Kindesmisshandlung durch > Hebammen, Hausgeburt, Geburtshäuser und die Welt des Göttinnenwahns
Angeklagte wegen Totschlags zu Freiheitsstrafe von 6 Jahren + 9 Monaten verurte
Julian:
Auf dieses Urteil warten wir seit rund zwei Jahren. Die Einzelheiten sind für deutsche Verhältnisse im Urteil erstaunlich gut aufgearbeitet worden. Auch wenn nur ein Bruchteil der Vorgänge erwähnt wird, eines ist klar: Dieses Erlebnis ist wie ein Kriegstrauma. Diese Mutter hat die Hölle durchgemacht wegen einer "Ärztin und Hebamme", die in Deutschland großen Ruhm genossen hat. Was die Meisten eben nicht wissen: wie wenig berechtigt dieser Ruhm war. Diejenigen, die eben dies wissen, sind nach wie vor eifrig dabei, Legenden zu stricken. Was die Meisten nicht wissen: wie sehr diese Legenden notwendig sind, um von den eigenen Versäumnissen, Taten und Untaten abzulenken.
Hier ist ein Fall aufgedeckt und aufgerollt worden. Der ist aber nicht die Ausnahme und das Extrem, sondern der ist die Spitze des Eisbergs.
http://openjur.de/u/739937.html
[*quote*]
LG Dortmund
Rechtsprechung
Urteil vom 1. Oktober 2014 - Az. 37 Ks 3/11
LG Dortmund · Urteil vom 1. Oktober 2014 · Az. 37 Ks 3/11
Informationen zum Urteil
Gericht:LG Dortmund
Datum: 1. Oktober 2014
Aktenzeichen:37 Ks 3/11
Typ:Urteil
Fundstelle:openJur 2016, 3153
Verfahrensgang:
Tenor
Die Angeklagte wird wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von
sechs Jahren und neun Monaten
verurteilt.
Zur Kompensation der auf einem konventions- und rechtsstaatswidrigen Verhalten der Strafverfolgungsbehörden beruhenden langen Verfahrensdauer gelten
drei Monate
der Strafe als vollstreckt.
Gegen die Angeklagte wird für immer ein Berufsverbot als Ärztin und Hebamme verhängt.
Die Angeklagte wird weiter verurteilt, an die Nebenklägerin Z1, geb. am ..., einen Betrag von 34.000,- €, sowie an den Nebenkläger Z1, geb. am ..., beide wohnhaft ..., einen Betrag von 8.500,- €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2012 zu zahlen.
Die Angeklagte wird weiter verurteilt, an die Nebenklägerin Z1 einen Betrag in Höhe 6.894,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.09.2012 zu zahlen.
Die Angeklagte wird weiter verurteilt, an die Nebenklägerin Z1 monatlich, beginnend mit dem 01.08.2012, einen Betrag von 148,80 € zu zahlen.
Die Angeklagte wird verurteilt, an die Nebenkläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 3.097,45 € nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 05.09.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Angeklagte verpflichtet ist, den Nebenklägern sämtliche zukünftig entstehenden materiellen Schäden aus der Geburtsbetreuung vom 30.08.2008, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind, zu 85 % zu ersetzen.
Das Urteil ist, soweit es auf Zahlung an die Nebenkläger lautet, jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Adhäsionsverfahrens, die notwendigen Auslagen der Nebenkläger im Straf- und Adhäsionsverfahren und ihre Auslagen im Straf- und Adhäsionsverfahren.
Angewandte Strafvorschriften:
§§ 212, 13, 70 Abs. 1 StGB.
Gründe
I.
Lebenslauf
Die heute 60 Jahre alte Angeklagte wurde am ... in O1 geboren. Ihr im Jahre 1980 verstorbener Vater war Gießer; ihre Mutter war nicht berufstätig, sie versorgte den Haushalt. Mit einem jüngeren schwerst geistig behinderten Bruder wuchs sie in geordneten familiären Verhältnissen auf, wobei sie bereits früh hat Verantwortung übernehmen müssen. Besonderheiten in der frühkindlichen Entwicklung gab es nicht. Die Angeklagte besuchte den Kindergarten und wurde altersgerecht eingeschult. Ab dem Jahre 1960 besuchte sie vier Jahre lang die Volksschule und wechselte anschließend auf das Gymnasium. Die Angeklagte durchlief die Schulzeit ohne Probleme, nur einmal musste sie ein Kurzschuljahr wiederholen. Nach dem Abitur im Jahre 1973 studierte sie zunächst an der Pädagogischen Hochschule in O1 Pädagogik und Psychologie bis zum Jahre 1976. Den Studiengang schloss sie nicht ab und begann stattdessen im April 1976 eine zweijährige Hebammenausbildung in der Landesfrauenklinik O2.
Im Anschluss an ihre Ausbildung erhielt sie eine Vertretungsstelle im Sankt-V.-Krankenhaus in O3 im Sauerland. Die Stelle behielt sie auch während des nachfolgenden Medizinstudiums inne, das sie sich u.a. mit Wochenendarbeiten im Krankenhaus finanzierte. Nach ihren Angaben übernahm sie weiter Urlaubsvertretungen in den Augusta-Anstalten in O2, dem St. R. Hospital in O4 und dem evangelischen Krankenhaus in O5. Bereits im Rahmen ihrer Ausbildung entwickelte die Angeklagte große Vorbehalte und Bedenken gegen die klinische Geburtshilfe, die sie gegenüber Hebammen als kasernenmäßig und hierarchisch und gegenüber den gebärenden Frauen als wenig einfühlsam und grob empfand. Nach ihrer Einschätzung waren dramatische Situationen bei Klinikgeburten überwiegend durch ein ärztliches Eingreifen initiiert worden und lebensgefährliche Situationen ausnahmslos durch medikamentöse Einleitungen, wehenunterstützende Infusionen, Eingriffe, wie die künstliche Eröffnung der Fruchtblase, manuelle Dehnung des Muttermundes und die Verabreichung von Schmerzmitteln, beeinflusst. Bereits in dieser Zeit sowie nach Abschluss ihrer Hebammenausbildung orientierte sie sich zur originären Geburtshilfe im häuslichen Umfeld.
In der Zeit von 1978 bis 1985 absolvierte die Angeklagte das Medizinstudium an den Universitäten in O6 und O2, das sie erfolgreich abschloss. Eine Facharztausbildung hat sie nicht absolviert. Zu ihren nachfolgenden beruflichen Tätigkeiten hat die Angeklagte keine Einzelheiten angegeben. Die Angeklagte betrieb eine Hebammen- und Arztpraxis für Eltern und Kinder. Seit 1981 führte sie als Hebamme zunehmend Haus- und Praxisgeburten durch. Als Lehrhebamme und Autorin verschiedener Fachartikel verficht sie in besonderer Weise die Vorteile der Hausgeburt im Gegensatz zur Entbindung in der Klinik und bezeichnet sich selbst als Spezialistin für Beckenendlagen, wozu im einzelnen noch Ausführungen erfolgen.
Die Angeklagte richtete in ihrem Tätigkeitsumfeld einen "Hebammenzirkel" ein, mit dem Ziel, problematische außerklinische Geburten aufzuarbeiten und daraus zu lernen, in dem Bestreben, eine "hochstehende Geburtshilfekultur" weiterzuentwickeln. Tatsächlich hat die Angeklagte allerdings keine der verschiedentlich unter ihrer Begleitung komplikationsträchtig verlaufenden und tragisch endenden Geburten, die die Kammer im Laufe des Verfahrens aufgeklärt hat, zum Gegenstand einer Besprechung in diesem Zirkel gemacht.
In der Zeit von 1992 bis 1998 war die Angeklagte erste Vorsitzende des Bundes freiberuflicher Hebammen Deutschlands, wobei sie unter anderem mit der "Entwicklung eines Qualitätserhebungsbogens als Grundlage einer Untersuchung zur außerklinischen Geburtshilfe" beschäftigt war. Die Gesellschaft QUAG wertet mit diesem Bogen seit 1999 außerklinisch begonnene und stattgefundene Geburten aus, wobei die Erfassung der perinatalen Mortalität und Morbidität eine Maßzahl für die Qualität und die Risiken der außerklinischen Geburt und der Standards im Bereich dieser Geburtshilfe darstellt. Angesichts der von der Kammer im Rahmen des Verfahrens gewonnenen Erkenntnisse muss die Aussagekraft dieser Auswertung allerdings erheblich angezweifelt werden, da die Angeklagte - mindestens - zwei Todesfälle anlässlich von ihr im Jahre 2008 begleiteter außerklinischer Geburten nicht gemeldet hat und die Dunkelziffer auch im Hinblick auf andere außerklinisch tätige Hebammen nicht einschätzbar ist.
Seit dem Jahre 1992 war die Angeklagte als Lehrhebamme an der O7-er Hebammenschule tätig. In der Zeit seit 1993 führte sie Fortbildungsseminare im gesamten Bundesgebiet, weiter auch in der Schweiz, in Österreich und Luxemburg durch. Die Angeklagte ist u.a. Mitautorin des Lehrbuchs "Hebammenkunde", bezüglich der Kapitel "Mütterliche Geburtsverletzungen", "Beckenendlagen", "Schräg- und Querlagen" sowie der Empfehlungen für "Hebammengeleitete Geburtshilfe". Für den Deutschen Fachverband für Geburtshilfe hat die Angeklagte nach ihren Angaben im Jahre 2008 eine "Empfehlung zur Leitung von Beckenendlagengeburten" entwickelt. An die publizierten Empfehlungen hält die Angeklagte sich bei der von ihr praktizierten Entbindungshilfe jedoch nicht, worauf im einzelnen noch eingegangen wird.
Durch Verfügung der Bezirksregierung Arnsberg vom 22.12.2011 wurde im Zusammenhang mit dem der Angeklagten in diesem Verfahren gemachten Vorwurf eines Tötungsdelikts im Rahmen eines Geburtsgeschehens das Ruhen der ärztlichen Approbation der Angeklagten sowie die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21.03.2012 wurde nach anderslautender Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen der Antrag der Angeklagten auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Verfügung vom 22.12.2011 abgelehnt. Das Gericht hat bei seiner Beurteilung das Verhalten der Angeklagten anlässlich des hier zugrunde liegenden Geburtsvorgangs als Indiz für eine unvertretbare Selbstüberschätzung der Angeklagten und das Bestreben, ihr Entbindungskonzept unter allen Umständen und auch in schwierigen Geburtssituationen durchzuziehen, angesehen, wobei die von der Angeklagten praktizierte Geburtsmethode als potentiell gefahrenträchtig für Kind und Mutter, mit der Folge einer konkreten Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter angesehen wurde.
Die Angeklagte ist verwitwet. Aus ihrer Ehe mit dem Lehrer M., der im Jahre 2007 verstorben ist, sind drei in den Jahren 198x,198y und 198z geborene Kinder hervorgegangen. Der 198y geborene Sohn, der nach den Angaben der Angeklagten als Frühgeburt zur Welt gekommen ist, leidet infolge einer Hirnblutung am 6. Lebenstag unter einer geistigen Behinderung und lebt in einer Heimeinrichtung. Die Wochenenden verbringt er zum Teil bei seiner Mutter. Das erste Kind der Angeklagten ist wohl auch aus einer Beckenendlage geboren worden, ob als Klinik- oder Hausgeburt, hat die Kammer nicht festgestellt.
Krankheiten oder Unfälle mit Schädelhirn- oder Rückenmarksbeteiligung hat die Angeklagte nicht erlitten. Alkoholmissbrauch oder illegaler Drogenkonsum bestehen nicht.
Die Angeklagte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
II.
1. Allgemeines Vorgeschehen
Die Angeklagte betrieb seit mehreren Jahrzehnten eine Hebammenpraxis in O8 mit der Spezialisierung auf Haus- bzw. Praxisgeburten, wobei sie sich selbst eine Kompetenz als erfahrene Begleiterin in schwierigen Geburtssituationen zuschreibt und sich dabei insbesondere als Fachfrau für die Entbindung von Beckenendlagen, worauf noch eingegangen wird, bezeichnet. Darüberhinaus betrieb sie auf der Grundlage ihrer Ausbildung zur praktischen Ärztin eine ärztliche Praxis, in der sie auch Kinder behandelte.
Der Angeklagten ist nicht abzusprechen, dass sie sicher mit großem Idealismus in den Hebammenberuf gestartet ist, und zwar mit dem Bestreben, die Geburt eines Kindes als natürlichen Vorgang für Mutter und Kind angenehm und ohne nicht notwendige Interventionen zu gestalten, was in Kliniken in den 70-er und 80-er Jahren wohl überwiegend anders praktiziert wurde. Ihr mit Idealismus und Kompetenz begonnener Weg hat jedoch zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt, mindestens jedoch in den letzten Jahren vor dem Tatgeschehen im Jahre 2008, eine Umkehrung in eine in keiner Weise vertretbare, selbstüberschätzende, medizinische Erkenntnisse und geburtshilfliche Erfordernisse negierende, ideologisierte Sichtweise erfahren. Die Angeklagte sieht sich nicht als Teil eines in Verbindung mit der Schulmedizin optimalen und gefahrenminimierenden geburtshilflichen Systems, sondern in Konkurrenz zu Fachärzten in Geburtskliniken, wobei die in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten zur Sicherheit der Gebärenden und des ungeborenen Kindes gewonnenen und umgesetzten Erkenntnisse von ihr angesichts ihrer ideologisierten Sichtweise abgelehnt und bewusst außer Acht gelassen werden. Die Angeklagte propagiert eine interventionsarme Geburtshilfe, sieht Geburtskliniken als "medizinische Konkurrenzbetriebe", sowohl Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft als auch die notwendige Überwachung der mütterlichen und kindlichen Vitalparameter während des Geburtsvorgangs als Verängstigung und Ausdruck angeblicher vorgegebener Sicherheit, Aufklärung über Geburtsrisiken als Weitergabe schädigender Informationen und zeitliche Beschränkungen eines Geburtsvorgangs zum Ausschluss von Sauerstoffmangel des Ungeborenen als überflüssig an. Nach ihrer Auffassung ist eine Klinikgeburt die medizinischmathematische Seite und als am wenigsten kompetent für interventionsarme, menschliche Betreuung, mit ihrer Sichtweise von Geburt als intensivmedizinisch kontroll- und steuerungspflichtigem Geschehen, anzusehen. Die Angeklagte differenziert dabei zwischen - außerklinischer - "Geburtshilfe" und - klinischer - "Geburtsmedizin" und ist der Auffassung, dass die "weibliche Suche/Sucht nach Kompromissen und der männliche Glaube an institutionelle Normen (z.B. Krankenhausstandards)" einen erheblichen Anteil an der Auflösung der ursprünglich klaren Trennung der zwei sehr unterschiedlichen Arbeitsprinzipien haben.
Die Angeklagte - was auch für zahlreiche weitere ihrem Kreis zugehörige freiberuflich tätige Hebammen zutrifft - gibt dabei nicht nur grundsätzlich einer Geburt in häuslicher Umgebung einer Klinikentbindung in hochtechnisierten Kreißsälen den Vorrang, die sie angesichts der Einstellung, dass es sich bei einer Geburt um einen natürlichen Vorgang handelt, grundsätzlich ablehnt, sondern vertritt eine ideologisierte und selbstüberzeugte Einstellung, die auch unter der Inkaufnahme von lebensbedrohlichen Risiken für Mutter und Kind die Durchführung von Hausgeburten präferiert. Die Überzeugung, die Geburt eines Kindes sei als natürlicher biologischer Vorgang ein prinzipiell selbstinduzierender, selbstregulierender und selbsterhaltender Prozess mit vielen weitgehend unbekannten Kompensationsmechanismen und bedürfe zunächst grundsätzlich keiner medizinischen und hochtechnisierten Überwachung, hat sich bei der Angeklagten - wie dargelegt, zumindest in den letzten Jahren - zu der ideologischen Sichtweise verfestigt, dass eine Hausgeburt als natürliche Geburt auch bei schwierigen Geburtssituationen gegenüber einer Entbindung in einer Klinik vorzugswürdig sei, wobei selbst beim Auftreten von Komplikationen mit medizinisch gebotener Einweisung in eine Klinik unter der Inkaufnahme von Risiken für das Leben und die Gesundheit der Mutter und des ungeborenen Kindes der Geburtsvorgang in dem sogenannten natürlichen Rahmen fortgesetzt wird.
Anders als von ihr zum Teil in offiziellen Empfehlungen publiziert und vertreten - wozu sie sich aufgrund der medizinisch bekannten Standards veranlasst sieht -, hat die Angeklagte zumindest in den letzten Jahren vor dem hier zugrunde liegenden Geburtsgeschehen im Jahre 2008 - für frühere Zeiten mag insoweit etwas anderes gegolten haben - entgegen aller medizinischen und geburtshilflichen Standards und der für Hebammen geltenden gesetzlichen und berufsordnungsrechtlichen Regelungen keine Unterscheidung zwischen risikoarmen und damit grundsätzlich möglichen Hausgeburten und problematischen Geburten, die letztlich zur Vermeidung von Risiken für die Gesundheit und das Leben von Mutter und Kind eine nur unter Klinikbedingungen durchgeführte Entbindung vertretbar machen, vorgenommen. Nicht nur der - zu Recht - kritisierte sorglose Umgang mit der Indikationsstellung zu einer Schnittentbindung und die Vervielfachung der Kaiserschnittfrequenz in den meisten hoch entwickelten Ländern der westlichen Welt ist dabei Grundlage der von der Angeklagten vertretenen Einstellung. Vielmehr ist eine grundsätzliche, neben der Bewertung der Geburt als grundsätzlich natürlichem Vorgang, unter anderem von einem Schicksalsgedanken getragene Ideologie der Angeklagten sowie eine Selbstüberschätzung und Arroganz und die Ablehnung und Negierung ihr bekannter medizinischer Notwendigkeiten Hintergrund ihres Tätigwerdens und Handelns, wonach schließlich auch sogenannte Risikogeburten, wie etwa Beckenendlagen, Mehrlingsschwangerschaften bzw. Geburten nach vorangegangenem Kaiserschnitt von ihr entgegen berufsrechtlicher Vorschriften als Hausgeburten durchgeführt wurden. Den Inhalt ihrer Veröffentlichungen kann man teilweise so verstehen, dass ein - ihr natürlich grundsätzlich unerwünschter - Tod eines Kindes im Rahmen eines Geburtsvorgangs vor dem Hintergrund einer Einstellung, dass Tod und neues Leben zusammen gehören, und auch Geburt und Tod zusammen fallen können, als tragischer Ausgang im Einzelfall und als schicksalhaftes Geschehen im Rahmen eines natürlichen Vorgangs zu akzeptieren sei.
Zumindest bei Geburtsgeschehen im Jahre 2008 - jedenfalls in den der Kammer insoweit bekannt gewordenen Fällen - hat die Angeklagte als Erklärung für tragisch endende Geburtsvorgänge gegenüber den Eltern medizinisch fernliegende, nicht verifizierte und - soweit zum Teil nachweisbar - unzutreffende Diagnosen einer Virusinfektion oder Organschädigung herangezogen. Die in den der Kammer im Laufe des Verfahrens bekannt gewordenen tragischen Ausgängen, mit Tod, Behinderung oder intensivmedizinischer Betreuung nach Reanimation endenden Geburtsvorgängen einzig naheliegende und wahrscheinliche, bzw. im angeklagten und einem mit Schwerstbehinderung eines Kindes endenden Fall bewiesene Diagnose eines Sauerstoffmangels unter der Geburt wird von der Angeklagten bewusst negiert. Vielmehr vertritt sie nach außen zudem als Erklärung und Rechtfertigung für tragisch endende außerklinische Geburten die medizinisch nicht verifizierbare These, dass es sowohl während als auch nach der Geburt in seltenen Einzelfällen zum "Versagen der zentralregulativen Steuerung beim Kind" kommen könne. Die Ursachen für diese Fehlfunktion seien komplex, würden aber bei der Geburt von Medizinern häufig als "Sauerstoffmangel" bezeichnet. Ab dem siebten Lebenstag werde dieser "kindliche Systemzusammenbruch" dann als "Plötzlicher Kindstod" bezeichnet. Tatsächlich gibt es einen solchen "kindlichen Systemzusammenbruch" ohne konkrete Ursache nicht. Sowohl ein intrauteriner Fruchttod als auch der Tod eines Kindes im Rahmen eines Geburtsvorgangs hat eine konkrete Ursache, etwa in Form einer kindlichen Fehlbildung, einer Plazentainsuffizienz, einer intrauterinen Infektion oder von Nabelschnurkomplikationen. Ein unerforschter "kindlicher Systemzusammenbruch" ist eine Fiktion der Angeklagten und ihr nahestehender Hebammen. Vor dem Hintergrund dieser von ihr vertretenen haltlosen Theorien hat die Angeklagte - auch nach dem hier abzuurteilenden Geschehen im Juni 2008 und sogar noch während der laufenden Hauptverhandlung, etwa im November 2013 - als Referentin bei Fortbildungsveranstaltungen für Hebammen, u.a. zu den Themen unter den Titeln "Erste Hilfe und Reanimation im Säuglingsalter im außerklinischen Bereich" oder "Selbstregulation unter der Geburt - Potenziale und Grenzen" Vorträge gehalten. Dabei vertritt sie unter anderem die medizinisch unhaltbare These einer Sauerstoffspeichermöglichkeit der Leber des Ungeborenen, die praktisch das Auftreten eines Sauerstoffmangels im Rahmen der Geburt ausschließen würde, worauf im einzelnen noch eingegangen wird.
Die Angeklagte genießt grundsätzlich bundesweit bei den ihrem Gedankengut nahestehenden Kolleginnen und Müttern hohes Ansehen. Sie ist als kompetente Fachfrau in diesen Kreisen im Hinblick auf Risikogeburten anerkannt, und ihr Rat wird als maßgebend und richtungsweisend eingeschätzt. Auch die Angeklagte selbst sieht sich grundsätzlich - wie ihre "Anhängerinnen" - in einer solchen Position eines Kompetenzgefälles als jemand, der Rat erteilt, diesen aber selbst nicht benötigt. Von der Angeklagten und weiteren ihrer Anhängerinnen, die zum Teil als Zeuginnen gehört worden sind, wird ein Sauerstoffmangel unter der Geburt als Ursache des Todes von Neugeborenen entgegen ihrem Wissen und medizinischen Standards quasi grundsätzlich abgestritten, um das Konzept der unmedizierten natürlichen Geburt nicht in Frage stellen zu müssen. Soweit von der Medizin eine solche - belegte - Einschätzung der Todesursache von Neugeborenen angenommen wird, handelt es sich insoweit nach Einschätzung dieses Hebammenkreises um Verdachtsdiagnosen, die lediglich mangels einer tatsächlich erklärbaren Todesursache unzutreffend als Plazentainsuffizienz - der mangelnden Funktion des Mutterkuchens, bzw. als Azidose - einer Übersäuerung des Blutes und Absinken des ph-Wertes infolge Sauerstoffmangels - klassifiziert würden.
Im Hinblick auf den Geburtsvorgang an sich vertritt die Angeklagte vor dem Hintergrund eines ärztlichen Selbstverständnisses und der Verfolgung ihres bestimmten Entbindungskonzepts die grundsätzliche Einstellung, dass sich biologische Phasen, wie u.a. die Geburt, aufgrund ihrer Komplexität nicht wirklich mit einer oder mehreren Maschinen kontrollieren und steuern ließen. Vergleichbar sei dies mit einer "Wiese, bei der man auch nicht täglich an einzelnen Grashalmen ziehe oder sie stündlich messe, was dem Gras beim Wachsen auch nicht helfe". Anderenfalls müsste sonst jeder Wachstums- und Umbruchprozess kontrolliert und von außen gesteuert werden, so als wüsste man bereits von vornherein, was das Beste für jedes Individuum in seiner jeweiligen Situation sei. Die Angeklagte ist der Ansicht, dass sich eine Geburt kaum über objektive Zahlenwerte und Zeitabläufe definieren lasse und Entwicklung keine Sicherheit kenne. Selbst "Anfänge und Endigungen" seien schwer zu bestimmen.
In der Klinik herrsche die Vorstellung von einer Geburt als lineare Funktion von Geburtsstadien und Geburtsmechanik, bei der entsprechend dieser Newtonschen Sichtweise gemessen würde - in Zentimetern Muttermundsweite, in definierten Höhenständen des vorangehenden kindlichen Teils und in festgelegten Zeiteinheiten. Anders als in der Klinik gelte das Kind demgegenüber in der Hausgeburtshilfe nicht als gefährdetes Subjekt, sondern als kompetentes Wesen, das z.B. aufgrund seiner eigenen Hormonantwort auf den Wehenstress mitbestimmen könne, wie lange seine Erholungsphasen sein müssten. Wenn das Kind gesund sei, werde es seine unmedizierte, unmanipulierte Geburt gut überstehen, egal, wie lange sie dauere und gleichgültig, welche vegetativen Reaktionen sein Herz dabei zeige. Die klassische Hebammenfaustregel dazu laute: "Sind die Wehen gut und kräftig, ist die kindliche Herztonfrequenz sekundär". Nach Auffassung der Angeklagten ist ein Zeitfaktor danach von keiner Bedeutung, und eine Geburt zuhause darf so lange dauern, wie sie dauert. Im Unterschied zur klinischen Vorgehensweise sei es danach bei der Hausgeburtshilfe nur wichtig, zu beurteilen, ob die einzelnen Geburtsphasen adäquat, das heißt, ohne deutliche Warnzeichen, durchschritten würden, wobei dies mit objektiver Zeit nach ihrer Einschätzung nichts zu tun habe, auch nicht mit Zentimetern Muttermundsweite oder entsprechenden Höhenständen des kindlichen Kopfes oder Steißes. Hausgeburtshilfe sei faktisch Geburtshilfe ohne Zahlen. Die Dauer einer Geburt habe grundsätzlich nichts mit einer Sauerstoffmangelversorgung des Kindes zu tun, das Kind werde im Mutterleib wie in einer besten Intensivstation versorgt.
Nach Einschätzung der Angeklagten ist danach eine Kategorisierung der Klinikgeburt als grundsätzlich pathologisch und der Hausgeburt als physiologisch anzunehmen. Im Hinblick auf Klinikentbindungen kritisiert die Angeklagte, dass auf Schwangerschaft und Geburt durch eine "pathologische Brille und unter dem Gefahrenaspekt " gesehen werde. Die Frauen würden sich dieser technischen Akribie unterordnen, wobei versucht werde, von außen ein komplexes selbstregulierendes System zu kontrollieren. Das klinische Angebot von "Sicherheit" versuche, den Schicksalsgedanken "Der eine kommt, der andere geht", nahezu zu verleugnen. Es zählten nur fachliche Betreuung, technische Kontrolle und die Möglichkeit medizinischer Eingriffe. Sicherheit werde als machbar, von außen kommend und vielfach lebensrettend dargestellt. Dagegen werde in der Hausgeburtshilfe die Geburt als funktionierender Prozess begriffen, mit der man unter günstigen Umständen selbst zurecht kommen könne. "Kohärenzgefühl" sei der Ausdruck für die stimmige Verbundenheit eines Menschen mit sich selbst und seiner Umwelt. Sicherheit sei dabei "systemimmanent", also etwas, was im bekannten Rahmen bestehe und nicht von außen hinzugegeben werden müsse. Allenfalls die als kompetent begriffene Hebamme könne etwas "von außen" zur Sicherheit beitragen.
Bei diesen Beurteilungen der Angeklagten handelt es sich um fatale Fehleinschätzungen, und mit den von ihr vertretenen ideologisierten und selbstüberschätzenden Ansichten und dem von ihr verfolgten Entbindungskonzept steht die Angeklagte nicht nur im Widerspruch zu den - ihr insgesamt bekannten - medizinischen Standards der Geburtshilfe, sondern auch zu sämtlichen berufsrechtlichen Vorschriften und den zwischen Medizinern und Geburtshelfern und von der Hebammenschaft zur Sicherung der Geburtshilfe entwickelten Leitlinien und Empfehlungen, an denen die Angeklagte zum Teil sogar selbst beteiligt war. Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft beinhalten entgegen der Einstellung der Angeklagten keinen "Angstappell", sondern dienen der frühzeitigen Erkennung von problematischen Entwicklungssituationen, um ggf. entsprechende Maßnahmen zur Gesunderhaltung von Mutter und Kind zu veranlassen. Des weiteren ist es wissenschaftlich erwiesen, dass gewisse Faktoren, wie etwa die rechnerische Übertragung der Schwangerschaft, bzw. die Überschreitung des errechneten Geburtstermins, im Hinblick auf eine Einschränkung der für das Ungeborene lebenswichtigen Versorgungsfunktion der Plazenta und damit einhergehender Auswirkungen auf die Entbindung, von Bedeutung ist, und sowohl normale als auch insbesondere sogenannte pathologische Kindslagen gerade nicht unüberwacht und zeitlich unbegrenzt hingenommen werden können, sondern ein solches Vorgehen ganz massive lebensgefährdende Risiken für das Ungeborene und zum Teil auch die Mutter bedingt, abgesehen davon, dass eine Durchführung von Hausgeburten bei den sogenannten Risikoschwangerschaften nach berufsrechtlichen Vorschriften gar nicht zulässig ist. Bei von der Angeklagten betreuten Geburten hat sich - zumindest - seit dem Jahr 2007 gerade dieses typische, durch Überwachung sicher auszuschließende Risiko des Todes oder einer Behinderung des Kindes infolge Sauerstoffmangels unter der Geburt wiederholt verwirklicht.
Rechnerische Überschreitung des Geburtstermins/Übertragung:
Die rechnerische Überschreitung des errechneten Geburtstermins stellt nach medizinischen Erkenntnissen infolge einer zunehmenden Einschränkung der Funktion des Mutterkuchens (Plazentainsuffizienz) das Risiko einer Minderversorgung bis hin zu einem Sauerstoffmangel und dem Absterben des ungeborenen Kindes dar, was deshalb eine engmaschige und kontinuierliche Überwachung des Ungeborenen bedingt. Die normale Schwangerschaftsdauer beträgt 280 Tage, 40 Wochen bzw. 10 Mondmonate, woran sich eine 7-, 14- oder 21-tägige rechnerische Übertragungszeit anschließt. Wenn das Schwangerschaftsalter auf die Angabe der Schwangeren des ersten Tages der letzten Periode bezogen wird (Amenorrhoedauer), ist die Bestimmung des rechnerischen Entbindungstermins mit einem hohen Unsicherheitsfaktor behaftet. Die Ultraschalluntersuchung der Scheitel-Steißlänge des Ungeborenen im ersten Trimenon der Schwangerschaft ist daher heute als zuverlässiger Standard für die Festlegung des Gestationsalters unbestritten. Ebenso ist unzweifelhaft, dass das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko im Hinblick auf eine Funktionseinschränkung der Plazenta nach Überschreiten der 280 Tage ansteigen, was eine regelmäßige Kontrolle des Gesundheitszustandes der Schwangeren und des Ungeborenen erfordert. Dabei wird der Zeitraum vom 280. bis zum 294. Tag als Überschreitung des errechneten Geburtstermins, und eine Überschreitung ab dem 294. Tag als Übertragung bezeichnet. Es besteht ein bekannter Kausalzusammenhang zwischen rechnerischer Übertragung, intrauterinem Fruchttod, Totgeburt und Morbidität. Das Risiko einer Totgeburt weist einen vierfachen Anstieg nach der 42. Schwangerschaftswoche auf, im Hinblick auf die neonatale Mortalität ist von einem dreifachen Anstieg nach 42 Schwangerschaftswochen auszugehen. Aufgrund der Tatsache der Zunahme der Sterblichkeit nach Erreichen des sicheren Geburtstermins nach 280 Tagen oder 40 Schwangerschaftswochen wird aus diesem Grund in der Gynäkologie seit einigen Jahren empfohlen, Schwangerschaften nach 40 bzw. 41 Schwangerschaftswochen entweder sehr sorgfältig in zweitägigen Abständen zu überwachen oder die Geburt einzuleiten. Bis zum Jahre 2011 wurde noch eine Überschreitung von 14 Tagen bis zum 294. Tag toleriert, danach war bereits eine Reduzierung auf 10 Tage erfolgt, bevor unter klinischen Bedingungen eine Einleitung der Geburt vorgenommen wird. Während dieser Zeit der rechnerischen Überschreitung wird von Geburtsmedizinern eine engmaschige zweitägliche Kontrolle der Herztöne des ungeborenen Kindes und der Wehentätigkeit mittels CTG (Kardiotokografie) über einen Zeitraum von 30 Minuten empfohlen. In Kombination mit durchgeführten Doppler-Untersuchungen zur Blutflussmessung sowie zur Fruchtwasservolumenmessung lässt sich ein gutes Bild über den Zustand des Ungeborenen gewinnen und der Gefahr einer Plazentainsuffizienz durch eine rechtzeitige Einleitung der Geburt entgegenwirken.
Die Angeklagte hat vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Einstellung der grundsätzlichen Überflüssigkeit von Kontrolle bei einer Überschreitung des rechnerischen Entbindungstermins vielfach nicht einmal ein CTG geschrieben und dies erst recht nicht in den erforderlichen zeitlichen Abständen getan.
Dauer der Geburt:
Auch die von der Angeklagten vertretene Einstellung, eine Geburt dürfe so lange dauern, wie sie brauche und ein gesundes Kind werde jede Geburt überstehen, gleichgültig, welche vegetativen Reaktionen sein Herz dabei zeige, ist falsch. Auch für die zulässige Dauer des Geburtsvorgangs sind anhand statistischer Untersuchungen Empfehlungen im Hinblick auf eine zeitliche Begrenzung erfolgt. Grundlage sind Erkenntnisse und statistische Untersuchungen über die Abhängigkeit der Asphyxiehäufigkeit (als fetale oder intrauterine Asphyxie wird eine Unterversorgung des Fötus durch ungenügende Sauerstoffzufuhr durch die Nabelvene bezeichnet, etwa bei Plazentainsuffizienz oder Nabelschnurvorfall), der Azidosefrequenz (der Übersäuerung des Blutes) und der Sterblichkeit der Kinder von der Geburtsdauer. Die vorliegenden Befunde führen zu der Empfehlung, die einzelnen Geburtsphasen auf bestimmte Zeiten zu beschränken. Die Geburt beginnt mit dem Einsetzen regelmäßiger muttermundswirksamer Wehen oder mit einem vorzeitigen Blasensprung, wobei drei Phasen unterschieden werden - Eröffnungs-/Austreibungs- und Nachgeburtsperiode. Danach wird überwiegend eine Begrenzung der Eröffnungsperiode, des Zeitraums bis zur vollständigen Muttermundseröffnung, auf 12 Stunden, der Austreibungsphase - deren Beginn mit der Feststellung der vollständigen Muttermundseröffnung exakt bestimmbar ist - auf ½ bis 1 1/2 Stunden, maximal 2 Stunden, der darin enthaltenen Pressperiode auf 20 bis maximal 30 Minuten und der Nachgeburtsperiode auf 1 Stunde empfohlen. Bei Überschreiten dieser Grenzwerte nimmt die Gefährdung besonders des ungeborenen Kindes zu. Ein Überschreiten der Grenzwerte wird als protrahierte Geburt bezeichnet, wobei es hierfür allerdings keine allgemein anerkannte Definition gibt, wie auch nicht für die Dauer der einzelnen Geburtsabschnitte. Nach der bayrischen Perinatalerhebung wird eine Geburtsdauer über 12 Stunden als protrahiert bezeichnet; zum Teil wird ein Zeitraum von 15 bis 20 Stunden angenommen. Grundlage dieser zeitlichen Grenzwerte ist die Erkenntnis, dass die kindliche Gefährdung durch eine Sauerstoffmangelversorgung bei einem längeren Geburtsverlauf erheblich zunimmt und insbesondere die Austreibungsphase die Zeit der höchsten hypoxischen Gefährdung darstellt, da es zu einer Verminderung und sogar passageren Aufhebung der intrauterinen Durchblutung kommt.
Übereinstimmung besteht unabhängig von zeitlichen Grenzwerten in Bezug auf die Dauer der einzelnen Geburtsabschnitte aber dahingehend, dass unabhängig von der Parität bei Fehlen eines Geburtsfortschritts während zwei Stunden in der Eröffnungsperiode und einer Stunde während der Austreibungsphase von einem Geburtsstillstand auszugehen ist, der die Entscheidung zu einer sekundären Sectio nahelegt. Einigkeit besteht auch darüber, dass sowohl eine längere Eröffnungs- als auch Austreibungsphase nur bei unauffälligen fetalen subpartalen Parametern überschritten werden kann. Die durchschnittliche Geburtsdauer beträgt bei einer Erstgebärenden 6 bis 7 und einer Mehrgebärenden 3 bis 4 Stunden, die Austreibungsphase bei einer Erstgebärenden durchschnittlich 54 Minuten und bei einer Mehrgebärenden 18 Minuten. Die Überschreitung der empfohlenen Grenzwerte bedingt nicht notwendig eine Schnittentbindung. Das weitere Vorgehen entscheidet sich in einem solchen Fall aufgrund des Muttermundbefundes und der kindlichen Herzfrequenz. Erforderlich ist aber eine kontinuierliche Überwachung des Kindes durch eine kardiotokographische Kontrolle (CTG) und gegebenenfalls Mikroblutuntersuchungen, bei denen aus Steiß oder Kopf des Ungeborenen eine Blutentnahme zur Überprüfung der Azidität - des Säuregehaltes - des kindlichen Blutes erfolgt, da die andauernde Wehentätigkeit einen erheblichen Stress für die Gebärende und das Ungeborene bedeutet. Bei der Mutter resultieren daraus oft Erschöpfungserscheinungen und eine sekundäre Wehenschwäche. Eine reduzierte Sauerstoffversorgung infolge einer Minderperfusion der Plazenta bei langer Wehentätigkeit kann beim Fetus eine Azidose auslösen. Eine solche Fetalblutanalyse zur Abklärung des kindlichen Zustands ist außerklinisch nicht möglich, weshalb ein protrahierter Geburtsverlauf eine Verlegung in ein Krankenhaus bedingt.
Für die Angeklagte ist der Umstand der Überschreitung der Grenzwerte von keiner Bedeutung, da nach ihrer Einstellung eine Geburt so lange dauern darf, wie sie dauert.
Unabhängig von einem protrahierten Geburtsverlauf ist auch jeder normale Geburtsvorgang zur Sicherheit des Kindes durch die regelmäßige Überwachung der Herztöne zu kontrollieren. Soweit bei außerklinischen Geburten dafür kein CTG zur Verfügung steht, was nicht zwingend erforderlich ist, werden die Herztöne durch die Hebamme mittels eines Doptons oder eines vergleichbaren Geräts - wobei es sich um ein kleines, tragbares, batteriebetriebenes Ultraschallgerät handelt - bzw. - weniger zuverlässig bzw. erschwert - mit einem Hörrohr kontrolliert. Die Befunde sind auch nach der Berufsordnung für Hebammen regelmäßig zu erheben und zu dokumentieren. Danach sind die Herztöne dem Geburtsverlauf angepasst in kurzen Zeitabständen zu ermitteln und zu dokumentieren. Bei einer verlängerten Austreibungsphase ist das Befinden der Gebärenden genau zu beschreiben; ergänzende Angaben über die Häufigkeit und Qualität der Wehen sowie über den Zustand des Kindes sind erforderlich.
Auch dieser Umstand wird von der Angeklagten, die eine solche Überprüfung im Rahmen von ihr begleiteter Geburtsvorgänge nur sporadisch und ohne die nach der Hebammenberufsordnung gegebenen Dokumentationspflicht vorgenommen hat, negiert. Die Angeklagte unterlässt eine solche Dokumentation, aber auch Erhebung bewusst, da sie die Auffassung vertritt, die Dokumentation der Befunde in einem formalisierten System widerspreche der Arbeit einer freiberuflichen Hebamme; die "so genannten" Vitalparameter seien bei einer gesunden Gebärenden erst erforderlich bei einem Hinweis auf Krankheit oder drohender Dekompensation - wobei die Angeklagte allerdings auch in diesen Fällen eine entsprechende Kontrolle unterlassen hat, wie noch dargelegt wird -, Krankheit bei einer gesunden Frau mit klinischen Parametern auszuschließen, gehöre zum klinischen Verfahren, während die Arbeit der Hebamme im außerklinischen Bereich überwiegend soziopsychologischer Natur sei; der Versuch, einen biologischen Prozess wie eine Geburt in einem Zwei-Stunden-Rhythmus zu bewerten, habe sich in der Hausgeburtshilfe nicht bewährt, erst bei einem offensichtlichen Geburtsstillstand setze das klinische Prozedere ein, welches die Berufsordnung als Regel annehme. Je erfahrener eine Hebamme sei, desto weniger vaginale Untersuchungen brauche sie, um den Geburtsfortschritt zu beurteilen. Als weiteres Argument gegen die Dokumentation und Kontrolle der Vitalparameter führt die Angeklagte die Persönlichkeitsrechte der Gebärenden an, von der nicht alles, was sie sage und tue, protokolliert und mit medizinischen Maßstäben gemessen werden könne. Nach ihrer Ansicht hat sich in den letzten Jahrzehnten eine interventionsarme Hebammengeburtshilfe entwickelt, die mit den erlernten klinischen Standards nicht viel gemein habe, sondern individuelle Gegebenheiten berücksichtige und deshalb als sehr sicher gelten könne. Die Berufsordnung für Hebammen gehe an den Erfahrungen der Hausgeburtshebammen in diesem Bundesland vorbei und sei eine maßgeschneiderte Dienstanweisung für Klinikhebammen. Sie sei in erster Linie geprägt durch die Angst vor juristischer und fachlicher Verantwortung.
Die regelmäßige Überwachung der kindlichen Herztöne - auf die zeitlichen Erfordernisse wird noch eingegangen - ist tatsächlich von ganz erheblicher Bedeutung.
Während der Geburt kann es infolge von Sauerstoffmangel unter anderem zu einer vorübergehenden Abnahme der fetalen Herzfrequenz, einer so genannten Dezeleration kommen. Dabei können besonders Dezelerationen, die jeweils im Anschluss an eine Wehe auftreten, Hinweis auf eine Gefährdung des Kindes geben. Aber auch Dezelerationen, die wehensynchron auftreten, können Zeichen einer akuten Gefährdung sein, wenn sie schon am Geburtsbeginn regelmäßig auftreten, und dann Anlass für ein geburtshilfliches Eingreifen geben. Bei einer über drei Minuten fortbestehenden FHF unter 120 bpm (beats per minute) spricht man von einer leichten, unter 100 bpm von einer schweren Bradykardie. In diesen Fällen ist eine schnelle Geburtsbeendigung mittels Kaiserschnitt von erheblicher Bedeutung, um eine Schädigung bzw. den Tod des Kindes infolge Sauerstoffmangel zu vermeiden. Eine sichere Beurteilungsgrundlage ist nur die kontinuierliche Überwachung der kindlichen Herzfrequenz.
Risikoschwangerschaften:
Entgegen der von der Angeklagten praktizierten Geburtshilfe entspricht es desweiteren medizinischen Standards und sämtlichen Empfehlungen und Richtlinien der Ärzte und Hebammenschaft, dass Risikoentbindungen, die mit einem erhöhten Risiko für die Mutter oder das Kind verbunden sind, worunter etwa Schwangerschaften mit pathologischen Kindslagen oder einer Erkrankung der Schwangeren sowie Mehrlingsgeburten oder Entbindungen nach Kaiserschnitt zählen, grundsätzlich nicht geplant als Hausgeburt, sondern unter den sicheren Bedingungen einer Klinikgeburt, zum Teil sogar mit der Möglichkeit einer neonatologischen Versorgung der Neugeborenen, durchgeführt werden sollen.
Die Angeklagte war sich dieser gesamten Umstände in vollem Umfang bewusst.
Gem. § 2 der Berufsordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebBO NRW) sind diese verpflichtet, ihren Beruf entsprechend dem jeweiligen Standard der medizinischen, psychologischen, soziologischen und geburtshilflichen Erkenntnisse gewissenhaft auszuüben, sich über die für die Berufsordnung geltenden Vorschriften zu unterrichten und diese zu beachten. Danach ist die Durchführung von Normalgeburten bei Schädellage eine im Rahmen dieser Aufgaben ausgeführte Tätigkeit. Die Durchführung von sog. Risikogeburten, u.a. Beckenendlagengeburten - der im vorliegenden abzuurteilenden Fall gegebenen Geburtslage, worauf im einzelnen noch eingegangen wird - ist nur in Dringlichkeitsfällen, d.h. soweit das rechtzeitige Aufsuchen einer Klinik infolge überraschenden Einsetzens der Geburtswehen oder der Feststellung erst im Rahmen des fortgeschrittenen Geburtsverlaufs nicht mehr möglich ist, zulässig. Hebammen haben nach § 3 der Berufsordnung auf Regelwidrigkeiten und Risikofaktoren zu achten und ggf. für ärztlichen Beistand zu sorgen. Das Behandeln pathologischer Vorgänge bei Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen ist Ärztinnen und Ärzten, vorbehalten.
Bei der Beckenendlage oder auch Steißlage handelt es sich um eine Normabweichung der Kindslage (Poleinstellung), bei der nicht der Kopf, sondern das Beckenende des ungeborenen Kindes vorangeht. Dabei befindet sich der Kopf am oberen Rand der Gebärmutter; das Kind liegt im Mutterleib mit dem Kopf nach oben. Der führende Teil ist der Steiß bzw. die Beine des Kindes in verschiedenen Variationen.
Eine spontane Geburt - und nicht zwingend ein Kaiserschnitt - ist auch bei dieser Kindslage grundsätzlich möglich, gestaltet sich aber deutlich schwieriger und ist mit weitaus höheren Risiken verbunden, weil der Geburtskanal durch das Becken des Kindes für das einfache Passieren des Kopfes nicht genug geweitet wird. Gleichzeitig wird die Versorgung des Kindes über die Nabelschnur beim Durchtritt des Kopfes durch das Becken behindert. Bei der spontanen Beckenendlagengeburt ist vor allem eine Gefährdung des ungeborenen Kindes zu befürchten. Die Risiken liegen insbesondere in einer hypoxischen Gefährdung (Sauerstoffunterversorgung) des Kindes, da die Nabelschnur häufiger als bei der Schädellage komprimiert wird und es häufiger zu Nabelschnurvorfällen kommt, und es gerade in der Austreibungsphase signifikant häufiger zu einem protrahierten Geburtsverlauf kommt, da die Beinhaltung zu einem Schienungseffekt der fetalen Hüfte führt, wodurch es zu einer Pendelbewegung des Steißes kommt, was häufig verhindert, dass sich die vordere fetale Gesäßhälfte unter der Symphyse in das kleine Becken vorschiebt. Zu befürchten sind zudem kindliche Geburtsverletzungen des Skelettsystems und des peripheren Nervensystems. Unter der Geburt ist insbesondere eines Hochschlagen der Arme des Kindes eine lebensbedrohliche Komplikation, da dadurch die Geburt des Kopfes behindert wird und die Arme erst manuell gelöst werden müssen, wobei die zuvor genannten Komplikationen bis hin zum Tod des Kindes unter der Geburt eintreten können. Bei der spontanen Beckenendlagenentbindung ist die Erfahrung und das praktischtechnische Können des Geburtshelfers von erheblicher Bedeutung, der insbesondere auch unterstützende Handgriffe zur Entwicklung des Kopfes, wie den nach Veit-Smellie und den Bracht-Handgriff beherrschen muss, um eine mögliche Unterversorgung des Kindes möglichst kurz zu halten. Da bei dieser Kindslage deutlich häufiger mit dem Auftreten von Komplikationen und dem Erfordernis eines sekundären Kaiserschnitts, unter Umständen auch eines Notkaiserschnitts, zu rechnen ist, soll die Geburt nach den berufsrechtlichen Vorschriften der Hebammen und sämtlichen Leitlinien und Empfehlungen zur außerklinischen Geburtshilfe nur unter klinischen Bedingungen erfolgen.
Nach den vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erstellten Richtlinien über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung ("Mutterschafts-Richtlinien") ist im Hinblick auf die Erkennung und besondere Überwachung von sog. Risikoschwangerschaften und Risikogeburten eine Aufstellung erhöhter Risikofaktoren und entsprechender Maßnahmen erfolgt. Danach sind Risikoschwangerschaften, aus denen sich auch Risikogeburten entwickeln können, solche, bei denen aufgrund der Vorgeschichte oder erhobener Befunde mit einem erhöhten Risiko für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind zu rechnen ist. Unter anderem werden hierunter Mehrlingsschwangerschaften und pathologische Kindslagen, u.a. die Beckenendlage, gerechnet, Schwangerschaften nach vorangegangenem Kaiserschnitt, bestimmte Erkrankungen der Mutter, sowie eine Überschreitung des Geburtstermins bzw. Unklarheit über den Termin. Auf der Grundlage dieser bestehenden Risiken ist der betreuende Arzt gehalten, die Schwangere bei der Wahl der Entbindungsklinik unter dem Gesichtspunkt zu beraten, dass die Klinik über die nötigten personellen und apparativen Möglichkeiten zur Betreuung von Risikogeburten verfügt. Hebammen wird der Inhalt dieser Richtlinien in ihrer Aus- und Weiterbildung ebenso vermittelt, wie sie auch darüber informiert werden, wie die Zusammenarbeit zwischen Ärzten - womit gynäkologische Fachärzte gemeint sind - und Hebammen in der Geburtshilfe unter Zugrundelegung der "Mutterschafts-Richtlinien" zu erfolgen hat.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.(DGGG) - eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die Wissenschaft und Bildung auf dem Gebiet fördert und die ständige Erneuerung diagnostischer und therapeutischer Richtlinien und Empfehlungen garantiert, wobei die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft auf dem Deutschen Kongress für Gynäkologie und Geburtshilfe alle zwei Jahre vorgestellt werden - hat im Hinblick darauf, dass sowohl im klinischen als auch im außerklinischen Bereich Ärzte (Gynäkologen) und Hebammen auf Zusammenarbeit angewiesen sind, Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Arzt und Hebamme in der Geburtshilfe erarbeitet, die der Bund deutscher Hebammen 2001 veröffentlich hat. Darin wird Hebammen vermittelt, welche Tätigkeiten inklusive Geburtshilfe von ihnen eigenverantwortlich durchgeführt werden können und dürfen und in welchen Fällen Ärzte, womit Fachärzte der Gynäkologie gemeint sind, bzw. Kliniken hinzugezogen werden müssen. Nach diesen Empfehlungen sind Hebammen und Entbindungspfleger - wie es der Berufsordnung entspricht - berechtigt und verpflichtet, in eigener Verantwortung die Normalgeburt bei Schädellage sowie im Dringlichkeitsfall die Beckenendlagengeburt durchzuführen; Anzeichen für Anomalien und Risikofaktoren bei Mutter oder Kind, die das Tätigwerden einer Ärztin oder eines Arztes oder die Einweisung in ein Krankenhaus erforderlich machen, festzustellen sowie bei ärztlichen Maßnahmen mitzuwirken oder bei Nichterreichbarkeit der Ärzte oder des Arztes die notwendigen Maßnahmen durchzuführen. Im Hinblick auf Hausgeburten und Geburten im Geburtshaus wird in Zusammenhang mit den Hebammenberufsordnungen auf einen niedergelassenen Frauenarzt als ärztlichen Geburtshelfer hingewiesen. Im Hinblick auf die in der Hebammenberufsordnung enthaltene Definition der "Normalgeburt" enthalten die Empfehlungen der DGGG eine dezidierte Auflistung derjenigen Befunde, die als nichtnormal, nicht mehr physiologisch oder pathologisch einzustufen sind. Danach sind Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett primär dann als regelrecht, normal oder physiologisch anzusehen, wenn während der Schwangerschaft keine Risiken diagnostiziert wurden, und wenn keine geburtsrelevanten Risiken der Kataloge A und B des Mutterpasses bestehen. Unter anderem enthält die Auflistung als Ausschluss einer Normalgeburt folgende Kriterien:
eine Schwangerschaft mit Risiken für Mutter und Kind, wie bei Lage- oder Poleinstellungsanomalien, einem erhöhten Präeklampsierisiko bei auffälligen Laborwerten;
eine geplante Geburt mit Risiko für den Einsatz spezieller Handgriffe, wie bei Entwicklung aus Beckenendlage oder eines 2. Zwillings, mit Risiko für Plazentalösungsstörungen oder einer Uterusruptur, wie bei Zustand nach einer Sectio, mit dem Risiko für überwachungs- bzw. behandlungspflichtige Besonderheiten oder Erkrankungen der Mutter, z.B. bei bestehener Präeklampsie/Eklampsie.
Sämtliche solche als "nichtnormal", nicht mehr physiologisch oder pathologisch zu qualifizierenden Geburten, deren Durchführung ihr nach der Hebammenberufsordnung untersagt ist, hat die Angeklagte allein als Haus- bzw. Geburten in ihren Praxisräumen durchgeführt.
In den Empfehlungen der DGGG ist weiter geregelt, dass die Hebamme die Schwangere bei der Wahl ihres ins Auge gefassten Entbindungsortes zu beraten hat, und was im Rahmen einer außerklinischen Entbindung zu beachten ist. Danach haben die Hebammen, die außerklinisch entbinden, eine eigene Hinweis- und Aufklärungspflicht. Anlässlich einer Hausgeburt hat die Hebamme mit der Schwangeren zu besprechen, welche logistischen Vorkehrungen sie getroffen hat, um Komplikationen zu begegnen. Sie hat Absprache mit Ärzten zu treffen, die bei auftretenden Komplikationen zum Ort der Hausgeburt kommen und/oder Absprachen mit den Einsatzleitstellen von Rettungsfahrzeugen und mit Kliniken, die zum Transport und zur Aufnahme eines Notfalls bereitstehen; sämtlich Umstände, die die Angeklagte ganz überwiegend aus Prinzip unbeachtet gelassen hat.
Die DGGG hat des weiteren im Jahre 2006 eine Beckenendlagen-Leitlinie unter der Leitung des im hiesigen Verfahren tätigen Sachverständigen Prof. Dr. C1 veröffentlicht. Danach muss für eine vaginale Geburt aus Beckenendlage in der Geburtsklinik ein versierter Facharzt anwesend sein. In der Geburtsklinik soll ein neonatologisches und anästhesiologisches Team jederzeit für den geburtshilflichen Einsatz abrufbar sein, gegebenenfalls müssen diese Teams anlässlich einer Entbindung aus Beckenendlage anwesend sein. Weiter wird darauf hingewiesen, dass ein protrahierter Geburtsverlauf neben den üblichen Kriterien für eine sekundäre Sectio eine größere Rolle als bei einer Geburt aus Schädellage spielt.
In weiteren vom Bund deutscher Hebammen und freiberuflicher Hebammen herausgegebenen Empfehlungen und Auswahlkriterien für die Wahl des Geburtsortes (Hebammengeleitete Geburtshilfe), deren Mitautorin die Angeklagte war, ist eine Übereinkunft erfahrener Hausgeburtshebammen formuliert worden, die Hebammen und schwangeren Frauen helfen soll, die vernünftigste Wahl für den jeweiligen Ort der Geburt sowie der entsprechenden Begleitung zu treffen. Danach müssen Hebammen fähig sein, Abweichungen vom regulären Schwangerschafts- und Geburtsverlauf zu erkennen, die Eltern darüber aufzuklären und unter Berücksichtigung ihrer Wünsche sinnvoll Einfluss zu nehmen. Bei Regelwidrigkeiten müssen sie in der Lage sein, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um bei pathologischen Geburtsverläufen medizinische Versorgung einzuleiten und ärztliche Unterstützung hinzuzuziehen.
Im Hinblick auf Krankheiten oder Besonderheiten mit chronischem Verlauf ist nach den Empfehlungen bei der Entscheidung für den Geburtsort abzuwägen, ob die in der Schwangerschaft festgestellten Besonderheiten eine zusätzliche akute Gefährdung für den Geburtsverlauf darstellen und ob die gut vorbereitete Versorgung zuhause mit der in der Klinik gleichgestellt werden kann, wobei eine Hausgeburt nicht empfohlen wird und nur auf Wunsch der Frau und nach umfassender Aufklärung die Anbetreuung oder Begleitung zuhause möglich ist. Insbesondere u.a. bei dem Vorliegen einer Beckenendlage soll nach den o.g. Empfehlungen die freie Wahl des Geburtsortes nur nach umfassender Aufklärung und auf besonderen Wunsch der Frau und der Hinzuziehung eines versierten Geburtshelfers oder der Verlegung in Betracht kommen. Keine freie Wahl des Geburtsortes, sondern vielmehr die klinische Betreuung unter der Geburt ist dagegen hiernach nötig, wenn sich Besonderheiten während der Geburt ergeben, wozu unter anderem eine Beckenendlage mit einem sog. protrahierten Geburtsverlauf - d.h. wie dargelegt, das Vorliegen einer verlängerten Eröffnungs- und/oder Austreibungsphase -, zählt.
In einem von ihr als Mitautorin verfassten Kapitel zur Beckenendlage in dem Buch "Hebammenkunde", einem Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf, tritt die Angeklagte für eine natürliche Geburt ein, wobei sie jedoch allein die klinische vaginale Geburt im Gegensatz zur Schnittentbindung darstellt, eine außerklinische Geburt - entgegen ihrer Einstellung und tatsächlichen Vorgehensweise - aber offiziell weder als Möglichkeit anspricht noch propagiert. Sie weist in dem Kapitel darauf hin, dass Studien gezeigt hätten, dass nach "eingehender Risikoselektion" und bei entsprechend "logistischen Voraussetzungen" sowie ausreichender Erfahrung der Geburtshelfer "in einer Klinik" kein erhöhtes Spätmorbiditätsrisiko für vaginal geborene Kinder aus Beckenendlage gegenüber den per sectio entbundenen Kindern bestehe. In jedem Fall solle vor einer vaginalen Beckenendlagen-Geburt eine gründliche Untersuchung der Mutter durch den geburtshilflichen Facharzt erfolgen (Ultraschallmessung: kindlicher Kopf, Thorax, Fruchtwassermenge, mütterliche Beckenmaße etc.), um ein Kopf-Becken-Missverhältnis auszuschließen. Mit den Eltern seien die Vor- und Nachteile beider Entbindungsformen ausführlich zu besprechen. Die Geburtsleitung der vaginalen Entwicklung einer Beckenendlage sei heute in den meisten Kliniken ärztliche Tätigkeit, jede Hebamme müsse aber in der Lage sein, im Dringlichkeitsfall ein Kind aus Beckenendlage zu entwickeln. Als erforderliche Vorbereitungen zur Beckenendlagen-Geburt werden in dem Kapitel u.a. ein venöser Zugang, die Bereitstellung von Oxytocininfusionen, eine Bereitschaft der Anästhesie, eine ausreichende Analgesie des Beckenbodens durch eine Pudendus- oder Periduralanästhesie und eine Episiotomie - ein Dammschnitt - bei Erstgebärenden, um für den nachfolgenden Kopf den Geburtsweg zu verkürzen und zu begradigen, aufgeführt - alles Vorkehrungen, die bei einer Haus- bzw. Praxisgeburt nicht in der Form zu leisten sind, und von der Angeklagten bei den von ihr begleiteten außerklinischen Entbindungen aus Beckenendlage nicht nur zu keinem Zeitpunkt getroffen, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt wurden.
Die Angeklagte führte unter anderem - was in Bezug auf das angeklagte Geburtsgeschehen von Bedeutung ist - Geburten aus Beckenendlage als Haus- und Praxisgeburt allein durch, ohne eine Aufklärung der Kindseltern über die erhöhten Risiken vorzunehmen, ohne die Vor- und Nachteile beider Entbindungsarten zu besprechen, ohne Vorbereitungen für eine eventuell erforderliche Verlegung in ein Krankenhaus und die Durchführung eines Kaiserschnitts zu treffen, ohne den Geburtsverlauf und die Vitalparameter der Gebärenden und des Ungeborenen in ausreichendem Maße zu überwachen und ohne in entsprechenden kritischen Situationen angemessen zu reagieren. Die von Klinikärzten vorgenommene Aufklärung hält sie für die Weitergabe schädigender Informationen und vertritt die Einstellung, es sei die Entscheidung des Kindes, so geboren zu werden, wobei es uns gebühre, Vertrauen in die Fähigkeiten des Ungeborenen zu haben, diesen Geburtsverlauf gut zu überstehen. Dies sei eine günstigere Basis, als es, noch weit bevor eine Gefährdung zu erkennen wäre, retten zu wollen. Die medizinischen Erkenntnisse hält sie für Angst machende Vorurteile und plädiert für eine antihysterische Sichtweise. Die Angeklagte negiert dabei auch wissenschaftlichen Erkenntnissen und ihren Kenntnissen zuwider die Gefahr der Nabelschnurkompression bei der Geburt aus Beckenendlage. Sie vertritt dies nach außen mit Erklärungen, dass die gut geschützte Nabelschnur kaum mit einem kugeligen Gegenstand in noch dazu feuchter Umgebung abdrückbar sei, und der kurze Moment zudem für das flexible Ungeborene leicht tolerierbar wäre.
Auch in Bezug auf andere erhöht risikobehaftete Geburtsvorgänge verfolgte die Angeklagte ihr Entbindungskonzept einer natürlichen außerklinischen Geburt.
Die als sogenannte Risikoschwangerschaften bezeichneten Schwangerschaften, die einen komplikationsträchtigen Geburtsverlauf erwarten oder befürchten lassen, beinhalten, wie dargelegt, gegenüber sog. normalen Schwangerschafts- und Geburtsverläufen gesteigerte Risiken für das Leben von Mutter und Kind, die einer außerklinischen Entbindung entgegenstehen. Die heute erreichte extrem niedrige peripartale Sterblichkeit ist bedingt durch verschiedene Faktoren: die Überwachungsmöglichkeiten während der Schwangerschaft sind heute so ausdifferenziert, dass es gelingt, viele Risikokonstellationen schon während der Schwangerschaft zu erkennen; ein weiterer Gesichtspunkt ist die engmaschig mögliche Überwachung der Schwangeren auch während der Geburt, wozu ein Kardiotokogramm (CTG) neben weiteren apparativen Überwachungsmöglichkeiten wie der Ultraschalluntersuchung und der Mikroblutuntersuchung ein wichtiges Instrument darstellen. Darüber hinaus ist es in der klinischen Geburtshilfe möglich, auf überraschende und unvorhersehbare Komplikationen im Geburtsverlauf sehr zeitnah zu reagieren. In qualifizierten Perinatalzentren gelingt es, wie dargelegt, regelmäßig bei einer akuten Notfallsituation mit einer Verschlechterung der kindlichen Herztöne im Rahmen des Geburtsvorgangs innerhalb von weniger als 10 Minuten eine Entbindung mittels Kaiserschnitt herbeizuführen.
So besteht etwa bei den von der Angeklagten begleiteten Geburten nach einer vorangegangenen Kaiserschnittentbindung das gesteigerte Risiko einer Narbenruptur, die zu einem massiven Blutverlust und der Gefahr des Todes der Mutter und des ungeborenen Kindes, das in einem solchen Fall unmittelbar von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten wird, einhergeht. Wenn das Risiko einer Ruptur mit ca. 0,3 bis 0,8 % auch als gering einzuschätzen ist, ist im Falle des Eintretens einer solchen Uterusruptur unmittelbar eine Notsectio erforderlich, die innerhalb eines Zeitraums von maximal 20 Minuten erfolgen muss, um Schäden sicher ausschließen zu können, was im Rahmen einer Hausgeburt nicht zu leisten ist.
Auch die vaginale Beckenendlagenentbindung - die im vorliegenden Fall zugrunde liegt - beinhaltet, wie oben dargelegt, gesteigerte Risiken, insbesondere für das ungeborene Kind, wie eine längere Geburtsdauer, einen vorzeitigen Blasensprung, einen Nabelschnurvorfall, eine vorzeitige Plazentaablösung sowie in der Austreibungs-/Pressperiode ein Hochschlagen der kindlichen Arme, eine Deflexion des Kopfes, als Geburtstrauma eine intrakranielle Blutung sowie eine Kompression der Nabelschnur und eine Asphyxie - einen drohenden Erstickungszustand durch Absinken des arteriellen Sauerstoffgehalts bei gleichzeitiger Kohlendioxidretention. Gerade bei einer Beckenendlagenentbindung kommt es überzufällig häufig zu pathologischen Herztonabfällen und der Notwendigkeit einer raschen, häufig auch notfallmäßigen Geburtsbeendigung mittels Kaiserschnitt. Bei dem bei einer Beckenendlagengeburt häufigen Vorliegen eines sog. protrahierten, d.h. verzögerten Geburtsverlaufs bestehen die fetalen Risiken in der prolongierten Beeinträchtigung des Gasaustausches in der Plazenta. Es kommt unter anderem zu einem Abfall der pH-Werte. Bleibt die dabei resultierende Hypoxämie über längere Zeit bestehen, so resultiert aus der ungenügenden Sauerstoffversorgung im Gewebe eine Hypoxie mit der Gefahr der Zerstörung von Organgewebe mit entsprechenden funktionellen Ausfällen.
Um Beckenendlagengeburten deshalb sicher für Mutter und Kind leiten zu können, bedarf es aus ärztlicher Sicht mehrerer Voraussetzungen. Der Geburtshelfer muss in jeder Geburtsphase die jeweils möglichen Komplikationen im Voraus bedenken, um bei Auftreten einer Komplikation adäquat reagieren zu können. Danach sind Facharztstandard und ständige Anästhesieverfügbarkeit unbedingte Voraussetzung. In jeder Phase der Geburt muss die Möglichkeit gegeben sein, ohne Zeitverlust vom vaginalen Vorgehen auf den abdominalen Weg umzusteigen, mit den personellen und apparativen Voraussetzungen zur Durchführung einer vaginalen Beckenendlagengeburt. Unter der Geburt hat eine kontinuierliche CTG-Registrierung zu erfolgen, d.h. eine Kardiotokographie - ein Verfahren zur simultanen Registrierung der Herzschlagfrequenz des ungeborenen Kindes und der Wehentätigkeit bei der werdenden Mutter. Die EE-Zeit (Entscheidungs-/Entbindungszeit), die die Zeit zwischen dem Entschluss zur sekundären Sectio und der Entwicklung des Kindes kennzeichnet, muss weniger als 20 Minuten betragen, bei Eintritt eines Notfalls muss sie unter 10 Minuten liegen, was außerklinisch unmöglich ist.
Die Angeklagte, die neben einer Ausbildung zur Hebamme über ein abgeschlossenes Medizinstudium verfügt - wobei sie jedoch praktische Ärztin und keine Gynäkologin ist -, der neben der Berufsordnung sämtliche Leitlinien bekannt sind und die u.a. an den Empfehlungen im Hinblick auf die Entbindung von Risikoschwangerschaften durch den Bund freiberuflicher Hebammen mitgearbeitet hat, waren diese sämtlichen Umstände zu jedem Zeitpunkt bewusst. Gleichwohl hat sie eine Kontrolle des Zustandes des ungeborenen Kindes auch nach einer Überschreitung des errechneten Geburtstermins nicht bzw. nur ungenügend vorgenommen und sowohl Mehrlingsschwangerschaften als auch Schwangerschaften nach einer Sectio sowie Beckenendlagen außerklinisch und ohne das Treffen von Vorkehrungen für den Fall eines erforderlich werdenden Notkaiserschnitts in zahlreichen Fällen durchgeführt. In zwei der Kammer bekannt gewordenen Entbindungen von Drillingen - die angesichts des erforderlichen erheblichen personellen Aufwands selbst in Entbindungskliniken kaum mehr spontan entbunden werden - wäre selbst eine notfallmäßige Verlegung in ein Krankenhaus bei Eintritt einer Geburtskomplikation in angemessenem zeitlichen Rahmen nicht einmal möglich gewesen, da die Entbindungen auf einer Insel, auf der sich kein Krankenhaus befindet, durchgeführt wurden. Mehrlingsschwangerschaften sollen jedoch schon aus dem Grund, dass es sich aufgrund des geringeren Geburtsgewichts der Kinder zumeist um Frühgeburten handelt, nicht nur ausschließlich klinisch, sondern zudem idealerweise unter Anbindung an ein Perinatal- oder neonatologisches Zentrum entbunden werden, um eine sichere Versorgung der Kinder gewährleisten zu können. Bei einer Mehrlingsgeburt besteht aufgrund einer Überdehnung der Gebärmuttermuskulatur häufig das Risiko einer Wehenschwäche sowie weiter die Gefahr einer vorzeitigen Plazentalösung, die unter anderem eine massive Sauerstoffunterversorgung des Kindes bis hin zum Tod zur Folge haben kann; wobei es sich bei der vorzeitigen Plazentalösung um ein bekanntes Risiko handelt, das sich bei einer von der Angeklagten begleiteten Zwillingsgeburt verwirklicht hat.
Vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Sichtweise unterlässt die Angeklagte auch insoweit vorgeburtliche Aufklärungen, erforderliche Überwachungsmaßnahmen während des Geburtsgeschehens, Vorsorgemaßnahmen für eine eventuell erforderliche Verlegung und die Beachtung der möglichen Risiken. Im Hinblick auf Zwillingsgeburten vertritt die Angeklagte die Einstellung, dass nach Erfahrungen aus der Tierwelt sich das komplexe System Geburt auch hier selbst regulieren würde, zusätzliche Ultraschallkontrollen während der Schwangerschaft zu unterlassen seien, wenn sie eine psychische oder physische Belastung für die Frau darstellen würden.
Die Gefahr der Uterusruptur nach vorangegangenem Kaiserschnitt stellt sie fälschlich als ein 1:1000 Risiko dar und verbreitet weiter die Auffassung, dass das Klinikprozedere nicht prinzipiell sicher und bei gleich hoher Sicherheit mit der außerklinischen Geburtshilfe nicht für jede Frau das Richtige sei; zudem könne eine Ruptur in der Hektik des Klinikbetriebes eher übersehen werden als von ihr. Soweit die Angeklagte einzuhaltende erforderliche Vorkehrungen im Rahmen der außerklinischen Geburtshilfe in von ihr verfassten Artikeln zwar publiziert, wie etwa die gute Kooperation mit der Klinik - telefonische Information mit entsprechender OP-Bereitschaft bei schnellem Transport - hat sie solche tatsächlich bei keiner der von ihr betreuten Risikogeburten getroffen und vielmehr sogar gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat unter Hinweis auf eine bestehende akute Lebensgefahr für das Ungeborene einer Schwangeren nach Sectio gemeinsam mit dieser die Klinik wieder verlassen und die Geburt zunächst als Hausgeburt weiter betreut, bis es zum Eintritt einer Uterusruptur kam, worauf im einzelnen noch eingegangen wird.
Bei den Kindseltern, von denen die Kammer einige im Rahmen der Beweisaufnahme als Zeugen vernommen hat, die sich gleichwohl - zum Teil auch entgegen dem ausdrücklichen Rat des behandelnden Gynäkologen - in derartigen risikobehafteten Schwangerschaften für eine außerklinische Geburt unter Begleitung durch die Angeklagte entschieden haben, handelt es sich vielfach um Paare bzw. Frauen, die entweder, zum Teil mit einer esoterischen Sichtweise, selbst eine "klinik- und schulmedizinfeindliche" Einstellung unter zum Teil bewusster Inkaufnahme von Risiken für ihr Leben und das ihres Kindes vertreten, oder um Eltern, die angesichts mangelnder Aufklärung über die entsprechenden Risiken einer außerklinischen Geburt seitens der Angeklagten im konkreten Fall nicht in der Lage waren, eine tragfähige und fundierte Entscheidung treffen zu können. Die der ersten Kategorie zugehörigen Eltern haben dabei im Rahmen ihrer Zeugenvernehmungen oftmals ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, zu der Entscheidung über das Schicksal ihres Kindes berechtigt zu sein, wie dies auch später ihrer Erziehungsberechtigung entspreche, und die Verantwortung für den Geburtsvorgang und die Entscheidung zu einer bestimmten Entbindungsart allein tragen zu dürfen.
Das offenbar im Verlauf ihrer langjährigen außerklinischen Berufstätigkeit entwickelte Entbindungskonzept der Angeklagten, einer "natürlichen" und damit nicht nur einer Haus- bzw. Praxisgeburt den Vorrang gegenüber einer Entbindung in einer Klinik einzuräumen, hat zumindest in den letzten Jahren vor dem hier zugrunde liegenden Tatgeschehen eine dahingehende Einstellung entwickelt, auch bei den ihr bekannten Geburtsrisiken bei Vorliegen besonderer Schwangerschaftsverläufe, und absehbaren und naheliegend zu erwartenden Komplikationen während einer Geburt, medizinische und geburtshilfliche Standards außer Acht zu lassen, keine Vorkehrungen im Hinblick auf eine ggf. medizinisch gebotene Hinzuziehung klinischer Hilfe zur Vermeidung gesundheitlicher Gefahren für Mutter und Kind zu treffen, und damit letztlich auch das Risiko einer Schädigung des Kindes im Rahmen eines solchen natürlichen Geburtsgeschehens als schicksalhaftes Geschehen hinzunehmen.
Im Rahmen der Hauptverhandlung sind der Kammer neben dem angeklagten - mit dem Tode des gesunden Mädchens G. Z1 endenden Geburtsvorgang vom 30.06.2008 - mehrere weitere in den Jahren 2005 bis 2010 von der Angeklagten begleitete, bzw. in einem Fall initiierte und unterstützte, außerklinische Geburtsvorgänge bekannt geworden, die in zwei Fällen mit dem Tod der Neugeborenen, einem schwerstbehinderten Kind und weiteren Fällen akut lebensbedrohter Neugeborener ausgingen. Mit Ausnahme eines tödlichen Geburtsausgangs, den die Kammer nicht weiter aufklären konnte, sind die Folgen mit hoher Wahrscheinlichkeit bzw. zum Teil sicher feststellbar auf die Selbstüberschätzung der Angeklagten, die Negierung ihr bekannter medizinischer Notwendigkeiten, die idealisierte und ideologisierte Verfolgung ihres "natürlichen" Entbindungskonzeptes und die Überschreitung beruflicher Kompetenzen unter Missachtung berufsordnungsrechtlicher Regelungen und Leitlinien zurückzuführen. Angesichts des möglichen Verhaltens der im Falle tödlich endender Geburtsvorgänge eventuell hinzugerufener Notärzte, die aus Unwissenheit, mangelnder Erfahrung oder fehlendem Engagement - einen solchen Fall hat die Kammer festgestellt - eine falsche oder unzulängliche Bewertung der Todesursache vornehmen, oder der Kindseltern, die aufgrund ihrer Einstellung oder infolge fehlender psychischer Belastbarkeit an einer Aufklärung der Todesursache ihres bei der Geburt verstorbenen Kindes nicht interessiert sind, ist darüber hinaus die Vermutung der Kammer, dass es eine weitere Dunkelziffer tragisch ausgegangener Geburtsverläufe gibt, nicht unbegründet.
Die Kammer hat im Rahmen der Hauptverhandlung zur Beurteilung der Kenntnisse, der Erfahrungen, der Einstellung und der Risikobereitschaft der Angeklagten konkrete Feststellungen zu folgenden Geburtsvorgängen treffen können:
- der Geburt des toten Kindes F. Z5 am 23.05.2005
- der Geburt des schwerstbehinderten Kindes A. Z3
am 27.08.2007
- der Geburt des zugleich verstorbenen Kindes L. Z2 am
29.03.2008
- der Geburt des verstorbenen Kindes G. Z1 am 30.06.2008
(angeklagtes Tatgeschehen)
- der Geburt des infolge Sauerstoffmangels reanimationspflichtigen
Kindes J. Z6 am 25.07.2008
- zweier Drillingsgeburten ohne klinische Anbindung
auf der Insel O13 am 21.01.2008 und am 05.08.2008 sowie
- einer Zwillingsgeburt am 15.01.2009.
Darüberhinaus sind Feststellungen zu weiteren Geburtsverläufen bis zum Jahre 2010, z.T. unter Beteiligung einer zweiten Hebamme, getroffen worden, die ebenfalls die Entbindung von Risikogeburten anstelle im erforderlichen klinischen Umfeld unter Inkaufnahme komplikationsträchtiger Geburtssituationen - die sich zum Teil mit lebensbedrohlichen Ausmaßen verwirklicht haben - beinhalteten, die als Haus- bzw. Praxisgeburt begonnen worden und sodann - und die überwiegende Anzahl auf Initiative einer zweiten beteiligten Hebamme oder der Kindsmutter - mit einer Verlegung in ein Krankenhaus geendet haben, wobei teilweise die Durchführung eines Notkaiserschnitts zur Lebensrettung von Mutter und Kind erforderlich war.
Dabei ist sämtlichen Geburtsvorgängen, die Gegenstand der Hauptverhandlung waren, immanent, dass die Angeklagte eine unmedizierte, interventionsarme und im wesentlichen unüberwachte Geburt durchgeführt hat. Sie hat insgesamt wissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse über Zeitvorgaben, Kontrollerfordernisse und die Erforderlichkeit klinischer Überwachung negiert. Weder sind ausreichende Kontrollen und Beachtung von Zeitvorgaben im Vorfeld der Geburt nach einer Überschreitung des errechneten Geburtstermins, noch während des Geburtsvorgangs erfolgt, obwohl der Angeklagten bewusst geworden ist, dass nach Überschreitung dieser Zeitvorgaben eine signifikante Erhöhung der Sauerstoffunterversorgung des Ungeborenen eintreten kann. Auch die während der Geburt zwingend erforderlichen Kontrollen des mütterlichen und kindlichen Status zur Einschätzung einer Gefahrensituation für das ungeborene Kind, die auch im Rahmen einer Hausgeburt möglich und mindestens nötig sind, wie die Messung des mütterlichen Pulses und Blutdrucks und die regelmäßige Messung der kindlichen Herzfrequenz, sind unterblieben und allenfalls völlig unzureichend sporadisch erfolgt, und auch bei eindeutigen Anzeichen einer kindlichen Stresssituation, die als Hinweis auf eine Asphyxie gedeutet werden mussten, nicht vorgenommen worden. Nicht nur im Rahmen normaler physiologischer Geburtsvorgänge, sondern unverändert auch bei der Begleitung der oben beschriebenen Risikogeburten, die im Hinblick auf die erhebliche Risikoerhöhung außerklinisch bereits gar nicht hätten stattfinden dürfen - wie Mehrlingsgeburten, Beckenendlagen, Entbindungen nach einem Kaiserschnitt und bestehenden Schwangerschaftserkrankungen der Mutter, wie einer EPH-Gestose - hat die Angeklagte bewusst sämtliche medizinischen und hebammenrechtlichen Standards und Empfehlungen außer Acht gelassen.
Julian:
2. Vortat-/Tat- und Nachtatgeschehen
Vortatgeschehen
Feststellungen zur Geburt des Kindes F. Z5
am 23.05.2005
Die zu diesem Zeitpunkt 39-jährige Kindsmutter Z5 war im Jahre 2005 mit dem fünften Kind schwanger. Bei einer der vorangegangenen Schwangerschaften war eine Geburt durch einen sekundären Kaiserschnitt beendet worden. Etwa ein Jahr zuvor war ein ca. einjähriges Kind infolge einer Meningitis verstorben. Die Schwangerschaft verlief problemlos und die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen bei der betreuenden Gynäkologin waren insgesamt unauffällig. Die letzte Vorsorgeuntersuchung erfolgte am 30.04.2005 in der 38. Schwangerschaftswoche. In der 41. Schwangerschaftswoche setzten nach Wehen über den gesamten Tag am Abend des 22.05.2005 gegen 23.00 Uhr stärkere Wehen ein. Am Abend nahmen die Kindseltern erstmals Kontakt zu ihrer Hebamme, der Zeugin Z7, auf, die in der Nacht zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt zwischen 01.00 Uhr und 02.00 Uhr im Haus der Kindseltern in O12 eintraf.
Die 1958 geborene Hebamme Z7 betreibt ein Geburtshaus in O10 bei O11 und hat wiederholt mit der Angeklagten, insbesondere im Rahmen von Geburten aus Beckenendlage, zusammengearbeitet. Die Zeugin Z7 vertritt ebenfalls der Einstellung der Angeklagten nahestehende Ansichten, was die Überwachung der Schwangerschaft und die Durchführung von Haus- bzw. Praxisgeburten betrifft, worauf im einzelnen noch eingegangen wird. Ein weiterer von beiden Hebammen betreuter Geburtsvorgang im Jahr 2007 - die Geburt von A. Z3 - hatte eine geistige und körperliche Schwerstbehinderung des Kindes zur Folge.
Nach einer Untersuchung der Schwangeren entschied man sich für die Durchführung der zuvor geplanten Hausgeburt. Neben der Hebamme Z7 waren weiter die Zeuginnen Z11 und Z12, zwei Hebammenschülerinnen, die zu der Zeit ein Praktikum bei der Zeugin Z7 absolvierten, ab etwa 03.00 Uhr anwesend.
Nach Feststellungen der Zeugin Z7 nach erfolgter gynäkologischer Untersuchung war der Muttermund 3-4 cm offen; ihre Untersuchung mit Hilfe der sog. Leopold`schen Handgriffe zur Feststellung der Kindslage hatte eine Schädellage ergeben. Die Ableitung der kindlichen Herztöne erfolgte mit Hilfe eines sog. Sonicaids - eines tragbaren Ultraschallgeräts -. Eine CTG-Überwachung erfolgte nicht. Kurze Zeit nach 03.30 Uhr kam es zum Fruchtblasensprung, bei dem sich normales klares Fruchtwasser entleerte. Im weiteren Verlauf des Geburtsgeschehens klagte die Gebärende etwa gegen 05.00 Uhr morgens über starke Rückenschmerzen und es stellte sich zunehmend ein Erschöpfungszustand ein, in dessen Verlauf sie etwa gegen 06.00 Uhr Zweifel an ausreichender Kraft für eine Fortsetzung der Hausgeburt äußerte und Überlegungen im Hinblick auf eine Klinikverlegung anstellte. Nach einem Gespräch mit ihrem Ehemann, dem ein Festhalten an der Hausgeburt von Bedeutung war, wurde die Entscheidung zur Fortsetzung der Hausgeburt getroffen. Die Kindsmutter hegte jedoch auch in der Folgezeit weiter Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung und ihrem Vermögen, die Geburt ohne Hilfe und Schmerzmittel zu Hause zu Ende bringen zu können. In ihrem Wunsch nach einer Verlegung bekam sie jedoch keine Unterstützung.
Nachdem es auch im weiteren Verlauf nicht zu einem Geburtsfortschritt gekommen war, entschloss sich die Zeugin Z7 zur Hinzuziehung der Angeklagten, die sie gegen 07.10 Uhr telefonisch erreichte und von ihrer Einschätzung eines Geburtsstillstandes informierte. Gegen 07.00 Uhr wiesen die Herztöne des ungeborenen Kindes wohl einen Normalwert von 138 bpm auf. Trotz der Dringlichkeit der Situation machte sich die Angeklagte nicht sogleich auf den Weg, sondern erschien aus nicht aufzuklärenden Gründen erst etwa 2 Stunden später, obwohl die Entfernung zwischen O12 und O8 von ca. 47 km in einer Fahrzeit von ca. 40 Minuten zu schaffen gewesen wäre. Der ihr von der Zeugin Z7 in dem Telefonat beschriebene Geburtsstillstand, d.h. ein fehlender Geburtsfortschritt über die Latenzzeit hinaus und eine Ausschöpfung der Maßnahmen zur Förderung einer Spontangeburt hätte unmittelbar die Abklärung der Ursache und weitere Maßnahmen erforderlich gemacht, wie die Überprüfung der mütterlichen und kindlichen Vitalparameter mittels CTG, um neben den Herztönen des ungeborenen Kindes die Wehentätigkeit bzw. das Vorliegen einer Wehenschwäche abzuklären, einer Einstellungsanomalie des Kindes im Geburtskanal und ggf. die Vorbereitung einer Sectio oder einer vaginalen Operation.
Auch während dieser weiteren zwei Stunden, in denen die anderen auf das Eintreffen der Angeklagten warteten, ließ sich keinerlei Geburtsfortschritt verzeichnen; die Gebärende wirkte vielmehr zunehmend erschöpft und kraftlos. Nach Einschätzung der Hebamme Z7 hinderte eine vorliegende Muttermundslippe den weiteren Fortgang der Geburt; tatsächlich hatte sich aber die übermäßig gefüllte Blase der Kindsmutter vor den kindlichen Kopf geschoben. Dabei handelte es sich um eine sogenannte zweitgradige Zystozele - eine Vorwölbung der Harnblase in die vordere Vaginalwand - was zu einem geburtsunmöglichen Zustand geführt hatte. Da die Kindsmutter seit längerer Zeit nicht mehr in der Lage gewesen war, Wasser zu lassen, hatte sich die Blase stark angefüllt und bereits vor den Kopf des Ungeborenen nach außen gedrückt. Ohne eine Entleerung der Blase mittels eines Katheters bzw. eine Zurückverlagerung, war die vaginale Entbindung des Kindes in der Situation unmöglich. Eine weitere Geburtserschwernis bestand zudem darin, dass das Kind sich in einer dorsoposterioren Lage (sog. "Sternengucker") befand. Dabei befindet sich der Kopf in einer normalen Hinterhauptslage, der Rücken ist jedoch nach hinten gerichtet. Eine solche Lage ist immer mit einem verzögerten Verlauf und einer erschwerten Entwicklung verbunden. Es tritt ein Geburtsstillstand auf Beckenboden, gelegentlich auch bereits in Beckenmitte auf. Die hintere Hinterhauptslage hat eine beträchtliche Verlängerung der Austreibungsphase zur Folge, die in der maximalen Zwangsbeugehaltung des Kopfes mit erhöhten Reibungskräften zwischen Kopf und Geburtskanal und der Geburt des breiteren Hinterhauptes über den Damm, welcher vermehrt angespannt und ausgewalzt wird, begründet ist. Das im Vergleich zum Nacken viel breitere Vorderhaupt muss sich als Hypomochlion (Angelpunkt) an der Symphyse (Schambeinfuge) anstemmen, womit der Kopf sich weiter nach dorsal dislozieren muss, um die Enge des Schambeins zu überwinden. Zusätzlich resultiert daraus eine größere Beckenbodentraumatisierung mit der Gefahr von Muskel-Zerreißungen und tiefgreifenden Dammrissen, weshalb das Anlegen einer großzügigen Episiotomie (Dammschnitt) indiziert ist.
Das ungeborene Kind wird in einer solchen Situation einer protrahierten Austreibungsphase durch eine Hypoxie erheblich gefährdet. Aus diesem Grund ist bei einer abzusehenden Gefährdung des Kindes durch eine langandauernde Austreibungsphase, eine sekundäre Wehenschwäche, starke Erschöpfung der Mutter oder eine Azidose des Kindes, deren Einschätzung letztlich nur mittels einer Kardiotokographie möglich ist, eine vaginaloperative Entbindung mit Forceps (Zange) oder Vakuum (Saugglocke) indiziert.
Das Vorliegen eines Geburtsstillstandes war von der Hebamme Z7 auch zutreffend eingeschätzt worden.
Gegen 09.15 Uhr erschien die Angeklagte - bei einer Entfernung zwischen O12 und O8 von ca. 47 km und einer ungefähren Fahrzeit von etwa 38 Minuten. Ihre Verspätung erklärte sie damit, dass sie ihr Erscheinen nach der Darstellung der Zeugin Z7 nicht als so dringend eingeschätzt habe.
Schon aufgrund des protrahierten Geburtsverlaufs - der Muttermund war zum Zeitpunkt des Eintreffens der Angeklagten, was ihr bekannt war, bereits seit mehreren Stunden vollständig eröffnet, bei einer Fünftgebärenden, bei der die Austreibungsphase durchschnittlich nicht länger als 18 Minuten dauert, ein massiv verzögerter Geburtsverlauf - und der besonderen Geburtserschwernisse wären danach eine kontinuierliche Überwachung des Kindes durch eine kardiotokographische Kontrolle und gegebenenfalls Mikroblutuntersuchungen, bei denen aus Steiß oder Kopf des Ungeborenen eine Blutentnahme zur Überprüfung der Azidität - des Säuregehaltes - des kindlichen Blutes erfolgt, erforderlich gewesen, da die andauernde Wehentätigkeit einen erheblichen Stress für die Gebärende und das Ungeborene bedeutete. Die hieraus bei der Mutter resultierenden Erschöpfungserscheinungen und eine sekundäre Wehenschwäche ließen bereits länger das Festhalten an einer außerklinischen Geburt nicht zu. Angesichts der weiteren Umstände, die eine vaginale Entbindung nur erschwert bzw. unter Durchführung weiterer Maßnahmen, wie eine Reponierung der Harnblase und einen Dammschnitt möglich machten, wäre eine Untersuchung und Verlegung in eine Geburtsklinik unmittelbar, und zwar auch bereits längere Zeit vor dem Eintreffen der Angeklagten angezeigt gewesen.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit führte die reduzierte Sauerstoffversorgung infolge einer Minderperfusion der Plazenta bei langer Wehentätigkeit bzw. Kompressionen der Nabelschnur bei dem Fetus zu einer Azidose. Eine im Rahmen einer Verlegung in eine Klinik mögliche Fetalblutanalyse und das Schreiben eines CTG zur Abklärung des kindlichen Zustands hätten solche Probleme offenbart. Nach Einschätzung der Hebammenschülerin Z11 hätte eine frühzeitigere Verlegung ins Krankenhaus angesichts des erschöpften Zustandes der Mutter und des Geburtsstillstands in Erwägung gezogen werden müssen. Angesichts der vermeintlichen Kompetenz der Ausbildungshebamme Z7 wagte die Zeugin jedoch keine eigene Meinungsäußerung.
Trotz des ihr bekannten Geburtsstillstandes, der bereits gegen 7.00 Uhr zu ihrer Hinzuziehung Veranlassung gegeben hatte, führte die Angeklagte nach ihrem Eintreffen weder unmittelbar eine vaginale Untersuchung noch eine Herztonkontrolle bei dem Ungeborenen durch; aufgrund ihrer Einstellung, den Geburtsvorgang nicht irritieren und sich zurückhalten zu wollen, beobachtete sie das Geschehen zunächst, nachdem sie sich als "A" vorgestellt hatte. Um dann zunächst die stagnierende Wehentätigkeit zu forcieren, forderte die Angeklagte die Zeugin Z12 auf, in einer Apotheke Kalziumbrausetabletten zu besorgen. Erst nach Rückkehr der Zeugin aus der Apotheke führte die Angeklagte erstmalig eine vaginale Untersuchung durch, wobei sie eine sog. "Litzmann´sche Obliquität" diagnostizierte - dabei handelt es sich um eine Scheitelbeineinstellung, eine geburtshilfliche Einstellungsanomalie des Kindes und zwar eine Schädellage mit quergestellter Pfeilnaht. Ist der Schädel des Kindes dabei nach ventral gekippt, so spricht man von einer Litzmann-Obliquität. Der führende Kindsteil wird dann das dorsale Scheitelbein. Die Litzmann-Obliquität wird als eine geburtsunmögliche Lage angesehen und stellt eine Indikation zur Sektio dar. Bei einer schließlich durchgeführten Kontrolle der Herztöne mittels Sonicaid konnten von keiner der beteiligten Hebammen bzw. der Hebammenschülerinnen Herztöne festgestellt werden.
Ein CTG wurde in den Praxisräumen der Hebamme Z7 zu keinem Zeitpunkt geschrieben. Zu diesem Zeitpunkt war F. Z5 mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits tot. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte Sauerstoffmangel unter der Geburt zum Tod des Kindes geführt. Zu einem zeitlich konkret nicht feststellbarem Zeitpunkt, nach dem Platzen der Fruchtblase zwischen 3.00 und 3.30 Uhr in der Nacht, war es mutmaßlich infolge des Geburtsstillstandes zu einer Stresssituation des Ungeborenen unter der Geburt gekommen, die eine Asphyxie (einen Erstickungstod durch Absinken des arteriellen Sauerstoffgehalts (Hypoxämie) bei gleichzeitiger Kohlendioxidretention (Hyperkapnie) zur Folge hatte. Sichere Feststellungen zur Todesursache des Kindes hat die Kammer nicht treffen können, wie auch nicht dazu, ob F. Z5 möglicherweise bereits vor Eintreffen der Angeklagten verstorben war. Festzustellen ist jedoch, dass das lange Zuwarten der Hebamme Z7 angesichts des Geburtsstillstandes nicht zu verantworten war und die Angeklagte aufgrund ihrer Kenntnis der Situation bei ihrer Benachrichtigung und dem späteren Eintreffen unmittelbar zu einer Verlegung hätte raten müssen.
Angesichts der nunmehr vorgefundenen Situation der fehlenden Wahrnehmung von Herztönen blieb den Hebammen keine andere Entscheidung als eine sofortige Verlegung in die Klinik.
Mit dem Pkw erfolgte der Transport in das H.-Krankenhaus in O11-H. Um 10.12 Uhr erfolgte dort die notfallmäßige Aufnahme mit starkem Pressdrang und Geburtsstillstand in der Austreibungsphase. Gegenüber dem Arzt Dr. Z9 machten die Angeklagte und die Hebamme Z7 die Angabe, dass der Muttermund bereits seit 5 Stunden vollständig und der Kopf des Kindes bereits seit 2 Stunden auf Beckenboden sei. Die Gebärende war aufgrund der ausgeprägten Schmerzsymptomatik nur schwer zu führen; sie schrie und versuchte, dem massiven Pressdrang nachzugeben. Bei der durchgeführten Vaginaluntersuchung bestätigte sich der Befund des vorangehenden Teils auf Beckenboden mit hinterer Hinterhauptslage und einer seit mehreren Stunden bestehenden zweitgradigen Zystozele, die sich vor den Kopf des Kindes geschoben hatte. Die Herztöne waren nur schwer abzuleiten, wobei das CTG keinen typischen Doppelschlag zeigte, da es sich tatsächlich auch nicht um die kindlichen, sondern die Herztöne der Mutter handelte. Die Ärzte gingen deshalb auch davon aus, keine kindlichen Herztöne wahrzunehmen. Nach einer daraufhin erfolgten Information des Chefarztes Dr. Z10, der zwei Minuten später im Kreißsaal erschien, wurde F. Z5 nach einer Zurückverlagerung der Harnblase und Dammschnitt um 10.31 Uhr als Spontangeburt aus dorsoposteriorer Schädellage geboren. Das sich entleerende Fruchtwasser war dickgrün - ein Hinweis auf den erlittenen Sauerstoffmangel; das Neugeborene bot initial keinen Tonus, das Hautkolorit war gräulich rosa und es wirkte auf Anhieb tot. Es zeigte sich eine Nabelschnurumschlingung um Hals und Körper, die nicht strangulierend wirkte, aber gleichwohl eine Kompression im Geburtskanal annehmen ließ. Innerhalb der nächsten Sekunden wurde mit der Reanimation des Kindes begonnen, die von einer unmittelbar hinzugerufenen Anästhesistin unterstützt wurde. Auch nach mehr ca. 20-minütiger suffizienter kontrollierter Reanmiation zeigte sich keine Verbesserung der Situation. Eine Kontrolle der Herzaktion mittels Ultraschall und eine weitere Fortsetzung der Reanimation zeigte keine Veränderung. Nach Einschätzung aller beteiligten Mediziner war das Kind bereits längere Zeit tot. Intubation und Beatmung waren problemlos möglich, eine Kreislaufreaktion des Kindes zeigte sich nicht. F. Z5 war ein eutrophes Neugeborenes von 4250 g und 54 cm. Sichtbare Fehlbildungen, Dysmorphien oder Verletzungszeichen zeigte das Kind nicht.
Die aus der Nabelschnur - nach Abnabelung des Kindes und während der Geburt der Plazenta plazentanah - entnommenen ph-Werte von 7,21 passten nicht zum Ausgang der Geburt eines toten Kindes, weshalb die Aussagekraft von den Medizinern auf die Abnahmetechnik und den Umstand der kollabierten Nabelschnur - was dazu geführt hatte, dass nur sehr wenig Blut abgenommen werden konnte - zurückgeführt wurde. Die Nabelschnur war bereits sulzig und von grauer Farbe, was für eine bereits länger unterbrochene Durchblutung sprach.
Aus Sicht der behandelnden Klinikärzte war naheliegende Todesursache eine Asphyxie infolge Geburtsstillstandes und Nabelschnurkompression, was sie auch in der Todesbescheinigung diskutieren. Ob die Angeklagte Kenntnis von dieser Vermutung erhielt, kann dahinstehen. Eine offensichtliche andere Todesursache war nicht ersichtlich. Eine Obduktion wurde zunächst nicht durchgeführt; die Kindseltern wünschten keine weitere Aufklärung der Todesursache.
Nach einem Hinweis durch das Gesundheitsamt der Stadt O11 wurde im Juli 2005 durch die Staatsanwaltschaft O11 ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Die Angeklagte und die Hebamme Z7 wurden zunächst als Zeuginnen vernommen, das Verfahren wurde im weiteren Verlauf ab November 2006 sodann gegen die Zeugin Z7 als Beschuldigte geführt.
Die Leiche von F. Z5 wurde im Auftrag der Staatsanwaltschaft O11 im Dezember 2005 auf dem Friedhof enterdigt und im Institut für Rechtsmedizin der Universität O11 seziert. Aufgrund der fortgeschrittenen Leichenveränderungen konnte keine konkrete Todesursache eruiert werden. Aufgrund der fortgeschrittenen Fäulnis ergaben die feingeweblichen Untersuchungen keine verwertbaren Ergebnisse. Festzustellen war aufgrund des bei der Geburt in der Klinik abgegangenen erbsbreiartigen Fruchtwassers, dass es zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt zwischen dem Fruchtblasensprung am frühen Morgen und der Geburt zu einem Sauerstoffmangelzustand des ungeborenen Kindes gekommen war.
Der in dem Ermittlungsverfahren beauftragte gynäkologische Sachverständige Prof. Dr. C2 kam im Rahmen seiner Gutachtenerstattung zu dem Schluss, dass es bei früherer Verlegung in eine geburtshilfliche Abteilung nicht zu dem tragischen Ausgang gekommen wäre, da die intrauterine Stresssituation durch Schreiben eines CTG festgestellt worden wäre. Zu der Feststellung der Veränderung der kindlichen Herztöne durch die Hebamme und dem Zeitpunkt der Verfärbung des Fruchtwassers konnten hinreichend sichere Feststellungen durch den Sachverständigen auch aufgrund widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht getroffen werden, weshalb ein konkretes Verschulden der Zeugin Z7 von ihm nicht angenommen werden konnte.
In ihrer Darstellung des Ablaufs anhand eines Geburtsprotokolls beschrieb die Angeklagte lediglich die von ihr durchgeführte Untersuchung, bei der sie angeblich bereits die Diagnose eines "intrauterinen Fruchttodes" angenommen hatte. Ihr verspätetes Erscheinen, die sodann nicht unmittelbar durchgeführte Untersuchung, sondern die stattdessen zunächst in Auftrag gegebene Besorgung von Kalzium, ließ sie unerwähnt. Später vertrat sie die Auffassung, der etwa ein Jahr zurückliegende Tod des an einer Hirnhautentzündung verstorbenen Geschwisterkindes müsse mit dem Tod des Neugeborenen in Zusammenhang stehen. Anhaltspunkte für eine virale Infektion des Kindes - die Schwangerschaft war erst nach dem Tod des Kleinkindes eingetreten - gab es in keiner Weise.
Mit Verfügung der Staatsanwalt O11 vom 13.11.2007 wurde das Ermittlungsverfahren gegen die Hebamme Z7 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Feststellungen zur Geburt des Kindes A. Z3
am 27.08.2007
Die am ... geborene und als Diplom-Psychologin tätige Zeugin Z3 und ihr Ehemann, der als Journalist tätige Zeuge Z4, erwarteten im Sommer 2007 ihr erstes Kind. Der errechnete Geburtstermin war der 22.08.2007; die Schwangerschaft war im Januar festgestellt worden. Auf Empfehlung ihres Bruders, dessen Kinder unter Betreuung der Hebamme Z7 zur Welt gekommen waren, und in Verfolgung ihres Wunsches einer natürlichen Geburt hatten sich auch die Eheleute Z3/Z4 zu einer außerklinischen Geburt in den Praxisräumen der Zeugin Z7 entschlossen. Bei ihrer Entscheidung stand für die Eltern immer außer Frage, dass eine Entbindung im Geburtshaus nur bei unproblematischem Verlauf erfolgen und im Falle von Komplikationen eine sofortige Verlegung in ein Krankenhaus stattfinden sollte. Vorsorglich hatten sie sich auch bereits in Kliniken informiert und für den Fall, dass eine Entbindung im Geburtshaus nicht ohne weiteres möglich sein würde, Kreißsäle angeschaut.
Wenn die Schwangerschaft auch zunächst unauffällig verlief, war sie aufgrund des Alters der Zeugin Z3 als Erstgebärende mit über 35 Jahren nach ärztlicher Bewertung des Gynäkologen unter den im Mutterpass enthaltenen Kriterien des Katalogs A - die ebenso wie die unter Katalog B enthaltenen Kriterien zur Einordnung eines Risikos im Schwangerschaftsverlauf aufgrund der entwickelten "Mutterschaftsrichtlinien" Eingang in den Mutterpass gefunden haben - als Risikoschwangerschaft eingeordnet worden. Zwischen dem 09.01.2007 und dem 24.08.2007 wurden insgesamt 11 Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen durchgeführt. Bis März 2007 befand sich die Zeugin Z3 in gynäkologischer Behandlung bei ihrer Ärztin. Im Anschluss begab sie sich sodann in die Schwangerschaftsvorsorgebetreuung der Hebamme Z7. Nachdem Anfang März der Kontakt aufgenommen worden war, fand die erste Vorsorgeuntersuchung bei der Hebamme am 03.04.2007 statt. Die weiteren Vorsorgeuntersuchungen erfolgten dort in regelmäßigen Abständen von ca. vier Wochen. Nach dem Erreichen des errechneten Geburtstermins erfolgte eine Untersuchung am 24.08.2007. Zu den Einzelheiten der erforderlichen Kontrollen nach Überschreiten des errechneten Geburtstermins wird an späterer Stelle in Bezug auf das Verhalten der Angeklagten in solchen Fällen eingegangen.
Nach der Übernahme der Betreuung durch die Zeugin Z7 suchte die Zeugin Z3 ihre Gynäkologin auf Anraten der Hebamme nicht mehr auf. Die Zeugin Z7 hatte ihr und ihrem Ehemann gegenüber anlässlich der Vorsorgeuntersuchungen wiederholt erklärt, dass sie die alleinige Betreuung der Schwangerschaft und Geburt vornehme, eine ärztliche Betreuung überflüssig und die durchgeführten Ultraschalluntersuchungen vielmehr schädlich für das Kind seien - eine These, die wissenschaftlich unhaltbar ist. Sie wies darauf hin, durch Ertasten feststellen zu können, ob es dem Kind gut gehe, dass sie am besten beurteilen könne, was für Mutter und Kind gut sei und sie - die Zeugen - von medizinischer Seite viele andere unzutreffende Dinge hören würden. Die Mediziner, denen es nur ums Geld ginge, solle man außen vor lassen. Die Zeugen hatten - auch angesichts der guten Erfahrungen des Bruders der Zeugin Z3 - großes Vertrauen zu der Hebamme und stellten ihre Angaben nicht in Frage. Auf ihre Nachfragen hatte sie erklärt, dass es in ihrem Geburtshaus und bei von ihr begleiteten Geburten noch nie zu Komplikationen oder dem Eintreten von Notfällen gekommen sei und sie sich eine Klinikverlegung immer bis zum Ende vorbehalte. Diese Angabe war insofern nicht zutreffend, als es, wie dargelegt, bei der von der Zeugin Z7 unter Beteiligung der Angeklagten begleiteten Hausgeburt des Kindes F. Z5 im Jahre 2005 zur Geburt eines toten Kindes gekommen war. Angesichts des Verhaltens der Hebammen im Hinblick auf unterbleibende Dokumentationen von Todesfällen und des möglichen Verhaltens von Notärzten, die unkritisch eine natürliche Todesursache bescheinigen, ist auch die Dunkelziffer im Hinblick auf von der Zeugin Z7 begleitete Geburten mit tragischem Ausgang nicht einzuschätzen.
Die Gewichtszunahme der Zeugin Z3 verlief normal, der Blutdruck war im Normbereich und pathologische Befunde waren von der zunächst behandelnden Frauenärztin und auch der Hebamme Z7 nicht festgestellt worden. Eine Amniozentese (eine Fruchtwasserpunktion zur Chromosomenanalyse des ungeborenen Kindes) aus Altersgründen war von der Zeugin Z3 auf das Angebot der Gynäkologin abgelehnt worden. Es handelte sich um ein Wunschkind, das auch im Falle einer angeborenen Behinderung zur Welt kommen sollte.
Eine Veränderung des Zustandes der Schwangeren zeigte sich erstmals bei einer Untersuchung am 11.07.2007. Die Zeugin Z3 zeigte einen auffällig veränderten hohen Blutdruck und wies Ödeme auf, die sich bis zum Ende des Monats noch deutlich steigerten. Während der Blutdruck bis zu diesem Zeitpunkt Normalwerte im Bereich von 110-130 der systolischen und 65-80 der diastolischen Werte aufgewiesen und die Zeugin auch zu keinem früheren Zeitpunkt vor der Schwangerschaft unter erhöhten Blutdruckwerten gelitten hatte, ergab die Untersuchung durch die Hebamme Z7 an diesem Tag einen Wert von 160/90. Darüberhinaus ergab eine 14 Tage später durchgeführte Urinuntersuchung einen Eiweißbefund. Bereits einzelne dieser Untersuchungsergebnisse, erst recht jedoch deren Kombination ergab einen eindeutigen Hinweis auf das Vorliegen einer Gestose - einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung, die sich im letzten Drittel der Schwangerschaft als Präeklampsie (EPH-Gestose) darstellt. Die Leitsymptome dieser Erkrankung sind Ödeme (Edema), eine Proteinurie (Eiweiß im Urin) und eine Hypertonie (erhöhter Blutdruck). Von der Erkrankung sind häufig Erstgebärende in einem Alter über 35 Jahren betroffen. Die Diagnose einer EPH-Gestose erfordert eine stationäre Aufnahme der Schwangeren mit einer engmaschigen medizinischen Überwachung, da die Erkrankung zu gefährlichen bis lebensbedrohlichen Auswirkungen auf die Kindesentwicklung und die Gesundheit der Schwangeren führen kann. Obligatorisch sind neben der Behandlung der Schwangeren regelmäßige Kontrollen der kindlichen Herzaktionen mittels CTG und regelmäßige Wachstums- und ggf. Dopplerultraschallkontrollen des Kindes, um eine chronische Plazentainsuffizienz diagnostizieren zu können. Eine schwere Komplikation der Gestose ist die Eklampsie, wobei es zum Auftreten tonischklonischer Krämpfe mit oder ohne Bewusstseinsverlust kommt. In einem solchen Fall besteht unmittelbar Lebensgefahr für die Mutter und das ungeborene Kind. Zu der Verwirklichung dieses Risikos sollte es bei dem späteren Geburtsgeschehen in dem Geburtshaus der Hebamme Z7 kommen. Die Zeugin Z7, der sowohl bewusst war, dass die Symptome Anzeichen einer Gestose der Zeugin Z3 waren, als damit auch die unbedingt erforderliche stationäre Aufnahme und Überwachung der Schwangeren, spielte das Risiko bewusst herunter. Sie ließ die beunruhigte Zeugin Z3 im Unklaren über die lebensgefährliche Situation und gab ihr gegenüber unzutreffend an, dass alles in Ordnung sei und kein Grund zur Sorge bestehe, man die Dinge zwar im Auge behalten müsse, der gemessene Wert aber so lange nicht problematisch sei, wenn dieser bei der Geburt 150 und der zweite Wert 100 nicht übersteige. Dabei handelte es sich um eine insgesamt unzutreffende Angabe. Die Zeugin solle darauf achten, nicht zu viel Stress zu haben. Im Hinblick auf den Urinbefund erklärte die Hebamme, dass man diesen Umstand mit einer Ernährungsumstellung in den Griff bekommen könne. Die Zeugin solle kein Fleisch essen und viel schwimmen gehen. Mit dem Hinweis, dass es später für sie selber keine Probleme geben solle, wenn mal ein Arzt auf den Mutterpass schaue, erklärte die Zeugin Z7, dass sie den tatsächlich gemessenen Wert nicht in den Mutterpass eintrage. Tatsächlich trug sie den Wert 140/85 in den Mutterpass ein und dokumentierte nur eine geringgradige Ausprägung von Ödemen. Den auffälligen Eiweißbefund trug sie bewusst gar nicht in den Mutterpass ein. Auch in der Folgezeit wurden die Urinbefunde entgegen der tatsächlichen Ergebnisse für Eiweiß, Zucker, Nitrit und Blut immer als negativ oder unauffällig notiert. Vaginale Untersuchungen erfolgten nicht. Auch die in der Folgezeit dokumentierten Blutdruckwerte waren weiterhin grenzwertig und entsprachen nicht den tatsächlich, zum Teil erheblich darüber liegenden gemessenen Werten. Am 08.08.2007 wurde in den Mutterpass ein Wert von 147/90 eingetragen, am 24.08.2007 erfolgte erneut der Eintrag eines Wertes von 145/95. Tatsächlich betrug der am 08.08. gemessene Wert 160/110, was die Hebamme auch entsprechend in ihren eigenen Behandlungsunterlagen eintrug.
Da die Zeugin Z7 Ultraschalluntersuchungen grundsätzlich ablehnte, stellte sie die Lage des Kindes nur durch Ertasten mit Hilfe der Leopold`schen Handgriffe fest, wobei sie - zumindest zum Ende der Schwangerschaft - fehlerhaft eine Schädellage dokumentierte. Tatsächlich befand sich das Ungeborene ab einem bestimmten Zeitpunkt - naheliegend in den letzten Wochen vor der Geburt - in Steißlage. Auch ein vaginaler Untersuchungsbefund wurde von der Hebamme zu keinem Zeitpunkt erhoben.
Auch die im letzten Monat erfolgte massive Gewichtszunahme der Zeugin Z3 wurde von der Zeugin Z7 - mutmaßlich im Hinblick auf die von ihr erkannten massiven Wassereinlagerungen - bewusst falsch im Mutterpass dokumentiert und ein deutlich niedrigeres Gewicht eingetragen. Anstelle des tatsächlichen Gewichts kurz vor der Niederkunft von ca. 95 kg, trug die Zeugin Z7 lediglich ein Gewicht von 88 kg in den Mutterpass ein, wobei nach ihrer Dokumentation das Körpergewicht vom 08. bis zum 24.08.2007 auffälligerweise konstant blieb.
Die zunächst angesichts der ab dem 11.07. erhobenen auffälligen Befunde gleichwohl beunruhigten Eltern besorgten sich trotz der anderslautenden Erklärung der Zeugin Z7 in der Apotheke Urin-Teststreifen, mit denen sie auch selbst eine Kontrolle der Eiweißwerte vornahmen. Auch besorgten sie sich ein Blutdruckmessgerät, mit dem sie selbst die Werte kontrollierten. Da sich auch dabei wiederholt auffällig hohe Werte ergaben, stellte die Zeugin Z3 entgegen dem Rat ihrer Hebamme Überlegungen an, eine Klinik aufzusuchen. Nachdem sie zuvor noch mit der Zeugin Z7 telefonisch Kontakt aufgenommen und ihr von dieser Absicht berichtet hatte, gab sie ihr Vorhaben jedoch wieder auf, nachdem die Hebamme ihr erneut davon abgeraten und erklärt hatte, dass alles in Ordnung und ganz normal sei und sie lediglich auf ihre Ernährung achten solle. Weiter riet die Zeugin Z7 der Schwangeren, an einem sogenannten "Karma-Malen" in ihrem Haus teilzunehmen, um herauszufinden, was sie belasten und zu den erhöhten Werten führen könnte. Hintergrund dieser Empfehlung war das den indischen Religionen entstammende spirituelle Konzept, nach dem jede Handlung unweigerlich eine Folge hat, die sich auch erst in einem späteren Leben manifestieren kann. Nach Auffassung der Zeugin Z7 stand die gesundheitliche Verfassung der Zeugin Z3 mit einem traumatischen Ereignis in Zusammenhang, das sich im jetzigen Bewusstseinszustand niederschlug. Weiter empfahl sie der Kindsmutter eine craniosakrale Behandlung bei einem mit ihr befreundeten Heilpraktiker, wobei mit Hilfe von Entspannungstechniken das Lösen von Blockaden bewirkt werden sollte.
Die Zeugin Z3 setzte die Empfehlungen der Hebamme in der Hoffnung auf Besserung um. Eine solche trat jedoch nicht ein; die Blutdruckwerte waren nach wie vor bei jeder Messung deutlich zu hoch und die Ödeme hatten weiter zugenommen, wobei die Zeugin Z3 unter anderem aufgrund des starken Anschwellens der Finger bereits längere Zeit ihren Ehering nicht mehr tragen konnte.
Am späten Vormittag des 26.08.2007 kam es sodann mit einsetzender Wehentätigkeit zum Geburtsbeginn. Nach einem Anruf bei der Zeugin Z7 teilte diese den Eltern mit, dass sie sich - die Zeugen wohnen in Niedersachsen, O9, wobei die Entfernung nach O10 etwa 45 km beträgt - in aller Ruhe auf den Weg machen könnten. Eine außerklinische Geburt in den Räumen der Hebamme Z7 hätte angesichts der hypertensiven Schwangerschaftserkrankung der Zeugin Z3, was der Zeugin Z7 bewusst war, unter keinen Umständen stattfinden dürfen. Vielmehr war eine stationäre Behandlung und stationäre Entbindung erforderlich, um Lebensgefahren für Mutter und Kind zu vermeiden. Etwa gegen 15 Uhr trafen die Eltern im Geburtshaus ein, wo die Hebamme eine Kontrolle der Herztöne des Kindes und eine gynäkologische Untersuchung vornahm. Bis zu diesem Zeitpunkt war, wie dargelegt, eine Schädellage des Kindes dokumentiert, von der die Zeugin Z7 auch nach der jetzigen Untersuchung weiter ausging. Tatsächlich befand sich A. Z3 in Beckenendlage, was erst im weiteren Geburtsverlauf von der Hebamme festgestellt wurde. Dieser Umstand ist auf ein weiteres Fehlverhalten der Zeugin Z7 zurückzuführen. Mit Hilfe der Leopold´schen Handgriffe ist es in der Regel leicht möglich, die Lage des Kindes im Mutterleib auch ohne eine Ultraschalluntersuchung zu bestimmen. Bei sorgfältiger Anwendung dieser Handgriffe ist eine Schädellage in der Regel sehr gut von einer Beckenendlage zu differenzieren, wie auch feststellbar ist, auf welcher Seite sich der kindliche Rücken befindet. Eine solche Untersuchung ist von der Hebamme Z7 zu diesem Zeitpunkt fehlerhaft unterlassen worden. Auch eine Kontrolle der Blutdruckwerte nahm die Zeugin Z7 nicht vor, was ebenfalls einen elementaren Verstoß gegen die bei der angewandten klassischen außerklinischen Hebammengeburtshilfe erforderlichen Maßnahmen darstellte. Neben der Blutdruckmessung, um die Vitalfunktionen der Schwangeren beurteilen zu können, ist eine Pulsmessung bei der Mutter durchzuführen und zu dokumentieren, um den mütterlichen Puls vom kindlichen Puls differenzieren zu können. Eine Beurteilung des kindlichen Zustandes ist nur bei einer parallelen Messung der kindlichen Herztöne und des Pulses der Mutter möglich. Da bei der außerklinischen Geburtshilfe anders als in einer Klinik zumeist kein CTG eingesetzt wird, ist es erforderlich, anstelle einer solchen kardiotokographischen Aufzeichnung der Herztöne in regemäßigen Abständen die kindliche Herzfrequenz durch Auskultation mit dem speziellen Schwangerschaftsstethoskop vorzunehmen. Eine Bewertung der Herzfrequenz des Kindes ist letztlich nur möglich, wenn man weiß, dass die mütterliche Herzfrequenz entsprechend niedriger liegt.
Im Verlauf des Geburtsgeschehens traf am Abend eine bei der Zeugin Z7 hospitierende Junghebamme, die Zeugin Z8, im Geburtshaus ein. Diese war von der Zeugin Z7 über die bei der Kindsmutter bestehende Gestose aufgeklärt worden. Während die Geburt zunächst äußerlich einen normalen Verlauf nahm, kam es zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt zwischen 20 und 22 Uhr bei nahezu vollständig, nämlich 9 cm eröffnetem Muttermund - eine vollständige Eröffnung besteht bei 10 cm - zu einem Fruchtblasensprung, wobei sich grünbraunes Fruchtwasser entleerte - ein Zeichen dafür, dass dieses mit Mekonium, dem ersten Stuhlgang des Kindes, versetzt war. Dabei handelt es sich, wie dargelegt, um eine im funktionslosen Darm angesammelte zähe, dunkle Masse, die in der Regel in den ersten 24 bis 48 Lebensstunden eines Kindes ausgeschieden wird. Mekoniumhaltiges Fruchtwasser ist generell ein krankhafter Befund und insbesondere im Rahmen des Geburtsgeschehens ein Warnhinweis. Das vorzeitige Absetzen des Mekoniums ist, wie oben dargelegt, immer ein pathologischer und kein physiologischer Prozess und signalisiert eine Stresssituation, der das ungeborene Kind durch die zunehmende Wehentätigkeit ausgesetzt ist, wobei es zu einer Übersäuerung des kindlichen Blutes (Azidose) infolge Sauerstoffmangels kommt. Insbesondere bei einer Beckenendlage ist in erhöhtem Maße damit zu rechnen und der vorzeitige Abgang von Mekonium immer ein Warnsignal und Hinweis auf einen Sauerstoffmangel, wobei bei dieser Kindslage zudem nach dem Platzen der Fruchtblase die weitere Gefahr besteht, dass die Nabelschnur in einer Wehe komprimiert wird, weil der Steiß den Geburtskanal nicht so gut abdichtet wie der Schädel. Der Abgang von Mekonium bedeutet zwar grundsätzlich nicht zwangsläufig eine Änderung des Geburtsmodus und die Durchführung eines Kaiserschnitts. In jedem Fall sind jedoch häufigere engmaschige Kontrollen der Herztöne des Kindes und gegebenenfalls - was in der Klinik immer durchgeführt wird und außerklinisch nicht möglich ist - Überprüfungen der Blutgaswerte durch Mikroblutuntersuchungen erforderlich, um einen längere Zeit andauernden Sauerstoffmangel des Kindes auszuschließen zu können.
Bei der im Anschluss an den Blasensprung erfolgten vaginalen Untersuchung stellte die Zeugin Z7 erstmals das Vorliegen einer Beckenendlage fest. Trotz ihrer Kenntnis dieses Warnsignals vorzeitigen Mekoniumabgangs, der damit verbundenen Risiken für die Gesundheit und das Leben des ungeborenen Kindes und entgegen der ihr bekannten Berufsordnung für Hebammen, wonach eine außerklinische Entbindung einer Beckenendlage nur im Dringlichkeitsfall von ihr durchgeführt werden durfte, entschloss sich die Hebamme zur Fortsetzung der Geburt in ihren Praxisräumen. Hinzu kam, dass die Zeugin Z7 aufgrund unterbliebener Ultraschalluntersuchungen keine Anhaltspunkte über die Größe des Kindes, das Gewicht und die Proportionen des Kindes und insbesondere nicht über die Proportionen des kindlichen Kopfes im Verhältnis zum Becken der Kindsmutter hatte, was unabdingbare Voraussetzung zur Durchführung einer vaginalen Entbindung aus Beckenendlage ist.
Die Verlegung der Zeuge Z3 in eine Geburtsklinik wäre zu diesem Zeitpunkt problemlos möglich gewesen, weshalb ein sog. Dringlichkeitsfall nicht gegeben war. Entgegen ihrer Verpflichtung, die Zeugin Z3 und deren Ehemann auf die Notwendigkeit einer Verlegung dringlich hinzuweisen und über die Risiken einer vaginalen Beckenendlagenentbindung aufzuklären, erklärte die Hebamme Z7 vielmehr nach dem für sie überraschenden Befund, dass dieser Umstand nichts ändere, kein Problem darstellen und man ganz normal weitermachen würde. Sie würde lediglich A., eine Ärztin, hinzuziehen, mit der sie schon viele Beckenendlagen in ihrem Geburtshaus zur Welt gebracht habe. Während die Zeugin Z8 bei der Zeugin Z3 verblieb, telefonierte die Zeugin Z7 mit der Angeklagten, die sich sodann von O8 - die Entfernung nach O10 beträgt ebenfalls ca. 47 km - auf den Weg machte und spätestens gegen 23 Uhr, möglicherweise auch früher, im Geburtshaus in O10 eintraf. Das Tätigwerden der Angeklagten erfolgte im Hinblick auf ihre jahrelange Erfahrung als Hebamme in der Entbindung von Beckenendlagen, ärztliche Tätigkeiten entfaltete sie nicht. Sie ist auch keine Fachärztin der Gynäkologie, sondern allgemeine praktische Ärztin ohne Facharztausbildung. Der weiter in den Privaträumen des Geburtshauses anwesende Lebensgefährte der Zeugin Z7, ein inzwischen nicht mehr praktizierender Gynäkologe, wurde zu keinem Zeitpunkt in das Geburtsgeschehen involviert.
Worüber die Hebamme Z7 die Angeklagte im einzelnen konkret in Kenntnis gesetzt hatte, ob sie ihr insbesondere von bestimmten auffälligen Blutdruck-, und Eiweißwerten berichtete, hat die Kammer nicht feststellen können. Sicher ist, dass sie sie von dem Vorliegen einer EPH-Gestose in Kenntnis setzte. Auch als die Angeklagte die Zeugin Z3 begrüßte, wobei ihr die massiven Ödeme an Händen und Füßen auffielen, deutete sie diese Anzeichen zutreffend als Symptome einer vorliegenden EPH-Gestose. Die Angeklagte stellte sich der Zeugin Z3 und ihrem Ehemann lediglich als "A." vor - diesen Namen benutzt sie, auch in Publikationen, stets anstelle ihres tatsächlichen Vornamens A. - und erklärte beiden, ebenso wie zuvor die Zeugin Z7, dass die Fortsetzung der Geburt im Geburtshaus trotz der Steißlage des Kindes kein Problem darstellen würde. Mit Ausnahme eines Abtastens des Bauches nahm die Angeklagte keine Kontrolluntersuchungen im Hinblick auf den Blutdruck oder den Puls der Zeugin Z3 vor. Die massiven, auf den ersten Blick sichtbaren Ödeme an den Extremitäten, insbesondere an beiden Beinen und Händen, nahm sie, wie dargelegt, wahr, was sie jedoch ebenfalls nicht zu weiteren Maßnahmen oder Nachfragen veranlasste. Zu keinem Zeitpunkt wurden die Zeugin Z3 und ihr Ehemann durch die Angeklagte oder die Zeugin Z7 über die Bedeutung der pathologischen Kindslage, deren spezifische Risiken für das ungeborene Kind und den Umstand, dass eine Entbindung aufgrund der erheblich gesteigerten Risiken Hebammen nur im Dringlichkeitsfall gestattet ist, aufgeklärt.
Die Angeklagte zog sich zunächst entsprechend ihrer Philosophie eines möglichst interventionsarmen Geburtsgeschehens in einen Nebenraum zurück, während die Zeugin Z7 weiter bei den werdenden Eltern blieb. Spätestens ab 23.30 Uhr war auch die Angeklagte im Geburtsraum anwesend. Zu dieser Zeit befand sich die Geburt bereits seit längerer Zeit in der Austreibungsphase und die Zeugin Z3 erhielt durch die Angeklagte Pressanweisungen. Die Geburt nahm jedoch keinen Fortschritt, vielmehr kam es kurz nach Mitternacht erneut zum Abgang von reichlich Mekonium. Auch dieses Warnzeichen wurde von der Angeklagten und der Hebamme Z7, die aus ideologischen Gründen an der außerklinischen Geburt festhalten wollten, ignoriert. Es gab ihnen auch keine Veranlassung, die Herztöne des Kindes engmaschig und regelmäßig zu kontrollieren.
Das Ungeborene litt während der vorangegangenen Zeit wiederholt unter einem Sauerstoffmangel, was eine unbedingte unmittelbare Beendigung der Geburt bzw. mindestens deren kontinuierliche Überwachung und damit Verlegung in ein Krankenhaus zur Folge hätte haben müssen, was beide Hebammen auch erkannten. Gleichwohl unternahmen sie nichts und ließen die Kindseltern völlig im Unklaren über die dramatische Bedeutung der konkreten Situation. Weder klärten sie diese über die konkreten Umstände noch insbesondere über die massiven, durch den Abgang von Mekonium signalisierten Risiken einer Sauerstoffmangelversorgung des Kindes auf. Auch eine Verlegung in eine Klinik wurde zu keinem Zeitpunkt angesprochen. Die Eltern wurden in keiner Weise in die Lage versetzt, eine eigene, auf Aufklärung basierende Entscheidung über das Eingehen weiterer Risiken für die Gesundheit und das Leben ihres Kindes zu treffen.
In der Folgezeit übernahm vielmehr die Angeklagte die Geburtsleitung und legte der Zeugin Z7 nahe, sich für einige Stunden zurückzuziehen, um Ruhe einkehren zu lassen - nach Einschätzung der Angeklagten brachte die Hebamme zuviel Unruhe in den Geburtsablauf. Nach ihrer Erklärung gegenüber der Zeugin Z8, dass nunmehr die Angeklagte die Verantwortung für die Geburt übernommen habe, zog sich die Zeugin Z7 in einen Nebenraum zurück. Mindestens für einen Zeitraum von zwei Stunden, möglicherweise auch bis zu drei Stunden, hatte die Angeklagte die Geburtsleitung inne, wobei sie sich weder ununterbrochen bei der Schwangeren aufhielt, noch zu irgendeinem Zeitpunkt die erforderliche Kontrolle der Blutdruck- und Pulswerte der Zeugin Z3 vornahm. Vielmehr ließ die Angeklagte die Schwangere mit ihrem Ehemann und der Zeugin Z8 über längere Zeiträume alleine. Die Herztöne des Kindes wurden in Abständen, wohl von zwei Wehen, von der Zeugin Z8 kontrolliert, während sich die Angeklagte im Nebenzimmer aufhielt. Erforderlich ist bei Risikoschwangerschaften wie der Beckenendlage eine Kontrolle in der Austreibungsphase alle fünf Minuten über einen Zeitraum von einer Minute, was entsprechend zu dokumentieren ist. Weder ist eine derartige Kontrolle erfolgt, noch sind entsprechende Messungen dokumentiert worden. In einem zweistündigen Zeitraum findet sich lediglich eine Dokumentation der Herzfrequenz des Kindes, die mit 120-160 angegeben wird. Insgesamt ist während des gesamten Geburtsvorgangs nur eine völlig unzulängliche Überwachung der kindlichen Herzfrequenz erfolgt, während eine Kontrolle der Parameter der Mutter sogar völlig unterblieben ist.
Julian:
Während der Abwesenheit der Zeugin Z7 versuchte die Angeklagte einmal, die Geburt durch andere Positionen, wie den sog. Vierfüßlerstand, und die Aufforderung zum heftigen Mitschieben zu beschleunigen, was jedoch nicht gelang und den Steiß des Kindes lediglich bis zur Beckenmitte brachte. Während der Anwesenheit der Angeklagten verschlechterte sich der Zustand der Zeugin Z3 - eine Folge des verzögerten Geburtsverlaufs, wie im einzelnen im Rahmen des Geburtsgeschehens G. Z1, des Tatgeschehens, noch dargelegt wird - zusehends. Sie verlor an Kräften, wirkte sehr erschöpft, wobei sie mehrfach äußerte, dass sie nicht mehr könne, öffnete kaum noch die Augen, schaffte es weiter kaum mehr, den Anweisungen der Angeklagten zum Veratmen der Wehen Folge zu leisten, und klagte insbesondere wiederholt über Kopfschmerzen, Sehbeschwerden und Flimmern vor den Augen. Diese von ihr geäußerten Beschwerden waren bereits Vorboten eines infolge der bestehenden Präeklampsie drohenden eklamptischen Krampfanfalls. Gekennzeichnet sind diese spezifischen Vorsymptome durch infolge eines raschen Blutdruckanstiegs bestehende Kopfschmerzen, Flimmern vor den Augen, verschwommenes Sehen und neurologische Beschwerden. Die Angeklagte, die ohnehin die Verpflichtung zur Durchführung der entsprechenden Untersuchungen der klassischen Hebammengeburtshilfe, wie Blutdruck- und Pulsmessung der Schwangeren, gehabt hätte, war hierzu erst recht in Anbetracht der massiven Wassereinlagerungen der Zeugin und der von ihr konkret geäußerten Beschwerden gehalten, da sie jedenfalls die klassischen Anzeichen als Folge einer Gestose einschätzte. Gleichwohl nahm die Angeklagte, der aufgrund ihrer Ausbildung die typischen Anzeichen einer Gestose bekannt sind, entsprechende Untersuchungen zu keinem Zeitpunkt vor, sondern veranlasste lediglich die Zeugin Z8 dazu, einen feuchten Waschlappen zu bringen, um ihn der Schwangeren auf die Stirn zu legen, während die Angeklagte sich im Anschluss wieder in das Nebenzimmer zurückzog.
Wohl etwa gegen 3.10 Uhr übernahm die Hebamme Z7 erneut die Geburtsleitung. Während sich die Zeugin Z3 zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Ehemann und der Angeklagten im Badezimmer befand, war die Zeugin Z8, die sich in die Küche begeben hatte, um Kaffee zu kochen, gerade zurückgekehrt. Ein Geburtsfortschritt hatte während der gesamten zurückliegenden Stunden nicht stattgefunden. Mittlerweile war der Zeitraum der Austreibungsphase, die ca. eine Stunde und im Falle einer Beckenendlage auch wenig länger dauern darf, mit nahezu fünf Stunden massiv überschritten, was, wie dargelegt, im Rahmen eines protrahierten Geburtsverlaufs einen weiteren erheblichen Risikofaktor im Hinblick auf eine Sauerstoffmangelversorgung des Kindes darstellt. Sowohl die Angeklagte als auch die Hebamme Z7 realisierten einen Geburtsstillstand, der ein weiteres Kriterium für eine unbedingte sofortige Verlegung in eine Geburtsklinik darstellte. Auch zu diesem Zeitpunkt wurde von beiden Hebammen eine Verlegung in eine Geburtsklinik nicht in Betracht gezogen. Die Hebamme Z7 versuchte nach ihrer Rückkehr vielmehr, die Kindsmutter im Badezimmer zu einem erneuten Positionswechsel zu bewegen, um so die zum Stillstand gekommene Geburt fortzusetzen. Der Aufforderung der Zeugin Z7, sich im Stehen an einer Ablagefläche abzustützen und mit gespreizten Beinen in die Hocke zu gehen, konnte die Zeugin Z3 nicht mehr nachkommen. Bereits kurz zuvor hatte sie auf die Angeklagte und die Zeugin Z7 einen desorientierten Eindruck gemacht und wirkte nach der Beschreibung der Angeklagten in ihrer späteren Dokumentation "wie weggetreten", was die Zeugin Z7 veranlasste, ihr sog. "Rescue-Tropfen" zu verabreichen. Dabei handelt es sich um eine Behandlungsmethode, bei der mittels einzelner oder kombinierter Blütenessenzen in Form hochverdünnter Tropfen negative seelische Zustände verbessert werden sollen. Tatsächlich war dies der Beginn der gefürchteten Komplikation der Schwangerschaftserkrankung.
In dieser Situation erlitt die Zeugin Z3 einen eklamptischen Anfall, die hochlebensbedrohliche Endkomplikation der EPH-Gestose. Z3 zeigte einen tonischklonischen Krampfzustand mit Zuckungen, tiefer schnarchender Atmung und Nichtansprechbarkeit. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, sie hyperventilierte und stieß einen Laut aus, der ihren Ehemann angesichts der Verfassung seiner Ehefrau in Panik versetzte. Er versuchte verzweifelt, seine Ehefrau anzusprechen, die jedoch nicht mehr reagierte. Erst jetzt wurden die Angeklagte und die Zeugin Z7 tätig. Zu keinem Zeitpunkt war von der Angeklagten oder der Zeugin Z7 - wie dies später von ihnen behauptet wurde - zuvor eine angezeigte Verlegung in ein Krankenhaus angesprochen worden. Beide waren bis zu diesem Zeitpunkt nach wie vor entschlossen gewesen, unter Außerachtlassung sämtlicher Warnzeichen die für Mutter und Kind mit lebensbedrohlichen Risiken behaftete Geburt als außerklinische Geburt zu Ende zu bringen. Erst jetzt wurde die Verlegung in ein Krankenhaus als erforderlich und nunmehr angesichts des für die Zeugin Z3 und ihr ungeborenes Kind lebensbedrohlichen Zustandes als dringlich angesehen und angesprochen. Die Zeugin Z8 erhielt zunächst die Aufforderung, Diazepam in einer Spritze aufzuziehen, das zur Behandlung eines eklamptischen Anfalls eingesetzt wird. Die im Anschluss durch die Angeklagte versuchte intravenöse Injektion schlug jedoch fehl, da es ihr nicht gelang, einen Zugang zu legen. Eine ebenfalls mögliche intramuskuläre Injektion unterließ die Angeklagte. Sodann wurde der Schwangeren kurzzeitig eine Tüte über den Kopf gezogen, um durch das Einatmen der kohlenstoffdioxidhaltigen Atemluft eine Erweiterung der Hirngefäße und eine Beruhigung der Zeugin zu bewirken.
Auf Aufforderung der Angeklagten oder der Zeugin Z7 erfolgte erst im Anschluss an diese Maßnahmen um 3.31 Uhr die Alarmierung des Rettungsdienstes durch die Zeugin Z8, ohne dass jedoch auf die Erforderlichkeit eines Notarzteinsatzes hingewiesen worden war, wodurch weitere Zeit verloren ging. Die zunächst eintreffenden Rettungssanitäter, die darüber hinaus den Weg zum abseits gelegenen Geburtshaus nicht unmittelbar fanden, konnten die notwendige Versorgung nicht leisten und mussten den Notarzt nachfordern, der erst kurz vor 4.00 Uhr in dem Geburtshaus eintraf. Die Angeklagte veranlasste schließlich weiter über die Zeugin Z8 die telefonische Benachrichtigung des St.-Franziskus-Krankenhauses in O11 unter Hinweis auf eine erforderliche Notsectio.
Nicht nur für das ungeborene Kind bestand in der Situation infolge der mit einem eklamptischen Anfall der Mutter verbundenen Sauerstoffminderversorgung und der Gefahr einer Plazentainsuffizienz akute Lebensgefahr. Auch für die Zeugin Z3 bestanden massive Risiken eines Schlaganfallgeschehens mit einer Massenblutung im Gehirn, eines akuten Nierenversagens, eines Hirnödems, von Thrombosen und Netzhautschäden. Darüber hinaus bestand das Risiko eines weiteren Anfallsgeschehens innerhalb der nächsten Minuten, weshalb zur Vermeidung von Schäden des Ungeborenen eine sofortige Notsectio hätte erfolgen müssen.
Die Zeugin Z3 traf sodann erst um 04.33 Uhr mit dem Rettungswagen im etwa 19 km entfernt liegenden F.-Hospital in O11 ein. Der anwesende geburtshilfliche Oberarzt diagnostizierte einen somnolenten Zustand der Patientin, massive Ödeme und einen Pressdrang. Die Zeugin Z3 war immer noch kaum mehr in der Lage, auf Fragen zu antworten und konnte gerade ihren Namen angeben. Es wurde die sofortige Notsectio vorbereitet und eine Notfalltokolyse zur Wehenhemmung mit dem Medikament Partusisten begonnen. Die vaginale Untersuchung zeigte einen vollständig eröffneten Muttermund, der Steiß stand in Beckenmitte. Bei der Sectio caesarea entleerte sich erbsbreiartiges mekoniumhaltiges Fruchtwasser. Um 4.46 Uhr wurde A. Z3 massiv deprimiert geboren. Das Neugeborene zeigte keine Eigenatmung, war bradycard und von weißer Farbe bei ansonsten reifer Entwicklung mit einer Größe von 50 cm und einem Geburtsgewicht von 3520 g. A. Z3 wurde unmittelbar an die bereitstehenden Kinderärzte übergeben, die die sofortige Reanimation durchführten. Es erfolgte eine CPAP-Beatmung sowie die fraktionierte Volumengabe und die Pufferung mit Natriumbicarbonat. Die Apgar-Werte - ein Punkteschema, mit dem der klinische Zustand von Neugeborenen standardisiert beurteilt wird - betrugen 1/5 und nach erfolgter Beatmung 7. Dabei werden Herzfrequenz, Atemanstrengung, Reflexauslösbarkeit, Muskeltonus und Hautfarbe beurteilt. Die optimale Punktzahl für Neugeborene beträgt 9 - 10; bei Wertungen unter 5 gilt das Neugeborene als akut lebensgefährdet.
Soweit die Hebamme Z7 und die Angeklagte in ihren anschließend gefertigten Geburtsprotokollen das "kräftige Schreien eines Neugeborenen" dokumentiert und A. Z3 als "rosig" beschrieben haben, ist auch dies unwahr und im Hinblick auf ihre Entlastung erfolgt.
Anschließend wurde A. Z3 mit einer schweren Asphyxie auf die Neugeborenenintensivstation verlegt. Bereits in der zweiten Lebensstunde zeigte sich ein beginnendes Hirnödem mit verwaschener Zeichnung des Großhirns und schmalen Seitenventrikeln. Dieses nahm in den nächsten Lebenstagen deutlich zu, Kleinhirnstrukturen konnten aufgrund des Ödems im Sagittalschnitt kaum dargestellt werden. A. Z3 entwickelte weiter unter der schweren Asphyxie leichte Pleuraergüsse sowie einen Perikarderguss. Die stationäre Behandlung erfolgte bis zum 14.09.2007. Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine BNS-Epilepsie - eine seltene und schwer zu behandelnde generalisierte maligne Epilepsie - sowie eine zunehmende psychomentale und statomotorische Entwicklungsverzögerung. Infolge des unter der Geburt erlittenen Sauerstoffmangels ist A. Z3 zu 100 % schwerstbehindert. Sie ist nicht in der Lage zu sprechen, zu laufen, zu sitzen, zu greifen, sie kann den Kopf nicht eigenständig halten, hat Schluckschwierigkeiten, geht ständig in Überstreckung mit einschließenden Spastiken in den Armen und Beinen. A. Z3 wird ihr Leben lang ein Dauerpflegefall bleiben; eine Pflege, die ihre Eltern massiv fordert und an die Grenzen ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit bringt. Wäre zu einem rechtzeitigen Zeitpunkt, insbesondere nach Feststellung der Beckenendlage, aber auch noch später, die Verlegung in ein Krankenhaus erfolgt, wäre A. Z3 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesund geboren worden. Die von ihr erlittenen massiven Schäden sind auch allein auf das Geburtsgeschehen zurückzuführen. Eine Schädigung bereits im Mutterleib in der zurückliegenden Zeit infolge der Gestoseerkrankung ihrer Mutter ist auszuschließen.
Die Zeugin Z3 musste im Anschluss an die Sectio ebenfalls auf die Intensivstation verlegt werden. Der Oberarzt teilte dem Zeugen Z4 mit, dass es ein Wunder sei, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine Tochter überlebt hätten. Wegen weiter anhaltend erhöhter Blutdruckwerte bis 200/110 mm Hg musste die Zeugin bis zum 03.09.2007 intensiv antihypertensiv behandelt werden. Sie litt weiter unter massiven Ödemen. Sechs Tage nach der Geburt betrug ihr Körpergewicht 85 kg. Erst am 09.09.2007 gingen die Blutdruckwerte in den Normbereich zurück, während zuvor stets die deutlich pathologischen Werte vorgelegen hatten.
Zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt im Anschluss an das Geburtsgeschehen fertigten die Angeklagte und die Hebamme Z7 eine von ihr auf einem Briefbogen geschriebene und von beiden unterschriebene handschriftliche Erklärung, die sie auf den 26.08.2007 rückdatierten und die folgenden Inhalt hatte:
"Vereinbarung
Frau S. geht heute (26.08.2007) ca. 23.00 Uhr in Arbeitsbereitschaft für die Geburt von Frau Z3. Sie wird sich lediglich für die nicht zu erwartende Komplikation einer erschwerten Armlösung bei bekannter Steißlage zur Verfügung stellen. Zu diesem Zweck wird sie sich auf dem Gelände aufhalten. Die Geburtsleitung bleibt in meiner Hand.
O10, 26.08.07".
Hintergrund dieser nachträglich fälschlich gefertigten Erklärung war mutmaßlich eine Haftungsfreizeichnung der Angeklagten im Hinblick auf die befürchtete zivilrechtliche Inanspruchnahme.
Darüberhinaus erstellten sowohl die Angeklagte als auch die Zeugin Z7 im Anschluss an das Geburtsgeschehen nach entsprechender Absprache ein zumindest in Teilen unzutreffendes Geburtsprotokoll. So haben beide insbesondere eine falsche Darstellung in der Weise vorgenommen, dass bereits vor dem Auftreten des eklamptischen Anfallsgeschehens eine Entscheidung zu einer "Verlegung in Ruhe" in ein Krankenhaus getroffen worden sein soll, wobei das Anfallsgeschehen als Reaktion der Zeugin Z3 auf die Ankündigung der Verlegung dargestellt wird. Eine solche Ankündigung einer Verlegung hat es - wie dargelegt - zu keinem Zeitpunkt gegeben. Auch die Beschreibung des Neugeborenen nach dem von der Angeklagten gefertigten Geburtsprotokoll als rosig und die Schilderung eines kräftigen Schreiens des Mädchens aus dem Kreißsaal ist angesichts des Umstands, dass A. Z3 nach der Beschreibung der Ärzte "fast tot zur Welt gekommen ist", wie dargelegt, unzutreffend. Auch die in den von beiden gefertigten hand- bzw. maschinenschriftlichen Geburtsprotokollen angegebenen Daten zur Alarmierung des Notdienstes sind unzutreffend wiedergegeben.
Die Angeklagte hat ihre Leistungen als Hebammentätigkeit (Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden/Wehen) über den gesamten Zeitraum von 22.30 Uhr bis 00.00 Uhr am 26.08. und von 0.00 Uhr bis 04.00 Uhr am 27.08.2007 nach § 134 a SGB V gegenüber der Krankenkasse der Zeugin Z3 mit Rechnung vom 30.01.2008 abgerechnet.
Die Zeugen Z3 und Z4 führen in gesetzlicher Vertretung ihrer Tochter A. Z3 inzwischen ein Zivilverfahren vor dem Landgericht O11, in dem die Hebamme Z7 und die Angeklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld, einer Schmerzensgeldrente sowie die Übernahme von materiellen Schäden in Anspruch genommen werden. Im Rahmen des Zivilverfahrens haben die Angeklagte und die Zeugin Z7 inzwischen eine wechselseitige Zuweisung der Verantwortung für das Geburtsgeschehen vorgenommen.
Feststellungen zur Drillingsgeburt Z13 am 21.01.2008
Zweimal, nämlich etwa 5 Monate vor dem hier abzuurteilenden Geburtsgeschehen und erneut ca. 6 Wochen nach dem tödlichen endenden Geburtsgeschehen am 30.06.2008, begleitete die Angeklagte gemeinsam mit der Zeugin Z14, die als Hebamme auf der Insel O13 tätig war, eine außerklinische Drillingsgeburt. Die Zeugin Z14 vertritt eine gleichgelagerte ideologische Einstellung wie die Angeklagte - worauf im einzelnen noch eingegangen wird -. Auch die Zeugin Z14, die mittlerweile nicht mehr als Hebamme tätig ist, führte Risikogeburten, u.a. Drillingsgeburten, als geplante Praxisgeburten auf der Insel O13, auf der es kein Krankenhaus gibt, mit extra zu diesem Zweck aus anderen Teilen Deutschlands angereisten Müttern, wiederholt mit Unterstützung der Angeklagten durch. Neben der von beiden vertretenen ideologischen Sichtweise spielten für die Angeklagte dabei auch Gründe eine Rolle, ihr Ansehen und ihre Anerkennung auszubauen und ihre Kompetenz zu untermauern. Die Ideologie der Zeugin Z14, die, wie die Angeklagte, eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber einer operativen Entbindung durch Kaiserschnitt vertritt, ging dabei möglicherweise soweit, ihr eigenes Kind dem Tod im Mutterleib preiszugeben anstatt einen lebensrettenden Kaiserschnitt durchführen zu lassen - zumindest hat sie ein solches Geschehen den Kindseltern des bei dem angeklagten Geburtsgeschehen zu Tode gekommenen Kindes G. Z1 berichtet, worauf an späterer Stelle noch eingegangen wird.
Auch Mehrlingsschwangerschaften und -Geburten zählen zu den sogenannten Risikoschwangerschaften. Nach den Empfehlungen und Auswahlkriterien für die Wahl des Geburtsortes des Bundes Deutscher Hebammen ist auch im Fall einer Drillingsgeburt eine freie Wahl des Geburtsortes nicht möglich, sondern vielmehr eine klinische Betreuung unter der Geburt erforderlich. Auch nach der Hebammenberufsordnung stellt die Mehrlingsschwangerschaft ein geburtsrelevantes Risiko dar, und nicht eine "normale" physiologische Geburt, die von der Hebamme durchgeführt werden darf, sondern eine pathologische Geburt, die in den Bereich der ärztlichen Verantwortung fällt. Dabei ist immanent, dass nicht die Präsenz eines Arztes schlechthin, sondern eines geburtshilflich erfahrenen Gynäkologen erforderlich ist. In der Regel werden Drillinge mit Kaiserschnitt entbunden. Die Planung einer Spontanentbindung in einer Klinik mit der Möglichkeit eines eventuell erforderlichen Notkaiserschnitts ist zwar grundsätzlich möglich, angesichts des immens hohen logistischen Aufwands aber kaum realisierbar. In einer Klinik sind bei einer Drillingsgeburt mindestens 14 Personen zugegen, wobei es sich um drei Neonatologen, drei Intensivschwestern, einen Anästhesisten mit Schwester, einen Gynäkologen mit zwei Assistenten und drei Hebammen handelt. Da ein solcher Aufwand kaum zu realisieren ist, geht die klinische Empfehlung dahin, in der 32 bis 34. Schwangerschaftswoche eine elektive Sectio vorzunehmen.
Insbesondere bei vaginalen Drillingsgeburten besteht ein erhöhtes Risiko von Nabelschnurumschlingungen und einer Asphyxie unter der Geburt. Darüber hinaus handelt es sich aufgrund des geringen Geburtsgewichts immer um Frühgeburten, die besonderer ärztlicher Überwachung bedürfen. Fetale Risiken - Frühgeburtlichkeit und die einhergehenden Komplikationen (z. B. neonatales Atemnotsyndrom, Frühgeborenenretinopathie) betreffen Mehrlinge in besonderem Maße. Auch die Rate an Zerebralparese ist deutlich erhöht.
Ein weiteres typisches Risiko einer vaginalen Mehrlingsentbindung ist zudem eine vorzeitige Lösung der Plazenta unter der Geburt, zumeist nach der Geburt eines ersten Zwillings, die zentral oder randständig eintreten kann. Hierzu kommt es durch die plötzlichen intrauterinen Druck- und Volumenveränderungen nach der Geburt des ersten Zwillings. Unter allen Schwangerschaftskomplikationen weist die vorzeitige Plazentalösung eine sehr hohe perinatale kindliche Mortalität auf. Da durch die - teilweise oder vollständige - Plazentalösung Blutungen aus den uterinen Gefäßen auftreten, besteht die Gefahr eines hämorrhagischen Schocks bei der Mutter, der eine komplette Plazentainsuffizienz und damit eine fetale Hypoxie zur Folge hätte. Auch ohne einen Schockzustand der Mutter besteht die große Gefahr einer Asphyxie des zweiten Zwillings.
Die Angeklagte und die Zeugin Z14, die sich als "letzte Kämpferinnen" für die natürliche Geburt ansahen, zeigten sich hiervon unbeeindruckt. Sie waren der Überzeugung, jedes Geburtsgeschehen allein durchführen zu können, wobei ihnen bewusst war, dass auch im Falle von eintretenden Komplikationen medizinische Hilfe rechtzeitig nicht in Anspruch genommen werden könnte, und insbesondere die Möglichkeit eines eventuell erforderlich werdenden Notkaiserschnitts praktisch ausgeschlossen war. Im Jahre 2008 gab es auf der Insel O13 nämlich nicht einmal ein Krankenhaus, und Notfälle mussten mit dem Rettungshubschrauber in die Klinik an das Festland verlegt werden. Eine entsprechende Verlegung mit der Durchführung eines Notkaiserschnitts in einem erforderlichen Zeitraum von unter 20 Minuten wäre ausgeschlossen gewesen.
Bei der Zeugin Z13 bestanden neben den allgemeinen Risiken einer Mehrlingsgeburt nach dem intrauterinen Tod eines der drei Kinder etwa drei Wochen vor der Geburt weitere massive Geburtsrisiken für die beiden weiteren Kinder, worauf noch weiter eingegangen wird. Auch diese Umstände hielten die Angeklagte und die Zeugin Z14, die vom intrauterinen Tod des Drillings - der im übrigen bei der Befolgung ärztlichen Rates durch die Kindsmutter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu vermeiden gewesen wäre - nicht von der Planung einer außerklinischen Geburt auf einer Insel ohne die Möglichkeit einer intensivmedizinischen Versorgung und einer klinischen Versorgung überhaupt ab.
Die Zeugin Z13 war im Jahre 2007 nach einem Abort und einer Entbindung im Jahre 2001 mit Drillingen schwanger. Es handelte sich um eine sog. dichorialtriamniote Drillingsschwangerschaft, mit eineiigen Zwillingen und einem weiteren Drilling mit eigener Fruchthöhle und Plazenta. Im Verlauf der Schwangerschaft wurde ein seltenes, aber in den Auswirkungen schwerwiegendes Risiko einer Zwillingsschwangerschaft, ein sog. Feto-Fetales-Transfusionssyndrom (FFTS) festgestellt. Dabei handelt es sich um eine Durchblutungs- und Ernährungsstörung, die speziell bei monochorialen Zwillingsschwangerschaften, d.h. solchen, bei denen sich eineiige Zwillinge eine Plazenta teilen, auftritt. Es bestehen unübliche Gefäßverbindungen - Anastomosen - in der Plazenta, durch die es zu einem Ungleichgewicht des Blutaustausches zwischen den ungeborenen Kindern kommt. Dabei bilden sich im Mutterkuchen Blutgefäßanastomosen, also Verbindungen zwischen zwei Arterien (= arterioarteriell), zwischen zwei Venen (= venovenös) oder zwischen einer Arterie und einer Vene (= arteriovenös). Es findet eine wechselseitige Transfusion von Blut durch die Gefäßanastomose in der Plazenta statt. In der Mehrzahl der Fälle ist dieser Blutaustausch nicht gefährlich, solange sich die Transfusionen die Waage halten. Gelangt durch atypische Verbindungen der Plazentakreisläufe der Zwillinge Blut ausschließlich aus dem Kreislauf des einen Kindes (Donor = Spenderzwilling) in den Kreislauf des anderen Kindes (Akzeptor = Empfängerzwilling) entsteht durch dieses Ungleichgewicht das Feto-Fetale Transfusionssyndrom.
Der Empfängerzwilling ist deutlich größer als der abgebende Zwilling (Donor). Durch eine gesteigerte Urinausscheidung (Diurese) bildet er vermehrt Fruchtwasser und entwickelt ein so genanntes Polyhydramnion. Dies führt zu einer Überdehnung der Gebärmutter und unbehandelt zu vorzeitiger Wehentätigkeit, vorzeitigem Platzen der Fruchtblase (Blasensprung) und dementsprechend einer Fehl- oder Frühgeburt. Wenn das Herz des Ungeborenen die zusätzliche Blutmenge nicht mehr adäquat pumpen kann, kommt es durch die Herzinsuffizienz zu einem Hydrops fetalis mit einer vergrößerten Nackentransparenz, Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle (Aszites), Ansammlung von Flüssigkeit im Brustfellraum (Pleuraerguss) und im Herzbeutel (Perikarderguss), Funktionsschwäche der AV-Klappen, Leber- und Milzvergrößerung (Hepatosplenomegalie) und ödematösen Veränderungen der Haut. Durch Herzversagen kann es auch zum vorgeburtlichen Tod kommen. Nach der Geburt weist der Akzeptor eine unüblich große Menge Blut auf (Plethora).
Der Spenderzwilling ist aufgrund einer Wachstumsverzögerung deutlich kleiner als der aufnehmende Zwilling. Durch eine verminderte oder gar aussetzende Urinausscheidung kommt es in seiner Fruchthöhle zu einer Verminderung des Fruchtwassers (Oligohydramnion) und in schweren Fällen zu einem völligen Fehlen des Fruchtwassers (Anhydramnion, "stuck twin"). Entsprechend ist die Fruchtblase mittels Ultraschall meistens nicht darstellbar. Durch Blutarmut (Anämie) und allgemeine Mangelversorgung bei zu kleinem Anteil am Mutterkuchen kann auch beim Donor ein vorgeburtlicher Tod eintreten. Nach der Geburt weist der Spenderzwilling immer eine Blutarmut mit einer Differenz der Hämoglobinkonzentration zum Empfängerzwilling auf.
Am 02.10.2007, in der 21. Schwangerschaftswoche, sollte im Universitätsklinikum in O18 eine Laserkoagulation durchgeführt werden. Dabei erfolgt die Durchtrennung der Gefäßanastomosen mittels Laser im Rahmen einer Fruchtblasenspiegelung (Fetoskopie) durch einen kleinen Stich in der Bauchdecke. Bei dem Eingriff kam es - ein typisches Risiko - aus der Einstichstelle des Fetoskopes an der Uterusvorderwand zu einer Blutung, woraufhin eine genügende Sicht nicht mehr hergestellt werden konnte, um die Anastomosen zu identifizieren. Da die beabsichtigte Laserkoagulation daraufhin nicht mehr möglich war, wurde nur eine Amniodrainage (eine Fruchtwasserentlastungspunktion) durchgeführt, wobei durch eine Punktion der Fruchtblase des Akzeptors das überschüssige Fruchtwasser abgelassen wird. Hierdurch gelingt durch die Verminderung des Perfusionsdruckes auf die Plazenta die Absenkung des Risikos einer Fehlgeburt oder Frühgeburt.
Zum Zeitpunkt der Entlassung der Zeugin Z13 am 04.10.2007 erschien die Situation stabil, der Donor zeigte eine gute Blasenfüllung und war kein "stuck twin" mehr. Die Zeugin Z13 wurde auf die notwendige engmaschige Betreuung und Befundkontrolle nach etwa einer Woche hingewiesen und ihr wurde die stationäre Aufnahme in der 25. Schwangerschaftswoche in der Universitätsklinik O19 zur Lungenreifeinduktion und ggf. weiteren stationären Überwachung angeraten. Primäres Behandlungsziel war die Schwangerschaftsverlängerung so lange wie möglich, die Durchführung regelmäßiger Dopplerultraschalluntersuchungen und ggf. weiterer Amniodrainagen.
Bei der am 11.10.2007 durchgeführten Kontrolluntersuchung zeigten sich weiter ausgeglichene Fruchtwasserverhältnisse. Bei dem Akzeptor - dem später geborenen Kind L. Z13 - zeigte sich jedoch eine Trikuspidalinsuffizienz - eine Undichtigkeit der Trikuspidalklappe des Herzens - und es bestand der Verdacht auf eine latente Herzinsuffizienz, die sich bei einer nachfolgenden Untersuchung am 19.10.2007 bestätigte. Die Fruchtwasserverhältnisse waren zwar nach wie vor ausgeglichen, es zeigte sich jedoch eine progrediente Dilatation des Herzens des Akzeptors und Zeichen der beginnenden Herzinsuffizienz. Die Zeugin Z13 war in einem anschließenden Gespräch ausführlich über den Befund, der eine ungünstige Entwicklung für das Kind L. Z13 zeigte, aufgeklärt worden. Die Zeugin wurde insbesondere erneut über die dringende Erforderlichkeit weiterer engmaschiger Befundkontrolle, der stationären Aufnahme zur Durchführung eines Kaiserschnitts für den Fall einer Notsituation, wobei nach wie vor versucht werden sollte, eine Entwicklung der Kinder im Mutterleib so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, die zu erwartende Frühgeburtlichkeit und das Risiko des Absterbens einer oder beider monochorialer Drillinge aufgeklärt.
Nach dem Fehlschlagen der Laserkoagulation weigerte sich die Zeugin Z13, den ärztlichen Ratschlägen Folge zu leisten. Insbesondere kam für sie eine Entbindung mittels Kaiserschnitt, die ihr angesichts des FFTSs unausweichlich avisiert wurde, nicht in Betracht.
Auch weitere Dopplerultraschalluntersuchungen ließ sie nicht mehr durchführen und suchte im Anschluss zu Untersuchungen ausschließlich noch ihre Frauenärztin auf. Sie verließ sich auf ihr Gefühl, dass es den drei Kindern gut gehe und suchte nach Alternativen für die Entbindung. Bei ihren Recherchen stieß sie auf die Zeugin Z14, mit der sodann die Planung für eine Entbindung der Drillinge auf O13 stattfand. Die Zeugin Z14 führte lediglich eine einmalige Untersuchung der Schwangeren durch, als sie sich - wohl im Oktober 2007 - zu einer Fortbildungsveranstaltung in O16 aufhielt. Weitere Untersuchungen fanden in der Folgezeit nicht statt; die Kontakte beschränkten sich auf Telefonate. Die Zeugin Z14 war von der Zeugin Z13 über die gesamten Umstände in Kenntnis gesetzt worden; sie wusste sowohl von dem Feto-Fetalen Transfusionssyndrom und der fehlgeschlagenen Laserkoagulation, als auch von den problematischen Verhältnissen des Akzeptor-Zwillings mit der beginnenden Herzinsuffizienz. Die Zeugin Z14 unterstützte die Zeugin Z13 gleichwohl in ihrem Vorhaben einer außerklinischen Geburt auf der Insel O13, wobei die Kindsmutter ebenfalls nicht in Unkenntnis darüber war, dass es auf der Insel nicht einmal ein Krankenhaus gab und im Falle von Komplikationen sowohl ihr Leben als auch das der Kinder in konkreter Gefahr wäre.
Am 18.12.2007 ließ die Zeugin Z13 im Krankenhaus in O19 lediglich eine normale Ultraschalluntersuchung durchführen. Sie erklärte, dass sie eigentlich gar keine Überwachung wünsche, sie spüre, dass es den Kindern gut gehe und sie ihrer Intuition folgen wolle. In einem ausführlichen Gespräch wurde sie daraufhin von dem Leiter der Abteilung über die Notwendigkeit eines Kaiserschnitts bei dem Vorliegen eines Feto-Fetalen Transfusionssyndroms, die Lebensgefahr für alle drei Kinder im Fall einer möglichen schnellen Progredienz sowie die Notwendigkeit und den Ablauf der Lungenreifeinduktion aufgeklärt. Auch nach wiederholtem Hinweis auf die dringende Erforderlichkeit einer Dopplerultraschalluntersuchung und einer Fetometrie (Ausmessen des Fetus mittels Ultraschalldiagnostik) lehnte die Zeugin Z13 diese kategorisch ab. Nachdem sie auch die Planung einer Kaiserschnittgeburt nach der 32. SSW trotz langer Diskussion und Aufklärung über die Risiken einer Spontanentbindung ablehnte, erklärte sie sich schließlich mit der Äußerung, dass sie zu einem früheren Termin einfach nicht kommen werde, mit der Planung einer Sectio erst in der 37. Schwangerschaftswoche einverstanden.
Tatsächlich war sie zu diesem Zeitpunkt bereits fest entschlossen, die Spontangeburt auf der Insel O13 durchzuführen.
Da die Zeugin Z13 nach wie vor eine stationäre Krankenhausaufnahme ablehnte und auch weitere Dopplerultraschalluntersuchungen und erst recht eine erneute Amniodrainage verweigerte, kam es schließlich in der 33. Schwangerschaftswoche - in der Zeit zwischen dem 19.12. und dem 28.12.2007 - zum Absterben des Donor-Zwillings. Bei einer erneuten Ultraschalluntersuchung am 28.12.2007 wurde der Tod des Feten festgestellt. Dem eindringlichen Rat zur Durchführung eines Kaiserschnitts leistete die Zeugin auch jetzt keine Folge. Unbeeindruckt verfolgte sie weiter die geplante Spontanentbindung der Kinder auf der Insel O13.
Auch nach dem Absterben des Donor-Zwillings riet die Zeugin Z14 der Zeugin Z13, die sie unmittelbar davon in Kenntnis gesetzt hatte, nicht zu einer stationären Aufnahme und klinischen Entbindung, sondern dazu, den beiden weiteren Kindern noch möglichst viel Zeit zu geben. Zu einem erneuten Kontrolltermin in der O19er Klinik am 05.01.2008, bei dem ein CTG geschrieben werden sollte, erschien die Zeugin Z13 nicht im Krankenhaus und gab telefonisch an, unter einem grippalen Infekt zu leiden. Ob dies tatsächlich der Fall war, hat die Kammer nicht feststellen können, wenngleich mehr dafür spricht, dass es sich um einen Vorwand handelte. Trotz der eindringlichen Empfehlung, die Kontrolle durchführen zu lassen unter Hinweis auf eine mögliche Wehentätigkeit bei dem Vorliegen von Fieber nahm die Zeugin den Termin weder an diesem Tag noch in der Folgezeit wahr.
Am 20.01.2007 reiste die Zeugin Z13 schließlich gemeinsam mit dem Kindsvater, von dem sie inzwischen getrennt lebt, auf die Insel O13; am darauffolgenden Tag fand die Geburt statt. Die Zeugin Z14 hatte bereits im Vorfeld mit der Angeklagten deren Teilnahme geregelt. Zu welchem Zeitpunkt die Angeklagte anreiste, hat die Kammer nicht feststellen können. Naheliegend ist, dass die Zeugin Z14 sie von dem Anreisetermin der Kindseltern rechtzeitig in Kenntnis gesetzt hatte, wie sie dies auch bei der weiteren Mehrlingsgeburt im August 2008 tat. Der Akzeptor-Zwilling L. Z13 hatte zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt - mutmaßlich intrauterin infolge des Absterbens seines Zwillingsbruders - einen Hirninfarkt erlitten. Zudem wäre infolge der beginnenden Herzinsuffizienz eine klinische Versorgung unmittelbar im Anschluss an die Geburt erforderlich gewesen. Wenn die Zeugin Z14 und die Angeklagte, wie auch die Kindsmutter, von dem Hirninfarkt auch keine Kenntnis hatten, wussten sie im einzelnen um die anderen Umstände und die damit - neben den allgemeinen Risiken einer Mehrlingsgeburt - bestehenden weiteren Risiken für das Leben des Kindes L. Z13 bei einer außerklinischen Geburt.
Zu den Einzelheiten des Geburtsgeschehens, das von der Zeugin Z14 gemeinsam mit der Angeklagten durchgeführt wurde, hat die Kammer konkrete Feststellungen nicht treffen können. Der Einling A. Z13 wurde um 15.13 Uhr mit einem Frühgeborenengewicht von 2050 g bei einer Größe von 47 cm in der 37. Schwangerschaftswoche geboren. Der Akzeptor-Zwilling L. Z13 wurde über eine Stunde später um 16.22 Uhr mit einem Gewicht von 2300 g und einer Länge von 46 cm aus Beckenendlage geboren. Das Fruchtwasser war altblutig und dickbreiig. L. Z13 hatte bei der ersten Untersuchung durch die Angeklagte einen eingetragenen Apgar von 8 und 9; ob diese von der Angeklagten eingetragenen Werte zutrafen, hat die Kammer nicht feststellen können. Postnatal entwickelte L. Z13 ein Atemnotsyndrom. Dabei handelt es sich, wie dargelegt, um eine typische Komplikation der Frühgeburtlichkeit, und zwar um eine Lungenfunktionsstörung, die zu den häufigsten Todesursachen im Neugeborenenalter zählt. Mögliche akute Komplikationen eines Atemnotsyndroms sind die Ausbildung eines Emphysems und Luftansammlung in den Körperhöhlen (Pneumothorax, Pneumomediastinum, Pneumoperitoneum). Zu weiteren konkreten Komplikationen kam es vorliegend zunächst nicht.
Die Kindseltern meldeten bei dem Standesamt auf O13 lediglich eine Zwillingsgeburt an. Dass es sich um eine Drillingsgeburt gehandelt hatte und ein Kind verstorben war, gaben sie nicht an. Der im Mutterleib verstorbene Zwilling, der mutmaßlich weniger Gewicht als seine Geschwister aufwies, mit Sicherheit aber weit über der Grenze des bestattungspflichtigen Geburtsgewichts von 500 g lag, wurde nicht bestattet, sondern zusammen mit der Plazenta an einer unbekannten Stelle vergraben. Auch die Angeklagte trug im Untersuchungsheft lediglich eine Zwillingsgeburt ein.
In der Zeit vom 28.01. bis zum 16.02.2008 befand sich L. Z13 sodann in stationärer Behandlung im St. J.krankenhaus in O19. Die Aufnahme erfolgte wegen schlechten Trinkverhaltens am 7.Lebenstag. L. Z13 wies zu diesem Zeitpunkt ein Gewicht von 2120 g auf und zeigte einen leicht reduzierten Allgemeinzustand. Im Rahmen der stationären Behandlung wegen einer Viruspneumonie wurde anlässlich einer durchgeführten Schädelsonographie ein Zustand nach älterem Hirninfarkt mit Kolliquationsnekrose und Resorptionszysten parietookzipital links festgestellt. Da ein genauer Zeitpunkt des erlittenen Hirninfarktes nicht festgestellt werden konnte, wurde dieser als am ehesten durch einen Infarkt im Rahmen des Feto-Fetalen-Transfusionssyndroms gesehen. Als Residuum der intrauterinen Herzinsuffizienz fand sich noch eine kontrollbedürftie Trikuspidalinsuffizienz.
Einige Stunden nach der Aufnahme entwickelte L. Z13 ohne Zeichen einer Dyspnoe einen Sauerstoffbedarf von 25 %, der sich zunehmend bis 45 % verschlechterte. Im Tiefschlaf zeigte er periodenweise grenzwertige Sättigungen (88%), die sich spontan erholten und nie von einer Apnoe oder Bradykardie begleitet waren.
Infolge des erlittenen Hirninfarktes leidet L. Z13 unter einer Halbseitenlähmung und Entwicklungsstörungen.
Feststellungen zur Geburt des Kindes L. Z2 am 29.03.2008
Nur drei Monate vor dem Geburtsgeschehen, das den Gegenstand des Verfahrens bildet, kam es zu einer von der Angeklagten begleiteten Hausgeburt, bei der das augenscheinlich reife, gesunde Neugeborene im Rahmen des Geburtsvorgangs verstarb. Angesichts des Verlaufs der Schwangerschaft und der zum Geburtsgeschehen getroffenen Feststellungen spricht alles für einen Tod infolge Sauerstoffmangels aufgrund protrahierten Verlaufs - für eine andere Ursache, wie eine Fehlbildung oder eine Infektion des Kindes haben sich keinerlei Hinweise ergeben. Konkrete Feststellungen hat die Kammer insoweit nicht treffen können; eine Obduktion des Kindes fand nicht statt.
Die 37-jährige Diplom-Psychologin Z2 war mit ihrem zweiten Kind schwanger. Ihre im Dezember 2004 geborene Tochter - das erste Kind - war mittels eines Kaiserschnitts geboren worden. Eine Hausgeburt war in diesem Fall war von vornherein nicht möglich gewesen, da eine Fehllage der Plazenta - eine sog. Placenta praevia - vorgelegen hatte. Dabei befindet sich die Plazenta zu tief in der Gebärmutter, wodurch es zu einer Verlegung des Geburtsweges kommen kann, so dass eine normale vaginale Geburt unmöglich wird. Einen zeitlich geplanten Kaiserschnitt hatten die Eltern abgelehnt, so dass es bei Einsetzen der Geburt zur Durchführung eines Notkaiserschnitts gekommen war. Bei dieser ersten Geburt der Eheleute Z2 war die Angeklagte nicht beteiligt.
Auch bei ihrem zweiten Kind strebte die Kindsmutter, die die Angeklagte beruflich von einer gemeinsamen Tätigkeit kannte, trotz der Komplikationen bei der ersten Schwangerschaft, eine Hausgeburt an.
Die letzte Periode war nach der Angabe der Schwangeren am 01.06.2007, der errechnete Entbindungstermin der 14.03.2008, der sich auch durch die durchgeführte Ultraschalluntersuchung in der 13. Schwangerschaftswoche am 04.09.2007 bestätigte. Während der ohne besondere Auffälligkeiten verlaufenden Schwangerschaft befand sich Z2 in regelmäßiger Behandlung bei ihrem Gynäkologen, der auch die erste Schwangerschaft begleitet hatte, dem in O8 tätigen Zeugen Dr. Z17. Lediglich die letzte Untersuchung in der 37. Woche am 18.02.2008, bei der sich Z2 mit Beschwerden - Kopfschmerzen und Augenflimmern - gemeldet hatte, erfolgte durch dessen Kollegin.
Angesichts mehrerer Faktoren des im Mutterpass enthaltenen Kataloges A über Anamnese und allgemeine Befunde, die er auch entsprechend dokumentiert hatte, ordnete der Gynäkologe Dr. Z17 die Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft ein. Aus seiner Sicht bestanden viele Risiken, weshalb sowohl eine besondere Überwachung bei der Schwangerschaftsbetreuung angezeigt war als auch eine Hausgeburt aus seiner Sicht völlig unvertretbar erschien. Dabei ordnete der Zeuge Dr. Z17 das Altersrisiko - bei Z2 handelte es sich um eine Schwangere über 35 Jahren - als nicht derart gravierend ein, da sie auch bereits ihr zweites Kind erwartete. Entscheidende Risiken sah er jedoch darin, dass auch die erste Schwangerschaft und Geburt infolge der Fehllage der Plazenta nicht unproblematisch verlaufen waren, nunmehr ein Zustand nach vorangegangenem Kaiserschnitt mit der Gefahr einer Narbenruptur bestand, die Kindsmutter desweiteren über die gesamte Schwangerschaft unter einer Schwangerschaftsanämie litt, wobei der Hämoglobinwert anstelle zwischen 12 und 16 zum Teil bis auf 7 herabsank. Der Grund hierfür lag in einer Autoimmunerkrankung der Kindsmutter, die im Jahre 1998 erkannt worden war. Dabei handelt es sich um Lupus erythematodes - eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis. Die Anämie stellte im Hinblick auf eine Geburt von daher ein besonderes Risiko dar, als ein weiterer Blutverlust von ca. 1 l aufgrund des zum Teil bereits extrem niedrigen hb-Wertes eine konkrete Lebensgefahr für die Schwangere bedeutet hätte. Im Falle einer Narbenruptur, die wie dargelegt, ein Risiko einer Entbindung nach vorangegangenem Kaiserschnitt bedeutet, wären ein Verbluten der Mutter und der Tod des Kindes nahezu unvermeidbar gewesen. Darüber hinaus besteht bei der Erkrankung eine erhöhte Blutungsneigung. In diesem Zusammenhang sah der betreuende Gynäkologe zudem ein weiteres Risiko darin, dass es sich bei der Kindsmutter um ein zierliche rothaarige Frau handelte, da ihm auf der Grundlage medizinischer Studien und eigener Erfahrungen ein Zusammenhang zwischen der Haarfarbe und einer erhöhten Blutungsneigung bekannt war.
Die bestehende Autoimmunerkrankung der Zeugin Z2 hatte auch eine engmaschige Betreuung während der Schwangerschaft zur Folge mit durchgeführten Dopplerultraschalluntersuchungen zur Kontrolle der Herzfrequenz des ungeborenen Kindes. Die Schwangerschaft verlief jedoch insgesamt unproblematisch und eine Gefährdung des Kindes bestand nicht. Insbesondere realisierte sich eine mögliche Komplikation der Erkrankung mit einer Auswirkung auf die Nierentätigkeit der Zeugin nicht, die zu einer Retardierung des Ungeborenen hätte führen können. Die Zeugin Z2 durchlief eine insgesamt unbeeinträchtigte Schwangerschaft, das Ungeborene entwickelte sich zu jedem Zeitpunkt normal, was der Zeuge Dr. Z17 im Mutterpass auch anhand der Ultraschallscreenings dokumentierte. Im Winter litt die Zeugin Z2 zwar unter einer längeren Erkältung; Medikamente nahm sie jedoch nicht ein, und Auswirkungen auf das Ungeborene gab es nicht. Nachdem sie sich im Januar bereits wieder gut fühlte, unternahm sie mit Zustimmung ihres Arztes noch eine Flugreise nach London. Die von Dr. Z17 durchgeführten Ultraschalluntersuchungen des Kindes waren zu jedem Zeitpunkt unauffällig und zeigten keine pathologischen Veränderungen; vielmehr war das ungeborene Kind von der Entwicklung und den Ultraschallbefunden organisch völlig gesund.
Nachdem der Zeuge Dr. Z17 im weiteren Verlauf schließlich von der Kindsmutter erfahren hatte, dass sie mit Betreuung der Angeklagten eine Hausgeburt anstrebte, führte er am 03.01.2008 ein ausführliches Beratungsgespräch. Nicht nur vor dem Hintergrund, dass ihm, wie auch anderen seiner Kollegen in O8, die Angeklagte als risikobereit bekannt war, sah er sich zu dem Gespräch veranlasst, in dem er Z2 eindringlich von einer Hausgeburt abriet. In diesem Gespräch wies der Gynäkologe die Kindsmutter auf die besonderen Risiken der Geburt, unter anderem die mögliche Ruptur der Kaiserschnittnarbe, hin. Er riet weiter zu einem Geburtsplanungsgespräch in dem anthroposophischen Krankenhaus in O20, wobei Z2 zusagte, dies mit der Angeklagten besprechen zu wollen. Auch bei einem nachfolgenden Gespräch am 29.01.2008 sprach der Zeuge Dr. Z17 die Kindsmutter erneut auf ihre Geburtsplanung an und riet ihr nach ihrer Angabe, die Geburt nach wie vor mit der Angeklagten durchführen zu wollen, aufgrund der für sie und das Kind bestehenden erheblichen Risiken wiederholt dringend von einer Hausgeburt ab. Die Zeugin Z2 hatte die Bedenken des Gynäkologen mit der Angeklagten besprochen, die ihr jedoch nicht - wie es von ihr zu erwarten und ihre Verpflichtung gewesen wäre - eindringlich zu einem Planungsgespräch in der Klinik riet, sondern nach wie vor an ihrem Entbindungskonzept der natürlichen Hausgeburt festhielt. Sie unterstützte sie im Gegenteil im Hinblick auf die Planung einer außerklinischen Geburt, indem sie der Zeugin Z2 davon berichtete, dass sie schon mehrfach selbst erlebt habe, dass Frauen mit einer Kaiserschnittnarbe spontan entbunden hätten, ohne dass es zu Komplikationen gekommen sei.
Trotz der eindringlichen Warnhinweise ihres Gynäkologen ließen sich die Kindseltern nicht von ihrem Vorhaben einer Hausgeburt abbringen. Auch die Angeklagte riet ihnen zu keinem Zeitpunkt dazu, besser eine Entbindung in der Klinik vorzunehmen. Wie dargelegt, suchte Z2 ihren Gynäkologen bzw. dessen Vertreterin nach dem 18.02.2008, in der 37. Schwangerschaftswoche, nicht mehr auf. Die nach dem errechneten Entbindungstermin vom 14.03.2008 erforderlichen engmaschigen Kontrollen wurden auch von der Angeklagten nicht durchgeführt. Im wesentlichen fanden in den letzten Wochen vor der Geburt telefonische Kontakte statt. Möglicherweise suchte die Angeklagte die Zeugin Z2 auch einmal auf. Regelmäßige Kontrollen, Untersuchungen und Dokumentationen der kindlichen Herztöne, des Blutdrucks der Mutter und Urinuntersuchungen, insbesondere nach der Überschreitung des errechneten Geburtstermins, gab es nicht.
Die Angeklagte untersuchte die Kindsmutter lediglich am 28.03.2008, mithin 14 Tage nach dem errechneten Geburtstermin, was sie im Mutterpass dokumentierte. Zu dieser Untersuchung war es auf Initiative der Kindsmutter gekommen, die sich aus Sorge um ihr ungeborenes Kind bei der Angeklagten gemeldet hatte. Gegen 5.00 Uhr morgens hatte sie in Panik bei der Angeklagten angerufen, da sie das Gefühl hatte, ihrem Kind gehe es nicht gut, und meinte, keine Kindsbewegungen mehr zu spüren. Ihr Ehemann, der sicher war, durch die Bauchdecke die Herztöne des Kindes hören zu können und auch eine Bewegung der Bauchdecke wahrzunehmen, versuchte seine Ehefrau zu beruhigen. Bei einer sodann später an dem Tag von der Angeklagten vorgenommenen äußerlichen Untersuchung stellte sie ebenfalls keine Auffälligkeiten fest, sie kontrollierte die Herztöne, realisierte einen Widerstand der Füße des Ungeborenen, und ging angesichts des Umstands, dass die Gebärmutter auf die äußerlichen Manipulationen nicht reagierte, davon aus, dass mit dem Geburtsbeginn noch nicht so bald zu rechnen war. Die angesichts des Umstands des deutlich überschrittenen Geburtstermins an sich erforderliche Überprüfung des Zustands des Neugeborenen und der Plazenta, mit einer Überprüfung der Herztätigkeit und der Wehentätigkeit durch das Schreiben eines CTGs, nahm die Angeklagte nicht vor.
Tatsächlich sollte die Geburt entgegen der Einschätzung der Angeklagten auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. In der Nacht zum folgenden Tag setzten bei Z2 die Wehen ein. Am frühen Morgen, wohl gegen 04.20 Uhr wurde die Angeklagte durch einen Anruf der Kindseltern davon in Kenntnis gesetzt, dass bereits seit mehreren Stunden, seit ca. 01.30 Uhr, regelmäßige Wehen eingesetzt hatten. Die Angeklagte machte sich angesichts einer von ihr empfundenen "Panikstimmung" der Kindsmutter sogleich auf den Weg und erreichte die in O21 wohnenden Kindseltern um kurz nach 05.00 Uhr. Die Geburt zog sich sodann über zahlreiche Stunden bis nach 15 Uhr am Nachmittag des 29.03.2008 hin, wobei die Eröffnungsperiode bei einer Mehrgebärenden mit über 12 Stunden bis zur vollständigen Eröffnung des Muttermundes um kurz vor 14 Uhr bereits einen protrahierten Verlauf genommen hatte und zumindest zu einer besonderen Überwachung des Zustands des ungeborenen Kindes Veranlassung gab. Insgesamt kontrollierte die Angeklagte während des gesamten Geburtsverlaufs in 10 Stunden seit ihrer Anwesenheit bis zur Geburt des kindlichen Kopfes nur 7-mal die Herztöne; eine Blutdruck- und Pulsmessung bei der Kindsmutter nahm sie zu keinem Zeitpunkt vor. Tatsächlich wäre eine 48- malige Kontrolle der fetalen Herzfrequenz zum Ausschluss einer Gefährdung des Kindes angezeigt gewesen. Trotz eines mehrfachen Positionswechsels, wiederholt auch zum sog. Vierfüßlerstand, und eines zwischenzeitlichen Vollbads, kam es zu Stagnationen im Geburtsverlauf. Schon der Verlauf der Eröffnungsperiode zeigte Probleme. Trotz sehr starker und regelmäßiger Eröffnungswehen war der Muttermund gegen 6.30 Uhr, mithin nach 5 Stunden, erst etwa 1 cm weit eröffnet. Auch in der nachfolgenden Zeit zwischen 7.00 Uhr und 10.00 Uhr am Vormittag, während die Kindsmutter sich zeitgleich um ihre erste Tochter kümmerte, kam es zu einer längeren Verzögerung, wobei die Abstände der Wehen sich verlängerten. Während der Zeit zwischen 06.20 Uhr und 12.25 Uhr, mithin über nahezu 6 Stunden, nahm die Angeklagte vor dem Hintergrund ihrer Einstellung einer unmedizierten, unkontrollierten Geburt keinerlei Kontrollen der Herztöne des ungeborenen Kindes vor; auch kontrollierte sie nicht den Geburtsfortschritt anhand der Öffnung des Muttermundes, wenngleich die lange Dauer der Eröffnungseriode bei einer Zweitgebärenden und der phasenweise fehlende Geburtsfortschritt Veranlassung zu engmaschigen Kontrollen gegeben hätte.
Auch die Zeugin Z2, die von ihrer Konstitution sehr zierlich ist, empfand den Geburtsverlauf als übermäßig anstrengend und kräftezehrend und machte sich angesichts des Umstands, dass der Muttermund sich trotz mehrstündiger heftiger Wehen nicht weiter öffnete, bereits Sorgen. Kurz nach ihrem Eintreffen am frühen Morgen war der Angeklagten bereits ein auffälliges Muskelzittern der Kindsmutter, wie nach großer Anstrengung aufgefallen. Nachdem sie selbst immer stärker das Gefühl verspürte, dass die Geburt zu lange dauerte, äußerte die Zeugin Z2 gegen Mittag - wohl gegen 12.20 Uhr - schließlich ihren Entschluss, eine Verlegung in ein Krankenhaus und eine Periduralanästhesie vornehmen lassen zu wollen, sollte die Geburt nicht binnen einer weiteren Stunde beendet sein. Nachdem die Angeklagte ihr sodann gegen 12.25 Uhr davon berichtete, dass der Muttermund sich mittlerweile auf 5 - 6 cm geöffnet hatte, hatte die Kindsmutter die Hoffnung auf ein nunmehr schnelles Ende der Geburt.
Mit großer Wahrscheinlichkeit litt das ungeborene Kind infolge des protrahierten Geburtsverlaufs in der Eröffnungsperiode unter einem massiven Sauerstoffmangel, was naheliegend letztlich dazu führte, dass L. Z2 die Geburt nicht überlebte.
Der Angeklagten ist bekannt, dass - wie dargelegt - nach Überschreiten der maximalen Grenzdauer des Geburtsgeschehens das Risiko der Übersäuerung des kindlichen Blutes (Azidose) sowie die Sterblichkeit der Kinder zunehmen. Ebenso war ihr bewusst, dass mit fortschreitendem Geburtsverlauf eine engmaschige Kontrolle des kindlichen Zustands im Hinblick auf die Sauerstoffversorgung erforderlich war, insbesondere vor dem Hintergrund einer bereits 15-tägigen Übertragung, die nicht selten mit einer eingeschränkten Funktion der Plazenta unter der Geburt einhergeht. Vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Sichtweise eines natürlichen, weder medikamentös noch medizinisch zu beeinflussenden, noch zu kontrollierenden Vorgangs, ließ die Angeklagte jegliche medizinischen und geburtshilflichen Standards außer Acht.
Sicher festzustellen ist, dass das Ungeborene infolge einer durch Sauerstoffmangel bedingten Azidose während des Geburtsgeschehens unter erheblichen Stress geriet, wobei es infolge der Hypoxie zu einem konkret nicht feststellbaren Zeitpunkt, möglicherweise auch wiederholt, durch die Hyperperistaltik des Darms zum Absatz von Mekonium in das Fruchtwasser kam. Um 15.01 Uhr wurde schließlich ein Teil des kindlichen Kopfes sichtbar, wobei sich die Angeklagte schließlich um 15.10 h wegen des problematischen langsamen Durchtritts zur Öffnung der Fruchtblase entschloss. Hieraufhin entleerte sich reichlich dickgrünes mit Mekonium versetztes Fruchtwasser. Herztöne des Kindes konnte die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr wahrnehmen. Soweit sie in ihrem später gefertigten Geburtsbericht angab, noch um 15.10 Uhr normfrequente Herztöne des Kindes wahrgenommen zu haben, während sie 3 Minuten später keine kindliche Herzaktion mehr ausmachen konnte, handelt es sich um eine falsche Dokumentation - wie dies von der Angeklagten auch im Fall des Kindes G. Z1 praktiziert worden ist - da in dem Fall auszuschließen wäre, dass nur wenige Minuten später ein lebloses, nicht reanimierbares Kind geboren worden wäre.
Es dauerte von der Öffnung der Fruchtblase noch weitere mindestens 7 Minuten, bis der Kopf des Kindes vollständig geboren war. Angesichts des Zustands des Kindes, das keinerlei Reaktion zeigte, begann die Angeklagte noch vor der vollständigen Geburt damit, Mund und Nase des Kindes abzusaugen. Auch hierauf erfolgte keine Reaktion des Kindes. Im Anschluss entwickelte die Angeklagte das Kind nach mehreren weiteren Minuten vollständig. L. Z2 kam leblos und mutmaßlich ohne pulsierende Nabelschnur auf die Welt. Die Angeklagte begann sofort mit Reanimationsmaßnahmen, wobei sie abwechselnd Herzmassagen und eine Beatmung vornahm. Nachdem sie mehrere - mindestens 5 - Minuten lang vergeblich Reanimationsversuche unternommen hatte, erklärte die Angeklagte dem Kindsvater in einem relativ ruhigen und gelassenen Ton, dass er besser einen Notarzt rufen solle. Bei Eintreffen der Notärztin Z18, Fachärztin für Chirurgie, stellte die Angeklagte die Reanimationsbemühungen ein, da diese aus ihrer Sicht nunmehr mit mehr als 10 Minuten keine Aussicht auf Erfolg mehr versprachen. Bei Eintreffen der Notärztin lag der Säugling auf dem Boden im Badezimmer, wo die Endphase der Geburt stattgefunden hatte.
Die Zeugin Z18 unternahm keine eigenen Reanimationsbemühungen, nachdem ihr von der Angeklagten mitgeteilt worden war, dass das Kind bereits ohne Atmung und Puls zur Welt gekommen sei und sie bereits Reanimationsmaßnahmen über 10 - 15 Minuten durchgeführt habe. Die Notärztin kontrollierte lediglich die Pupillen des Kindes, die zu diesem Zeitpunkt entrundet waren. Die Zeugin Z18 hinterfragte die Angaben der Angeklagten nicht. Sie hatte weder im Hinblick auf Geburtshilfe noch in Bezug auf Säuglinge besondere Kenntnisse und erinnerte sich lediglich daran, etwas von "Totgeburten" gehört zu haben, was sie zu dem Schluss brachte, dass dies wohl so ein Fall sein müsse. Sie verließ sich dabei ausschließlich auf die Angaben der Angeklagten, ohne sich das Neugeborene eingehend anzusehen oder ergänzende Fragen zu dem konkreten Geburtsverlauf zu stellen. Sie unterließ eine Benachrichtigung der Polizei wie auch weitere Maßnahmen zur Klärung der tatsächlichen Todesursache. Der Einsatz wurde sodann unmittelbar abgebrochen.
In dem von ihr gefertigten Notarzteinsatzprotokoll trug sie als Erstdiagnose und abschließende Diagnose "Totgeburt" ein. Auf der Grundlage der Angaben der Angeklagten vermerkte sie, dass es sich um eine geplante termingerechte Hausgeburt gehandelt habe. Laut Angaben der Hebamme sei der Säugling apnoeisch und pulslos geboren worden und habe trotz 10 - 15 minütiger Reanimationsbehandlung kein Lebenszeichen gezeigt. Das Kind sei tieflivide und schlaff gewesen. Als Befund wurde von der Zeugin Z18 folgendes angekreuzt:
hinsichtlich der Glasgow-Coma-Scale - eine Skala zur Abschätzung einer Bewusstseinsstörung - "kein Augenöffnen, keine verbale Reaktion, keine motorische Reaktion", weiter wurde unter dem Punkt Bewusstseinslage "bewusstlos" angekreuzt sowie die Pupillenreaktion als entrundet. Messwerte in Bezug auf Puls und Atmung wurden von ihr nicht erhoben, in Bezug auf die Atmung wurde Apnoe - Atemstillstand - angekreuzt. Maßnahmen, auch ein Monitoring, wurden insgesamt von der Zeugin Z18 nicht ergriffen. Als Ergebnis wurde von ihr eine "akute Erkrankung" und "Tod" nach "primär erfolgloser Reanimation" eingetragen. Den Begriff der "akuten Erkrankung" unter der Rubrik Notfallkategorie kreuzte sie nur aus dem Grund an, dass dieser Begriff neben den weiteren Möglichkeiten "kein Notfall; Vergiftung; Verletzung" aus ihrer Sicht am ehesten zutraf. Als Zeitpunkt der Todesfeststellung wurde 15.20 Uhr, der Zeitpunkt der nach Angabe der Angeklagten erfolgten Geburt des leblosen Kindes, eingetragen.
Entsprechend der Erwartung der Angeklagten stellte die Zeugin Z18 den Totenschein für das Kind L. Z2 aus, in dem sie eine natürliche Todesursache bescheinigte. Die Angeklagte ging davon aus, dass ihr selbst eine solche Ausstellung eines Totenscheins im Rahmen eines von ihr begleiteten Geburtsgeschehens trotz ihrer Approbation als Ärztin gesetzlich untersagt wäre.
Es spricht alles dafür, dass das Kind L. Z2 bei einer rechtzeitigen Verlegung in ein Krankenhaus gegen Mittag lebend und gesund geboren worden wäre und todesursächlich ein Sauerstoffmangel infolge eines protrahierten Geburtsverlaufs war. Das Kind wies keine Fehlbildungen auf; während der Schwangerschaft erkennbare Organschäden oder Infektionsgeschehen bestanden nicht. Auch eine spätere Untersuchung der Plazenta ergab keinen Hinweis auf eine Funktionseinschränkung vor oder unter der Geburt. Sichere Feststellungen hat die Kammer mangels einer durchgeführten Obduktion nicht treffen können.
Die Angeklagte nahm im Anschluss an die Geburt die Plazenta mit, um diese, wie sie den Eheleuten Z2 erklärte, auf Auffälligkeiten untersuchen zu lassen. Tatsächlich erwartete sie kein entsprechendes Ergebnis, da sie die Plazenta für unauffällig hielt. In der Folgezeit - erst im Juli 2008, nach dem Tode des Neugeborenen G. Z1 und der diesbezüglich gegen sie geführten Ermittlungen - ließ die Angeklagte die zwischenzeitlich eingefrorene Plazenta gleichwohl untersuchen, was noch dargelegt wird.
Die Angeklagte fertigte zu dem Geburtsgeschehen nachfolgendes Geburtsprotokoll. Inwieweit ihre Eintragungen zutreffen oder nachträglich manipuliert wurden - wie dies bei dem hier abzuurteilenden Geburtsgeschehen zum Nachteil von G. Z1 durch sie erfolgt ist - bzw. inwieweit die Eintragungen auf tatsächlichen Befunderhebungen beruhen, hat die Kammer nicht feststellen können. Jedenfalls ist, wie dargelegt, davon auszugehen, dass die für den Zeitpunkt von 15.10 Uhr eingetragene normfrequente Herztätigkeit des Ungeborenen sicher nicht zutreffen kann. Auszuschließen ist, dass die Angeklagte für sie nachteilig zu bewertende Umstände, wie die dokumentierte Dauer der Eröffnungsperiode und den Status des Muttermundes, zu ihren Lasten eingetragen bzw. verfälscht hat.
Julian:
"L. Z2, geboren und gestorben am 29. März 2008
Anamnese:
Keine maßgeblichen Vorerkrankungen. Eine vorausgehende Schwangerschaft, die nach einer verfehlten Einleitung (Bradykardie im CTG) bei E.T. + 12 (?) mit Kaiserschnitt endete; Tochter ..., normalgewichtig. Verlängerte Tragzeit auch bei der Mutter von ...(Vorname Z2) bekannt (zwei Schwangerschaften).
Jetzige Schwangerschaft: ...(Auslassung)
Lezte Regel am 1. Juni 2007, Test positiv am 7. August, Konzeptionstermin: 20.06.07.
Errechneter Entbindungszeitraum, modifiziert nach Anamnese: 14. - 29.03.08.
Ernährung kohlehydratreduziert bei zierlichem Körperbau der Mutter.
Keine Auffälligkeiten bis Sylvester. Ab dann gelegentlich Abgang von Flüssigkeit (Fluor, Fruchtwasser, oft mit grünlich, schleimiger Beimengung wie altes Blut oder aber auch minimal Mekonium).
Bis Anfang März eher zurückhaltendes fötales Wachstum (ca. minus zwei Wochen), dann deutliche Wachstumsschübe.
Häufige offenbar grippale Infekte, insgesamt ca. drei Monate.
18.02. Blutung (mäßig), gyn. Kontrolle.
Wechselbetreuung, insgesamt keine verifizierbare Gefahrensituation.
Am 28.03.08 plötzliche Panikstimmung bei ...(Vorname Z2). Anruf ca. 5 Uhr, äußert große Angst, dass das Kind gefährdet sein könnte. Sieht Parallelitäten zur letzten Schwangerschaft (Situation bei der Geburt, Bradycardie des Kindes, Panikstimmung, Not-OP). Langsame Beruhigung während des Gesprächs. ... (Vorname Ehemann Z2) kann kurze Zeit später mit bloßem Ohr die Herztöne wahrnehmen. Als ich später ankomme, hat sich die Situation beruhigt. Ich finde keine Auffälligkeiten. Das Kind ist seit dem letzten Kontakt noch einmal gut gewachsen. Ich zeige ...(Vorname Z2), dass sie die gute Muskelspannung des Kindes an dem Widerstand der Füßchen feststellen kann, die rechts deutlich zu fühlen sind.
Die Gebärmutter reagiert auf meine Manipulationen nicht mit Kontraktionen, so dass ich mit dem Geburtsbeginn noch nicht so bald rechne.
Geburt:
29.03.08
Ca. 4.20 h Anruf: "lange Wehen" seit ca. 1.30 h, "so irgendetwas ganz Heftiges"; ich habe den Eindruck leichter Panikatmung und beschließe, sofort loszufahren.
Ca. 5.10 h Ankunft: Vierfüßlerstellung im Bad, vor 10 Minuten fraglicher Fruchtwasserabgang, - Atemlenkung mit Betonung der langsamen Ausatmung, Aufforderung möglichst häufig Wasser zu lassen, fetale Herzfrequenz (fHf) bei 120-128/min
Ca. 6.00 h: auffälliges Muskelzittern wie normalerweise nach großer Anstrengung oder Angst, Parallelitäten zu letzten Geburt? (OP-Situation), dabei Müdigkeits- und Schlappheitsgefühl
Ca. 6.10 h: Wechsel ins Schlafzimmer, Vierfüßler auf dem Bett, milde Schiebeeffekte, Stimmungsaufhellung ("Energie kommt zurück.")
Ca. 6.20 h: VU (vaginale Untersuchung) wegen unklarem Geburtsstadium (bei optisch 5 - 6 cm) - Portio völlig verstrichen, Muttermund etwas sakral, 1 cm weit, straff. Kopf fest im Beckeneingang, fHf 124 - 128/min
Ca. 6.50 h: Vollbad zur Entspannung
Ca. 7.00 h: Tochter ... wird wach. Wehenpausen werden länger. Wehen alle 4 Minuten. Müdigkeit.
Bis ca. 10 Uhr tritt die Geburtsarbeit etwas in den Hintergrund, weil ... (Tochter) Kümmerung beansprucht und ... (Vorname Ehemann Z2) dafür sorgt, dass sie von den Großeltern abgeholt werden kann. Um 9.30 h wird sie verabschiedet.
Ca. 10 Uhr: Wehenabstände werden wieder kürzer
11.40 h: stärkere Zeichnungsblutung, vorher etwas wie Analkrampf, allerdings offenbar tief im Becken (Muttermund?, innere Hämorrhoiden?), bis 12.10 Uhr in die Badewanne
12.20 h: ...(Vorname Z2) macht einen entschiedenen Eindruck: Sie gibt sich noch eine Stunde, wenn dann kein deutliches Ende absehbar ist, will sie eine Periduralanästhesie.
12.25 h: VU MM weich und zentriert, 5 - 6 cm (!), Vorblase drückt auf den Darm, Kopf gut im Beckeneingang, Pfeilnaht im ersten schrägen Durchmesser, Zeichnungs- resp. Randsinusblutung tolerabel. fHf 128/min
Kurze Erleichterung und Zuversicht, immer wieder mal Selbstzweifel
12.32 h: Druck auf Darm nimmt zu
12.37 h: Klositz, kurzfristige Übelkeit, leichtes Mitschieben, Stuhlabgang, Blutung bleibt
12.51 h: Vierfüßler vor Bett
12.54 h: fhf 120/min regelrecht, Lust auf Cola; Wehen alle 2 - 3 Minuten
13.56 h: Lust auf Mitschieben wird stärker. VU: Kopf tief und fest im Beckeneingang, Muttermund bis auf schmalen Saum eröffnet, fHf 124/min
14.05 h: Wechsel vom Vierfüßler vor dem Bett auf dasselbe
14.11 h: tönendes Mitschieben
14.15 h: Klo, Schiebereflex persistiert
14.28 h: Vorblase wird sichtbar, fHf 120/min
14.45 h: Wechsel in Vierfüßler vor Badewanne, fHf 120-124/min, ...(Vorname Z2) gibt sich dem Geschehen völlig hin, jammert nicht, hat jetzt das klare, spürbare Ziel, das Kind herausschieben zu können.
15.01 h: ein Teil des kindlichen Köpfchens wird sichtbar, fHf 124/min.
...(Vorname Ehemann Z2) macht ...(Vorname Z2) Mut, freut sich über den bisher guten und unkomplizierten Geburtsverlauf.
15.10 h: fHf 120/min, wegen langsamen Durchtritts Entschluss zur Öffnung der Fruchtblase: reichlich dickgrünes Fruchtwasser
15.13 h: forciertes Pressen bei dieser Wehe, ...(Vorname Z2) aktiviert alle Kraft, kindliche Herzaktion fraglich feststellbar, da sofort die nächste Wehe kommt
15.15 h: Kopf fast zur Hälfte geboren
15.17 h: Kopf ganz geboren, sofort Nase und Mund abgesaugt, friedlicher und entspannter Gesichtsausdruck, keine Reaktion, daher: Anleitung zum Weiterschieben, vorsichtige aktive Schulterentwicklung
15.20 h: Kind "landet" ohne Lebenszeichen, keine Nabelschnurpulsation, sofortige Herzmassage, anschließend Beatmung, Wiederholung Herzmassage: keine Herzaktivität festzustellen, Wiederholung Beatmung und Herzmassage bis ca. 15.25 h, dann Benachrichtigung Babynotarzt über ...(Vorname Ehemann Z2)
...(Vorname Z2) redet mit ihrem Söhnchen, bittet es wiederzukommen, ist sicher, dass sie es erreicht. Ich habe währenddessen den Eindruck, dass im kindlichen Thorax kaum Hohlräume sind. Weder gelingt es mir, die Lunge zu entfalten, noch das Herz effektiv zu bearbeiten, da es sich kaum zusammendrücken lässt. Ich muss aufpassen, dass ich vom Thorax nicht abgleite, weil er in der Mitte untypischerweise höher bleibt.
"...(Vorname Z2), ich kriege ihn nicht wieder!" sage ich, als ...(Vorname Ehemann Z2) am Telefon ist. Als die Notärztin kommt, stelle ich meine Bemühungen ein, weil mittlerweile mehr als 10 Minuten vergangen sind, ohne die geringste Reanimationsantwort vom Kind. alle zusammen versuchen wir zu akzeptieren, dass wir nichts für das Kind tun können. Ich nabele es ab, wickele es in ein Handtuch und gebe es den Eltern.
Ich setze mich still in eine Ecke des Badezimmers, bin zu erschüttert, um professionell zu sein. Die Eltern versuchen, die Tragödie zu begreifen. Die Notärztin verhält sich mit den beiden AssistentInnen feinfühlig zurückhaltend. Ich erzähle ganz kurz, dass während der Geburt nicht der geringste Verdacht auf eine akute Gefährdung bestand. Und dass ich beim Anblick des verfärbten Fruchtwassers mit ...s (Vorname Z2) Hilfe die Geburt so schnell wie möglich beendet habe. Das Kind wurde schon abgesaugt, als es noch nicht ganz geboren war und mit der Reanimation wurde sofort begonnen.
Warum war die Reanimation vergeblich? Warum war die kindliche Herzaktion bis zum Schluss so unbeeindruckt von dem Geschehen? War das Kind vorgeschädigt? Hatte die lange Tragezeit etwas damit zu tun?
16.08 h: ...(Vorname Z2) gebiert die Plazenta. Sie zeigt keine gestaltlichen Abweichungen. Die Nabelschnur hat eher wenig Wharton-Sulze, war aber an keiner Stelle um das Kind geschlungen, so dass sich auch hier kein Grund für eine Minderversorgung erkennen lässt. Ich untersuche die Plazenta auf Vollständigkeit und lege sie dann in einer Nierenschale. Sie wird später für eine gewebliche Untersuchung gebraucht, die einen Hinweis auf die Grunderkrankung des Kindes geben könnte.
Nach der Abfahrt des Notärzteteams ziehen sich ...(Vorname Z2) und ...(Vorname Ehemann Z2) mit ihrem toten Kind ins Schlafzimmer zurück.
Später bade ich das Kind, vermesse und wiege es. Es wiegt 2.800 g, ist 52 cm lang und hat einen Kopfumfang von 35 cm. Das meiste der grüngelblich verfärbten Käseschmiere lässt sich gut entfernen. Der kleine Junge ist schlank, aber nicht ausgezehrt, wie dies bei einer Übertragung zu erwarten wäre. Das Gesicht zeigt keine Spuren eines längeren Leidens.
Liebevoll wird L. Z3 von seinem Vater angezogen. Dabei fällt diesem eine deutliche Asymmetrie auf. Die rechte Brustkorbseite ist höher und konvexer als die linke. Bei der Palpation zeigt sich der Grund als stark vergrößerte Leber, die fast bis zum rechten Rand der Crista ilica reicht und eine sehr harte Konsistenz hat. Man darf davon ausgehen, dass Organveränderungen dieser Art sich über Monate entwickeln, und sich der gesamte Stoffwechsel verändert."
Die Eltern des kleinen L. Z2 wollten eine Klärung der Todesursache durch eine Obduktion nicht veranlassen. Sie gaben sich zunächst mit der Erklärung der Angeklagten, dass der Tod des Kindes auf einer Organveränderung beruhen müsse, zufrieden, ohne diese durch nichts belegte Vermutung zu hinterfragen. Mutmaßlich ist Ursache für dieses Verhalten ein Selbstschutz, um auch sein eigenes Verhalten nicht in Zweifel ziehen und sich eine mögliche Mitverantwortlichkeit für den Tod des eigenen Kindes vor dem alleinigen Hintergrund einer präferierten Entbindungsart nicht eingestehen zu müssen. Für sich selber fanden sie später die fernliegende Erklärung, dass die Ursache für den Tod von L. Z2 darin liegen müsse, dass sie beide während der Schwangerschaft mehrfach erkältet gewesen seien, da die Klientel in dem Kindergarten, den ihre erste Tochter besuchte, nicht besonders gesundheitsbewusst sei. Diese Einschätzung beruhte auf einer einige Tage nach der Geburt geäußerten weiteren Vermutung der Angeklagten, dass L. Z2 an einem in Deutschland wenig erforschten Lungenvirus gelitten haben könnte, was sie daraus schlösse, dass sich die Lungen bei der von ihr durchgeführten Beatmung nicht "entfaltet" hätten - eine wiederum unzutreffende und durch nichts zu verifizierende Erklärung, die sie im übrigen identisch bei dem angeklagten Geburtsgeschehen gegenüber den Eltern von G. Z1 ohne jedweden Anhaltspunkt bemüht hat -.
Tatsächlich gibt es für das Vorliegen einer Organschädigung, und insbesondere für die geäußerte Vermutung der Angeklagten einer Schädigung der Leber, nach dem bestehenden Erkenntnisstand - eine Exhumierung und Obduktion des Kindes im Hinblick auf die konkrete Feststellung der Todesursache ist angesichts des Zeitablaufs nicht erfolgversprechend gewesen - keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr spricht angesichts der im Schwangerschaftsverlauf erhobenen und dokumentierten gynäkologischen Befunde alles zweifelsfrei gegen eine solche Schädigung oder Vergrößerung der Leber. Auch ist dem Kindsvater, anders als von der Angeklagten im Geburtsbericht beschrieben, eine Asymmetrie des Brustkorbs zu keinem Zeitpunkt aufgefallen. Sicher auszuschließen ist auch eine Auswirkung der Autoimmunerkrankung der Kindsmutter auf die Todesursache des Neugeborenen. Entsprechende Folgen für das Kind, wie etwa eine Vererbung, hätten sich erst im Anschluss an das Geburtsgeschehen ausgewirkt, aber keinesfalls einen tödlichen Geburtsausgang bedingen können. Eine Korrelation zwischen der Lupus-Erkrankung der Mutter und dem Tod des Neugeborenen gibt es nicht.
Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Angeklagte, wie auch im nachfolgend dargestellten angeklagten Geburtsgeschehen, im nachhinein eine wissenschaftlich und medizinisch unbegründete Diagnose einer Organschädigung als Erklärung und Rechtfertigung vor sich selber und den Kindseltern für ihr eigenes Fehlverhalten eines unterbliebenen rechtzeitig initiierten Kaiserschnitts benutzt hat. Vielmehr spricht alles für eine unter der Geburt erlittene todesursächliche Hypoxie des Kindes, was auch der Angeklagten klar sein musste.
Auch der ihr freundschaftlich verbundene gleichgesinnte Hebammenkreis - soweit einzelne Kolleginnen von dem Geburtsgeschehen informiert waren - zweifelten die Kompetenz der Angeklagten zu keinem Zeitpunkt an und gaben sich mit fragwürdigen Theorien zufrieden. Die mit ihr befreundete, in Österreich lebende Hebamme Caroline Oblasser, in deren Buch "Der Kaiserschnitt hat kein Gesicht" - ein Buch, das die traumatischen Erlebnisse der operierten Frauen mit Bildern der Kaiserschnittnarben beschreibt - die Angeklagte ein Vorwort verfasst hat, schrieb ihr noch am Nachmittag des 29.03.2008, dass die Angeklagte sich sofort anwaltlich absichern solle, der Tod leider zum Leben dazu gehöre, das Kind sicher einen "Totalabsturz" im System gehabt und nur im Mutterleib habe funktionieren können und draußen eben nicht.
Anfang April 2008 wandte sich die Angeklagte in einem Telefonat an den Zeugen Dr. Z17, der sich ein solches Telefonat zu einem Zeitpunkt vor der Geburt gewünscht hätte, wobei sie ihn nach etwaigen Auffälligkeiten im Ultraschall befragte. Solche konnten von dem behandelnden Gynäkologen in keiner Weise bestätigt werden. Auffälligkeiten zur körperlichen und organischen Entwicklung von L. Z2 hatte es während der gesamten Schwangerschaft nie gegeben. Auf Anraten der Angeklagten haben die Kindseltern eine Trauerbegleitung durch die Zeugin Z19, eine mit der Angeklagten befreundete Hebamme, in Anspruch genommen.
Die Eheleute Z2 haben mittlerweile ein drittes, am ... im Krankenhaus in O20 gesund geborenes Kind.
Im Anschluss an das ebenfalls tödlich endende nachfolgend dargestellte angeklagte Geburtsgeschehen sandte die Angeklagte die Plazenta der Zeugin Z2 am 29.07.2008 schließlich an den stellvertretenden Leiter des Instituts für Zellbiologie, Histologie und Embryologie der Medizinischen Universität O22, Prof. Dr. Z20, zu dem die Zeugin Z14 nach dem Tod der G. Z1 einen Kontakt hergestellt hatte. Die Untersuchung ergab weder im Hinblick auf die Plazenta, noch die Eihaut oder die Nabelschnur irgendwelche Auffälligkeiten. Drei unterschiedlich untersuchte Bereiche der Plazenta zeigte keine Auffälligkeiten; weder fand sich eine Veränderung der Zotten, noch der Gefäße oder des Trophoblasten. Die Zottenverzweigungen waren normal, wie auch die Chorionplatte und die Basalplatte nichts ungewöhnliches aufwiesen. Die Eihaut zeigte eine normale Schichtung; auch die Dicke der Schichten war unauffällig. Die Nabelschnur zeigte drei normal große und angeordnete Gefäße, keine sonstigen Abnormitäten und war insgesamt unauffällig. Eine Funktionseinschränkung der Plazenta schied damit als Ursache für den Tod des Kindes ebenfalls aus.
Die Angeklagte reagierte auf die Mitteilung des Sachverständigen mit einem Schreiben, dass auch sie keine große Hoffnung gehabt habe, dass etwas zu finden sei, und mit einiger Sicherheit wohl ein "Infekt abgelaufen" sei. Nach ihrer Auffassung seien einige unerklärliche Säuglingstode vor und nach der Geburt infektassoziiert. Konkrete Hinweise auf ein solches infektiöses Geschehen gab es auch für die Angeklagte weder bei L. Z2 noch bei G. Z1, die zudem beide nicht "vor" oder "nach", sondern bei dem Geburtsgeschehen verstorben sind. Die Angeklagte hat auch im Rahmen der Hauptverhandlung keine weiteren Angaben dazu gemacht, um was für eine Art Lungenkeim es sich ihrer Auffassung nach handeln sollte, der in Deutschland angeblich noch wenig erforscht sei.
Tatgeschehen
Feststellungen zur Geburt des Kindes G. Z1 am 30.06.2008
Nur drei Monate nach dem Tod des Kindes L. Z2 begleitete die Angeklagte in einem Hotelzimmer eine Beckenendlagengeburt, bei der das organisch völlig gesunde Neugeborene infolge erkennbaren Sauerstoffmangels während des Geburtsgeschehens verstarb. Bei rechtzeitiger Verlegung in ein Krankenhaus, noch wenige Stunden vor der Geburt, wäre G. Z1 lebend und gesund, und etwa eine Stunde zuvor noch lebend, wenn auch mit schweren hypoxischen Hirnschäden geboren worden.
Die aus Deutschland stammenden und aufgrund einer beruflichen Tätigkeit in O23, Lettland, lebenden Nebenkläger, die ... geborene Ethnologin Z1, mittlerweile verheiratete Z1, und ihr Ehemann, der ... geborene Ökonom Z1, erwarteten im Jahre 2008 ihr erstes gemeinsames Kind. Die Schwangerschaft wurde am 02.11.2007 festgestellt. Der errechnete Geburtstermin nach der letzten Periode vom 10.09.2007 war von der behandelnden Gynäkologin Dr. Z21 anhand zweier Ultraschalluntersuchungen vom 13.11. und 12.12.2007 zunächst auf den 16. und anhand der Maße des Kindes bei der zweiten Untersuchung auf den 17.06.2008 festgelegt worden. Erst im weiteren Verlauf der Schwangerschaft, bei einer erneuten am 26.05.2008 durchgeführten Ultraschalluntersuchung wurde der Geburtstermin auf den 22.06. korrigiert.
Die Kindseltern freuten sich auf ihr Wunschkind; die Schwangerschaft verlief ohne jegliche Komplikationen und mit Ausnahme einer kleinen Erkältung zu Jahresanfang, bei der sie keine Medikamente, mit Ausnahme einer einmaligen unbedeutenden Applikation von Paracetamol, einnahm, war die Nebenklägerin auch gänzlich gesund. Eine im Jahre 2004 erfolgte operative Entfernung der Schilddrüse hatte keine Auswirkungen auf die Schwangerschaft. Eine in früheren Jahren in Afrika durchgemachte Bilharziose - eine tropische Infektionskrankheit durch Saugwürmer - war nach erfolgter Behandlung folgenlos ausgeheilt. Aufgrund fehlender Plazentagängigkeit hätten sich auch sonst keinerlei Gefahren für das Ungeborene ergeben. Die Zeugin Z1 nahm die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen bei ihrer Gynäkologin wahr, bei der sich zu keinem Zeitpunkt Auffälligkeiten im Hinblick auf die kindliche Entwicklung, die völlig normal verlief, zeigten. In keiner Hinsicht gab es maternale oder fetale Umstände, die zu einer Schädigung des ungeborenen Kindes hätten führen können. Es bestanden keine Blutgruppenunverträglichkeiten, Blutdruck und Gewichtszunahme der Mutter waren normal, Blutund Urinkontrolluntersuchungen zeigten keinerlei pathologische Befunde; anhand der Ultraschallscreenings konnte ein altersgerechtes Wachstum des Ungeborenen festgestellt werden.
Nachdem sie sich über Geburten in lettischen Kliniken informiert hatten, waren die Nebenkläger entschlossen, ihr Kind im Rahmen einer Hausgeburt in O23 zur Welt zu bringen. Weder die behandelnde Gynäkologin noch die mit ihnen in Kontakt stehende Hebamme Z22 hatten diesbezüglich Bedenken. Dies änderte sich, als sich gegen Ende der Schwangerschaft in der 37. Schwangerschaftswoche am 26.05.2008 bei einer Untersuchung herausstellte, dass sich das ungeborene Kind in der Beckenendlage befand und angesichts der fortgeschrittenen Schwangerschaft schließlich nicht mehr zu erwarten war, dass es sich noch in die Schädellage zurückdrehen würde, woraufhin die behandelnde Gynäkologin zu einer Kaiserschnittentbindung riet. Die Kindseltern informierten sich daraufhin umgehend über die Besonderheiten der Beckenendlage und Entbindungsmöglichkeiten sowohl im Internet als auch durch Gespräche mit ihrer Hebamme und - telefonisch - dem Gynäkologen Prof. em. Z23, einem früheren Leiter des Klinikums O24. Darüber hinaus nahmen sie Kontakt zu dem an der Universitätsklinik in O25 tätigen Oberarztes Dr. Z24 auf, der früher gemeinsam mit dem in diesem Verfahren mit der Gutachtenerstattung beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. C1 tätig war und mit diesem u.a. ein Buch über die Beckenendlage verfasst hat. Das Angebot ihrer Hebamme, auch angesichts der festgestellten Beckenendlage eine Hausgeburt durchführen zu können, erschien den Zeugen mangels ausreichender Erfahrung der Hebamme als zu großes Risiko. In den Telefonaten mit den genannten Medizinern in Deutschland wurde ihnen jedoch auch bestätigt, dass grundsätzlich eine vaginale Entbindung der Beckenendlage möglich sei, wobei ihnen Prof. Z24 den Leiter der Abteilung für Geburtshilfe und Pränatalmedizin des Universitätsklinikums O26, Prof. Dr. Z25, empfahl, zugleich aber auch äußerte, dass auch eine Geburt unter Begleitung einer entsprechend qualifizierten und erfahrenen Hebamme möglich sei. Dabei äußerte der Arzt scherzhaft, dass sie einen solchen Rat nicht als von ihm stammend darstellen sollten, da ihm Kollegen sonst wohl die Autoreifen zerstechen würden. Von ihrer Hebamme in O23 wurde den Zeugen Z1 die in Deutschland auf der Insel O13 tätige Zeugin Z14 sowie die Angeklagte als in der Entbindung von Beckenendlagen erfahrene Hebammen benannt.
Die Kindseltern verfolgten zwar nach wie vor den Wunsch nach einer außerklinischen Geburt, die Gesundheit ihres Kindes stand für sie jedoch im Vordergrund und sie wollten in keinem Fall ein Risiko eingehen. In einem solchen Fall hätten sie sich uneingeschränkt für eine Entbindung in einer Klinik entschieden. Angesichts der eingeholten Informationen entschieden sie sich dafür, die Geburt auf jeden Fall in Deutschland und nicht in O23 durchzuführen, woraufhin sie bereits am 28.05.2008 nach O26 flogen. Aus Sicht der Gynäkologin sprach angesichts des zufriedenstellenden Zustands der Schwangeren und des Fötus nichts gegen eine Flugreise in diesem Schwangerschaftsstadium, was sie entsprechend in ihren Behandlungsunterlagen am 28.05.2008 dokumentierte. In O26 suchten die Kindseltern am nächsten Tag die Universitätsklinik zu einem Termin bei dem Spezialisten für Beckenendlagenentbindungen Prof. Z25 auf. Noch bevor ein Gespräch mit dem Mediziner erfolgte - insbesondere gab es keinerlei Aufklärungsgespräch über die Vor- und Nachteile einer vaginalen Entbindung -, entschieden sich die Eheleute jedoch dazu, den Termin in der Klinik abzubrechen. Diese Entscheidung hatte ihre Ursache darin, dass zur Bestimmung des Größenverhältnisses des mütterlichen Beckens und des kindlichen Kopfes - eine unumgängliche Voraussetzung für die Entscheidung zu einer vaginalen Entbindung - ein MRT erstellt werden sollte. Da die Zeugen Z1 und Z1 die Sorge hatten, dass die Strahlenbelastung für das ungeborene Kind schädlich sein könnte, entschieden sie sich gegen eine solche Untersuchung. In dieser Situation fiel ihnen der von ihrer Hebamme benannte Name der Angeklagten wieder ein. In einem vorangegangenen Telefonat mit der Zeugin Z14 hatte auch diese die Angeklagte als echte Expertin für die Entbindung von Beckenendlagen empfohlen und selbst davon abgeraten, zu einer solchen Entbindung nach O13 zu reisen, was für die Kindseltern ohnehin aufgrund der Insellage nicht in Betracht kam. Vom Parkplatz der Uniklinik rief die Zeugin Z1 daraufhin bei der Angeklagten an, die ihr sogleich erklärte, dass die Durchführung einer Magnetresonanztomographie überflüssig sei und sie die Begleitung der Geburt übernehmen könne. Sie erklärte den Kindseltern, dass eine Beckenendlage in Deutschland hysterisch behandelt werde und diese noch vor 20 Jahren ganz selbstverständlich auf natürlichem Wege entbunden worden sei.
In O26 kauften sich die Kindseltern das vorerwähnte Buch "Hebammenkunde" und lasen insbesondere das Kapitel "Beckenendlage", das die Angeklagte als Mitautorin, gemeinsam mit der Hebamme Ulrike Harder, verfasst hatte. Noch am selben Tag fuhren die Zeugen sodann nach O8 zu der Angeklagten, wo in den Praxisräumen ein etwa ein bis anderthalbstündiges Gespräch stattfand. In diesem Gespräch stellte die Angeklagte im wesentlichen ihre Kompetenz im Hinblick auf den Entbindungsmodus dar und riet den werdenden Eltern uneingeschränkt zu einer natürlichen außerklinischen Geburt. Die Angeklagte setzte die werdenden Eltern weder darüber in Kenntnis, dass ihr die außerklinische Entbindung einer Beckenendlage nach der Hebammenberufsordnung nicht gestattet war, noch beriet sie sie zutreffend in Bezug auf die eingeschränkte freie Wahl des Geburtsortes. Auch eine Aufklärung über die gesteigerten Risiken einer Beckenendlageentbindung nahm sie vor dem Hintergrund ihrer Einstellung und des von ihr verfolgten Entbindungskonzepts nicht vor, wobei sie solche aufgrund ihrer Ansicht, dass es sich um schädigende Informationen und Angstmacherei handle, sogar auf konkrete Nachfragen der Eltern verharmloste und negierte. So berichtete die Angeklagte davon, selbst ein Kind in Beckenendlage mit einer Hebamme als Hausgeburt entbunden zu haben, seit über 30 Jahren Entbindungen aus Beckenendlage durchzuführen und über 100 Beckenendlagengeburten erfolgreich begleitet zu haben, bezeichnete sich selbst als Fachfrau auf dem Gebiet und berichtete von ihrer Ausbildung bei einem Mediziner, der routinemäßig Beckenendlagen vaginal entbunden habe. Sie berichtete von ihrer Tätigkeit als Lehrhebamme und ihrer über die Landesgrenzen hinaus bestehenden Bekanntheit. Die Beckenendlage bezeichnete sie als eine Normvariante der Längslage. Die Angeklagte riet den werdenden Eltern unter anderem unter Hinweis darauf, dass in Krankenhäusern ein rigides System mit einer nicht immer sinnvollen medizinischen Behandlung herrsche, unbedingt zu einer Hausgeburt bzw. einer Geburt in ihren Praxisräumen. Die Angeklagte schilderte zur Abschreckung dabei unter anderem, dass bei einer Entbindung im Krankenhaus bei einer Beckenendlage immer von vornherein ein großer Dammschnitt gemacht würde. Bei einer Besichtigung ihrer Praxisräume erklärte sie auch, dass man "in die Geburt hineingehe" und bei Problemen jederzeit sofort in ein Krankenhaus verlegen würde, was für die Kindseltern von entscheidender Bedeutung war. Auf Nachfrage der Kindseltern nach der konkreten Entfernung zu dem nächsten Krankenhaus wurde ihnen von der Angeklagten versichert, dass es zwei Krankenhäuser gäbe, von denen eins nur wenige Minuten entfernt sei; einen Kaiserschnitt könne man im Notfall in 10 Minuten hinkriegen. Auch in späteren Gesprächen beruhigte die Angeklagte die Zeugen wiederholt dahingehend, dass bei etwaigen Komplikationen im Rahmen des Geburtsverlaufs eine Verlegung schnell zu organisieren und "in 10 Minuten der Bauch der Zeugin Z1 aufgeschnitten sei".
Die Auskunft der Angeklagten hinsichtlich der zu erreichenden Geburtskliniken war bereits nicht zutreffend. Das in unmittelbarer Nähe ihrer Praxis gelegene Evangelische Krankenhaus O8 verfügte seit dem Jahre 2005 nicht mehr über eine gynäkologisch/geburtshilfliche Fachabteilung, die Klinik hatte danach einen diesbezüglichen Versorgungsauftrag nicht mehr angenommen, mangels medizinischer Expertise wäre eine abgebrochene Hausgeburt auch nicht behandelt worden. Über eine geburtshilfliche Abteilung verfügte zwar das ebenfalls nicht weit entfernte, in O8 in der O-straße gelegene K.hospital; in den zurückliegenden 12 Jahren war es jedoch zu keiner Zusammenarbeit der Angeklagten mit der Abteilung gekommen und die Angeklagte hatte auch zu keinem Zeitpunkt Mitteilung von einer anstehenden - ggf. auch problematischen - Geburt gemacht.
Auf Nachfrage der Kindseltern, die sich vorab bereits informiert hatten, nach den möglichen Risiken und Komplikationen einer vaginalen Beckenendlagenentbindung, erwiderte die Angeklagte lediglich, ob die Eltern das wirklich wissen wollten, das würde sie nur verwirren. Es werde alles gut gehen und wenn das Kind da sei, werde die Zeugin "ihr Baby dick und rund stillen". Die Zeugin Z1, die sich neben dem Buch "Hebammenkunde" bereits entsprechende Lektüre aus dem Internet besorgt und einen Aufsatz des Spezialisten Dr. Z24 zu Entbindungen aus Beckenendlage erhalten, auch über konkrete Risiken des Geburtsmodus gelesen hatte, fragte die Angeklagte daraufhin ausdrücklich nach der Gefahr eines Nabelschnurvorfalls bzw. einer Nabelschnurkompression und eines dadurch bedingten Sauerstoffmangels des ungeborenen Kindes. Die Angeklagte nahm auch hieraufhin keine zutreffende Aufklärung vor; vielmehr versicherte sie der Zeugin Z1 und ihrem Ehemann, dass aus physikalischen Gründen die Nabelschnur nur eine kurze Zeit abgepresst werden könne und das Kind ausreichende Möglichkeiten und ein natürliches System habe, dies zu regulieren. In einem späteren Telefonat mit der Zeugin erklärte die Angeklagte auf erneute Nachfrage zu diesem Umstand weiter, dass das Risiko so groß sei, als wenn die Zeugin Z1 im Restaurant Fisch bestellen und eine Gräte verschlucken würde. Die Kindseltern waren vom Auftreten der Angeklagten, die ihnen Kompetenz und Zuversicht vermittelte, beeindruckt, hielten die Ausstattung der Praxisräume, in denen sich auch ein CTG befand, für sicher und fühlten sich angesichts der Zusage der Angeklagten, im Falle auftretender Probleme unter der Geburt innerhalb weniger Minuten eine Verlegung in eine nahegelegene Geburtsklink organisieren zu können, gut aufgehoben.
Im Rahmen des ersten Gesprächs nahm die Angeklagte auch Einsicht in den Mutterpass und stellte durch ein Abtasten des Bauches ebenfalls die Beckenendlage fest, was sie mit einer Zeichnung in den Mutterpass eintrug. Ein von ihr mit den Händen vorgenommener äußerlicher Wendeversuch führte nicht zu einer Veränderung der Kindslage, was die Angeklagte dahin kommentierte, dass das Kind vielleicht seine Gründe habe, sich nicht drehen zu wollen. Die Angeklagte hörte weiter mit einem Stethoskop die Herztöne des ungeborenen Kindes ab, vermaß das Becken der Zeugin Z1 und machte einen Urintest. Ein CTG schrieb sie nicht.
Die Kindseltern, die nach dem Gespräch mit der Angeklagten das Gefühl hatten, eine Haus- bzw. Praxisgeburt in den Räumen der Angeklagten gefahrlos wagen zu können und im Falle eines problematischen Verlaufs unmittelbar ohne großen Zeitverlust eine Verlegung in ein nahegelegenes Krankenhaus vornehmen zu können, entschlossen sich daraufhin, bis zur Geburt in Deutschland zu bleiben. Angesichts der Ausführungen und des Auftretens der Angeklagten sahen sie in der geplanten Praxisgeburt keinerlei Risiko, da sie davon ausgingen, dass die Angeklagte aufgrund ihrer geschilderten Erfahrung etwaige Komplikationen im Rahmen des Geburtsgeschehens auch sofort würde erkennen können. Wie es auch ihrer Einstellung entsprach, brachten sie der Angeklagten gegenüber - auch in späteren Gesprächen - wiederholt ausdrücklich zum Ausdruck, dass sie den Wunsch nach einer natürlichen Geburt hatten, es ihnen aber in erster Linie um die Sicherheit und Gesundheit ihres Kindes ging, sie im Falle von etwaigen Problemen oder Komplikationen in jedem Fall mit der Durchführung einer Kaiserschnittentbindung einverstanden waren und diese auch wollten. Die Nebenkläger gehörten in keiner Weise zu der Klientel, die aus ideologischen oder anderen Gründen eine Klinik oder einen operativen Geburtsmodus prinzipiell ablehnt. Sie hatten lediglich den Wunsch nach einer natürlichen Entbindung, soweit eine solche möglich, vertretbar, gefahrlos und ohne das Eingehen größerer Risiken durchzuführen war.
Auf Empfehlung der Angeklagten mieteten sie in einem nahegelegenen Hotel - dem ... im L.weg .. in O8 -, das nur 3 bis 4 Auto- bzw. ca. 12 Fußminuten von der in ihrem Wohnhaus befindlichen Praxis der Angeklagten entfernt liegt, ein Zimmer. In den folgenden Tagen erfolgten Telefonate, in denen die Zeugin Z1 zum Teil ihre Zweifel darüber zum Ausdruck brachte, ob eine außerklinische Geburt verantwortungsvoll sei, woraufhin die Angeklagte sie wiederholt beruhigte, ihr den Vergleich mit der Fischgräte nannte, erklärte, dass die Zeugin sich zwischen dem pathologischen Weg - einer Klinikentbindung - und dem physiologischen Weg - einer außerklinischen natürlichen Geburt - entscheiden müsse und beruhigte die Zeugin erneut im Hinblick auf mögliche Komplikationen, die sie für unwahrscheinlich erachtete, mit dem Hinweis auf die problemlose Möglichkeit einer Verlegung in ein Krankenhaus. Dieser Umstand wurde wiederholt in mehreren persönlichen Gesprächen und Telefonaten thematisiert, wobei die Angeklagte in einem Fall auf die weitere konkrete Nachfrage des Zeugen Z1 angab, dass mehrere Krankenhäuser in Frage kämen, wovon zwei in O8 und eins in O27 gelegen seien; wie dargelegt, eine zumindest teilweise unzutreffende Auskunft.
Zu keinem Zeitpunkt wurde den Eltern ein Formular vorgelegt, mit dem eine Einverständniserklärung im Hinblick auf eine außerklinische Entbindung unter Darlegung möglicher Risiken abgegeben werden sollte. Die Angeklagte erklärte lediglich im Verlauf des ersten Gesprächs, dass eine Abrechnung nach Hebammentarif erfolgen würde und lediglich einzelne Leistungen nach Ärztetarif abgerechnet würden.
In der Folgezeit suchten die Eltern am 04. und am 09.06.2008 die Praxis der Angeklagten in Eigeninitiative auf, um sich des gesunden Zustandes ihres Kindes zu vergewissern. Die Angeklagte hatte ihnen lediglich mit auf den Weg gegeben, sich wieder zu melden. Der Zeugin Z1 ging es während der gesamten Zeit weiter gut, sie spürte auch regelmäßige Kindsbewegungen. Sie litt weder - wie dies später von der Angeklagten behauptet wurde -, unter "immer wiederkehrenden Abgeschlagenheitsschüben", noch verspürte sie wiederholte "Lungenstiche". Die Nebenklägerin war gesund, fühlte sich wohl und war in großer Vorfreude und Erwartung der Geburt ihres ersten Kindes. Die Angeklagte tastete bei den Besuchen der Kindseltern jeweils den Bauch der Zeugin ab, nahm eine Urinuntersuchung vor und hörte die Herztöne des Kindes ab. Weitere Untersuchungen nahm sie nicht vor; insbesondere schrieb sie zunächst zu keinem Zeitpunkt ein CTG. Auch bei dem Termin am 09.06.2008, bei dem ein längeres Gespräch erfolgte, in dem die Kindseltern erneut ihre Bedenken für den Fall einer auftretenden Komplikation äußerten, wurde die Möglichkeit einer Verlegung besprochen. Die Angeklagte ließ jedoch dabei deutlich werden, dass sie lediglich eine Begleitung in der Eröffnungsperiode mit anschließender Verlegung und Entbindung in einem Krankenhaus nicht gutheiße, falls dies die Vorstellung der Eltern sei. Auch Bedenken der Nebenkläger im Hinblick auf gesteigerte Risiken einer Beckenendlagenentbindung zerstreute die Angeklagte erneut, indem sie aus Sicht der Zeugen fachmännisch erklärte, dass ein Nabelschnurvorfall für das Kind keine besorgniserregende Situation sei. Die Nebenkläger recherchierten im Internet Geburtsberichte von Müttern, die mit der Angeklagten entbunden hatten und ihre Zufriedenheit äußerten, was sie weiter bestärkte.
Weitere Besuche in der Praxis der Angeklagten erfolgten im Anschluss am 11., 18., 23., 25., 27. und 29.06.2008. Die Angeklagte beruhigte die Zeugen auch im Hinblick auf eine mögliche Überschreitung des Geburtstermins und erklärte, dass es völlig normal sei, wenn Kinder bis zur 43. Schwangerschaftswoche (SSW) zur Welt kämen. Über die Erforderlichkeit einer engmaschigen Überwachung nach der 41. SSW , wie dargelegt, in zweitägigen Abständen, mit einer Empfehlung zur Einleitung der Geburt ab 41 SSW und einer Indikation zur Einleitung ab 42 SSW, klärte die Angeklagte die Kindseltern nicht auf. Auch hielt sie grundsätzlich die Erforderlichkeit einer Überwachung aufgrund ihrer Einstellung, dass die Schwangerschaft ein natürlicher Vorgang sei, für nicht gegeben und gab den werdenden Eltern lediglich mit auf den Weg, sich bald wieder zu melden.
Dass die letzen drei Besuche im Abstand von jeweils zwei Tagen erfolgten, war auf entsprechende Nachfragen der Kindseltern zurückzuführen. Terminvorgaben durch die Angeklagte gab es nicht.
Lediglich bei den letzten drei Terminen erstellte die Angeklagte ein CTG und erklärte dazu, dass es dem Kind prächtig gehe. Das CTG erstellte sie nicht aus eigener Veranlassung, sondern erst, nachdem die Zeugin Z1 darum gebeten hatte. Diese war nämlich von ihrer als Krankenschwester tätigen Mutter darauf angesprochen worden, ob ein CTG geschrieben worden sei, um den Gesundheitszustand des ungeborenen Kindes zu überprüfen. Angesichts des Umstands, dass der ursprünglich errechnete Geburtstermin vom 16. bzw. 17.06.2008 bereits um 12 bzw. 13 Tage und auch der zuletzt korrigierte Termin zuletzt um 7 Tage überschritten und damit eine Erhöhung des Risikos für das Ungeborene infolge einer Plazentainsuffizienz sowie eines Mekoniumaspirationssyndroms gegeben war, war eine regelmäßige Überprüfung des kindlichen Zustands von großer Wichtigkeit.
Bereits mit Erreichen des errechneten Geburtstermins wäre eine Überwachung in 2-tägigen Abständen mindestens durch Schreiben eines CTG angezeigt gewesen. Zum sicheren Ausschluss einer Funktionseinschränkung der Plazenta wäre weiter eine Fruchtwasservolumenmessung mittels Ultraschall - was von der DGGG empfohlen wird - angeraten gewesen. Die Angeklagte setzte sich vor dem Hintergrund ihrer dargelegten ideologischen Sichtweise bewusst über diese Empfehlungen hinweg. Sicher festzustellen ist, dass die Angeklagte von der Korrektur des errechneten Geburtstermins auf den 22.06.2008 entweder keine Kenntnis genommen hatte oder diesen für unzutreffend hielt. Sie selbst ging zu jedem Zeitpunkt vom 16. bzw. 17.06.2008 als errechnetem Geburtstermin aus. Soweit sie im Rahmen der Hauptverhandlung in ihrer Einlassung angegeben hat, für den der Geburt folgenden Tag, dem 01.07., aufgrund der dann 15-tägigen Überschreitung eine Einweisung der Kindsmutter in ein Krankenhaus geplant zu haben, ist dies unwahr. Die Angeklagte hätte vielmehr auch eine dreiwöchige Überschreitung des Geburtstermins toleriert.
Am Morgen des 30.06.2008 kam es schließlich zum Beginn der Geburt. Die Zeugin Z1 erwachte gegen 04.00 Uhr, als sie ein Ziehen im Bauch verspürte, wobei es sich um die ersten Eröffnungswehen handelte. Zu diesem Zeitpunkt kam es darüber hinaus zum Fruchtblasensprung und Abgang von Fruchtwasser. Aus diesem Grund rief die Zeugin Z1 sodann um 05.09 Uhr bei der Angeklagten an, die ihr bestätigte, dass die Geburt losgegangen, aber noch alles am Anfang sei, die Zeugin ihre Kräfte sparen, sich noch entspannen oder noch etwas schlafen solle. Sie solle sich später noch einmal bei der Angeklagten melden. Die Zeugin Z1 ruhte sich zunächst noch aus und frühstückte etwas. Nachdem im Anschluss an das Telefonat weiterer Flüssigkeitsabgang erfolgt war und die Wehentätigkeit an Intensität und Regelmäßigkeit zugenommen hatte, rief die Zeugin Z1 um 09.39 Uhr erneut bei der Angeklagten an, und berichtete ihr von diesen Umständen, worauf die Angeklagte ihr erklärte, dass es sich dabei um eine gerissene Eihaut handeln würde, was völlig normal sei. Tatsächlich ging die Angeklagte von einem Blasensprung zum erstgenannten Zeitpunkt um 4.00 Uhr aus. Sie dokumentierte die telefonischen Kontakte in einem Notizbuch, in dem sie vermerkte: "4 Uhr ...(Vorname Z1) V.a. FBS (als Abkürzung für Verdacht auf Fruchtblasensprung), vereinzelte Wehen". Per Definition liegt mit einem Fruchtblasensprung oder dem Beginn regelmäßiger Wehen der Beginn der Geburt vor. In einer solchen Situation ist grundsätzlich eine Überprüfung der Kindslage, soweit diese nicht bereits in den Tagen zuvor stattgefunden hat, von besonderer Bedeutung. Bei einer Beckenendlage ist insbesondere entscheidend, ob der kindliche Steiß bereits so tief in das Becken eingetreten ist, dass der Geburtskanal ausreichend abgedichtet ist, um einen Nabelschnurvorfall und damit eine lebensbedrohliche Hypoxie zu vermeiden. Eine solche Untersuchung nahm die Angeklagte nicht vor. In dem um 09.39 Uhr erfolgenden Telefonat gab die Angeklagte der Kindsmutter weiter den Rat, sich zu entspannen, zu lesen oder spazieren zu gehen. Die Zeugin Z1 vertraute der erfahrenen Geburtshelferin. Mit dem Beginn der Geburt war insbesondere wegen der besonderen Kindslage sowie der - aus Sicht der Angeklagten sogar erheblichen - Überschreitung des errechneten Geburtstermins eine kontinuierliche Überwachung des kindlichen Zustandes mittels CTG mit Beginn in der frühen Eröffnungsphase angezeigt, da eine deutlich verminderte Toleranz des Fetus gegenüber dem Wehenstress bestand und bereits allein im Hinblick auf die rechnerische Überschreitung des Geburtstermins das theoretische Risiko der Sauerstoffverarmung des Blutes für das ungeborene Kind bestand.
Die Angeklagte, deren Praxis, wie dargelegt, nur etwa einen Kilometer vom Hotel entfernt lag, suchte die Kindsmutter jedoch weder im Hotel auf noch bestellte sie die werdenden Eltern in die Praxis oder nahm erneuten telefonischen Kontakt auf, um sich vom Zustand der werdenden Mutter und des Ungeborenen und von dem Geburtsfortschritt zu überzeugen. Bis zum Nachmittag nahm die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu den Zeugen auf. Sie ließ vom Beginn der Geburt an 11 Stunden vergehen, einen Zeitraum, in dem bereits die durchschnittliche Geburt einer Erstgebärenden beendet ist und nahezu der Grenzwert für die abzuwartende Dauer der Eröffnungsperiode erreicht war. In dem von ihr mit verfassten Artikel zur Beckenendlage - der allerdings allein Geburten im klinischen Rahmen beschreibt und keine Haus- oder Praxisgeburten - wird darauf hingewiesen, wie wichtig eine positive Unterstützung und Betreuung der Gebärenden in der Eröffnungsperiode durch die Hebamme oder Ärztin, und eine Atmosphäre von Sicherheit und Geborgenheit zu schaffen ist. Unter den weiter nachfolgend beschriebenen Risiken der vaginalen Beckenendlagengeburt werden explizit der protrahierte Geburtsverlauf, der Nabelschnurvorfall bei Fruchtblasensprung, akuter Sauerstoffmangel in der Austreibungsphase, erschwerte Arm- und Kopfentwicklung, Plexus-Verletzungen und intrakranielle Blutungen aufgeführt.
Die Angeklagte ließ die Erstgebärende Z1 während der gesamten Eröffnungsperiode ohne jegliche Überwachung, Hilfe, Begleitung und Unterstützung allein. Wichtige Umstände, die sie an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gehindert hätten, gab es an diesem Tag nicht. Zu keinem Zeitpunkt hat sie zudem die werdenden Eltern dazu aufgefordert, sich nunmehr in die Praxis zu begeben. In der Zeit von 09.39 Uhr bis 14.49 Uhr, mithin über 5 Stunden ist es zu keinerlei Kontakten gekommen. Die Angeklagte erkundigte sich trotz ihrer Kenntnis, dass die Geburt um 04.00 Uhr am Morgen begonnen hatte, von sich aus nicht einmal nach dem Zustand der Gebärenden. Die Zeugin Z1 verspürte im Verlauf des Tages zunehmende, häufiger und heftiger auftretende Wehen, wobei sie wie auch ihr Partner davon ausgingen, dass dies der normale Verlauf der Eröffnungsphase sei. Da sie von der Angeklagten keine andere Weisung hatten, verblieben sie weiter im Hotelzimmer. Die Zeugin Z1 verlor aufgrund der schmerzhaften Geburtswehen, die sie schließlich nach ihren Kenntnissen aus der Geburtsvorbereitung zu veratmen versuchte, das Gefühl für die Zeit. Am frühen Nachmittag nahm die Wehenstärke schließlich weiter und in immer kürzer werdenden zeitlichen Abständen deutlich zu.
Um 14.49 Uhr war es dann der Zeuge Z1 und immer noch nicht die Angeklagte, der Kontakt aufnahm. Nach einem vergeblichen Versuch über ihren Festnetzanschluss konnte er sie schließlich über ihr Handy erreichen. Nicht nur im Hinblick darauf, dass es sich bei der Zeugin Z1 um eine Erstgebärende handelte, die nur angelesene Kenntnisse hatte und mit dem Ablauf einer Geburt in keiner Weise vertraut war, sondern insbesondere wegen des Vorliegens einer Beckenendlage wäre ein Aufsuchen der Zeugin oder die Aufforderung, die Praxis aufzusuchen, um eine Untersuchung und eine Kontrolle des Geburtsfortschritts und des Zustands des Ungeborenen durchzuführen, schon zu Beginn der Eröffnungsperiode notwendig gewesen; unabhängig davon, dass die Angeklagte entsprechend der Berufsordnung für Hebammen verpflichtet gewesen wäre, die Entbindung in einer Klinik durchführen zu lassen. Die Angeklagte ließ die unerfahrenen Kindseltern mit allen potentiellen Risiken für die Gesundheit und das Leben der Mutter und des ungeborenen Kindes anlässlich der pathologischen Geburt über einen Zeitraum von 11 Stunden alleine.
Als der Zeuge Z1 nunmehr erneut bei der Angeklagten anrief, war die Zeugin Z1 aufgrund der Heftigkeit und Schmerzhaftigkeit der mittlerweile in relativ kurzen Abständen von nur wenigen Minuten aufeinander folgenden Wehen nicht mehr in der Lage, selbst zu telefonieren. Die Angeklagte zeigte sich nach Schilderung der Situation durch den Kindsvater nicht weiter beeindruckt und erklärte vielmehr, nunmehr Wasser in die Wanne einlassen zu wollen, die Eltern sollten sich in Ruhe auf den Weg in die Praxis machen. Hierzu war die Zeugin Z1 aufgrund des Geburtsfortschritts jedoch bereits nicht mehr in der Lage. Sie befand sich bereits in der Endphase der Eröffnungs- und unmittelbar vor dem Beginn der Austreibungsphase. Sie versuchte weiter die Wehen, die entsprechend dem Geburtsfortschritt an Intensität und Schmerzhaftigkeit erheblich zugenommen hatten, und in Abständen von nur wenigen Minuten aufeinanderfolgten zu veratmen, und unternahm in den kurzen Wehenpausen mehrere Anläufe, das Hotelzimmer zu verlassen. Hierzu war sie aufgrund der Massivität der Schmerzen und ihrer Entkräftung infolge der über 11-stündigen Wehentätigkeit nicht mehr in der Lage. Sie hatte das Gefühl, keine Kontrolle mehr über ihren Körper zu haben und von den Schmerzen völlig vereinnahmt und beherrscht zu werden.
Der Zeuge Z1 holte schließlich das Fahrzeug zur Hoteleingangstür; der Versuch seiner Partnerin, mit seiner Hilfe das Zimmer zu verlassen, gelang aber nicht. Der Zeuge Z1 rief daraufhin um 15.59 Uhr erneut über den Festnetzanschluss die Angeklagte an, um ihr dies mitzuteilen. Obwohl der letzte Anruf bereits über eine Stunde zurücklag, hatte die Angeklagte zwischenzeitlich keine Veranlassung gesehen, sich von sich aus um die Gebärende zu kümmern. Als sie während dieses Telefonats im Hintergrund ein Aufschreien der Kindsmutter infolge einer sehr heftigen Wehe hörte, beendete sie das Gespräch unmittelbar mit den Worten "Ich komme sofort" und machte sie sich nunmehr unverzüglich auf den Weg in das nahegelegene Hotel, wo sie nur wenige Minuten später um 16.08 Uhr eintraf. Der Angeklagten war bewusst, dass sich die Geburt angesichts eines Zeitraums von nunmehr 12 Stunden Dauer nach durchschnittlichen Berechnungen bereits im Endstadium hätte befinden müssen.
Während dieser letzten Wehe bemerkte die Zeugin Z1 den Austritt einer zähen Flüssigkeit, was sie in Panik versetzte. Dabei handelte es sich um Mekonium. Das ungeborene Kind befand sich zu diesem Zeitpunkt durch die anhaltende Wehentätigkeit in einer erheblichen Stresssituation, die zu einer intrauterinen Hypoxie, d.h. zu einer verminderten Sauerstoffversorgung durch eine ungenügende Sauerstoffzufuhr durch die Nabelvene geführt hatte und damit der Beginn einer Übersäuerung des kindlichen Blutes (Azidose) war. Infolge des erlittenen Sauerstoffmangels war es bei dem Ungeborenen zum Einsetzen einer sog. Hyperperistaltik des Darms - starken Darmbewegungen - gekommen, woraufhin Mekonium - nach dem Blasensprung nicht mehr in das Fruchtwasser, sondern nach außen - abgesetzt wurde. Eine mechanische Ursache des Mekoniumabgangs zu diesem Zeitpunkt der Geburt durch ein Tiefertreten des kindlichen Steißes in das Becken und einen hierdurch verursachten abdominalen Druck, ist sicher auszuschließen. Ein solcher Abgang von Mekonium wird nur zum Ende der Austreibungsphase, in der sog. Pressperiode - die maximal 20 bis 30 Minuten dauert - beobachtet, bevor das Kind nur wenige Presswehen später auf der Welt ist. Lediglich für diesen Zeitpunkt wird der Abgang von Mekonium unter dem Gesichtspunkt einer mechanische Ursache diskutiert.
Das Ungeborene befand sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht unmittelbar in einer akut lebensbedrohlichen Situation. Etwa 30 % der Kinder setzen unter der Geburt Mekonium ab. Das Signal der vorliegenden Stresssituation und der damit gegebene Warnhinweis auf eine drohende Übersäuerung des kindlichen Blutes, die grundsätzlich Ursache für die Entstehung schwerer neurologischer Schäden bis hin zu einer Totgeburt ist, bedingte jedoch eine engmaschige Überwachung des Kindes, um rechtzeitig einen Eingriff vornehmen zu können, bevor die Reserven des Feten so weit aufgebraucht waren, dass sich das Risiko bleibender Schäden oder des Todes verwirklichte. Mindestens wäre das Schreiben eines CTG zur regelmäßigen Kontrolle der kindlichen Herztöne erforderlich gewesen, sicherer noch die Vornahme von Mikroblutuntersuchungen in einer Klinik.
Nur Minuten nach dem letzten Telefonat erschien die Angeklagte - wie erwähnt - um 16.08 Uhr im Hotelzimmer, wobei sie die Gefahr mit den Worten: "Ihr fangt ja schon ohne mich an" herunterspielte. Bei ihrem Eintreffen stellte die Angeklagte fest, dass Z1, die in Seitenlage auf dem Bett lag, bereits völlig erschöpft war und dass reichlich Mekonium abgegangen war. Nach einer vaginalen Untersuchung, bei der sie den Geburtsfortschritt feststellte, erklärte die Angeklagte den Eltern, dass alles in Ordnung sei und die Geburt ganz normal verlaufe. Auf den Mekoniumabgang angesprochen, wobei der Begriff nicht benannt wurde, beruhigte die Angeklagte die Kindseltern mit der unzutreffenden Erklärung, dass dies alles normal sei. Das gesamte Verhalten der Angeklagten in der Zeit ihrer nachfolgenden Anwesenheit von 16.08 bis zur Geburt des Kindes um 22.14 Uhr bewegte sich außerhalb sämtlicher geburtshilflicher Standards. Trotz des Mekoniumabgangs und in dem Bewusstsein, dass sie eine Überwachung des Ungeborenen in dem Hotel mangels CTG nicht in ausreichendem Maße würde durchführen können, entschloss sie sich vor dem Hintergrund ihrer grundsätzlichen Einstellung dazu, die Entbindung in dem Hotelzimmer fortzusetzen. Eine Verlegung in die Klinik zog sie nicht in Betracht. Die Angeklagte hatte bei der vaginalen Untersuchung festgestellt, dass der Muttermund bereits bis auf einen Saum, mithin fast ganz eröffnet war, was bedeutete, dass die Gebärende die gesamte Eröffnungsperiode unüberwacht allein verbracht hatte und nunmehr bereits die Austreibungsphase, mithin das Endstadium der Geburt, anfing. Die Austreibungsphase beginnt bei annähernd oder vollständiger Eröffnung des Muttermundes von 9 bis 10 cm; eine Eröffnung bis auf einen Saum wird bei 9 cm Weite beschrieben.
Die Zeugen Z1 vertrauten der Angeklagten, die im Vorfeld wiederholt auf ihre Erfahrung und Kompetenz hingewiesen hatte, und hatten angesichts des Umstands, dass ihnen der konkrete Ablauf einer Geburt völlig unbekannt war, keine Veranlassung, die Angaben der Angeklagten anzuzweifeln. Mit einem Dopton, einem kleinen tragbaren Ultraschallgerät, kontrollierte die Angeklagte die kindlichen Herztöne. Ein konkreter Wert ist nicht festzustellen, da von der Angeklagten in anschließend von ihr gefertigten Geburtsprotokollen, die in drei Versionen existieren - einer den Kindseltern übergebenen, einer der Staatsanwaltschaft übergebenen und einer im Rahmen der Hauptverhandlung auf einem Laptop gespeicherten und sichergestellten -, unterschiedliche Werte eingetragen wurden. Nicht nur der nach der Hebammenberufsordnung erforderlichen Dokumentationspflicht hinsichtlich der zum Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind erforderlichen Überwachungsmaßnahmen der Herztöne des ungeborenen Kindes sowie der Puls und Blutdruckwerte der Mutter kam die Angeklagte nicht nach. Auch hat sie diese Werte zu keinem Zeitpunkt in ausreichendem Maße während des folgenden Geburtsverlaufs erhoben. Angezeigt gewesen wäre es, in der Austreibungsphase 12 mal in der Stunde, mithin insgesamt 72 mal die Herztöne des Kindes zu kontrollieren; die Angeklagte hat dies während ihrer sechsstündigen Anwesenheit allenfalls fünfmal getan.
In ihrem mitgeführten Kalender, in dem sie die einzigen Eintragungen während des Geburtsgeschehens vornahm, notierte sie für die Zeit 16.00 Uhr lediglich den Eintrag: "plötzlich Presslust; Abgang v. reichlich Mekonium" und um 16.08 Uhr den Eintrag "HT (Herztöne) normfrequent, kein Pressdrang mehr".
Danach ist für die gesamte Restdauer der Geburt die konkrete Herzfrequenz des ungeborenen Kindes nicht festzustellen. Festzustellen ist jedoch, dass eine angesichts der fortgeschrittenen Geburt und des Abgangs von Mekonium erforderliche engmaschige Überwachung der Herztätigkeit des Kindes durch die Angeklagte nicht stattgefunden hat. Die Angeklagte hat während der gesamten sechs Stunden ihrer Anwesenheit lediglich fünfmal die Kontrolle der Herztöne des Ungeborenen durchgeführt und in dem Kalender eingetragen, wobei sie konkrete Werte zu keinem Zeitpunkt notiert hat. Solche hat sie erst bei der Erstellung eines ersten Gedächtnisprotokolls am darauffolgenden Tag aufgeschrieben, dessen Zuverlässigkeit, wie dargelegt, bereits aufgrund abweichender Angaben in zwei weiteren Protokollen zweifelhaft ist.
Die Angeklagte stellte bei ihrem Eintreffen weiter fest, dass die Wehen bereits in kurzen zeitlichen Abständen von nur 3 Minuten erfolgten, was ebenfalls dem Zeitpunkt der endenden Eröffnungsphase und der beginnenden Austreibungsphase entsprach. Unabhängig davon, dass bereits eine geplante außerklinische Geburt der Beckenendlage allen medizinischen Standards, den Vorschriften der Hebammenberufsordnung und sämtlichen Leitlinien und Empfehlungen der geburtshilflichen Organisationen und auch des Hebammenverbandes widersprach, hätte die Angeklagte spätestens nunmehr von der weiteren Durchführung einer außerklinischen Geburt absehen und eine Verlegung der Kindsmutter in eine Klinik veranlassen müssen, wo mindestens weitergehende, im außerklinischen Bereich, und erst recht in einem Hotelzimmer, unmögliche Untersuchungen zum Zustand des ungeborenen Kindes hätten durchgeführt werden können, um jederzeit vom vaginalen auf den abdominalen Weg umsteigen zu können.
Die Angeklagte unterließ eine solche Verlegung aus den oben ausgeführten ideologischen Gesichtspunkten, dass eine Klinikgeburt ein pathologischer Weg sei und zeitliche Beschränkungen ebensowenig von Bedeutung seien wie erkennbare Warnzeichen einer Sauerstoffmangelversorgung des Feten. Die Angeklagte, der bewusst war, dass der Abgang von Mekonium, den sie zudem als "reichlich" einschätzte, in diesem Geburtsstadium Ausdruck einer stattgefundenen fetalen Hypoxie war, erkannte die damit objektiv vorliegende Gefährdung des Feten durch eine Übersäuerung des Blutes. Wenn auch, wie dargelegt, allein der Abgang von Mekonium nicht zwingend zu der Durchführung eines Kaiserschnitts Anlass gab, war der Angeklagten klar, dass zumindest eine kontinuierliche CTG-Überwachung und ggf. Fetalblutanalysen bzw. ein Ultraschall unabdingbar waren, um Sicherheit darüber zu gewinnen, dass das Ungeborene die Fortsetzung der vaginalen Entbindung unbeschadet überstehen würde. Stattdessen setzte die Angeklagte die Geburt in dem Hotelzimmer fort, ohne wenigstens auf eine in ihren Praxisräumen zur Verfügung stehende Kardiotokographie zurückgreifen zu können. Auch unterließ sie die zumindest erforderliche engmaschige Kontrolle der Herztöne mittels ihres Doptons. Der Angeklagten war die Gefährdung des Kindes bewusst, wobei sie neben der Verfolgung ihres ideologischen Entbindungskonzepts auch Gedanken daran beschäftigten, dass sie die eigens aus O23 angereisten Eltern nicht enttäuschen wollte. Zu diesem Zeitpunkt mag die Angeklagte auch noch davon ausgegangen sein, dass mit einer baldigen Beendigung der Geburt ein weitergehender Schaden des Kindes nicht eintreten würde.
Hiervon konnte sie jedoch mit zunehmendem Zeitablauf nicht mehr ausgehen. Zu den bereits bestehenden Risiken für die Gesundheit des ungeborenen Kindes, die sich aus der Überschreitung des errechneten Geburtstermins und der bereits signalisierten Sauerstoffminderversorgung zum Zeitpunkt ihres Eintreffens ergaben, verwirklichte sich im weiteren Verlauf das weitere bei einer vaginalen Beckenendlagenentbindung bestehende typische Risiko des protrahierten Geburtsverlaufs bis hin zu einem Geburtsstillstand infolge der Entkräftung der Kindsmutter.
Wie dargelegt, führt bei der reinen Steißlage ausschließlich der Steiß des Kindes, während die Beine taschenmesserartig an den Rumpf angelegt sind. Diese Beinhaltung führt zu einem Schienungseffekt der fetalen Hüfte, der die Ursache für eine Pendelbewegung des Steißes in der Austreibungsphase ist. Unter der Wehe tritt der Steiß tiefer, während der Wehenpause federt er wieder bis zur Beckenmitte oder höher zurück. Der Schienungseffekt der fetalen Hüfte verhindert, dass sich die vordere fetale Gesäßhälfte unter der Symphyse in das kleine Becken vorschiebt. In dieser Phase der Geburt protrahiert der Geburtsvorgang nicht selten, weshalb er besonders aufmerksamer Beobachtung durch den Geburtshelfer bedarf. Bei einer Befundpersistenz in einem Zeitraum von ca. 60 bis 90 Minuten vermindert sich die Wahrscheinlichkeit einer komplikationsarmen vaginalen Geburt. Aus diesem Grund ist die Indikation bei der Befundkonstellation eines protrahierten Geburtsverlaufs und Geburtsstillstandes in der Austreibungsphase zu einer sekundären Sectio caesarea großzügig zu stellen.
Julian:
In den folgenden Stunden der Anwesenheit der Angeklagten kam es zu einem solchen verzögerten Geburtsverlauf bis hin zu einem zeitweiligen Geburtsstillstand, mithin einer massiven Zunahme der Gefährdung der Gesundheit und des Lebens des ungeborenen Kindes. Da der Muttermund bereits bei Eintreffen der Angeklagten gegen kurz nach 16.00 Uhr praktisch vollständig eröffnet war - was sie so in dem später der Staatsanwaltschaft übermittelten Gedächtnisprotokoll dokumentierte (16.08 MM bis auf einen Saum) und in einem während der Geburt mit der Zeugin Z14 geführten Telefonat bekundet hat, und was auch mit den zeitlichen Abständen der von ihr in dem sichergestellten Gedächtnisprotokoll notierten Wehenfolge um 16.15 Uhr im Abstand von drei Minuten korrespondiert -, bedeutete dies, dass die Geburt mit dem Ende der Eröffnungsperiode und dem Beginn der Austreibungsphase spätestens in den nächsten 2 Stunden hätte beendet sein müssen, um die Gefahr einer Sauerstoffmangelversorgung des Kindes zu verhindern. Die Angeklagte ließ weitere 6 Stunden vergehen, die das ungeborene Kind infolge einer Sauerstoffminderversorgung schließlich nicht überleben sollte. Während in der Folgezeit die Wehen bereits sehr regelmäßig in kurzen Abständen und sehr stark und schmerzhaft erfolgten, ging das Austreiben des Kindes, anders als dies angesichts der Abstände und der Wehenstärke sowie aufgrund des Geburtsstadiums hätte der Fall sein müssen, nicht voran. Gegen 18 Uhr wurde Z1 angesichts der massiven Anstrengung zunehmend kraftlos, ihr gelang lediglich ein Wechsel der Seitenlage, während sie kaum noch aufstehen konnte. Sie begann zu frösteln und musste mit Decken und einer Wärmflasche versorgt werden. Ein Wechsel in den sog. Vierfüßlerstand, eine bei der Beckenendlage günstige Geburtsposition, bei der die werdende Mutter mit aufgestützten Händen kniet, gelang ihr angesichts der Kraftanstrengung und massiver Schmerzen nicht mehr. Wie bereits dargelegt, erfolgten lediglich fünf Messungen der Herzfrequenz des Feten während der gesamten sechs Stunden. Selbst wenn einzelne Messungen einen normfrequenten Wert ergaben, konnte sich die Angeklagte allein auf dieser Basis vor dem Hintergrund der völlig unzureichenden Überwachung keinen aussagekräftigen Eindruck vom Zustand des Ungeborenen verschaffen.
Auch im weiteren Verlauf erholte sich die Kindsmutter nicht, sondern war infolge der andauernden Wehentätigkeit zunehmend erschöpft, was in eine sekundäre Wehenschwäche mündete. Der Angeklagten gelang es auch in den folgenden zwei Stunden nach 18 Uhr nicht, die Kindsmutter zu mobilisieren und die Geburt voranzubringen. Ihr war bewusst, dass die andauernde Wehentätigkeit einen erheblichen Stress für die Gebärende und das Kind bedeutete, dass ein protrahierter Geburtsverlauf für eine sekundäre Sectio bei einer Geburt aus Beckenendlage eine viel größere Rolle spielt, als bei einer Geburt aus Schädellage, und dass die kontinuierliche Überwachung des kindlichen Zustandes zwingend erforderlich war. Aus grundsätzlichen Erwägungen, dass eine Geburt so lange dauern dürfe, wie sie dauere, und ein natürlicher, nicht ständig zu überwachender Vorgang sei, unterließ sie alles erforderliche, um sich einen zutreffenden Eindruck vom Zustand des ungeborenen Kindes zu machen.
Mittlerweile lag angesichts des Zeitablaufs ein deutlich protrahierter Geburtsverlauf vor. Angesichts einer normalen Geburtsdauer einer Erstgebärenden mit durchschnittlich 6 - 7 Stunden, wobei die maximale Eröffnungsperiode mit 12 Stunden und die Austreibungsphase mit einer halben bis einer Stunde definiert ist, da nach Überschreiten dieser Grenzdauern das Azidoserisiko sowie die Sterblichkeit der Kinder zunehmen, war dieser Zeitpunkt bereits deutlich überschritten. Bereits mit vollständiger Eröffnung des Muttermunds um kurz nach 16 Uhr, mithin nahezu 12 Stunden nach dem Fruchtblasensprung, war die Eröffnungsperiode um kurz nach 18 Uhr seit 2 Stunden beendet, mithin hätte die Austreibungsphase bis 17.45, spätestens um ca. 18.15 Uhr beendet sein müssen. In dem Zeitraum nach dem Eintreffen der Angeklagten und im weiteren Verlauf der Geburt im Rahmen der protrahierten Austreibungsphase erlitt das Ungeborene durch eine - wiederholte - Kompression der Nabelschnur und/oder eine prolongierte Beeinträchtigung des Gasaustausches in der Plazenta eine ausgeprägte Sauerstoffmangelversorgung, die zu einer akuten Asphyxie führte. Die durch Sauerstoffmangel bedingte Übersäuerung des kindlichen Blutes zeigte sich schließlich gegen 18.22 Uhr erneut, als es zum erneuten Abgang von viel Mekonium kam, was die Angeklagte mit dem Eintrag "18.22 "Es kommt was", HT normfrequent, viel Mek" während der Geburt dokumentierte. Nur kurze Zeit zuvor, um 17.50 Uhr, befand sich der Steiß des Kindes nach der Eintragung der Angeklagten in ihrem bei der Geburt mitgeführten Kalender noch in der Beckenmitte und nicht bereits im Beckenausgang, was allein auf eine baldige Beendigung der Geburt hätte hoffen lassen können.
Es ist auch naheliegend, dass die Herztöne des Kindes zu diesem Zeitpunkt nicht normfrequent waren. Eine konkrete Dokumentation durch die Angeklagte erfolgte bewusst nicht. Während sie in ihrem Kalender nur allgemein die Herztöne zu diesem Zeitpunkt als normfrequent bezeichnete, trug sie später zwei unterschiedliche Werte, nämlich 124 bpm bzw. 132 bpm, in die Geburtsprotokolle für denselben Zeitpunkt ein. In dem von ihr bei der Geburt mitgeführten Kalender notierte sie lediglich um 16.08, 17.50, 18.22, 19.45 und 21.00 Uhr - weitere Messungen der Herztöne nahm sie während der gesamten Geburt nicht vor - mit der Eintragung "HT nf" die Herztöne als normfrequent, ohne auch nur einmal einen konkreten Wert zu dokumentieren. Lediglich in einer später im Ermittlungsverfahren für die Staatsanwaltschaft verfassten Version hat die Angeklagte eine kontinuierliche Überprüfung der Herztätigkeit mit konkreten Werten angegeben, die tatsächlich so nicht stattgefunden hat. Soweit sie in ihrer Einlassung am Ende der Beweisaufnahme erklärt hat, die Herztöne tatsächlich jede 1/4 Stunde kontrolliert zu haben, ist das unwahr.
Spätestens ab ca. 18.30 Uhr war der Angeklagten angesichts des Zustands der werdenden Mutter, des Zeitablaufs und des erneuten vorzeitigen massiven Abgangs von Mekonium klar, dass die Geburt keinen regulären Verlauf nahm und mindestens die Gesundheit des Ungeborenen in zunehmend konkreter Gefahr war. Im Anschluss trat keine Besserung der Situation, sondern im Gegenteil eine weitere Verschlechterung ein. Die Entkräftung der Kindsmutter hatte inzwischen ein solches Maß erreicht, dass sie anschließend über eine Stunde lang auf dem Bett lag, ohne sich rühren zu können. Erst recht war nicht daran zu denken, dass sie bei der Austreibung durch aktive Stellungswechsel hätte mitwirken können. Gleichwohl entschloss sich die Angeklagte zwischen 18:30 Uhr und spätestens 19:50 Uhr dazu, trotz der erkannten Gefahren für das Leben des Kindes keinesfalls eine Verlegung in ein Krankenhaus zu veranlassen.
Dabei war der Angeklagten bewusst, dass sich neben den allgemeinen Risiken einer Sauerstoffmangelversorgung des Neugeborenen bei einer vaginalen Entbindung aus Beckenendlage, den konkreten weiteren Risikofaktoren der aus ihrer Sicht rechnerischen Überschreitung des Geburtstermins um 13 Tage, die eine verminderte Toleranz des Fetus gegenüber dem Wehenstress bedingte und deshalb eine kontinuierliche CTG-Überwachung erfordert hätte, weitere massive Risiken einer Sauerstoffmangelversorgung des Kindes infolge des protrahierten Geburtsverlaufs und bereits durch den zweimaligen Mekoniumabgang in den Stadien der Geburt signalisiert, in denen ein solcher durch eine mechanische Ursache nicht bedingt sein konnte, sondern bereits Ausdruck einer Azidose war, vorlagen. Ihr war bewusst, dass die Chance, zu diesem Zeitpunkt noch ein gesundes Kind zu entbinden, bereits kaum mehr zu realisieren war und mit zunehmendem Zeitablauf auch die Hoffnung auf ein Überleben des Kindes weiter sank. Wenn sie zu vorangegangenen Zeitpunkten aus grundsätzlichen Überlegungen vor dem Hintergrund des von ihr vertretenen Entbindungskonzepts der vaginalen Geburt als einzigem physiologischen, selbstregulierenden Weg sowie ihres Selbstbildes und der den Kindseltern gegenüber vertretenen Kompetenz, ihnen eine sichere natürliche und zudem noch außerklinische Geburt bieten zu können, nicht das Eingeständnis machen wollte, ihnen unbegründete Hoffnungen gemacht zu haben, wobei sie anfänglich von einem glücklichen Ausgang der Geburt ausging, von einer Verlegung abgesehen hatte, traten nunmehr weitere Überlegungen hinzu. Zu keinem Zeitpunkt hatte sie eine unter ihrer Leitung begonnene Hausgeburt in dem nahegelegenen katholischen Krankenhaus in O8 beendet. Ihr war bewusst, dass niedergelassene Gynäkologen in O8 und insbesondere Klinikärzte das von ihr verfolgte Entbindungskonzept nicht guthießen und sie mit der in dem Hotelzimmer fortgesetzten Beckenendlagenentbindung gegen sämtliche geburtsrechtlichen und medizinischen Standards verstieß und sich die typischen Risiken nicht nur realisiert, sondern potenziert hatten, sie sich deshalb Vorwürfen ausgesetzt sehen musste, bereits viel zu lange eine Verlegung abgewartet zu haben und damit das naheliegende konkrete Risiko eines hypoxischen Hirnschadens in Kauf genommen zu haben. Sie hatte auch Gedanken daran, welchen Schaden ein solcher Geburtsausgang für ihre Reputation als Fachfrau für Beckenendlagegeburten in ganz Deutschland haben würde, wobei Vertreter der klinischen Geburtshilfe aus ihrer Sicht schon lange darauf warteten, dass ihr ein solcher nachweisbarer Fehler unterlief, um Konsequenzen hieraus ziehen zu können. Auch die Folgen, bei einem sauerstoffmangelbedingten Hirnschaden des Kindes zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein, gingen ihr durch den Kopf. Demgegenüber war ihr bewusst, dass im Falle eines tragischen Ausgangs die Kindseltern in der sie übermannenden Trauer von einer außerhalb des Geburtsgeschehens liegenden Todesursache zu überzeugen und an einer weiteren Aufklärung nicht interessiert bzw. dazu psychisch nicht in der Lage sein würden und Aussicht bestand, eine Todesbescheinigung von einem Notarzt zu erhalten - wie das bereits bei der Geburt von L. Z2 der Fall gewesen war. Die Angeklagte hoffte zwar nach wie vor auf eine baldige Beendigung der Geburt mit einem lebenden gesunden Kind, wobei sie besondere Gründe, auf einen solch glücklichen Ausgang zu vertrauen, nicht hatte. Ihr war klar, dass es - nicht nur ganz fernliegend - zum Tode des Kindes aufgrund einer andauernden oder erneuten Sauerstoffmangelversorgung bei Fortsetzung der Geburt in dem Hotelzimmer kommen könne; sie wusste, dass sie gegenüber den Kindseltern und dem Kinde aufgrund ihrer Gewährsübernahme verpflichtet war, die Verlegung der Gebärenden in ein Krankenhaus, in dem die Rettung des Lebens des Kindes am ehesten möglich war, zu veranlassen und ging bis zum Telefonat mit der Zeugin Z14 auch davon aus, dass G. Z1s Leben im Falle einer Verlegung zu retten gewesen wäre. In Anbetracht der bereits eingetretenen Situation fand sie sich auch für den Fall eines tödlichen Ausgangs des Geburtsgeschehens spätestens kurz vor 19.50 Uhr auch damit ab.
Im Anschluss entschloss sich die Angeklagte dann dazu, Kontakt zu der mit ihr befreundeten Hebamme, der Zeugin Z14, aufzunehmen, da sie nicht mehr wusste, wie sie den Geburtsvorgang forcieren sollte.
Die Angeklagte versprach sich von einer Kontaktaufnahme zu der Kollegin Z14 Hilfestellungen für den Versuch einer Mobilisierung der Kindsmutter und ein Voranbringen des stagnierenden Geburtsgeschehens. Eine solche Vorgehensweise war für sie unüblich, da sie in Überzeugung ihrer eigenen Kompetenz Ratschläge von Kolleginnen grundsätzlich nicht für nötig erachtete. Sie erkannte jedoch, dass sie in diesem Fall an ihre Grenzen gekommen war, was sie jedoch gleichwohl an einem Festhalten an ihren Prinzipien nicht hinderte. Soweit die Angeklagte in ihrer Einlassung am 50. Verhandlungstag erklärt hat, dieses sog. "Secondlook-Prinzip" regelmäßig angewandt zu haben, ist dies unwahr.
In einem Telefonat, das sie entweder im Bad oder vom Hotelflur aus von den Kindseltern unbemerkt führte, schilderte sie der Zeugin Z14, dass sich die Zeugin Z1 in einem schlechten Zustand befände und nicht zu mobilisieren sei, in Seitenlage auf dem Bett liege, der Muttermund bereits seit ihrem Eintreffen am Nachmittag vollständig eröffnet, das Kind aber noch hoch sei. Sehr auffällig sei für sie der massive Mekoniumabgang. Sogar für die Zeugin Z14, selbst Verfechterin der natürlichen Geburt, war diese Situation angesichts der fehlenden Mobilität der Mutter bei der bekannten Kindslage, des Mekoniumabgangs, des erheblichen Zeitablaufs, der protrahierten Austreibungsphase und des stagnierenden Geburtsverlaufs ein Alarmsignal. Sie riet der Angeklagten deshalb mit der Bemerkung, dass sich die Situation nicht gut anhören würde, dringend zu einer Verlegung ins Krankenhaus und der dortigen Verabreichung von Oxytocin, einem hormonellen wehenfördernden Mittel. Die Angeklagte lehnte dies unbeeindruckt ab, weil sie sich wie dargelegt spätestens kurz vor dem Telefonat gegen die Verlegung entschlossen hatte. Stattdessen erklärte sie, dass es dem Kind aus ihrer Sicht gut gehe, was angesichts des auch für sie besorgniserregenden Mekoniumabgangs nicht zutraf, und dazu kein Grund bestehe. Die Zeugin Z14, die realisierte, dass die Angeklagte zu einer Verlegung keine Bereitschaft zeigte, gab ihr daraufhin den Rat, dass die Kindsmutter abführen solle, um größtmöglichen Platz im Becken zu schaffen, sie sich wegen der Schwerkraft für die Geburt in die aufrechte Position begeben solle und für die Wehentätigkeit aktiv sein müsse und nicht passiv auf der Seite liegen dürfe.
Die Angeklagte blieb trotz des Rats ihrer Kollegin bei ihrer Entscheidung, die Gebärende nicht in ein Krankenhaus zu verlegen, und das, obwohl sich an das Telefonat ein weiterer Zeitraum von mindestens 20 Minuten anschloss, in denen die Wehenpausen immer länger wurden und es zu keinerlei Geburtsfortschritt kam. In ihrem Kalender notierte die Angeklagte nach dem Telefonat für die Zeit um 20.30 Uhr "Toilette, Kontr. (Kontraktionen) seltener, schmerzhaft, Pausen länger, kein Geb.fortschritt, Pinkeln nicht möglich, Frau schlapp, insgesamt aber besser erträgliche Situation". Die Angeklagte wartete sogar mehr als zwei weitere Stunden ab, bis die Geburt schließlich zu Ende geführt werden konnte. Nach diesen weiteren zwei Stunden kam für das Neugeborene G. Z1 allerdings jede Hilfe zu spät.
Zu keinem Zeitpunkt während des gesamten Geburtsgeschehens sprach die Angeklagte eine Verlegung in ein Krankenhaus an, geschweige denn legte sie eine solche den Kindseltern nahe. Zu keinem Zeitpunkt klärte sie die Zeugen Z1 über die Gefahren der langen Geburtsdauer für ihr Kind, die Risiken eines protrahierten Verlaufs und fehlender Überwachungsmöglichkeiten mangels CTG und weiterer Untersuchungsmöglichkeiten, und die Bedeutung eines Mekoniumabgangs vor der Endphase der Geburt, Umstände, die die grundsätzlichen Risiken der vaginalen Beckenendlagenentbindung noch einmal steigerten, auf. Sie deutete nicht einmal an, ob eine Verlegung in eine Klinik bedenkenswert wäre, obwohl ihr der wiederholte Mekoniumabgang selbst Sorgen bereitete. Angesichts des Verhaltens der Angeklagten drängte sich auch dem Zeugen Z1, der während der gesamten Zeit versuchte, seiner Partnerin beizustehen, ihr die schmerzhafte Situation in irgendeiner Form erträglicher zu machen, sie mit Decken, Getränk und Massagen versorgte, jederzeit zugegen war und sie unterstützte, nicht auf, dass eine Verlegung in ein Krankenhaus dringend angezeigt war. Bis zum Schluss vertrauten die Kindseltern darauf, bald ihr gesundes Kind in den Armen zu halten. Dass sich die Angeklagte bereits vor 20.00 Uhr unter Inkaufnahme eines tödlichen Ausgangs gegen die Verlegung entschlossen hatte, ahnten sie nicht.
Die Angeklagte versuchte im Anschluss an das Telefonat, die alternativen Ratschläge der Zeugin Z14 umzusetzen. Der Versuch, die Gebärende in der liegenden Position zum Wasserlassen zu motivieren, gelang nicht. Gemeinsam mit dem Zeugen Z1 brachte sie die Kindsmutter schließlich ins Badezimmer zur Toilette. Auch hier war der Zeugin ein Wasserlassen zunächst kaum möglich, was die Angeklagte im weiteren Verlauf auch zu der Frage veranlasste, ob der Zeugin von ihrer Frauenärztin mitgeteilt worden sei, wo ihre Plazenta liege. Die Frage der Angeklagten zielte dabei offensichtlich auf das mögliche Vorliegen der sog. placenta praevia, wobei es sich, wie dargelegt, um eine Lageanomalie der Plazenta in der Gebärmutter handelt, die eine vaginale Geburt unmöglich macht. Tatsächlich findet sich eine solche Vermutung im Mutterpass der Zeugin Z1, die sich jedoch als unzutreffend herausgestellt hatte. Auch auf der Toilette wurden die Abstände der Wehen weiter seltener und betrugen schließlich 4 bis 5 Minuten. Einen Geburtsfortschritt gab es auch in dem folgenden Zeitraum bis 21 Uhr nicht. Vielmehr befand sich der Steiß des Kindes auch um 21.03 Uhr noch immer auf Beckenmitte.
Zwischenzeitlich ließ die Angeklagte die Eltern allein im Bad zurück, während sie mit der Zeugin Z14 weitere Kurznachrichten austauschte. Auch versuchte sie, der von der körperlichen Konstitution sehr schlanken Kindsmutter, die mittlerweile weiter Kreislaufprobleme zeigte, sich kaum noch selbst auf den Beinen halten konnte, Schwindelgefühle verspürte und ihre Augen kaum mehr öffnen konnte, im Bad löffelweise Espresso einzuflößen, um sie zu mobilisieren. Der Angeklagten war bewusst, dass der Erschöpfungszustand und die sekundäre Wehenschwäche Folge des protrahierten Geburtsverlaufs waren und die dadurch infolge der Minderperfusion der Plazenta reduzierte Sauerstoffversorgung die weitere Gefahr einer Übersäuerung des kindlichen Blutes bedeutete. Damit war es angesichts des Umstands einer bereits über nahezu fünf Stunden dauernden Austreibungsphase bereits länger zu einem definierten Geburtsstillstand und damit einem weiteren der Angeklagten auch bewussten massiv bedrohlichen Zustand gekommen. Der Erschöpfungszustand der Mutter, die fehlende Wehentätigkeit und der mehrfache Abgang von Mekonium ließen eine natürliche Beendigung der Geburt, wie dargelegt, bereits seit längerer Zeit - zumindest in keinem Fall ohne eine ausreichende Kontrolle des kindlichen Zustandes - nicht mehr zu und deuteten auf eine erhebliche Sauerstoffunterversorgung des ungeborenen Kindes hin. Spätestens zu diesem Zeitpunkt, letztlich bereits ab dem Zeitpunkt des ersten Mekoniumabgangs bei Eintreffen der Angeklagten, bestand ohne die Möglichkeit der Überprüfung der fetalen subpartalen Parameter für die Angeklagte durch ein CTG und Fetalblutgasanalysen die absolute Indikation für eine Beendigung der außerklinischen Geburt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das ungeborene Kind angesichts des vorliegenden Geburtsstillstandes und des protrahierten Geburtsverlaufs bei einer Fortsetzung der vaginalen Entbindung gesund geboren würde, lag zu diesem Zeitpunkt nur noch bei ca. 10 %. Ein Festhalten an dem vaginalen Geburtsmodus wäre nur unter Anwendung eines CTG und einer Fetalblutgasanalyse bei ausreichend guten Werten des Kindes möglich gewesen, was im außerklinischen Bereich nicht durchzuführen ist und bei einer Überwachung praktisch auszuschließen gewesen wäre. Bei einer klinischen Geburt hätten die ermittelten Werte längst den bedrohlichen Zustand des Kindes gezeigt, der zu einer Beendigung der Geburt durch eine sekundäre Sectio caesarea geführt hätte. Tatsächlich erlitt G. Z1 während des Geburtsgeschehens frühestens ab 16.00 Uhr und sicher auch wiederholt in den folgenden Stunden um 18.22 Uhr und zum Zeitpunkt des Geburtsstillstandes gegen 20.30 Uhr eine intrauterine Hypoxie, die mit fortschreitendem Zeitablauf ein gesundes und infolge des lange Zuwartens der Angeklagten am Ende sogar ihr grundsätzliches Überleben unmöglich machte.
Die Angeklagte war gleichwohl aus der oben dargelegten Motivation vor dem Hintergrund sachfremder Erwägungen nach wie vor entschlossen, die Geburt auf natürlichem Wege zu beenden. Dabei ließ sie nach dem Telefonat mit der Zeugin Z14 noch weitere zwei Stunden vergehen, wobei ihr zum Schluss, nach dem Versagen ihres batteriebetriebenen Doptons, nicht einmal mehr eine sichere Kontrolle der Herztöne des Kindes möglich war.
Auf weitere Nachfragen der Eltern, ob alles in Ordnung sei, versicherte sie ihnen gegenüber vielmehr immer wieder, dass alles normal verlaufe und sie sich keine Sorgen machen müssten. Die Angeklagte blieb bis zuletzt dabei, den Kindseltern keinerlei Mitteilung von den drohenden Gefahren zu machen. Sie sprach auch auf keinen Fall eine Verlegung in ein Krankenhaus oder die Möglichkeit eines Wehentropfes an. Ihre am Ende des Verfahrens diesbezüglich erklärte Einlassung ist auch insoweit unwahr.
In den auf das Telefonat mit der Zeugin Z14 folgenden zwei Stunden tauschte die Angeklagte noch mehrfach Kurznachrichten mit der Zeugin Z14 aus. Um 20.30 Uhr sandte sie ihr eine SMS unter anderem des Inhalts, dass die Kontraktionen alle 4 Minuten nur schmerzhaft seien, die Gebärende reichlich schlapp und die Pausen lang seien. Auf die anschließende Antwort der Zeugin Z14, dass sie nichts pathologisches entdecke und die Frau wach werden solle, dann werde es bestimmt besser, und die Frage, wann der Blasensprung stattgefunden habe, was die Zeugin Z14 mit den Buchstaben "bs" abkürzte, erhielt sie von der Angeklagten mit SMS die Antwort: "ca 4 Uhr". Mit einer weiteren SMS um 21.03 Uhr teilte die Angeklagte sodann weiter mit, dass der Steiß in Höhe der Beckenmitte - was sie mit BM abkürzte - war, und die Gebärende sich immer noch auf der Toilette befand. Etwa eine halbe Stunde später beschrieb die Angeklagte der Zeugin Z14, dass die Zeugin Z1 jetzt in jeder Wehe halb aufstehe, wobei sie von ihrem Partner gehalten werde, sie das Becken kreise und Espresso bekomme, was die Zeugin Z14 dahin kommentierte, dass sich das "gut anhören" würde. In der nächsten Viertelstunde schrieb die Angeklagte die letzten zwei SMS, wobei sie um 21.35 Uhr mitteilte, dass die Gebärende lebendiger würde und die Scheide sich zu öffnen beginne, während sie um 21.45 Uhr Mitteilung von der Position des Vierfüßlerstands machte.
Nachdem ein längerer Zeitraum auf der Toilette verbracht worden war, und die Kindsmutter schließlich von ihrem Partner im Stand gehalten, versuchte, bei den Wehen mitzuschieben, was langsam den kindlichen Steiß tiefer Richtung Beckenausgang brachte, verbrachte die Angeklagte die Zeugin Z1 sodann wieder zurück in das Hotelzimmer, wo erneut ein Wechsel in den Vierfüßlerstand unternommen wurde. Mittlerweile war es ca. 21.45 Uhr, als die Zeugin Z1 unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte versuchte, das Kind mit jeder Presswehe herauszuschieben.
Der eigentliche Austritt des Körpers sollte noch eine halbe Stunde in Anspruch nehmen. Angesichts des massiven im Laufe der letzten Stunden der Geburt durch eine Kompression der Nabelschnur und die in der Austreibungsphase durch die Retraktion des Gebärmutterkörpers erfolgte Verminderung und passagere Aufhebung der uterinen Durchblutung erlittenen Sauerstoffmangels sollte sie die Geburt jedoch nicht überleben. Mittlerweile, etwa gegen 21.45 Uhr, hatte das batteriebetriebene Gerät zur Herzfrequenzmessung der Angeklagten seine Funktion aufgegeben, da die Batterien leer waren. Nachdem das Gerät nur noch ein Quietschen von sich gab, musste die Angeklagte dazu übergehen, die Herztöne des Kindes mit einem Hörrohr zu überprüfen, was ihr nicht mehr gelang. Mittlerweile waren auch die Kindseltern in großer Sorge. Das besorgte Gesicht der Angeklagten nach dem Ausfall ihres Messgerätes zur Überprüfung der Herztöne des Kindes und ihre Äußerung zum Schluss, die Herztöne nicht mehr sicher zu finden, löste in ihnen einen unbestimmte Angst aus. In einem Moment kurz vor dem Austreten ihres Kindes aus dem Mutterleib - und nicht, wie von der Angeklagte später im Laufe der Hauptverhandlung behauptet, bereits bei ihrem Eintreffen am Nachmittag - sahen sich beide an und verspürten eine unbestimmte Ahnung, dass ihrem Kind etwas zugestoßen war.
Wohl um 22.12 Uhr kam es zum Durchtritt des Steißes, woraufhin die Angeklagte mit der Manualhilfe nach Bracht - einer bei der Beckenendlage angewandten Geburtstechnik, bei der der Steiß mit beiden Händen umfasst und nach oben geführt wird - das Kind entwickelte. Die im Anschluss erfolgte Entwicklung zunächst einzeln der Beine und im Anschluss der Arme gelang nicht ohne Probleme. Da der Bracht-Handgriff nicht ohne Schwierigkeiten zur Entwicklung des Kindes führte, musste die Angeklagte sodann mit einem weiteren speziellen Handgriff - dem Veit-Smellie-Handgriff - den Kopf des Kindes entwickeln, wobei ein Finger in den Mund des Kindes gesteckt wird, um so eine maximale Flexion des Kindes zu erreichen.
Um 22.14 Uhr kam G. Z1 sterbend zur Welt. Sie wies ein eutrophes Geburtsgewicht von 3.210 g, eine Länge von 49,5 cm und einen Kopfumfang von 36,5 cm auf. Der reife, gesunde und ursprünglich uneingeschränkt lebensfähige Säugling G. Z1 verstarb infolge des unter der Geburt in der Anwesenheit der Angeklagten erlittenen massiven Sauerstoffmangels. Das Gehirn hatte massive sauerstoffmangelbedingte Schäden erlitten, die bei einer erfolgreichen Reanimation ein geistig und körperlich schwerstbehindertes Kind zur Folge gehabt hätten.
Wäre die Zeugin Z1 bis 18.00 Uhr in ein Krankenhaus eingewiesen worden, hätte G. Z1 durch einen Kaiserschnitt lebend und gesund auf die Welt geholt werden können. Selbst bei einer späteren Einweisung, einer Betätigung des Notrufs im Anschluss an das vor 20.00 Uhr beendete Telefonat der Angeklagten mit der Zeugin Z14 und sogar noch bis 20.30 Uhr und der dann möglichen Durchführung eines Kaiserschnitts bis 21.00 Uhr wäre das Kind noch lebend geboren worden, wenn auch mit irreversiblen sauerstoffmangelbedingten Hirnschäden. Eine andere Todesursache als eine Hypoxie unter der von der Angeklagten begleiteten Geburt, wie etwa eine Organschädigung, eine Intoxikation oder eine Infektion des Kindes, ist zweifelsfrei auszuschließen. Es wäre auch zu jedem Zeitpunkt organisatorisch eine Verlegung der Zeugin Z1 in das nahegelegene K.hospital und die dortige Durchführung eines Notkaiserschnitts möglich gewesen.
Insbesondere sämtliche von der Angeklagten im Rahmen des Verfahrens geltend gemachten Ursachen, die von variierenden Organschädigungen und einer Erbkrankheit über Infektionen, einen intrauterinen Hirntod des Kindes längere Zeit vor der Geburt, eine Vergiftung des Ungeborenen durch Teekonsum der Mutter bis hin zu einer fehlerhaften Reanimation des Notarztes reichten - worauf im einzelnen im Rahmen der Beweiswürdigung einzugehen ist - sind sicher auszuschließen.
Die Angeklagte, die die infolge des erlittenen Sauerstoffmangels eingetretene Schädigung des Kindes unmittelbar realisierte, war nicht überrascht. Ihr war bewusst, dass der vorhersehbare schlimmste Fall einer Asphyxie eingetreten war und G. Z1 schwerste Hirnschäden erlitten haben musste. Die Angeklagte begann unmittelbar mit Reanimationsbemühungen in Form von Mundzu-Mund-Beatmung und Herzdruckmassage, wobei ihr klar war, dass das sterbende Kind nicht und wenn überhaupt, nur schwerstbehindert zurückzuholen war. Die Angeklagte verfügt auch über besondere Kenntnisse im Hinblick auf die Reanimation von Neugeborenen, über die sie noch während des laufenden Verfahrens auf Fortbildungsveranstaltungen für Hebammen Vorträge hielt. Um den Kindseltern gegenüber ihre Bemühungen zu signalisieren, alles für ein Überleben ihres Kindes zu tun, führte sie die Wiederbelebungsmaßnahmen über mehrere Minuten durch, ließ jedoch nicht unmittelbar einen Notarzt hinzurufen, wenngleich sie erkannte, dass sie allein das Kind nicht reanimieren konnte. Sie unternahm auch keine Versuche, den Rachenraum des Kindes abzusaugen. Nachdem sie selbst es einige Minuten erfolglos versucht hatte, forderte die Angeklagte den verzweifelten Vater mit den Worten, dass er es versuchen solle und sein Kind vielleicht wiederbekomme, auf, seine kleine Tochter zu beatmen. Der völlig überforderte Zeuge Z1, der keinerlei Erfahrungen mit der Beatmung eines Neugeborenen hatte, unternahm gleichwohl vorsichtige Beatmungsversuche. Der von der Angeklagten erhobene Apgar-Befund betrug nach einer und nach fünf Minuten 0. Erst nach weitere eigenen Reanimationsbemühungen forderte die Angeklagte den Zeugen Z1 erst ca. 10 Minuten nach der Geburt des Kindes auf, den Notarzt zu informieren, während sie selbst die Reanimation weiter übernahm. Soweit sie in ihrer späteren Einlassung die Anforderung eines Babynotarztes behauptet hat, ist dies unwahr; eine solche Mitteilung an den Kindsvater ist nicht erfolgt.
Die Angeklagte ließ den Notarzt erst mit der erheblichen zeitlichen Verzögerung informieren, da ihr die Folgen eines derart massiven Sauerstoffmangels mindestens durch die Geburt von A. Z3 vor Augen geführt worden waren. Dass sie auch durch die Geburt ihres eigenen behinderten Kindes und die Erfahrungen mit ihrem Bruder beeinflusst war, liegt nahe. Jedenfalls äußerte die Angeklagte zu einem späteren Zeitpunkt den Kindseltern gegenüber, den Notarzt bewusst erst später informiert zu haben, da sie ihnen ein Leben ihres behinderten Kindes, das "nur wie eine Pflanze vor sich hinvegetiere", habe ersparen wollen. Die Angeklagte ging davon aus, dass der Notarzt entweder weitere Reanimationsbemühungen nicht unternehmen würde oder solche jedenfalls nach der Zeit nicht mehr erfolgreich sein würden. Infolge der durch die Angeklagte verspätet initiierten Alarmierung traf der Notarzt erst 16 Minuten nach der Geburt G. Z1s ein, anderenfalls wäre er bereits nach 6 Minuten vor Ort gewesen. Die Intention der Angeklagten bestand lediglich darin, die Ausstellung einer Todesbescheinigung über eine natürliche Todesursache zu erlangen, wie es auch in Bezug auf das nur drei Monate zurückliegende Geburtsgeschehen des Kindes L. Z2 erfolgt war. Sie ging davon aus, dass sie aufgrund ihrer Teilnahme an der Geburt nicht berechtigt war, eine solche Bescheinigung selbst auszustellen. Sie hoffte auf die Unerfahrenheit des diensthabenden Notarztes in bezug auf neonatologische Fragen und ging davon aus, dass Nachfragen seitens des Notarztes, wie auch zuvor seitens der Zeugin Z18, nicht erfolgen würden.
Etwa um 22.24 Uhr ging die Alarmierung des Notarztes mit dem Einsatzstichwort "Kinderreanimation" ohne weitere Details ein. Der diensthabende Notarzt Z26, Anästhesist im Evangelischen Krankenhaus in O8, traf nur wenige Minuten später um 22.30 Uhr am Hotel ein. Auf seine unmittelbar im Anschluss an seine Ankunft im Hotel erfolgte Anforderung des Babynotarztes wurde ihm erst einmal mitgeteilt, dass der Babynotarzt nicht unmittelbar zur Verfügung stand. Der Zeuge Z26 fand die Angeklagte bei noch durchgeführter Mundzu-Mund-Beatmung an dem auf dem Hotelbett liegenden Säugling vor. Die Zeugin Z1 saß nur mit einem T-Shirt bekleidet verzweifelt und völlig entkräftet in einer Blutlache auf dem Fußboden. Die Angeklagte machte dem Zeugen Z26 sofort unmissverständlich klar, zu welchem Zweck sie ihn hatte rufen lassen. Sie empfing ihn mit der Angabe, dass der Apgar 0 sei und das Kind bei der Geburt keine Lebenszeichen gezeigt habe, wobei sie unmittelbar die Bemerkung anfügte: "Herr Kollege, ich glaube, Sie können bestätigen, dass das Kind tot ist!". Von weiteren Umständen, insbesondere, dass es sich um einen über 18 Stunden dauernden Geburtsvorgang aus Beckenendlage handelte, informierte sie den Arzt zunächst nicht. Soweit die Angeklagte in ihrer späteren Einlassung erklärt hat, sie habe aus Verzweiflung einen "ärztlichen Kollegen als Unterstützung, Zeugen und zur Einleitung einer Untersuchung" dabei haben wollen, ist dies ebenfalls unwahr.
Der Zeuge Z26, der selbst fünf Jahre in einer geburtshilflichen Abteilung eines Krankenhauses mit der Betreuung von Neugeborenen betraut war und auch Reanimationen von Neugeborenen durchgeführt hatte, reagierte jedoch anders, als die Angeklagte es gehofft hatte und es ihrer Erfahrung mindestens in einem Fall, möglicherweise auch in weiteren Fällen, entsprach. Er unternahm zunächst eigene, insgesamt lege artis durchgeführte Reanimationsmaßnahmen.
Gemeinsam mit dem Zeugen Z27, dem Rettungsassistenten, begann der Zeuge Z26 zunächst nach einer kurzen Kindsuntersuchung mit der Durchführung von Herzdruckmassage und einer Beutelbeatmung mit Druckreservoir. Optisch lag nach seiner Einschätzung ein prolongierter Kreislaufstillstand vor. G. Z1 war zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung tief zyanotisch, die Haut marmoriert, sie war schlaff, die Pupillen weit und soweit beurteilbar entrundet, ein Puls war weder an der Aorta carotis noch an der Aorta brachialis tastbar, auch war ein Pulsieren der Nabelarterie nicht festzustellen. Parallel erhob der Notarzt die Anamnese, wobei er von der Angeklagten Mitteilung davon erhielt, dass die Kindseltern aus Lettland zu der in der Praxis geplanten vaginalen Entbindung einer bekannten Beckenendlage angereist seien, die Mutter Erstgebärende und ca. 15 Tage über dem errechneten Termin sei. Der Zeuge Z26 erhielt im weiteren auf seine Nachfragen von der Angeklagten die ergänzenden Informationen, dass die Kindseltern eine Hausgeburt geplant hätten, da alle geburtshilflichen Abteilungen der Krankenhäuser im Falle einer Steißlage eine Sectio-Indikation stellen würden. Sie gab an, zu der Familie, die vor ca. vier Wochen aus Lettland angereist sei, auch private Kontakte zu unterhalten und über 30 Jahre Erfahrung in der Entbindung von Beckenendlagen zu verfügen. Die Angeklagte teilte weiter mit, dass die Geburt dann überraschend im Hotel begonnen habe, die Geburt einfach und nur die Entwicklung der Arme erschwert gewesen sei. Angaben zur Dauer des Geburtsverlaufs und der Dauer einer möglichen Nabelschnurkompression machte die Angeklagte nicht. Sie gab weiter an, dass die Entwicklung des Kindes deutlich vor dem Eintreffen des Notarztes gelegen und sie seitdem Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt habe.
Parallel zur Erhebung der Anamnese führte der Zeuge Z26 eine suffiziente Maskenbeatmung der kleinen G. Z1 durch, die - entgegen der späteren Darstellung der Angeklagten, eine Beatmung des Kindes sei infolge eines Lungenschadens gar nicht möglich gewesen - problemlos durchzuführen war, wobei sich der Brustkorb deutlich hob und senkte. Nachdem die Beatmung jedoch keine Kreislaufreaktion des Kindes auslöste, unternahm der Zeuge einen Intubationsversuch. Bei der Inspizierung des Rachenraums mittels eines Laryngoskops - eines Hilfsmittels zur endotrachealen Intubation - stellte der Notarzt fest, dass der gesamte Rachenraum mit einem zähen dunklen Sekret - nach seiner Einschätzung handelte es sich dabei naheliegend um Mekonium - verlegt war, wobei die Epiglottis - der Kehldeckel - zwar darstellbar, ein ausreichender Blick auf die Stimmritze jedoch nicht möglich war. Es spricht alles dafür, dass es sich auch tatsächlich um Mekonium handelte, sicher festzustellen war dies nicht, eine Aspiration von Mekonium hatte jedenfalls nicht stattgefunden, was aber nicht dagegen spricht. Auch nach mehrfach durchgeführten Absaugversuchen mit einer Pumpe mit Absaugkatheter bis tief in die Atemwege änderte sich dies nicht. Da eine Intubation ohne die ausreichende Sicht zu gefährlich im Hinblick auf eine Schädigung des Kindes war, wurde erneut die Maskenbeatmung mit symmetrischer Thoraxexkursion fortgesetzt. Sämtliche Maßnahmen führten nicht zu einer Veränderung des Hautkolorits; G. Z1 zeigte keinerlei Lebenszeichen. Parallel zu der medizinischen Versorgung der kleinen G. Z1 versuchte der Zeuge Z26, G. Z1s Eltern die Tragweite der Maßnahmen und die Dramatik und Komplexität der Gesamtsituation zu vermitteln. Gegenüber dem Zeugen Z1 erklärte der Arzt, ob ihm bewusst sei, dass das EKG ein "sterbendes Herz" zeigen würde. Für den Zeugen Z26 war klar, dass nur noch eine reine elektrische Restaktivität des Herzmuskels, der nicht pumpte, vorlag. Nachdem das EKG nach wie vor einen bradycarden Rhythmus mit verbreiterten QRS-Komplexen aufwies - ein Kurvenbestandteil des EKG, der die Erregungsausbreitung im Ventrikelmyokard des Herzens von seiner Basis zur Spitze bis hin ins Ventrikelseptum zeigt -, weniger als 50 Aktionen pro Minute zeigte, ein Puls nicht tastbar war und auch die Angeklagte die Prognose wiederholt als infaust einschätzte, wurden die Reanimationsmaßnahmen um ca. 22.40 Uhr abgebrochen. Längere Reanimationsbemühungen waren weder erforderlich noch erfolgversprechend.
Der Zeuge Z26 weigerte sich, den von der Angeklagten gewünschten Totenschein unter Bescheinigung einer natürlichen Todesursache auszustellen; vielmehr unterbreitete er der völlig konsternierten Angeklagten, angesichts der Gesamtumstände - der aus seiner Sicht verantwortungslosen Entbindung einer Beckenendlage in einem Hotelzimmer und der sich ihm aufdrängenden Diagnose eines Sauerstoffmangels unter der Geburt - aufgrund einer unklaren Todesursache die Polizei hinzuziehen zu wollen.
Diese Reaktion des Zeugen Z26 stieß auf vehementen Widerspruch der Angeklagten, die nunmehr erhebliche Konsequenzen für sich befürchtete. Energisch erklärte sie, dass dies aus ihrer Sicht nicht nötig sei, da das Kind nicht umgebracht worden, sondern tot zur Welt gekommen sei. Sie habe den Notarzt lediglich hinzugezogen, obwohl sie selbst nicht nur Hebamme, sondern auch approbierte Ärztin sei, da sie den Totenschein nicht selbst ausstellen könne. Unbeeindruckt von dem entrüsteten Auftreten der Angeklagten ließ sich der Zeuge Z26 von seinem Vorhaben nicht abbringen.
Gegen 22.53 Uhr traf schließlich noch der um 22.31 Uhr nachgeforderte Kinder/Baby-Notarzt der Städtischen Klinik O36, der Zeuge Dr. Z28, am Hotel ein. Nachdem er von seinem Kollegen die Informationen des Geburtszeitpunktes und der erfolgten Reanimationsmaßnahmen seitens der Angeklagten und des Zeugen Z26 erhalten hatte, war ihm klar, dass eigene Wiederbelebungsmaßnahmen keinen Erfolg mehr versprachen, weshalb er davon absah und seinen Einsatz nach einem Blick auf das Kind beendete.
Um 23.04 Uhr schrieb die Angeklagte schließlich erneut eine SMS folgenden Inhalts an die Zeugin Z14:
"Kind schwere Entwicklung, 22.14 h, sofort reanimiert, Apgar 0, nach 15 min Babynotarzt, jetzt ist die Polizei da."
Gegen 23 Uhr trafen die ersten Beamten, die Zeugen PK Z29 und PK Z30 am Hotel ein, die die Kindseltern mit dem toten Säugling im Bett liegend vorfanden. In Anbetracht der angeforderten Kriminalbeamten unterließen sie aus Pietätsgründen eine Erstbefragung. Vor dem Hotelzimmer ließen sie sich sodann von der Angeklagten und dem Zeugen Z26 den Sachverhalt schildern. Die Angeklagte berichtete dabei in einem für die Zeugen auffällig ruhigen, sachlichen und emotional unbeteiligten Tonfall von der geplanten "Praxisgeburt" der aus dem Ausland angereisten Eltern. Im Beisein der Beamten, etwa eine halbe Stunde nach Einstellung der Reanimationsmaßnahmen, untersuchte der Notarzt G. Z1 erneut, um die sicheren Todeszeichen festzustellen. Im Badezimmer dokumentierte er Totenflecke sowie die bereits beginnende Totenstarre. Hier wurden auch Lichtbilder von G. Z1 angefertigt. Schließlich nahm die Angeklagte noch die Vermessung des Säuglings vor, der im Anschluss der im Bett liegenden Zeugin Z1 wieder übergeben wurde.
Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Beamten der K-Wache, die Zeugen KOK Z31, KAin Z32 und KOK Z33 am Einsatzort eingetroffen. Aufgrund der erhaltenen Mitteilung einer unklaren Todesursache ermittelten die Beamten wie in derartigen Fällen üblich im Rahmen eines ergebnisoffenen Todesermittlungsverfahrens, indem eine Befragung der Anwesenden durchgeführt wurde. Der Zeuge Z26 teilte die ihm bekannten Umstände und seine Bemühungen mit und brachte dabei seine Einschätzung zum Ausdruck, dass das Kind bei einer Entbindung im Krankenhaus mittels Kaiserschnitt hätte lebend zur Welt kommen können. Im Anschluss nahm der Zeuge KOK Z33 eine Befragung der Angeklagten vor, die angab, Ärztin und Hebamme zu sein, die Kindseltern bereits längere Zeit zu kennen und die Schwangerschaft seit Ende Mai begleitet zu haben. Sie gab weiter an, dass es in Deutschland lediglich vier oder fünf Spezialisten gebe, die eine Geburt aus Beckenendlage als Hausgeburt durchführen würden; schulmedizinisch würde in einem derartigen Fall immer ein Kaiserschnitt empfohlen, was aber nicht nötig sei. Es gäbe auch genügend Frauen, die sich den Bauch nicht aufschneiden lassen und ein Kind auf natürliche Art und Weise zur Welt bringen wollten.
Hinsichtlich des Geburtsverlaufs gab die Angeklagte wahrheitswidrig an, sich bereits nach dem ersten Anruf der Kindsmutter am frühen Morgen gegen 05.00 Uhr sowie ein weiteres Mal im Verlauf des Tages vor 16.00 Uhr in das Hotel begeben zu haben. Unzutreffend schilderte sie weitere mehrere Telefonate mit den Kindseltern im Lauf des Tages. Die Angeklagte gab an, dass bei ihrem Eintreffen gegen 16.00 Uhr die Geburt bereits relativ weit gewesen sei, das Kind gelebt habe und es ihm gut gegangen sei, während es gegen 21.00 Uhr zu einem Geburtsstillstand gekommen sei, gegen 21.45 Uhr habe die Mutter sich vor das Bett gekniet und es sei langsam zur Geburt gekommen. 10 Minuten vor der Geburt des Kindes um 22.14 Uhr seien die von ihr überprüften Herztöne des Kindes etwas langsam gewesen, weshalb sie die Geburt nunmehr beschleunigt habe. Die Angeklagte benannte die von ihr daraufhin angewandten Geburtshandgriffe und erklärte weiter, dass während der gesamten Geburt mit Ausnahme der letzten 10 Minuten keinerlei Anhaltspunkte vorgelegen hätten, die auf Schwierigkeiten hingewiesen hätten; wobei es auch in einem Krankenhaus 10 Minuten dauere, bis die Frau für die Operation vorbereitet sei. Die Angeklagte gab an, es habe sich um eine Totgeburt gehandelt, das Kind sei leblos, ohne feststellbaren Herzschlag und Atmung, mit blasser Hautfarbe und bewegungslos zur Welt gekommen. Sie habe zwar mit der Reanimation begonnen und den Notarzt informiert; an sich aber keine Hoffnung gehabt, dass das Kind reanimiert werden könnte und nur eine zweite Meinung des Notarztes haben wollen. Die Angeklagte brachte abschließend im Rahmen der Befragung auch ihre Überraschung in Bezug auf die Benachrichtigung der Polizei zum Ausdruck, wobei sie erklärte, dass es sich nach ihrer Meinung "um einen normalen Fall einer Totgeburt" handeln würde, in einem solchen Fall noch nie die Polizei informiert worden sei und im Krankenhaus durch den Gynäkologen ein natürlicher Tod bescheinigt worden wäre.
Der Zeuge KOK Z33 befragte im Anschluss nur kurz die Kindseltern, die deutlich traumatisiert unter dem Eindruck des Geschehens standen. Sie schilderten ihre Kontaktaufnahme zu der ihnen als Spezialistin für Steißlagen bekannt gewordenen Angeklagten vor dem Hintergrund ihres Wunsches nach einer natürlichen außerklinischen Geburt. Die Zeugin Z1 berichtete ebenfalls von dem Geburtsbeginn am frühen Morgen des 30.06. Wie den Eltern vor dem Erscheinen der Polizei von der Angeklagten aufgegeben worden war, bestätigten auch sie wahrheitswidrig deren Schilderung, dass es sowohl mehrere Telefonate an dem Tag gegeben habe, als auch, dass die Angeklagte sie bereits vor 16.00 Uhr an dem Tag zweimal in dem Hotel aufgesucht habe. Zu diesem Zeitpunkt und auch noch in den folgenden Tagen standen die Kindseltern noch massiv unter dem Eindruck des Geburtsgeschehens, des Schocks und der Trauer über den Tod ihres Kindes und der von der Angeklagten vermittelten Überzeugung von ihrer Kompetenz, dass sie andere Gedanken zunächst gar nicht an sich heranließen. Sie wollten nicht daran glauben, dass der Tod ihres Kindes auf einem Versäumnis und Fehlern der Angeklagten beruhe, und ließen sich zunächst auch von ihr dahin beeinflussen, anzunehmen, dass ihr Kind infolge einer Erkrankung nicht lebensfähig gewesen war. Vor diesem Hintergrund gaben sie im Rahmen ihrer ersten Befragung auch übereinstimmend an, sich trotz der "Totgeburt" weiter gut bei der Angeklagten aufgehoben zu fühlen und keine Versäumnisse ihrerseits zu erkennen. Weiter hatte die Angeklagte den Kindseltern bei dem Eintreffen der Polizeibeamten zugeflüstert, dass sie angeben sollten, die Angeklagte schon seit 3 Jahren persönlich zu kennen.
In Anbetracht der von ihnen medizinisch nicht einzuschätzenden Situation und der nicht unmittelbar zu beurteilenden Frage, ob es sich um den Fall einer Totgeburt oder geburtshilfliche Versäumnisse handelte, wurde das Verfahren von den Polizeibeamten als Todesermittlungsverfahren ohne konkreten Beschuldigten geführt.
Auf die Bitte der Kriminalpolizei stellte der Zeuge Z26 zur Vereinfachung des Leichentransports sodann eine Todesbescheinigung aus, in der er eine unklare Todesart dokumentierte. Noch in der Nacht im Anschluss an den Einsatz fertigte der Zeuge Z26 ein ausführliches, Einzelheiten enthaltendes Gedächtnisprotokoll.
Die Angeklagte verblieb noch einige Zeit bei den Eltern im Hotel. Ihr war bewusst, dass ihr angesichts des Verhaltens des Notarztes Konsequenzen drohten, was sie beunruhigte. Sie versuchte, die Kindseltern davon zu überzeugen, dass G. Z1 krank gewesen sein müsse, da die Geburt völlig normal verlaufen sei. Unzutreffend erklärte sie, dass G. Z1s Lunge sich nicht geöffnet habe und nicht zu beatmen gewesen sei und sie deshalb davon ausgehe, dass die Lunge krank gewesen sei. Auch äußerte sie ihr Bedauern darüber, überhaupt einen Notarzt gerufen zu haben, der die Situation aus ihrer Sicht völlig falsch eingeschätzt, sich unmenschlich benommen habe und man ihr nur etwas anhängen wolle. Mitgefühl mit den verzweifelten traumatisierten Eltern ließ sie nicht erkennen. Vielmehr verstieg sie sich in der Situation noch zu der vorwurfsvollen Äußerung, dass die Zeugin Z1 bei der Geburt auch nicht richtig mitgearbeitet habe.
Nachtatverhalten
Am Mittag des darauffolgenden Tages erfolgte auf Anordnung der Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Wohn- und Praxisräume der Angeklagten, um Behandlungsunterlagen sicherzustellen. Die Angeklagte informierte einen befreundeten Rechtsanwalt, den Zeugen Z34, dessen Eintreffen abgewartet wurde. Sie händigte sodann die einzigen zur Verfügung stehenden Unterlagen, eine Karteikarte und einen Kalender, von dem auszugsweise eine Kopie angefertigt wurde, aus. Die Angeklagte erklärte gegenüber den Beamten, u.a. dem Zeugen KHK Z35, dass sie Notizen am gestrigen Tag ausschließlich in ihrem Kalender vorgenommen habe und eine schriftliche Fixierung der Geschehnisse vom Vortag noch vornehmen wolle. Sie äußerte weiter, dass ihres Erachtens in einem Krankenhaus ein natürlicher Tod bescheinigt worden wäre, und sie den Fehler gemacht habe, den Notarzt hinzuzurufen, anstatt die Todesbescheinigung selbst auszustellen.
Die von der Angeklagten übergebene Karteikarte enthielt neben den Personalien der Zeugin Z1 und des Kindsvaters lediglich die handschriftlichen Eintragungen; "2008 E.T. (US) 18.-22.6. sowie unter der Rubrik Schwangerschaft, in der Eintragung Beratung "29.5." und CTG "25.6. durchschnittl. HF 124 - 145". Mit Bleistift hatte sie in einer Ecke der Karteikarte den Eintrag "2005 über ..." vorgenommen; offensichtlich im Anschluss an die Geburt, um die längere behauptete Bekanntschaft zu dokumentieren. In dem Kalender hatte die Angeklagte unter dem Datum des 30.06. lediglich fragmentarische Eintragungen zum Geburtsverlauf gemacht. Während in einer mit Uhrzeiten von 7 bis 21 versehenen Tabelle lediglich die Eintragung erfolgte: 5.00, wobei die zuvor notierte Uhrzeit von 4.00 Uhr überschrieben wurde, ...(Vorname Z1) Va FBS (Verdacht auf Fruchtblasensprung, vereinz. Wehen", fanden sich unter der Rubrik Notizen insgesamt folgende Eintragungen:
"16.00 plötzlich Presslust, wechselnde Seitenlage, Abg. v. reichl. Mekonium
16.08 A. (für Ankunft) HT (=Herztöne) normfrequent kein Pressdrang mehr
17.50 Unruhe VU (Vaginaluntersuchung) Steiß fast BM (Beckenmitte) HTnf.
18.00 Frösteln
18.22 "Es kommt was" HT normfrequent, viel Mek.
19.05 HT nf. 4F (Vierfüßler) geht nicht zeitweilig kurzer Pressdrang
20.20 Toilette Kontr. (Kontraktionen) seltener, schmerzhaft, Pausen länger, kein Geb.fortschritt, Pinkeln nicht möglich, Frau schlapp, insgesamt aber besser erträgliche Situation
21.00 Steiß tiefer fast BA (Beckenausgang) HT nf. - Riechen - Espresso
Hierauf beschränkte sich die während des Geburtsvorgangs erfolgte Dokumentation seitens der Angeklagten, die neben der fehlenden kontinuierlichen Überwachung der Herztöne des Ungeborenen und des mütterlichen Pulses ebenfalls völlig unzureichend war. Sowohl nach der Berufsordnung für Hebammen (§ 2 Nr. 10; § 6) als auch nach dem Hebammengesetz NRW (§ 1 Abs. 2 Nr. 3) ist unter anderem über den Geburtsverlauf eine Dokumentation so abzufassen, dass die gesamte Tätigkeit während der Geburt nachvollziehbar ist. Unter zahlreichen anderen Punkten sind insbesondere alle aus Temperatur-, Puls- und Blutdruckkontrolle gewonnenen Werte zu dokumentieren, die mit dem Hörrohr oder technischen Hilfsmitteln festgestellten Frequenzen der kindlichen Herztöne müssen dokumentiert werden, wobei die Herztöne dem Geburtsverlauf angepasst in kurzen Zeitabständen zu ermitteln und dokumentieren sind. Insgesamt hätte die Angeklagte aufgrund der langen Dauer der Geburt die Herztöne des Kindes etwa 70-mal kontrollieren müssen. Mindestens alle zwei Stunden sind über Häufigkeit und Qualität der Wehentätigkeit Aufzeichnungen zu machen; durch regelmäßige Untersuchungen müssen Befunde wie Cervix und Muttermund (Beschaffenheit und Weite) erhoben und dokumentiert werden. Zur Abgrenzung der Austreibungsphase und Eröffnungsperiode sind die vollständige Eröffnung des Muttermundes und der Höhenstand des vorangehenden Teils des Kindes sowie der Beginn der Presswehen zeitlich festzuhalten. Insbesondere bei einer verlängerten Austreibungsphase ist das Befinden der Gebärenden genau zu beschreiben, wobei ergänzende Angaben über die Häufigkeit und Qualität der Wehen sowie über den Zustand des Kindes erforderlich sind. All das hat die Angeklagte während der Geburt des Kindes G. Z1 vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Einstellung, dass die Geburt ein natürlicher Vorgang ist, so lange dauert, wie sie braucht und eine Kontrolle von Werten überflüssig ist, unterlassen.
Während der polizeilichen Maßnahmen erschienen auch die Kindseltern zur Nachuntersuchung bei der Angeklagten. Auf vorherigen telefonischen Wunsch des Zeugen Z35 händigten sie den Mutterpass, Ultraschallaufnahmen und Untersuchungsunterlagen ihrer behandelnden Gynäkologin in O23 aus.
Die Angeklagte ließ in dem nachfolgenden Gespräch nur wenig Mitgefühl mit den trauernden Eltern erkennen. Vielmehr gab sie wiederholt ihrer Sorge vor ihr nunmehr drohenden Konsequenzen bis hin zu einem Berufsverbot Ausdruck. Sie äußerte, dass man ihr nun "etwas anhängen wolle" und "viele nur darauf warten würden, sie fertigzumachen". Sie versuchte die Eltern erneut davon zu überzeugen, dass die Geburt völlig normal verlaufen sei und berichtete diesen erstmals davon, während des Geburtsgeschehens Kontakt zu der Zeugin Z14 aufgenommen zu haben, die ihr zu einem Oxytocintropf geraten habe, was sie jedoch abgelehnt habe.
Während die Angeklagte die Kindseltern erneut darum bat, bei ihrer noch anstehenden polizeilichen Vernehmung anzugeben, dass sie schon lange miteinander bekannt seien, wirkte der mit ihr befreundete Rechtsanwalt Z34 nach vorheriger Abstimmung mit der Angeklagten zur Verhinderung von Konsequenzen für sie auf die Eltern ein, dass sie ein Schreiben verfassen sollten, in dem sie bekunden sollten, entgegen der Empfehlung der Angeklagten unter der Geburt eine Verlegung in ein Krankenhaus abgelehnt zu haben. Die Zeugen Z1 weigerten sich jedoch, ein solches Schreiben aufzusetzen, da dies nicht der Wahrheit entsprach. Zu keinem Zeitpunkt hatte die Angeklagte auf Komplikationen hingewiesen und erst recht keine Verlegung in ein Krankenhaus angeraten, der die Zeugen in dem Fall unmittelbar nachgekommen wären.
Auf den Rat des Zeugen Z34 hin nahm die Angeklagte im Anschluss eine ausführliche Dokumentation der Geburtsereignisse vor, die allerdings in zahlreichen Punkten unzutreffend und ohne konkrete Vorlagen in Bezug auf Messwerte und Uhrzeiten ergänzt worden ist. Zudem fertigte die Angeklagte mindestens drei Versionen eines entsprechenden "Gedächtnisgeburtsprotokolls", die in Bezug dokumentierter Vorkommnisse noch voneinander abwichen sowie z.T. auch unterschiedliche Messwerte in Bezug auf die Herzfrequenzwerte enthielten. Den im Kalendereintrag enthaltenen zweimaligen Mekoniumabgang konnte die Angeklagte dabei nicht verheimlichen.
Soweit von der Verteidigung im Rahmen des Plädoyers vorgetragen worden ist, dass die unterschiedlichen Versionen der Gedächtnisprotokolle auf der detaillierteren Erinnerung der Angeklagten mit weiterer gedanklicher Beschäftigung mit den Vorgängen entstanden seien, ist dies angesichts der unterschiedlichen Dokumentation konkreter Zahlen in einer der Staatsanwaltschaft, einer den Kindseltern übergebenen Version und der aus dem Inhalt des sichergestellten Laptops der Angeklagten ersichtlichen Version nicht nur unplausibel, sondern unter weiterer Berücksichtigung des Umstands, dass Fakten, wie die telefonische Kontaktaufnahme der Kindseltern am frühen Morgen und zu der Hebamme Z14 etwa in der der Staatsanwaltschaft übersandten Version völlig fehlen, offenkundig falsch.
Jeweils stellte die Angeklagte in den Protokollen die Situation unzutreffend so dar, als seien die kindlichen Herztöne bis etwa 20 Minuten vor der Geburt völlig unauffällig gewesen und hätten um 22.02 Uhr 100 bpm betragen. Weder hatte sie diese ausreichend gemessen, noch zutreffend dokumentiert, noch war die Herzfrequenz bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich unauffällig gewesen. Vielmehr hatte sich der von G. Z1 unter der Geburt wiederholt bzw. andauernd, und durch den für die Angeklagte auch sichtbaren Mekoniumabgang erkennbar erlittene Sauerstoffmangel, auch auf die Herzfrequenz ausgewirkt, und diese war mitnichten noch 10 Minuten vor dem Austritt aus dem Mutterleib in der dokumentierten Frequenzhöhe. Der eingetragene Wert wurde von der Angeklagten nachträglich fingiert; der Versuch, zu diesem Zeitpunkt mit dem Hörrohr die konkreten Herztonwerte zu ermitteln, war ihr vielmehr nicht möglich gewesen.
In dem am 01.07.2008 an die Kreispolizeibehörde O8 mit der Bitte um Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft Dortmund übersandten "Gedächtnisgeburtsprotokoll des Kindes G. Z1 (Totgeburt)" schilderte sie nunmehr eine erste Kontaktaufnahme durch den Kindsvater mit einem Anruf um 16.02 Uhr mit "der Bitte um Untersuchung der werdenden Mutter".
Das den Kindseltern am selben Tag übergebene Protokoll enthielt als vorhergehende Eintragung: "Fraglicher Geburtsbeginn gegen 4 Uhr morgens mit Abgang von wenig klarem Fruchtwasser und leichten Kontraktionen bei bekannter Steißlage und Erstparität. Über den Tag dann langsame Steigerung der Wehentätigkeit bei normalen Kindsbewegungen".
Das dritte angefertigte Protokoll enthielt als erste Eintragung für den 30.06.:
"Ca. 5 Uhr: Telefonat wegen Abgangs von Fruchtwasser und Beginn leichter Wehentätigkeit, Kindsbewegungen vorhanden, Beratung über Verhalten (Ruhe, Wärme und Entspannung) bei fraglichem Geburtsbeginn".
Während das für die Staatsanwaltschaft angefertigte Protokoll die neunmalige Messung der Herztöne des Ungeborenen jeweils vor, während und nach einer Wehe beschreibt, enthält die den Eltern übergebene Version 4 Zeitpunkte, die im Laptop sichergestellte 11 Messungen. Nahezu in sämtlichen Fällen stimmten die Werte nicht überein; so trug die Angeklagte für den Zeitpunkt des Mekoniumabgangs um 18.22 Uhr in der staatsanwaltschaftlichen Version den Wert von 124 ein, in der auf dem Laptop gespeicherten Version lautet der Wert 132; für die Zeit von 19.50 Uhr enthält das erstgenannte Protokoll den Wert 120-128, das den Kindseltern übergebene Protokoll den Wert 124-132.
Gleiches gilt für die Beschreibung des Geburtsfortschritts. Während das der Staatsanwaltschaft übersandte Protokoll für den Zeitpunkt ihres Eintreffens um 16.08 Uhr den Muttermundsbefund als bis auf einen Saum eröffnet beschreibt, wird dieser Zeitpunkt in dem den Kindseltern übergebenen Protokoll und in der sichergestellten Version auf 17.50 Uhr festgelegt.
Eine ausdrückliche Dokumentation des fehlenden Geburtsfortschritts findet sich allein in der den Kindseltern übergebenen Version ("20.20 Uhr während der nächsten 20 Minuten gibt es keinen Hinweis auf einen Geburtsfortschritt"); das Telefonat mit der Zeugin Z14 ist, wie dargelegt, allein in der sichergestellten Version zu finden.
In der Zeit zwischen dem 30.06. und dem 02.07. nahm die Angeklagte erneut Kontakt zu der Zeugin Z14 auf. Angesichts der polizeilichen Ermittlungen und ihrer Kenntnis von der zu ermittelnden tatsächlichen Todesursache des Kindes befürchtete die Angeklagte erhebliche Konsequenzen, weshalb sie gemeinsam mit der befreundeten Hebamme nach Lösungen suchte. Wichtig erschien beiden eine Freizeichnung der Angeklagten in der Form, dass die Durchführung der Hausgeburt und eine unterbliebene Verlegung in ein Krankenhaus allein auf die Initiative und den Wunsch der Kindseltern zurückzuführen waren. Da die Unterzeichnung eines entsprechenden Formulars unter Einbeziehung des Rechtsanwalts Z34 nicht gelungen war, überlegte man sich, dass die Zeugin Z14 im Rahmen eines Aufenthalts der Kindseltern auf der Insel O13, der ihnen formal als Hilfe bei der Trauerarbeit angeboten werden sollte, erneut auf die Eltern einwirken, sie von dem natürlichen Tod ihres Kindes überzeugen und eine entsprechende Unterschrift erlangen sollte. Es liegt nahe, dass sowohl die Angeklagte als auch der Zeuge Z34 an dem Entwurf eines entsprechenden Formulars beteiligt waren. Konkrete Feststellungen hat die Kammer dazu nicht treffen können.
Am 02.07.2008 wurde G. Z1 obduziert. Die Obduktion ergab keine Hinweise auf eine stattgehabte grobe mechanische Gewalteinwirkung von todesursächlicher Relevanz. Auch fanden sich etwaige Organmissbildungen als Erklärung für den eingetretenen Tod autoptisch nicht. Sämtliche Organe des Kindes waren, wie auch eine spätere histologische, kardiologische und fetalpathologische Untersuchungen ergaben, altersentsprechend entwickelt, gehörig angelegt und ohne jegliche Hinweise auf eine Fehlbildung oder Erkrankung. Es fanden sich petechiale Blutungen als Zeichen des Sauerstoffmangels unter dem Lungenfell, dem Herzaußenfell und der Thymusdrüsenkapsel. Weiter zeigten sich eine akute Blutfülle des Gehirns und ein Hirnödem. Die Magenschwimmprobe und die Schwimmprobe der Dünndarmschlingen im oberen Drittel waren positiv.
Das Herz war von der Größe der rechten kindlichen Leichenfaust, das Herzgewicht betrug 25 g. Die Herzklappen waren gehörig angelegt, die Herzkranzarterien mit gehörigen Abgängen. Die rechten Herzhöhlen waren schlaff ausgeweitet, vereinzelt fanden sich unter dem Herzaußenfell bis stecknadelkopfgroße Blutungen. Die Kammerwandstärke betrug rechts 4 mm und links 6 mm; insgesamt fand sich kein Nachweis einer Herzmissbildung. Auch die Lunge war altersentsprechend entwickelt. Beide Lungenflügel waren gehörig gelappt; das Gewicht des rechten Lungenflügels betrug 25 g, das des linken 20 g; auch die Lungenschlagadern waren gehörig angelegt. Das Lungengewebe erschien abschnittsweise belüftet, in überwiegenden Arealen jedoch minderbelüftet. Unter dem Lungenfell zeigten sich ebenfalls einzelne bis stecknadelkopfgroße Blutungen. Die Lungenschwimmprobe des rechten und linken Lungenflügels war positiv; die des gesamten Hals-Thorax-Paketes (ohne Herz) negativ.
Die Leber wog 200 g; es zeigte sich eine zarte Leberkapsel und am Schnitt ein blutreiches Organ von tiefbraunroter Farbe. Sämtliche weiteren inneren Organe wiesen keine Auffälligkeiten auf.
Auch die Plazenta war von gehöriger Größe ohne grobsichtig relevante Alterationen als Erklärung für eine hierdurch bedingte Sauerstoffnot unter der Geburt; auffällig, aber ohne Bedeutung, war lediglich ein randständiger Ansatz der Nabelschnur. Bei Würdigung des Sachverhalts aus der Vorgeschichte und der Berücksichtigung aller Obduktionsbefunde zählte nach Auffassung des Rechtsmediziners Dr. C3, Leiter des rechtsmedizinischen Instituts O36s, insbesondere eine Hypoxie, d.h. ein Sauerstoffmangel, unter der Geburt zu dem differenzialdiagnostischen Todesursachenspektrum, was sich nach der Durchführung weiterer histologischer, neuropathologischer, chemischtoxikologischer, fetalpathologischer und kardiologischer Untersuchungen zweifelsfrei bestätigen sollte. Für chemischtoxikologische Analysen nebst Alkoholbestimmung wurden Proben zurückbehalten; für histologische Untersuchungen standen Proben der wichtigen Organe in Formalin fixiert zur Verfügung. Das Gehirn wurde für eine neuropathologische Untersuchung insgesamt asserviert und in Formalin fixiert. Desweiteren wurde die Plazenta asserviert und in Formalin fixiert.
Die Kindseltern, denen Mitteilung von dem Ergebnis der Obduktion gemacht worden war, führten im Anschluss ein Telefonat mit der Angeklagten, in dem sie erneut versicherte, dass die Geburt völlig normal verlaufen, aber G. Z1s Lunge nicht zu beatmen gewesen sei. Sie - die Angeklagte - wolle versuchen, an die Plazenta zu gelangen, um diese auf ein mögliches Virus als Ursache für die Lungenschädigung untersuchen zu lassen. Während dieses Telefonats unterbreitete die Angeklagte den Kindseltern auch den Vorschlag, sich auf O13 im Haus der Zeugin Z14 kostenlos erholen zu können, die selbst 10 Tage beruflich unterwegs sei.
Bei ihrer polizeilichen Vernehmung am darauffolgenden Tag standen die Zeugen Z1 immer noch unter dem Eindruck des traumatischen Geschehens. Nach wie vor wollten sie sich, auch als Folge eines Selbstschutzes, eine Verantwortlichkeit der Angeklagten für den Tod ihrer Tochter nicht eingestehen und an eine Organschädigung als unvermeidbare Todesursache glauben. Entsprechend nahmen sie die Angeklagte in Schutz; so gab die Zeugin Z1 dem Wunsch der Angeklagten folgend wahrheitswidrig an, diese bereits seit 2005 zu kennen. Auch gaben beide ihrer Überzeugung Ausdruck, dass ein organisches Problem vorgelegen haben müsse, man kein Verschulden der Hebamme sehe und bei einer Problemschwangerschaft erneut deren Hilfe in Anspruch nehmen würde.
Im Anschluss an die Vernehmung fuhren die Eltern gemeinsam mit der als Krankenschwester tätigen Mutter der Zeugin Z1 erneut zu der Angeklagten. Anlässlich dieses Gesprächs legte die Angeklagte den Kindseltern eine Erklärung vor, mit der sie bestätigen sollten, ca. 20 Fachartikel über Beckenendlagen gelesen zu haben. Diese Erklärung unterschrieben die Zeugen, da sie sich tatsächlich zuvor über die Kindslage und Entbindungsmöglichkeiten informiert hatten. Weiter versuchte die Angeklagte erneut, die Kindseltern von einer organischen Todesursache zu überzeugen. Sie gab an, dass die Plazenta normal gewesen sei und schilderte wiederum, dass G. Z1s Lunge nicht zu öffnen und wie zugewachsen gewesen sei. Als Ursache vermutete sie einen Gendefekt der Kindsmutter oder ein seltenes plazentagängiges Virus, das bei einer normalen gerichtsmedizinischen Obduktion nicht zu erkennen und in Deutschland auch nur wenig erforscht sei. Während sie dies zuvor zu keinem Zeitpunkt geäußert hatte, erklärte die Angeklagte nunmehr, anlässlich einer Vorsorgeuntersuchung, bei der die Zeugin Z1 ein leichtes Stechen in der Lunge verspürt habe, einen Virusbefall vermutet zu haben. Um die Eltern von ihrer Version zu überzeugen, machte die Angeklagte Ausführungen dazu, dass eine Erkenntnis über die Todesursache von erheblicher Bedeutung auch für weitere Schwangerschaften sei, sofern es sich um einen Gendefekt handeln würde, weshalb sie daran interessiert sei, einem renommierten Professor aus O22 Gewebeproben zur Untersuchung zu schicken. Da die in der Gerichtsmedizin entnommenen Gewebeproben nicht ausreichen würden, überzeugte die Angeklagte die Kindseltern schließlich davon, ihr eine Organentnahme zu gestatten, um durch eine Untersuchung die organische Todesursache belegen zu können. Die Eltern Z1 klammerten sich an diese verzweifelte Hoffnung, eine außerhalb des Geburtsgeschehens liegende Erklärung für den Tod ihres Kindes zu erhalten. Sie unterzeichneten daraufhin die von der Angeklagten vorgefertigte Erklärung folgenden Inhalts:
"Wir beauftragen unsere Ärztin, Frau ... S., dem Leichnam unserer Tochter einige Organe (z.B. Lunge, Niere, Leber) zu entnehmen.
O8, 3.07.08"
Noch am selben Abend begab sich die Angeklagte in Begleitung der Mutter der Nebenklägerin, der Zeugin M. Z1, zu dem Bestattungsinstitut ... in O8. Sie beschränkte sich jedoch nicht auf die Entnahme "einiger" Organe, sondern entnahm dem Leichnam des Neugeborenen nahezu sämtliche Organe: neben dem Zungenkörper und dem Zungengrund entnahm sie dem kindlichen Körper das Darmkonvolut - Dünn- und Dickdarm -, den Magen, den Zwölffingerdarm, das Zwerchfell, die Bauchschlagader, das Rektum, die Vagina, den Uterus und Adnexe, die Harnblase, Drüsengewebe, Nieren- und Lungengewebe, Herzmuskelgewebe, Thymus, Leberanteile und die Gallenblase sowie ein Stück der Nabelschnur.
Nach ihrer Rückkehr legte die Angeklagte die Organe G. Z1s im Beisein ihrer Eltern in ihren Kühlschrank in der Küche, wobei sie zusicherte, diese in Formalin einzulegen und in einem Spezialgefäß zur Untersuchung nach O22 zu verschicken. In einer E-Mail vom 09.07.2008 an den Zellbiologen und Plazentologen Prof. Dr. Z20 richtete die Angeklagte eine Anfrage wegen der Untersuchung der Organe, was dieser jedoch mit der Begründung, dass dies nicht zu seinem Spezialgebiet gehöre, zurückwies. In ihrem Anschreiben gab die Angeklagte unzutreffend an, bei dem Neugeborenen sei eine faktische Unpassierbarkeit der kindlichen Lunge aufgefallen; bei der Kindsmutter hätten sich in den Wochen vor der Geburt Hinweise auf ein virales Geschehen mit immer wiederkehrenden Abgeschlagenheitsschüben und zeitweiligen "Lungenstichen" mit breiten Intervallen ohne jegliche Symptomatik gezeigt. Diese Darstellung war unwahr. Nachgeburtlich hätte die Kindsmutter eine auffällige, leicht livide Hautfärbung der Beine und eine wechselnde an Petechien erinnernde Zeichnung gezeigt.
Sofern es anderweitig eine von der Angeklagten initiierte Untersuchung des Gewebes gegeben hat, war diese ohne nennenswertes Ergebnis. Die Organe des Kindes G. Z1 waren sämtlich gesund. Die Angeklagte bewahrte die gesamten Organe noch mehrere Jahre später bis zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung, während derer sie nach einem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss der Kammer sichergestellt werden konnten, in ihrem Haus auf. Teilweise hatte sie sie in Gläsern in einer Formalinlösung eingelegt, teilweise in einer Plastiktüte eingeforen im Eisfach ihres Küchenkühlschranks neben Lebensmitteln gelagert.
In einem am Abend des 03.07.2008 weiter geführten Gespräch berichtete die Angeklagte den Kindseltern nunmehr davon, bei der Geburt daran gedacht zu haben, eine Kollegin aus dem Gemeinschaftskrankenhaus O20 - ein u.a. auf Beckenendlagenentbindungen spezialisiertes anthroposophisches Krankenhaus - anzurufen, um dorthin zu verlegen, wenn die Kollegin Dienst gehabt hätte. Einen von der Angeklagten weiter in dem Gespräch geäußerten Satz " dass sie - die Kindseltern - extra so weit angereist seien, um eine natürliche Geburt zu haben" und sie - die Angeklagte - deshalb voreingenommen gewesen sei, konnten die Zeugen zu dem Zeitpunkt nicht einordnen. Weiter erklärte die Angeklagte, dass sie bewusst den Notarzt erst etwa 5 Minuten später habe rufen lassen, da sie es als furchtbar ansehe, wenn Kinder in Krankenhäusern um jeden Preis wiederbelebt würden und dann nur noch wie Pflanzen vor sich hin vegetieren würden, bis die Eltern entscheiden müssten, die Geräte abzustellen oder mit einem schwer behinderten Kind leben müssten.
Angesichts dieser Äußerungen der Angeklagten spürten die Zeugen Z1 langsam erste Zweifel an ihrer Kompetenz und Verantwortlichkeit im Hinblick auf den Geburtsverlauf.
Am Morgen des 04.07. - die Kindseltern hatten im Haus der Angeklagten übernachtet - kam es zu einem weiteren Gespräch, in dem die Zeugen die Angeklagte unter anderem auf den von ihr in dem Buch "Hebammenkunde" verfassten Artikel über Beckenendlagen und deren Entbindung unter Klinikbedingungen ansprachen, wobei die Angeklagte erklärte, dass sie aus Gründen des Verlages nichts anderes habe schreiben dürfen. Bei einem ebenfalls an diesem Tag mit der Zeugin Z14 geführten Telefonat bekräftigte diese eine Einladung auf die Insel, wobei sie unter Schilderung einer eigenen im Jahre 1993 erlittenen Totgeburt Verständnis für die trauernden Eltern heuchelte.
Der Leichnam von G. Z1 wurde am 04.07.2008 im Krematorium in O27 eingeäschert und am 07.07. in Altrip beigesetzt. Einer Einladung der Eltern zur Beerdigung kam die Angeklagte nicht nach.
Am darauffolgenden Tag reisten die Zeugen Z1 sodann nach O13, wo sie sich Unterstützung bei der Trauerarbeit und Ablenkung versprachen. Nach ihrer Ankunft suchten sie gemeinsam mit der Zeugin Z14, die sie am Fähranleger abholte, ein Restaurant auf. Noch auf der Autofahrt berichtete die Zeugin Z14 davon, dass bei ihrer Schwangerschaft der Gynäkologe im achten Schwangerschaftsmonat eine Einblutung in die Plazenta festgestellt und aus dem Grund einen Kaiserschnitt empfohlen habe. Sie habe daraufhin das Krankenhaus verlassen, sei im Wald spazieren gegangen und habe den Tod ihres ungeborenen Kindes abgewartet. Dieses Verhalten begründete die Hebamme damit, dass nach ihrer Überzeugung nur Kinder, die es aus eigener Kraft auf die Welt schaffen würden, eine Daseinsberechtigung hätten.
Bei dem anschließenden Gespräch im Restaurant berichtete die Zeugin Z14 auch von dem telefonischen Kontakt mit der Angeklagten während der Geburt und ihrem Rat, angesichts des protrahierten Geburtsverlaufs eine Verlegung in ein Krankenhaus vorzunehmen, was die Angeklagte, wie auch die Gabe eines Oxytocintropfes, abgelehnt habe. Man habe sich dann auf ein Zeitlimit von zwei Stunden geeinigt und im Falle eines Geburtsstillstandes eine Verlegung angedacht. Die Zeugin Z14 berichtete den Eltern weiter davon, dass die Plazenta nach den Angaben der Angeklagten auffällig gewesen sei, was die Kindseltern angesichts der vorangegangenen anderslautenden Äußerung der Angeklagten verwunderte.
Im Verlauf des Abends versuchte die Zeugin Z14 die Kindseltern davon zu überzeugen, den Tod ihres Kindes als Schicksalsschlag zu akzeptieren. Sie verwies dabei auf ein tibetisches Buch vom Leben und Sterben, wonach der Geist eines Verstorbenen 6 Wochen in Frieden gelassen werden müsse, damit er in Frieden gehen könne. Die Eltern sollten deshalb nicht nach den Ursachen für ihren Tod suchen, damit G. Z1s Seele sich in Ruhe von der Welt verabschieden könne. Die Zeugin berichtete weiter davon, die Angeklagte von Gedanken nach G. Z1s Tod, die Geburtshilfe aufzugeben, abgebracht zu haben, da sie beide die letzten Kämpferinnen für die natürliche Geburt in Deutschland seien. In dem Zusammenhang berichtete sie weiter von einer gemeinsam mit der Angeklagten auf der Insel geplanten Drillingsgeburt im August. Bei einem an das Essen anschließenden Strandspaziergang unterhielt man sich über den bereits seit langem gehegten Wunsch der Zeugin Z1, ebenfalls eine Hebammenausbildung absolvieren zu wollen, wovon die Zeugin Z14 ihr mit der Bemerkung abriet, dass Schwangere gequält und ihnen die Bäuche aufgeschnitten würden.
Am Morgen des 09.07. begann die Zeugin Z14 sodann mit der gemeinsam mit der Angeklagten geplanten Einwirkung auf die Zeugen, um eine Unterschrift unter die für die Angeklagte günstige Erklärung zu erhalten. Sie sprach zunächst die Zeugin Z1 an, während der Zeuge Z1 Einkäufe erledigte. Sie versuchte wie beiläufig zu erwähnen, dass die Angeklagte noch eine schriftliche Bestätigung benötige, die sie ihr anschließend mitnehmen wolle, des Inhalts, dass die Zeugen von ihr über alle Risiken einer Beckenendlagengeburt aufgeklärt worden seien, gleichwohl unbedingt auf einer Hausgeburt bestanden und eine Verlegung in ein Krankenhaus unter der Geburt entgegen deren Rat abgelehnt hätten. Anderenfalls käme die Angeklagte in "Teufels Küche", da Beckenendlagenentbindungen in NRW nicht außerklinisch gemacht werden dürften. Die Zeugin Z1 lehnte eine solche Unterschrift angesichts anderslautender Erklärungen der Angeklagten und da dies nicht der Wahrheit entsprach ab. Während des nachfolgenden gemeinsamen Frühstücks versuchte die Hebamme weiter, auf die Eltern einzuwirken. Sie äußerte erneut, dass der Tod G. Z1s als Schicksalsschlag und quasi natürliche Selektion zu akzeptieren sei, und berichtete von ihren Lehrjahren in Indien und auf Trinidad. In Indien seien neugeborene gesunde Töchter mit Gift getötet worden, eine Vorstellung, die doch den Tod G. Z1s relativiere. Auch in Deutschland müsse man bei der Hebammenausbildung bei Aborten assistieren, wenn mit einer langen Spritze durch die Fruchtblase in das Herz des Embryos gestochen werde.
Als die Zeugen Z1 und Z1 auch auf weitere Einwirkungen der Hebamme Z14 eine Unterschriftleistung verweigerten, drohte sie ihnen mit weiteren Konsequenzen. Sie erklärte den Eltern, dass sie selbst auch mit einer Anzeige wegen Mordes rechnen müssten, und dass man angesichts der Umstände, dass ein Paar aus Lettland anreise, um in einem Hotelzimmer zu entbinden, auch auf die Idee kommen könne, dass der Vater das Kind vielleicht nie gewollt habe.
Die Kindseltern waren aufgrund dieses Verhaltens der Hebamme, von der sie sich tröstende Worte und Verständnis erwartet hatten, völlig konsterniert, und sie verspürten das zutreffende Gefühl, manipuliert werden zu sollen. Sie beschlossen daraufhin, unmittelbar nach der Abreise der Zeugin Z14 deren Haus zu verlassen. Eine Unterschriftleistung verweigerten sie nach wie vor, und zwar unter Hinweis darauf, dass eine entsprechende Risikoaufklärung im Vorfeld tatsächlich nicht stattgefunden hatte, im Gegenteil immer ausdrücklich eine Verlegung in ein Krankenhaus bei Auftreten etwaiger Probleme besprochen worden war und die Angeklagte zu keinem Zeitpunkt während der Geburt eine Verlegung angesprochen, geschweige denn angeraten und die Kindseltern eine solche insbesondere nie verweigert hätten. Die Zeugin Z14 verabschiedete sich schließlich am Mittag mit der Ankündigung von ihnen, nunmehr zu der Angeklagten zu fahren, um gemeinsam mit ihr den Notarzt "fertig zu machen", wobei sie auf Nachfrage des Zeugen Z1 bestätigte, ihn anzeigen zu wollen. Noch am selben Abend verließen die Kindseltern das Haus der Zeugin Z14 und reisten nach einer Nacht im Hotel von der Insel ab.
Mit weiterem Abstand von dem Geburtsgeschehen und in Anbetracht des Verhaltens der Angeklagten und der mit ihr befreundeten Zeugin Z14 kamen die Kindseltern immer mehr zu der Überzeugung, dass der Tod ihres Kindes nicht, wie von der Angeklagten behauptet, eine organische Ursache hatte, sondern der Grund in einem Fehlverhalten der Angeklagten lag. Man entschloss sich dazu, die Polizei von der inzwischen geänderten Einstellung sowie auch von der im August auf O13 unter Beteiligung der Angeklagten geplanten Drillingsgeburt in Kenntnis zu setzen, um anderen Eltern ein ähnliches Schicksal zu ersparen. In einem daraufhin am 24.07.2008 mit dem Zeugen KHK Z35 geführten Telefonat teilte der Zeuge Z1 sowohl die Tatsache der während des Geburtsgeschehens erfolgten Kontakte zwischen der Angeklagten und der Zeugin Z14 sowie die Umstände der von der Hebamme als "Lehrgeburt von Drillingen als Hausgeburt" bezeichnete geplante Mehrlingsgeburt unter Beteiligung der Angeklagten im August 2008 mit, was im weiteren zu einer Auswertung des Handyverkehrs der Angeklagten führte.
Die Plazenta wurde im Oktober 2009 nach Übersendung durch den Rechtsmediziner Dr. C3 im Pathologischen Institut O36 durch den Sachverständigen Dr. C4 untersucht. Dabei ergaben sich keine Hinweise auf eine akute Plazentainsuffizienz; die festzustellenden älteren Durchblutungsstörungen der Plazenta, die eine latent eingeschränkte Leistungskapazität zeigte, waren von keiner Bedeutung. Es fanden sich lediglich einzelne bis maximal 20 mm messende gelblichweiße Infarkte auf den Schnittflächen, welche insgesamt weniger als 10 % der Plazentafläche einnahmen. Probleme im Rahmen einer Geburt entstehen erst in einem Bereich von ca. 20 %.
Auch eine Chorioamnionitis - eine Infektion des Plazentagewebes - bzw ein Amnioninfektionssyndrom - eine Infektion der Eihöhle, Plazenta oder der Eihäute mit der Gefahr einer Sepsis für das Ungeborene - oder eine Vaskulitis - eine durch autoimmunologische Prozesse ausgelöste Entzündung - der Nabelschnur lagen nicht vor. Plazentagewicht und Plazentaquotient (Gewicht der Plazenta/Gewicht des Neugeborenen) lagen mit 421 g bzw. 0,131 im Normbereich eines reifen Neugeborenen etwa der 40. Schwangerschaftswoche. Auf eine später erfolgte Anfrage der Angeklagten bei dem Plazentologen Prof. Dr. Z20 unter Übersendung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. C4 bestätigte dieser dessen Befund, der eine Gefährdung des Kindes durch eine Funktionseinschränkung der Plazenta ausschließen ließ.
Die neuropathologische Sektion des Gehirns von G. Z1 im Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums O28 ergab ein altersgemäß differenziertes und entwickeltes Gehirn ohne feststellbare Fehlbildungen. Eine mögliche Entwicklungsstörung oder eine Fehlbildung als Todesursache ließen sich ausschließen. Ebenso fanden sich keinerlei Anhaltspunkte für einen kongenitalen Hirntumor oder ein entzündliches Geschehen im Sinne einer akuten eitrigen Meningitis oder Enzephalitis, d.h. einer Hirnhaut- bzw. Gehirnentzündung oder einer kongenitalen, d.h. bereits vor oder unter der Geburt erworbenen Infektion mit sogenannten TORCH-Erregern (Toxoplasmose, Syphilis, Listeriose, Röteln, Cytomegalievirus oder Herpesviren). Demgegenüber fanden sich Zeichen einer frischen hypoxämischen Hirnschädigung sowie umschriebene frische Subarachnoidalblutungen und ein deutliches Hirnödem, die das morphologische Korrelat für einen Sauerstoffmangel unter der Geburt darstellen.
In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Rechtsmediziners Dr. C3 wurden die neuropathologischen Befunde als mit einem unter der Geburt eingetretenen Tod in Folge einer Hypoxie bei stark erniedrigter Herzfrequenz und Steißlage angesehen, während andere mögliche cerebrale Todesursachen differentialdiagnostisch sicher auszuschließen waren.
Nach einer ergänzend in Auftrag gegebenen Beurteilung des kindlichen Herzens durch den Kinderkardiologen Prof. Dr. C5, Direktor der Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie in O29, des Herz- und Diabeteszentrums NRW, Universitätsklinik der R.-Universität O2, auf der Grundlage der Ermittlungsakten, des Obduktionsbefundes und des neuropathologischen Gutachtens, ließ sich auch das Vorliegen eines angeborenen Herzfehlers sicher ausschließen.
Die toxikologische Analytik eines Teils der Leber und einer Blutprobe, die über das Institut für Blutgruppenforschung in O45 in den Laboratorien der LGC Ltd. in O30, Großbritannien durchgeführt wurde, erbrachte keinen Anhalt für das Vorliegen einer Vergiftung; insbesondere verliefen die Nachweise auf die Drogen Amphetamine, Benzodiazepine, Cannabinoide, Kokainmetaboliten, Methadon, Methylamphetamine und Opiate negativ. Auch Rückstände von Antipsychotika fanden sich nicht. In der Leberflüssigkeit waren lediglich Spuren von Koffein und Benzalkoniumchlorid - ein äußerlich zur Konservierung und Desinfizierung verwandtes Mittel - nachweisbar.
Dieser Umstand gab der Angeklagten im Laufe der Hauptverhandlung Veranlassung zu der Behauptung, G. Z1 sei an einer Vergiftung durch Benzalkoniumchlorid gestorben. Ursächlich sollte u.a. die Aufnahme von Himbeerblättertee durch die Kindsmutter gewesen sein; eine These, die nach Einholung entsprechender Gutachten nicht zu halten war. Die an der Leber gefundenen Spuren des Desinfektionsmittels stammten von dem Obduktionstisch bzw. den bei der Obduktion verwandten Instrumenten, deren regelmäßige Desinfektion mit einem Mittel erfolgt, das unter anderem Benzalkoniumchlorid in nicht unerheblicher Konzentration enthält.
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