Die Drahtzieher / Hintergruende und Methoden > Die Akte Scientology
Verfassungsschutz 2001 über Scientology
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Der Geheimdienst der Scientology-Organisation
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Landesamt für Verfassungsschutz
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Die geheimdienstlichen Vorläuferorganisationen
(1959 - 1966)
Das "Handbuch des Rechts"
Der "Spezialbereichsplan"
"Department of Government Affairs" (Abteilung für Regierungsangelegenheiten)
"Department of Official Affairs" (Abteilung für Offizielle Angelegenheiten)
"Public Investigation Section" (Öffentliche Ermittlungsabteilung)
Das "Freiwild"-Gesetz
III. Das "Guardian Office" (GO) (1966 - 1983)
Gründung und Aufbau
Die Abteilungen und Aufgabenbereiche des GO
Strategien und Programme des GO und ihre Hintergründe
Taktiken und Methoden des GO
Die Zerschlagung des GO
IV. Das "Office of Special Affairs" (OSA) (1983 - 1997)
Alter Geheimdienst in neuem Gewand: Gründung und Aufbau des OSA
"Department of Special Affairs" (DSA) - die Unterabteilungen des OSA in Deutschland
Strategien und Programme des OSA und die Diffamierungskampagne gegen Deutschland
Taktiken und Methoden des OSA
V. Bewertung
Anhang: Abkürzungsverzeichnis
Vorwort
Anhang: Abkürzungsverzeichnis
Homepage
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Landesamt für Verfassungsschutz
Der Geheimdienst der Scientology-Organisation
- Grundlagen, Aufgaben, Strukturen, Methoden und Ziele -
"Wir haben im Sinn, alles aus dem Weg zu räumen,
das aus dem Weg geräumt werden muß,
ganz egal, wie groß es auch sein mag,
um eine Zivilisation zu schaffen,
die tatsächlich überleben kann". 1
L. Ron HUBBARD
I. Einleitung
Seit einigen Jahren führt die Scientology-Organisation (SO) gegen die Bundesrepublik Deutschland sowie gegen bekannte Scientology-Kritiker eine beispiellose Diffamierungskampagne, mit der versucht wird, Deutschland als religiöse Minderheiten verfolgenden Unrechtsstaat zu verunglimpfen und Kritiker einzuschüchtern und mundtot zu machen. Legitimiert und initiiert werden diese systematischen und ideologisch motivierten Angriffe von der obersten Führungsspitze der SO. Scientology sieht sich als kriegführende Partei im Kampf gegen "Unterdrückung", in dem ihr alle Mittel erlaubt sind. Organisiert und koordiniert werden diese Aktionen gegen einzelne Kritiker, Gruppen oder Regierungen von einer geheimdienstähnlichen Organisation innerhalb der Gesamtstruktur von Scientology, dem "Office of Special Affairs" (OSA). Bereits 1986 hat die Münchener Staatsanwaltschaft in einer Verfügung festgestellt, daß Scientology zur Abwehr ihrer inneren und äußeren Gegner auch geheimdienstliche Methoden anwende, im Grenzbereich zur Illegalität operiere und gegebenenfalls auch nicht vor kriminellen Aktionen zurückschrecke. 2
Für die Arbeit des Verfassungsschutzes eröffnet sich in dieser Hinsicht ein Beobachtungsfeld, dessen Ergebnisse für die Einschätzung und Bewertung der SO von höchster Bedeutung sind.
Zu Recht wird darauf hingewiesen, daß Scientology wie kaum eine andere pseudo-religiöse oder vergleichbare Gruppe die ihr aus der Gesellschaft entgegenschlagende Kritik oder Ablehnung - antizipierend und ausnützend - lehrmäßig systematisch integriert und sie den Konflikt mit der nichtscientologischen Außenwelt als stabilisierendes Moment in ihre Ideologie eingebaut hat. 3
Zu kurz greift allerdings die Schlußfolgerung, daß der von Scientology geführte "Krieg", die "Kriegskasse", die geheimdienstähnlichen Einrichtungen und nicht zuletzt die z.T. international geführten Kampagnen weniger nach außen, sondern vorrangig nach innen zielen. Der provozierte Konflikt ist nicht nur zweckdienliches Mittel zur Sicherung einer strikten Gefolgschaft - dies allenfalls als Nebenprodukt -, sondern Bestandteil einer aus theoretischen Richtlinien und Handlungsanweisungen entwickelten Strategie, die darauf gerichtet ist, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die der Expansion von Scientology im Wege stehen.
Der Absolutheitsanspruch der Scientology, die sich selbst als eine "angewandte religiöse Philosophie" bezeichnet, klingt bereits in der Übersetzung ihres Namens an: "wissen, wie man weiß". Nach Darstellung HUBBARDs ist die von ihm "entdeckte" Scientology eine "Wissenschaft vom Wissen" und vom Leben selbst, sozusagen eine axiomatische Lehre, die keiner Kritik mehr zugänglich ist, weil sie geistige Naturgesetze beschreibt, die nur akzeptiert, aber nicht ignoriert oder gar straflos übertreten werden können. Die Mitglieder der SO sind daher nicht im religiösen Sinne "gläubig", sondern verstehen sich als Wissende, die ihr Wissen weitervermitteln sollen.
Gegenüber der Öffentlichkeit gebraucht die SO - anders als im internen Sprachgebrauch - eine religiöse Terminologie, um den Schutz der verfassungsrechtlichen Garantien für Religionsgesellschaften und um weitere z.B. steuerrechtliche Vorteile zu erlangen. Obwohl Scientology zu Recht der Charakter einer Religion abgesprochen wird, ist andererseits aber nicht zu übersehen, daß sie trotz ihres Strebens nach Geld, Macht und Einfluß nicht ausschließlich von materialistischen Motiven beherrscht wird, sondern ihre Unternehmensphilosophie auf eine geistige Ebene hebt. Die SO strebt "weltliche" Macht an, um letztlich auf dieser Basis die von ihr postulierte universelle Befreiung des menschlichen Geistes - "Thetan" genannt - mittels ihrer geistigen "Technologie", dem sogenannten "Auditing", durchsetzen zu können. Für Scientologen geht es daher um mehr, als "nur" um Macht und Einfluß: Es geht für sie um ihr ewiges Schicksal und das des Planeten. Scientology ist von ihrem Ursprung und Wesen her eine "geistesmagische" 4, mit sozialdarwinistischem Gedankengut verbrämte Lehre vom "Überleben", die Elemente aus dem Gnostizismus, dem Okkultismus, der Psychologie und Psychotherapie sowie der Science Fiction-Literatur verarbeitet und die auf Beherrschung und Kontrolle über und durch den menschlichen Geist abzielt. Ihr oberstes, wenn auch unrealistisch fernes Ziel ist geistige Weltbeherrschung sowohl als weltweit anerkannte individuelle Erlösungsphilosophie als auch im Sinne einer allgemeingültigen Staatsdoktrin, nach deren Grundsätzen sich alles staatliche und gesellschaftliche Handeln richten soll. Die SO will dazu den einzelnen Menschen und insbesondere die Führungseliten im scientologischen Sinne umprogrammieren und alle gesellschaftlichen Institutionen unter ihren Einfluß und damit letztlich unter ihre Kontrolle bringen. Ziel ist die "Befreiung" des Planeten ("Clear Planet") und die Errichtung einer "neuen Zivilisation ohne Geisteskrankheit, ohne Verbrecher und ohne Krieg". Die SO rechtfertigt ihre Bestrebungen mit der Behauptung, die einzige "Technologie" - im Klartext: Ideologie - zu besitzen, mit der das Überleben der Menschheit gesichert werden könne. Scientology ermögliche auch erstmals die Bildung "einer wirklichen Demokratie." Diese werde entstehen, "wenn wir jedes Individuum von den unmoralischeren reaktiven Impulsen befreit haben". 5 Scientology nimmt diese Ziele absolut ernst:
"Wir spielen nicht irgendein unbedeutendes Spiel in der Scientology. ... Die gesamte qualvolle Zukunft dieses Planeten ... und Ihr eigenes Schicksal für die nächsten endlosen Billionen Jahre hängen davon ab, was Sie hier und jetzt mit und in der Scientology tun. Dies ist eine tödlich ernste Angelegenheit". 6
Die drei entscheidenden Elemente zur Umsetzung der scientologischen Strategie sind 1. "Ethik", 2. "Technologie" und 3. "Verwaltung" (Administration). "Ethik" ist nach scientologischem Verständnis "Vernunft in Richtung auf die höchste Stufe des Überlebens" 7 für das Individuum und die gesamte Menschheit; oder in der Sprache der Scientology anders ausgedrückt: Das größtmögliche Wohl für die größtmögliche Anzahl an "Dynamiken" (Triebkräfte des Lebens). 8 Da Scientology als absolut wahr und vernünftig vorausgesetzt wird, gilt alles als ethisch, was der So und ihren Zielen nützt, alles was ihr schadet dagegen als "unethisch". 9 Der Zweck von "Ethik" ist deshalb, alle
"Gegenabsichten aus der Umgebung zu entfernen. Nachdem das erreicht worden ist, wird der Zweck: Die Existenz anderer Absichten aus der Umgebung zu entfernen ...". 10
Die aufeinander abgestimmte Funktion der drei genannten Bereiche, ihre Bedeutung als ein dreistufiges Gesamtkonzept zur Einflußgewinnung und Expansion, hat HUBBARD wie folgt erläutert:
"Wenn man Ethik hereinbringen kann, dann kann man Scientology-Technologie hereinbringen. Wenn man Scientology-Technologie hereinbringen kann, dann kann man Verwaltung hereinbringen. Wenn man alle drei Gebiete zur vollen Anwendung bringen kann, dann hat man eine Org und Expansion. ... Indem wir kleine Bereiche handhaben, mit sich selbst, Scientology-Gruppen und Organisationen anfangen, können wir die drei Zyklen wiederholen - Ethik, Tech und Verwaltung. Allmählich vermehren wir uns und expandieren unsere Sphäre von Ethik-Tech-Verwaltung. Und eines Tages haben wir Ethik auf diesem Planeten drin, Tech auf diesem Planeten drin, Verwaltung auf diesem Planeten drin. Unser einziges Hindernis ist der SP (Suppressive Person = Unterdrückerische Person)." 11
Scientology geht also davon aus, daß ihre wachsende Ausbreitung nur von einer relativ kleinen Gruppe z.T. sehr einflußreicher und mächtiger Personen, Institutionen und Regierungen be- oder verhindert werden kann. Dieses primäre Problem zu lösen, d.h. "Ethik" auf diesem Planeten durchzusetzen und die "Unterdrückung" von Scientology zu stoppen, ist vorrangige Aufgabe des scientologischen Geheimdienst- und Propagandaapparates. Er ist für die Überlebensfähigkeit und Expansion von Scientology daher von existentieller Bedeutung.
Die vorliegende Broschüre soll auf die geheimdienstlichen Aktivitäten und ihre Bedeutung für die Organisation aufmerksam machen. In einer Chronologie der scientologischen Geheimdienstorganisationen wird deren Entstehungsgeschichte und Entwicklung nachvollzogen und genauer beleuchtet. Dabei wird weniger retrospektiv auf bekannt gewordene Einzelfälle geheimdienstlicher Aktivitäten Bezug genommen, sondern zunächst versucht, die theoretischen und ideologischen Hintergründe des von Scientology geführten "Krieges" freizulegen. Die dadurch gewonnenen Einblicke erleichtern es vor allem, die aktuellen Aktivitäten und Kampagnen der SO besser einzuschätzen und ihr künftiges Verhalten genauer vorherzusehen.
Um die systematische Vorgehensweise von Scientology richtig verstehen, sie zutreffender berechnen zu können, ist - nicht nur hinsichtlich der geheimdienstlichen Aktivitäten - folgender Aspekt von entscheidender Bedeutung:
Bis heute gilt innerhalb der SO der Grundsatz, daß alle wörtlich oder schriftlich dokumentierten Lehren und Anweisungen von HUBBARD, die sich auf die "Dritte Dynamik"-Technologie, Organisationstechnologie oder administrative Technologie beziehen, "dauerhaft gültig" sind. Sie dürfen zwar redaktionell, aber nie inhaltlich verändert werden. 12 Diese speziellen Richtlinien "formen unbeschadet ihres Datums oder Alters das Know-how, wie man eine Organisation, Gruppe oder Firma leitet". 13 Mit anderen Worten: Für die heutige Einschätzung und Bewertung der SO und ihrer Bestrebungen, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht zu erlangen, können diese Dokumente uneingeschränkt als Beweismaterial herangezogen werden, da ihnen quasi der Status und Charakter heiliger Schriften zuerkannt wird. Sie sind eine Art Urquelle, aus der heraus auch heute noch maßgebliche Handlungskonzepte entwickelt und umgesetzt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Beurteilung der SO ist die Erkenntnis, daß HUBBARD gegenüber der Öffentlichkeit die Absichten und Ziele seiner Organisation bewußt verschleiert hat. Diese Irreführung der Öffentlichkeit, die von seinen Anhängern bis heute konsequent umgesetzt wird, zeigt sich nicht nur an seiner mehr als nur geschönten Biographie, an den behaupteten - exorbitant übertriebenen - Mitgliederzahlen, an dem vorgeschobenen religiösen Charakter sowie an vielen sonstigen Einzelbeispielen, sondern scheint eine generelle Wesensart der Organisation widerzuspiegeln. Angesichtes des folgenden Eingeständnisses von HUBBARD ist es nicht übertrieben, von einem bewußt errichteten Lügengebäude zu sprechen:
"DER EINZIGE WEG, UM LEUTE ZU KONTROLLIEREN, IST SIE ANZULÜGEN" (H.i.O.). 14
Um diese entlarvende Aussage mit einem nachrichtendienstlichen Terminus zu umschreiben, könnte man auch sagen, daß Scientology permanent Desinformation betreibt. Für die SO gilt daher der grundsätzliche Vorbehalt, daß vieles nicht das ist, was es zu sein scheint. Ein Großteil ihres Erfolges resultiert aber daraus, daß es ihr bis heute gelungen ist, viele dieser Legenden und Halbwahrheiten durchzuhalten und der Öffentlichkeit als Wahrheit zu verkaufen. Die wohl größte und erfolgreichste Desinformationskampagne der Scientology ist ihre Behauptung, sie sei eine Religion und Kirche. Gegenüber seinen Anhängern unterstrich HUBBARD immer wieder die Wichtigkeit dieses Punktes:
"Denken Sie dran, KIRCHEN WERDEN ALS REFORMGRUPPEN ANGESEHEN. Deshalb müssen wir auch auftreten wie eine Reformgruppe. ... Wir müssen von einer angegriffenen Gruppe zu einer Reformgruppe werden, die faule Stellen in der Gesellschaft angreift. ... Wir sollten nach Bereichen Ausschau halten, die zu untersuchen sind und Dinge ans Tageslicht bringen und als mächtige Reformgruppe bekannt werden. Wir sind gegen Sklaverei, Unterdrückung, Folter, Mord, Perversion, Verbrechen, politische Schandtaten und alles, was den Menschen unfrei macht .... Denken Sie daran - der einzige Grund dafür, daß wir mit der Presse oder Regierungsbehörden Schwierigkeiten haben, ist der, daß wir nicht die faulen Stellen der Gesellschaft ausfindig machen und bloßlegen. Wir müssen die gesamte Gruppe, genannt Gesellschaft, auditieren. Falls wir es nicht tun, wird sie uns angreifen ...". 15
Die SO hat sich stets an diesen Grundsatz gehalten: Unter dem Tarnmantel der "Kirche" operiert ein bis heute äußerst schlagkräftiger Geheimdienst- und Propagandaapparat.
Im Teil I über die Geheimdienstarbeit der SO geht es um die Vorläuferorganisationen in den Jahren 1959 bis 1966. Er behandelt den Zeitraum bis zur Gründung des berüchtigten Geheimdienstes "Guardian Office" (GO) im März 1966, um den es im Teil II geht. Der daran anknüpfende Teil III befaßt sich schließlich mit der 1983 ins Leben gerufenen Nachfolgeorganisation "Office of Special Affairs" (OSA).
Inhaltsverzeichnis
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II. Die geheimdienstlichen Vorläuferorganisationen
(1959 - 1966)
1. Das "Handbuch des Rechts"
Der zunehmende Widerstand gegen Scientology und die sog. Dianetik - hauptsächlich im Ursprungsland Amerika - veranlaßte HUBBARD schon frühzeitig zu Überlegungen, wie beide wirksamer geschützt und ihre Expansion gegen die angeblich zunehmende "Unterdrückung" forciert werden könnte. Nach Einschätzung HUBBARDs seien bis 1958 lediglich kleinere Scharmützel mit Scientology-Gegnern aus den eigenen Reihen, d.h. mit Abtrünnigen, sowie mit einzelnen amerikanischen Behörden ausgetragen worden. Ab diesem Zeitpunkt aber sei der "Krieg" eskaliert und akuter Handlungsbedarf entstanden. 1959 entwickelte HUBBARD daher ein Nachrichtendienstsystem, das gleichermaßen für die Überwachung der eigenen Anhänger wie der Feinde von Scientology gedacht war und letztere einer ständigen Belästigung und Verfolgung aussetzen sollte. HUBBARD faßte seine Ideen zunächst im sogenannten "Handbuch des Rechts" 16 zusammen, dem folgender Leitgedanke zugrunde liegt:
"Leute greifen Scientology an: ich vergesse das nie, ich zahle immer mit gleicher Münze zurück bis der Punktestand ausgeglichen ist. ... Alle diese Dinge summieren sich zu einem Hut 17 für Recht."
Das "Recht" im HUBBARDschen Sinne gliedert sich in vier Teilgebiete auf:
1. Nachrichtendienstliche Tätigkeiten
2. Beweisuntersuchung
3. Urteil oder Strafe
4. Rehabilitation
Am Anfang dieser Strategiekette steht das Sammeln und Auswerten von Informationen aus allen zugänglichen Quellen über Personen, Organisationen und deren Aktivitäten mit dem Ziel, sich ein umfassendes Lagebild zu verschaffen. Schon damals hatte HUBBARD eine klare Vorstellung über Nutzen und Bedeutung dieser Maßnahmen für die Entwicklung von Scientology:
"Sorgfältig erinnert oder abgelegt und mit Querverweisen indiziert erzählen diese Daten eines Tages ihre eigene Geschichte. ... Wenn irgendwo ein Angriff auf Scientology beginnt, schauen wir uns die Leute an, die daran beteiligt sind und legen sie lahm. Der Angriff verschwindet. Der Grund, weshalb wir heute stabile Organisationen haben, wo wir früher nur Trümmer hatten, liegt darin, daß wir nachrichtendienstliche Wege gehen, um unsere Freunde von unseren Feinden zu unterscheiden, und daß wir schnell handeln. Es ist nicht so sehr bessere Organisation, sondern vielmehr der zusätzliche Friede, den wir uns durch wachsamere nachrichtendienstliche Aktivität erkauft haben. Wir kennen unsere Feinde, ehe sie zuschlagen. Wir halten sie von wichtigen Positionen fern. ... Nachrichtendienstliche Wachsamkeit ... zahlt sich aus in Form von Ruhe, Wachstum und Fortschritt. ... Nachrichtendienstarbeit ist daher die Tätigkeit, die Daten sammelt und sie summiert, damit wir unsere Feinde von unseren Freunden unterscheiden können und damit wir in jeder gegebenen Situation die Verursacher des Ärgers herausfiltern können ...".
Der zweite Bereich, der auf der nachrichtendienstlichen Arbeit aufbaut bzw. diese ergänzt, ist die "Beweisuntersuchung" :
"Wenn Dinge schief laufen und wir nicht schon durch nachrichtendienstliche Tätigkeit wissen, warum, dann verlegen wir uns aufs Untersuchen. Wenn wir es für nötig erachten, jemanden nachzustellen, dann untersuchen wir. Untersuchen ist das sorgfältige Entdecken und Sortieren von Fakten. Ohne eine gute Untersuchung gibt es keine Gerechtigkeit, nur planlose Rache. Wenn wir untersuchen, dann tun wir das immer geräuschvoll. ... Merken Sie sich das eine - durch Untersuchung alleine können wir Angriffe drosseln ... Die Macht liegt allein schon im Stellen von Fragen! ... Merken Sie sich, ein Nachrichtendienst arbeitet auf Flüsterebene. Untersuchungen werden mit einem Schrei durchgeführt. Immer. ...
Bekommen Sie die Namen ... Klauben Sie sie mit dem auseinander, was Sie schon über sie wissen. ... eine Untersuchung (muß sich) immer gegen eine bestimmte Person, die Zeit und den Ort richten. Sonst geraten Sie in ein Dickicht von Verallgemeinerungen und erreichen nichts."
Um Untersuchungen durchzuführen, empfahl HUBBARD, auch auf "externe" Quellen zurückzugreifen:
"Offene Untersuchung durch eine externe Detektei von jemanden oder etwas, der oder das uns angreift, sollte öfter getan werden, und pfeifen Sie auf die Kosten. Es ist sehr wirkungsvoll.... Detektive kosten Hunderte. Sie sparen Tausende."
Im Gegensatz zu Äußerungen bei anderen Gelegenheiten merkte HUBBARD im "Handbuch des Rechts" an, daß Gerichtsklagen wenig erfolgversprechend - da zeitraubend, wenig nutzbringend, aber sehr aufwendig - seien. Am besten sei es, wenn bereits die Klagedrohung zum gewünschten Ergebnis führe. Demgegenüber ließ HUBBARD an anderer Stelle jedoch schon früh durchblicken, daß Prozesse aus seiner Sicht durchaus von Nutzen sein können:
"Der Zweck von Prozessen ist, zu quälen und zu entmutigen, nicht so sehr zu gewinnen. ... Das Gesetz kann sehr leicht dazu gebraucht werden, um zu quälen ... 18
Auch für den Fall, daß Scientology selber Gegenstand einer Untersuchung werden sollte, gab HUBBARD entsprechende Anweisungen:
"Wenn Sie oder die zentrale Organisation untersucht werden - sitzen Sie still, kooperieren Sie nicht. ... und geben Sie freiwillig keine Informationen. Stellen Sie zuallererst sicher, daß Sie von vornherein mit beiden Beinen auf dem Boden von Recht und Gesetz des jeweiligen Landes stehen. Schmeißen Sie danach alles Untersuchungspersonal und Reporter die Treppe hinunter."
Das elitäre Sendungsbewußtsein HUBBARDs und die totalitären Tendenzen von Scientology kommen besonders deutlich bei seinen Feststellungen zum Bereich "Urteil und Bestrafung" zum Vorschein:
"Niemand unter uns richtet oder bestraft gerne. Trotzdem sind wir vielleicht die einzigen Leute auf der Erde mit einem Recht zu bestrafen ...".
Für HUBBARD ist es dabei unerheblich, ob der Betroffene Schuldbewußtsein oder Einsicht zeigt:
"Schuld wird durch die Aktionen und Äußerungen einer Person festgestellt, durch Zeugen und schriftliche Beweise ... Eine Person kann im Unrecht sein, ohne daß sie es erkennt, daß sie unrecht handelte. Welcher Kriminelle sieht jemals ein, wie unrecht seine Taten sind?"
Seiner Ansicht nach folgt dem Angriff auf Scientology aufgrund ihrer geistigen Überlegenheit die Strafe häufig automatisch auf dem Fuße:
"Dianetik und Scientology sind Lehren, die sich selbst beschützen. Wenn sie jemand angreift, dann greift er das gesamte Know-how des Minds an. ... Zu diesem Zeitpunkt gibt es Menschen auf dieser Erde, die sich vor Furcht verstecken, weil sie herausfanden, was sie angegriffen haben. Leute sind tot, weil sie uns angegriffen haben. (Sie starben einfach, weil sie erkannten, was sie taten). Leute sind bankrott, weil sie uns angriffen. Wie Sie sehen, ergibt sich die Bestrafung fast von alleine."
In manchen Angelegenheiten sei jedoch manchmal eine unmittelbare Bestrafung erforderlich:
"Verwenden Sie staatliche Behörden, wenn es nicht anders geht, ... aber versuchen Sie zu handeln, ohne die örtlichen Gesetzesvertreter miteinzubeziehen. Wir sind immer besser dran, wenn wir es selbst oder mit Privatdetektiven machen ... Seien Sie gerecht. Stecken Sie nicht routinemäßig einen Kopf auf die Lanze, solange es nicht der richtige Kopf ist. Aber denken Sie daran, daß es Zeiten gibt (H.i.O.) in denen es lebenswichtig ist, einen Kopf, irgendeinen Kopf, auf die Lanze zu stecken, um aufkeimende Unordnung zu ersticken."
Bereits in diesen wenigen Äußerungen HUBBARDs aus der Frühzeit der Scientology wird deutlich, mit welchen Strategien und Methoden sich Scientology gegen innere und äußere Gegner durchzusetzen gedachte.
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2. Der "Spezialbereichsplan"
Neben dem Kampf gegen "Unterdrückung" entwickelte HUBBARD auch eine Offensivstrategie zur Expansion von Scientology. Von Anfang an folgte er dabei dem Gedanken, Scientology in allen Bereichen der Gesellschaft, in der Wirtschaft und im Staatswesen als führende Leitphilosophie und Handlungskonzeption ("Scientology Technologie") zu etablieren. Im Juni 1960 schritt er voran, in allen Scientology-Organisationen auf der Grundlage seines neu entwickelten sogenannten "Spezialbereichsplans" ("Special Zone Plan") 19 Spezialbereichs-Abteilungen ("Spezial Zone Departments") einzurichten. Auf diesem Wege wollte er die vielfältigen Anstrengungen von Scientology, die Gesellschaft zu durchdringen, besser koordinieren.
HUBBARD erklärte, Scientologen seien "Ärzte auf der Dritten und Vierten Dynamik", die die Erste und Zweite Dynamik nur deswegen in Ordnung brächten, "um auf der Dritten und Vierten Dynamik ein besseres Funktionieren zu erzielen". Scientology sei in der Lage, den "Zyklus des Zerfalls" der gegenwärtigen Zivilisation aufzuhalten und "auf der Erde einen neuen Zyklus zu starten". Die Scientologen hätten die Intelligenz, die Fähigkeit und das Know-how dazu. Jeder Scientologe könnte einen Lebensbereich auswählen, an dem Scientology interessiert ist, um dort hinzugehen und Ordnung und Erfolg in diesen Bereich zu bringen (Spezialbereichsplan). Für den staats- und gesellschaftspolitischen Bereich stellte sich HUBBARD die Vorgehensweise folgendermaßen vor:
"Eine Nation oder ein Staat funktioniert aufgrund der Fähigkeit seiner Minister, Gouverneure oder irgendwelcher Führungspersonen. Es ist leicht, in so einem Bereich einen Posten zu erhalten ... Machen Sie sich nicht die Mühe gewählt zu werden. Verschaffen Sie sich einen Posten als Mitarbeiter des Sekretariats oder als Leibwächter ... machen Sie sich daran, an der betreffenden Umgebung zu arbeiten und sie besser zum Funktionieren zu bringen ... Für mich ist es offensichtlich, daß wir auf der Dritten und Vierten Dynamik gewinnen müssen, wenn wir unsere Ziele einer besseren Welt erreichen wollen ... Wir besitzen bereits einen gewichtigen Einfluß in der Gesellschaft. Mit Spezialbereichsplänen könnten wir diese Wirkung um x-tausend Mal verstärken und in unserem jetzigen Leben unsere Ziele zumindest teilweise erreichen und eine anständige Welt schaffen, zu der wir zurückkommen können".
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3. "Department of Government Affairs"
(Abteilung für Regierungsangelegenheiten)
Nur zwei Monate später, im August 1960, wurden diese Einrichtungen in die neu geschaffene "Abteilung für Regierungsangelegenheiten" ("Department of Government Affairs") eingegliedert. Mit der Herausgabe des entsprechenden Richtlinienbriefes 20 hob HUBBARD die zuvor ergangenen Anweisungen zur Errichtung der genannten Spezialbereichsabteilungen auf bzw. ersetzte sie. Organisatorisch war diese neue Abteilung direkt an die "HUBBARD Association of Scientologists International" (HASI) angebunden, der Vorläuferin der 1984 gegründeten "International Association of Scientologists" (IAS). Sie befand sich damit zunächst außerhalb der Strukturen der zentralen Organisation und des "HUBBARD Kommunikationsbüros" (HCO).
Die Gründung der "Abteilung für Regierungsangelegenheiten" erfolgte in erster Linie als Reaktion auf den zunehmenden Aufwand für die SO, sich mit Rechts- und Steuerangelegenheiten sowie anderen Regierungsangelegenheiten auseinandersetzen zu müssen. Die Abteilung sollte sicherstellen, daß die "Kirchen" und "Missionen" ihre Aufmerksamkeit auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren konnten (Verkauf und Lieferung von Materialien und Dienstleistungen an die Öffentlichkeit) und nicht mit aufgabenfremden Angelegenheiten belastet würden. Vordergründig ging es also zunächst darum, diese neuen Aufgaben zu bündeln. Intern wurden dieser Abteilung dazu weitreichende Befugnisse eingeräumt. Die Arbeit der von Scientology beauftragten Rechtsanwälte unterstand ihrer Aufsicht. Sämtliche größeren finanziellen Verpflichtungen, Verträge, Einkäufe, etc. unterlagen ihrer Vorprüfung. Langfristig jedoch, so läßt sich aus diesem Richtlinienbrief schließen, sollte diese Abteilung als in den staatspolitischen Bereich eindringende Speerspitze scientologischer Einflußnahme dienen, um "Regierungen darin zu assistieren, stabile Verhältnisse aufrechtzuerhalten". Statt konstruktiver Politikunterstützung offenbarte HUBBARD aber nur erneut die offensiv-aggressive Kampfstrategie und die totalitären Ziele der Scientology. Das Department bezwecke, so HUBBARD:
"Einwirkungsmöglichkeiten auf Regierungen und andere Organisationen zu verbreitern und sich selbst so zu führen, daß der Name und der Ruf von Scientology verbessert und gestärkt wird. Deshalb werden Verteidigungstaktiken im Department abgelehnt. Wir versuchen nicht, die zentralen Organisationen und die HCOs "gut" zu machen. Wir versuchen ihre Reichweite sicher und effektiver zu machen. Nur Angriffe lösen Bedrohungen auf. Im Angesicht der Gefahren, die von Regierungen und Gerichten ausgehen, gibt es nur zwei Fehler, die man machen kann: (a) nichts zu tun (b) sich zu verteidigen. Die richtige Vorgehensweise gegen Bedrohungen ist (1) Finden Sie heraus, ob wir das angebotene Spiel spielen wollen oder nicht (2) Wenn nicht, bringen Sie das angebotene Spiel zum entgleisen mit einem Täuschungsmanöver oder einem Angriff auf den verwundbarsten Punkt, den Sie in den feindlichen Reihen entdecken können (3) Erzeugen Sie genug Bedrohung und Tumult, daß der Feind verzagt ...
Wenn man an irgendeinem verwundbaren Punkt von irgendwem, irgend etwas oder irgendeiner Organisation angegriffen wird, finden Sie oder stellen Sie genug Bedrohungen her, die sie dazu veranlassen, um Frieden nachzusuchen. ... Verteidigen Sie sich niemals, greifen Sie immer an ... (H.n.i.O.). Unerwartete Angriffe in den Rücken der feindlichen Frontlinien funktionieren am besten. ...
Um zu gewinnen, brauchen wir Finanzen und Schwung. ... Wenn das Department mit Schwung und Elan arbeitet ... gewährleistet es einen Schirm, hinter dem die Organisationen arbeiten können. ...
Das Ziel des Departments ist es, Regierungen und feindlich gesinnte Philosophien oder Gesellschaften in einen Zustand vollständiger Übereinstimmung mit den Zielen von Scientology zu bringen (H.n.i.O.). Dies geschieht durch die hochgradige Fähigkeit zu kontrollieren und durch die Abwesenheit einer nur geringen Fähigkeit zu überwältigen. Dringen Sie in solche Einrichtungen ein. Kontrollieren Sie solche Einrichtungen. Scientology ist das einzige Spiel auf der Erde, bei dem jeder gewinnt. Die richtige Ordnung herzustellen ist kein Overt."
HUBBARD definiert den Begriff "Overt" als eine schädliche oder gegen das Überleben gerichtete Handlung bzw. als eine Tat oder Unterlassung, die die Mehrzahl der Dynamiken schädigt. Mit anderen Worten: Eine scientologische Gesellschaftsordnung mit allen Mitteln durchzusetzen, wäre kein Verbrechen. Ein Verbrechen wäre es danach vielmehr, es nicht zu tun, denn HUBBARD schreibt weiter:
"Deshalb wäre die Unterlassung, eine Person oder Sache, durch die viel Schaden angerichtet würde, nicht zu vernichten oder aufzuhalten, ein Overt. Genauso wäre die Unterstützung für etwas, das die Mehrzahl der Dynamiken schädigt, auch ein Overt." 21
Die totalitäre Denkstruktur HUBBARDs und seine Gewaltakzeptanz lassen sich kaum besser als mit dieser Aussage illustrieren: Das Versäumnis oder die Weigerung, angeblich negative oder unterdrückerische Handlungen und die daran beteiligten Personen rücksichtslos zu bekämpfen, wird selbst als strafwürdige Handlung eingestuft.
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