in der Hexen-"Flugsalbe") und Mohnsaft, viele Menschen treffsicher in die Vollnarkose befördert, hin und wieder aber auch ins Jenseits.
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Lirum, larum Löffelstiel, in der Jauche mixt sich viel... Ein Sud von Wörtern, ein Gebräu, und mittendrin schwappt - völlig unerkennbar für den Laien - der Brauansatz zu doppeltem Blödsinn. Ein echter Biologe würde sich kringeln vor Lachen. Ein echter, aber wo gibt es die heute noch...?
Dann wollen wir mal.
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bis sie es ausprobiert hatten.
Sie mischten also Schafskötel mit Honig,
genau wie geheißen,
verrührten es mit den übrigen Zutaten, alles genau nach Rezept.
Danach schickten sie das kräuterhexenkesselmäßige
Asterix- und Obelix-Wundergebräu durch die Analyse-Apparaturen.[/b]
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"genau wie geheißen" ... Ja, ja, so schnell kann man auf die Nase fallen, wenn man nicht lesen kann.
"genau wie geheißen" heißt nämlich:
"20 Tage auf der Wunde belassen".
Hat man das gemacht? Jede Wette, daß nicht. Warum das Blödsinn Nummer eins ist, wird klar, wenn man weiß, was Blödsinn Nummer zwei ist.
Da gibt es in der Geschichte der Medizin bzw. der Pharmazie einen Herrn Fleming. Der wurde bekannt wegen Penicillin.
In dieser Quelle ist es prägnant beschrieben:
http://history1900s.about.com/od/medicaladvancesissues/a/penicillin.htm[*QUOTE*]
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Alexander Fleming Discovers PenicillinBy Jennifer Rosenberg, About.com Guide
In 1928, bacteriologist Alexander Fleming made a chance discovery
from an already discarded, contaminated Petri dish. The mold that had contaminated the experiment turned out to contain a powerful antibiotic, penicillin.-------------------------------------------------------------
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Ein bißchen Dreck in einer leider nicht sauberen Petrischale, das war nichts anderes als ein Pilz. So ein Pilz ist ein böses Viech, es führt Krieg gegen seine Umgebung. Machen nicht nur Pilze, sondern auch Pflanzen sogar sehr ausgiebig. Warum? Antwort: Die überleben auf diese Weise.
Irgendwas in dem Dreck aus dem Schafstall MUSS mit irgendwelchen Pilzen infiziert sein. Denen gibt man ein Substrat zum Wachsen - und schon produzieren die alle möglichen Stoffe. Wenn man Glück hat, ist was dabei, das Bakterien klein hält.
Man muß kein Prophet sein, sondern bloß ein bißchen von Biologie verstehen, schon ist klar, daß der ganze Mumpitz mit dem Schafstall nichts weiter ist als eine Kultivierung von Pilzen.
Allerdings, ich sagte es schon, lesen sollte man können. Zur Kultivierung gehört nämlich, zu den Pilzen recht freundlich zu sein, denen Feuchtigkeit und Wärme zu spendieren. Und Zeit. 20 Tage auf der Wunde. ERST DAMIT haben die Pilze auch genug Zeit zum Wachsen und sich Vervielfältigen.
Einfach zusammenrühren und schwuppdiwup in die Gaschromatographie oder andere Apparätle, des geht fei net!
Gute Biologen wissen das. :-)
Gute Biologen wissen auch, daß die ganze Umwelt VOLL ist von allen möglichen Bakterien und Pilzen. Einfach in den Dung greifen und schon hat man Myriaden freundlicher Helfer und gemeiner Mörder. Was man erwischt hat, das zeigt dann die Obduktion. Obwohl die zur Zeit von anno Merkwürden sich wohl eher auf das Zuschaufeln des Grabs beschränkte. Die Überlebenden waren in der Minderzahl.
"1100 Jahre vor Alexander Flemings Penicillin-Entdeckung konnten Lorscher Mönche offenbar schon mit einer Rezeptur für Antibiotika dienen." Konnten sie? Nein, natürlich nicht.
Wenn man den Versuch immer wieder macht, wird man feststellen, daß das benutzte Substrat für EINIGE Pilze und Bakterien gut ist, und für andere nicht. WELCHE man sich da aus dem SchafscheiB holt, weiß man nicht. Es ist eine Lotterie mit dem Leben des Kranken. Aber Esotter sind da nicht pingelig, die zählen nur die Überlebenden, die Toten lassen sie sang- und klanglos verschwinden.
Von einer REZEPTUR kann also keine Rede sein, sondern von einer Lotterie. Daß sich die Naturheilpfuscher wieder auf den altem Mist (sic!) stürzen, zeigt nichts anderes, als daß mehrere Jahrhunderte Grundlagenerkenntnisse der Biologie an ihnen spurlos vorüber gegangen sind. Aber das wußten wir bereits, denn sie beweisen EBEN DIESES täglich.
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