Soweit vorgetragen wurde, dass es bei Ärzten und Hebammen anders als bei Straßenräubern kein weitergehendes Ziel und damit kein Motiv gebe, ist dies eben bei der Angeklagten, wie dargelegt, vor dem Hintergrund ihrer Ideologie, ihres Konkurrenzdenkens zu Klinikgeburtshelfern und ihres Geltungsbedürfnisses als deutschlandweit anerkannte Fachfrau anders zu sehen. Auch soweit Wiederbelebungsmaßnahmen und das Rufen des Notarztes als vorsatzkritische Aspekte angesehen wurden, ist die Würdigung aus Sicht der Kammer unzutreffend. Der Umstand, dass die Angeklagte noch Reanimationsbemühungen vor den Augen der verzweifelten Eltern unternommen hat, ist in der Situation mehr als naheliegend. Selbst wenn die Angeklagte in der Situation noch auf eine Umkehr gehofft hätte, ändert dies nichts an ihrer Einstellung im Rahmen des Tatgeschehens, da ihr, wie dargelegt, der Erfolg natürlich unerwünscht war. Dass die Bemühungen letztlich aus ihrer Sicht nicht erfolgversprechend sein würden, hat die Angeklagte selbst mit ihrer anschließenden Äußerung, den Notarzt bewusst verspätet gerufen zu haben, kundgetan. Ihre Motivation der Zuziehung des Notarztes, die gerade nicht, wie von ihr angegeben, weitere Aufklärung intendierte, sondern allein der Erlangung eines Totenscheins und der Beruhigung der Eltern - wie erfolgreich im Fall L. Z2 - galt, ist dargelegt werden.
Die Negierung eines Abfindens mit dem Tod G. Z1s mit der Begründung, dass keine Hebamme Interesse am Tod eines Kindes habe, geht ebenfalls fehl. Natürlich hatte die Angeklagte kein Interesse an dem Tod eines Neugeborenen im Rahmen der Geburtsgeschehen. Auch wenn der Angeklagten die Konsequenzen ihres Handelns für sich genommen unerwünscht waren, hat sie die Folgen ihres Tuns im Rechtssinn gleichwohl gebilligt, da sie aus sachfremden Motiven, vor dem Hintergrund ihrer ideologischen Sichtweise, der Angst vor Schäden ihrer Reputation, der Vermeidung der Offenbarung von Fehlern vor klinischen Kollegen eine Verlegung in ein Krankenhaus nicht vorgenommen hat. Da sie eine Meldung der Todesfälle unterlassen und auch bei G. Z1 auf ein gleichgelagertes Verhalten des Notarztes wie bei L. Z2 gebaut hat, musste sie auch negative Auswirkungen auf ihren Ruf als Fachfrau nicht fürchten.
Der Tatentschluss wurde ihr zur Überzeugung der Kammer durch ihre fatalistische Einstellung erleichtert. Wer der Auffassung ist, dass das Schicksal eines Menschen unabhängig von menschlichen Bemühungen einer Bestimmung unterworfen ist, kann im Falle des Eintritts einer ungewünschten, aber gleichwohl in Kauf genommenen tödlichen Folge dann auch zu seiner Beruhigung oder sogar Rechtfertigung auf die Erklärung zurückgreifen, dass dieser Ausgang vorbestimmt gewesen sei.
Gegen die Risikobereitschaft der Angeklagten sprechen auch nicht die im Einzelfall erfolgten Verlegungen in eine Geburtsklinik unter der Geburt. Die Umstände waren mit dem abzuurteilenden Tatgeschehen und den weiteren tragisch endenden Geburten nicht vergleichbar. Entweder lagen sie Jahrzehnte zurück, es war eine zweite Hebamme beteiligt, die nicht dem ideologischen Konzept verhaftet war, wie die Angeklagte und etwa die Zeuginnen Z14 und Z7, die Kindsmutter selbst hat auf einer Verlegung bestanden, es lagen Umstände vor, die augenscheinlich und akut den Tod der Mutter oder des Kindes sicher befürchten lassen mussten, oder es waren Geburten nach der Einleitung des Ermittlungsverfahrens, was die Motivation der Angeklagten, angesichts eingetretener Probleme unter der Geburt lieber die Verlegung vorzunehmen, nachvollziehbar macht.
Nachtatverhalten
Dass die Angeklagte weiter im Anschluss an das Geburtsgeschehen in unlauterer Weise in Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt Z34 und der Hebamme Z14 auf die Zeugen Z1 Einfluss zu nehmen versucht hat, um sie zur Unterzeichnung falscher Angaben zu bewegen, steht nach einer Würdigung der Aussagen der Kindseltern und der beiden Zeugen außer Frage. Die Angeklagte hat ebenso die Unwahrheit gesagt, wie die mit ihr befreundeten Zeugen. Demgegenüber waren die Aussagen der Kindseltern auch in diesem Punkt aufgrund detaillierter, prägnanter, konstanter und übereinstimmender Angaben uneingeschränkt glaubhaft.
Der seit über 13 Jahren mit der Angeklagten befreundete Zeuge Z34 hat sich redlich bemüht, unwahre Angaben zugunsten der Angeklagten zu machen, wobei er auch vor einer Falschaussage nicht zurückgeschreckt ist, sich schließlich auf ein - nicht bestehendes - Auskunftsverweigerungsrecht beziehen wollte, und sich letztlich in eine vorgegebene Erinnerungslosigkeit geflüchtet hat. Von der Angeklagten ursprünglich als Zeuge dafür benannt, dass die Eltern G. Z1s anlässlich ihres Erscheinens im Haus der Angeklagten am Tag nach der Geburt geäußert haben sollen, dass ihnen bereits vor dem Einbestellen der Angeklagten klar gewesen sei, dass ihr Kind bereits verstorben sein müsse, hat der Zeuge diese weitere abstruse Behauptung der Angeklagten jedenfalls nicht bestätigt, und insoweit angegeben, dass die Eltern wohl zwischenzeitlich das Gefühl gehabt hätten, dass ihr Kind tot sei. Er könne rückwirkend aber nicht mehr sagen, auf welchen Zeitpunkt sich das bezogen habe.
Dass die Eltern ein solches Gefühl tatsächlich hatten, haben sie selbst bekundet, allerdings bezog sich dies auf den Zeitraum der letzten Minuten vor der Geburt G. Z1s, was plausibel und nachvollziehbar ist.
Die weitere Darstellung der Situation in der Wohnung der Angeklagten durch den Zeugen Z34, der die Angeklagte als infolge des Geburtsgeschehens völlig "aufgelöst, fertig und durch den Wind" beschrieben hat, was zwar äußerlich nicht so zu sehen gewesen sei, da sie das gut habe verbergen können, während die Kindseltern dagegen einen relativ abgeklärten Eindruck gemacht hätten, ist schon als geschmacklos und perfide zu bezeichnen.
Gelogen hat der Zeuge Z34 sodann, was seine eigene Beteiligung im Hinblick auf Einwirkungen auf die Eltern betraf. Während er zunächst in Abrede gestellt hat, dass bei dem mit den Kindseltern geführten Gespräch eine Unterschrift und Papiere eine Rolle gespielt hätten, hat er auf den Vorhalt der anderslautenden Angaben der Kindseltern - die glaubhaft bekundet haben, dass der mit der Angeklagten befreundete Rechtsanwalt sie dazu habe anhalten wollen, ein Schreiben aufzusetzen, in dem sie versichern sollten, dass die Angeklagte ihnen unter der Geburt die Verlegung in ein Krankenhaus angeraten habe, sie dies aber abgelehnt hätten - ein auffällig unsicheres, wankendes Aussageverhalten gezeigt. So hat er zunächst erklärt, dass es sein könne, dass er etwas in der Richtung gesagt habe, es wäre gut zu sagen, sie hätten vorher 20 Artikel im Internet gelesen und eine Verlegung ins Krankenhaus verweigert, aber sicher nicht so; zu dem Zeitpunkt sei es ihm so erschienen, als wäre das Verhältnis der Eltern zu Frau S. noch gut. Er könne nicht ausschließen, dass er gesagt habe, wenn sie für Frau S. etwas tun wollten, sie nachmittags bei der Aussage gegenüber der Polizei sagen sollten, dass sie gut vorbereitet gewesen seien und gewusst hätten, welches Risiko sie eingegangen seien. Dass er gesagt habe, dass der Vorschlag der Angeklagten zu einer Verlegung ins Krankenhaus schriftlich niedergelegt werden solle, glaube er nicht; er werde nichts aufgesetzt haben. Er könne es aber nicht ausschließen, dass er etwas in der Art geäußert habe, dass das hilfreich für Frau S. wäre.
Auf die daraufhin erfolgte konkrete Frage, ob er die Eltern aufgefordert habe, schriftlich zu dokumentieren, dass sie entgegen dem Rat der Angeklagten eine Verlegung in das Krankenhaus verweigert hätten, hat der Zeuge nicht geantwortet und erklärt, er müsse sich dann auf § 55 StPO berufen. Nach dem Hinweis, dass eine Strafbarkeit wegen versuchter Strafvereitelung nach 5 Jahren verjährt sei, und eine Berufung auf das Recht nicht in Betracht komme, hat der Zeuge schließlich erklärt, dass er es wirklich nicht mehr wisse, es aber nicht ausschließen könne, er werde die Eltern aber sicher nicht aufgefordert haben, Sachen zu unterschreiben, die nicht zutreffend gewesen seien; die Sache wäre ihm zu riskant gewesen, er sei kein Strafrechtler. Es könne höchstens sein, dass die Eltern gesagt hätten, sie seien gegen eine Verlegung gewesen, und er dann daraufhin gesagt habe, dann sollten sie das doch so aufschreiben. Auf den Vorhalt, ob es nicht vielmehr so gewesen sei, dass die Aufforderung von ihm gekommen sei und die Eltern sich mit den Worten geweigert hätten, dass das nicht zutreffe, hat der Zeuge schließlich nach langem Zögern erklärt, dass es sein könne, dass über die Verlegung gesprochen worden sei, was konkret, wisse er nicht mehr, natürlich sei ihm klar gewesen, dass das ein Thema gewesen sei.
Die ausweichende, unglaubhafte, taktierende Aussage des Zeugen Z34 spricht für sich, weshalb die glaubhaften Bekundungen der Kindseltern keiner weiteren Begründung bedürfen.
Die weiter auf Nachfrage erfolgten Angaben des Zeugen Z34 können zur Überzeugung der Kammer in gleicher Weise nur als Bestätigung der Darstellung der Nebenkläger in Bezug auf den zweiten Versuch der Angeklagten, in Zusammenarbeit mit der Zeugin Z14 eine entsprechende Unterschrift zu erlangen, gewertet werden.
So hat der Zeuge die Frage, ob er gemeinsam mit der Angeklagten und der Zeugin Z14 eine entsprechende Erklärung vorbereitet habe, negiert und zugleich erklärt, dass er geahnt habe, dass sowas komme. Er habe im nachhinein von einem der "Verfahrensbeteiligten" - womit er auf mehrfache Nachfragen die Angeklagte meinte - erfahren, dass den Eltern auf (der Insel) O13 so eine Erklärung vorgelegt worden sei. Er habe damals die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, wie man so etwas machen könne; er habe das in der Situation unangemessen und merkwürdig gefunden. Diese Erklärung stamme aber nicht von ihm. Es werde Frau S. gewesen sein, die ihm erzählt habe, dass Frau Z14 auf O13 versucht habe, so eine Unterschrift - eine Haftungsfreizeichnung für die Angeklagte - zu bekommen.
Soweit die Angeklagte im Anschluss im Rahmen ihrer Einlassung versucht hat, die Situation so darzustellen, dass Frau Z14 den Zeugen Z1 sicherlich eine Erklärung informationshalber gezeigt habe, wie sie sie sich selber bei Geburten immer unterschreiben lasse, ist auch das ein weiterer kläglicher Versuch, die tatsächlichen Geschehnisse zu ihren Gunsten zurechtzubiegen. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang weiter, dass die Angeklagte gerade in diesem Moment ihre zuvor erteilte Schweigepflichtsentbindungserklärung gegenüber dem Zeugen widerrufen hat - der im übrigen angegeben hat, für ihn sei das kein Mandatsverhältnis gewesen - , als der Zeuge Z34 sich bereit erklärt hatte, die in seiner Kanzlei befindlichen Unterlagen - u.a. von ihm korrigierte und auf seinen Vorschlag gefertigte Geburtsprotokolle betreffend die Geburt G. Z1s - an die Kammer herauszugeben.
Dass das Angebot eines Aufenthalts zur Trauerarbeit auf O13 in Absprache zwischen der Angeklagten und der Zeugin Z14 den alleinigen Hintergrund hatte, eine entsprechende Erklärung von den Kindseltern zu erlangen, steht nach der Darstellung der Geschehnisse durch die Nebenkläger, die Angaben des Zeugen Z34 und das unglaubwürdige Aussageverhalten der Zeugin Z14 für die Kammer außer Zweifel. Die Beteiligung der Angeklagten ist angesichts ihres alleinigen Vorteils ebenfalls nicht zweifelhaft.
Die Feststellungen zum Aufenthalt auf O13, zu den Äußerungen der Zeugin Z14 und ihren Beeinflussungsbemühungen beruhen insgesamt auf den glaubhaften, konstanten, detaillierten, ausgefallene Einzelheiten enthaltenden stimmigen Schilderungen der Kindseltern. Für die Kammer besteht kein Zweifel, dass sämtliche Angaben der Nebenkläger zutreffen, wenngleich sie von der Zeugin Z14 mit fadenscheinigen Erklärungen insgesamt bestritten worden sind. Bestanden bereits aufgrund der Art der Schilderung, der Konstanz, des detailreichen Inhalts und des zuverlässigen Eindrucks von den Persönlichkeiten der Nebenkläger keine Zweifel an ihren Angaben, fanden sie durch das Aussageverhalten der Zeugin Z14 Bestätigung, die mit abwegigen, ausweichenden, vagen, ungenauen, offenkundig unwahren Erklärungsversuchen und im Widerspruch zu ihren auf Vorhalt bestätigten Angaben im Rahmen der polizeilichen Zeugenvernehmung stehenden Aussagen versucht hat, die Darstellung zu bestreiten.
Hat sie zunächst versucht zu erklären, dass aufgrund eines sehr eingeschränkten Zeitfensters gar keine Möglichkeit für Gespräche bestanden habe, da die Nebenkläger mit der letzten Fähre abends gekommen seien und sie selbst mit der ersten Fähre am nächsten Morgen gefahren sei, es deshalb eigentlich nur ein Gespräch beim Essen gegeben habe, bei dem sie ihr Beileid ausgedrückt habe, und dann anschließend ihre Sekretärin vorgestellt habe, die ihnen habe behilflich sein sollen, wobei mehr nicht gewesen sei, hat sie erst auf Vorhalt ihrer Angaben im Rahmen der polizeilichen Zeugenvernehmung des KHK Z35 weitere Inhalte des Gesprächs, das Geburtsgeschehen von G. Z1 betreffend, eingeräumt, und auch bestätigt, den Kindeseltern von dem mit der Angeklagten während der Geburt geführten Telefonat berichtet zu haben.
Die Schilderungen der Kindseltern betreffend den verweigerten Kaiserschnitt bei ihrer eigenen Schwangerschaft, den Vergleich mit Tötungen von Kindern in Indien, das Unterlassen der Ursachenforschung bei G. Z1s Tod, die Ankündigung der Drillingsgeburt und die Einwirkungen in Zusammenhang mit der Vorlage eines Dokuments zur Haftungsfreizeichnung der Angeklagten hat die Zeugin Z14 unglaubhaft mit fadenscheinigen Ausreden in Abrede gestellt. So hat sie Empörung heuchelnd erklärt, dass sie die Schilderung unglaublich finde und den Eltern in Bezug auf ihr eigenes Kind nur gesagt habe, dass sie sie verstehen könne, weil sie damals keine Möglichkeit gehabt habe, sich von ihrem Kind zu verabschieden. Sie sei auch nicht in Indien tätig gewesen, sie habe nur mal ein Praktikum in Bombay gemacht. Sie sei dort in dem Kreißsaal eines Krankenhauses tätig gewesen; ob es da zur Tötung von Ungeborenen gekommen sei, wisse sie nicht, im Kreißsaal würden ja für gewöhnlich Kinder geboren. Sie wüsste auch nicht, aus welchem Grund sie mit den Nebenklägern darüber geredet haben sollte. Sie habe ja viel veröffentlicht, vielleicht hätten sie das gelesen. Auf die konkrete Frage, ob die Nebenkläger mit der Angabe, dass über Indien gesprochen worden sei, gelogen hätten, hat die Zeugin sodann erklärt, sich daran nicht mehr zu erinnern. Während sie auf Nachfrage sodann zunächst angab, mit einem tibetischen Buch nichts anfangen zu können, erklärte sie im Anschluss, im Besitz mehrerer Bücher mit derartigem Meditationsinhalt zu sein. Von dem Dalai Lama habe sie ein halbes Bücherregal. Sie habe allenfalls gesagt, dass ihr das in ihrer Trauerphase um ihr Kind sehr geholfen habe. Dass sie mit den Kindseltern über die Drillingsgeburt gesprochen habe, könne sie gar nicht erinnern. Es sei ja überhaupt nur ein ganz kurzes Zeitfenster für Gespräche gewesen.
Auf den Vorhalt, dass dieser Umstand Veranlassung für den Zeugen Z1 gewesen sei, den Kriminalbeamten KHK Z35 von der Planung in Kenntnis zu setzen, hat die Zeugin wiederum erklärt, dass er diese Information vielleicht aus einer Veröffentlichung in der Hebammenzeitung erfahren habe. Dass es auszuschließen ist, dass eine solche gegen alle Gesetze und Leitlinien verstoßende Planung allerdings vor der Geburt propagiert worden wäre, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Die Vorlage einer Erklärung hat die Zeugin Z14 als "absoluten Quatsch" zurückgewiesen. Ihre Angabe, die Vorlage einer solchen Erklärung habe es nicht gegeben, sie wisse auch nicht, was das solle, sowas habe es in keinster Weise gegeben, ist abgesehen von den Schilderungen der Nebenkläger schon durch die Aussage des Zeugen Z34 als Lüge enttarnt.
Abgesehen davon, dass die Kammer es ausschließt, dass die Nebenkläger, die derart zurückhaltend, sachlich und distinguiert ausgesagt haben, sich eine solche Vielzahl abstruser Geschichten ausgedacht haben, gäbe es dafür überhaupt keinen nachvollziehbaren Anlass. Anders ist das bei der Zeugin Z14, die offenkundig bemüht war, ihrer Mitstreiterin zu helfen, einer Strafverfolgung zu entgehen, und die wiederholt die Unwahrheit gesagt hat, in dem Bestreben, ihre vorschnellen wahrheitsgemäßen Angaben angesichts des nachvollziehbaren SMS-Verkehrs den Geburtsablauf betreffend bei der polizeilichen Zeugenvernehmung "wiedergutzumachen".
Gelogen hat die Zeugin Z14 im übrigen auch im weiteren, was die geplante Teilnahme der Angeklagten an der im August 2008 auf O13 stattfindenden Drillingsgeburt anging, worauf noch eingegangen wird.
Folgen für die Kindseltern
Die Feststellungen zu den nachhaltigen gravierenden psychischen und physischen Auswirkungen des Geburtsgeschehens und des vermeidbaren Todes ihres Kindes für die Eltern Z1 beruhen auf den insgesamt tragfähigen und zuverlässigen Angaben der Kindseltern und den insoweit verlesenen Klinikberichten und ärztlichen sowie psychotherapeutischen Stellungnahmen. Die Kammer hat sich in der Hauptverhandlung einen Eindruck verschaffen können, unter welchen erheblichen Lebenseinschränkungen und welchem massiven Leidensdruck die Eltern stehen, wobei die Einschätzung, dass das traumatische Erleben um den Tod ihres Kindes und das Gefühl des großen Verlustes sie ein Leben lang begleiten wird, naheliegend ist.
Wenn letztlich auch kein Zweifel daran besteht, dass der Zeuge Z1 durch das Geschehen in keiner Weise weniger belastet ist als seine Frau, und er allein andere Verarbeitungsmechanismen nutzt, musste die Kammer bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes im Rahmen des Adhäsionsantrages aus dem Grund differenzieren, dass die von der Zeugin Z1 vorgelegten Behandlungsunterlagen umfangreicher und differenzierter waren.
Weitere Geburten
Der Umstand, dass die Angeklagte sich durch die tragischen Geburtsausgänge von A. Z3, L. Z2 und G. Z1 in keiner Weise beeindruckt gezeigt und an ihrem Entbindungskonzept unverändert festgehalten hat, und eine Veränderung lediglich dahin vorgenommen hat, sich rechtlich abzusichern, ist zur Überzeugung der Kammer ein weiterer Beleg dafür, dass sie den mit Idealismus begonnenen Weg zugunsten einer medizinische und geburtshilfliche Erkenntnisse bewusst negierenden ideologischen Sichtweise verlassen hat.
Geburt von J. Z6
Die Angeklagte hat sich in Bezug auf die Geburt von J. Z6 im Juli 2008 dahin eingelassen, dass J. Z6 tatsächlich eine Hypoxie erlitten habe. Die Nabelschnur sei abgeklemmt worden, da der Körper geboren worden sei, und die Hebammen, mit denen sie anschließend gesprochen habe, dies so gelassen hätten. Die Kinder würden das aber überleben und dabei nicht tot gehen. Sie könne nichts dafür, dass dies eine Folge der Unerfahrenheit der beiden anwesenden Hebammen gewesen sei. In Bezug auf die erfolgte Beratung der Kindseltern nur vier Tage nach dem Tod von G. Z1 hat die Angeklagte erklärt, dass sie grundsätzlich Mut zu Geburten mache. Sie gehe einfach davon aus, dass eine Frau durch die Geburt durch müsse und ein bisschen Mut könne da nicht schaden. Es habe doch keinen Zweck, vor einer Sache Angst zu mache, die man durchschreiten müsse. In Kenntnis des Umstands, dass eine Beckenendlage keine erhöhte Mortalität und Morbidität aufweise, habe sie auch keine Hemmungen, den Leuten zu sagen, dass eine Hausgeburt möglich sei.
Mit ihrer Einlassung hat die Angeklagte letztlich erschreckend abgeklärt ihre publizierte und von der Kammer festgestellte Einstellung bestätigt, dass sie Aufklärung unterlässt, um keine Ängste hervorzurufen, entgegen Vorschriften und Empfehlungen eine außerklinische Geburt bei einer Beckenendlage empfiehlt und medizinische und geburtshilfliche Erkenntnisse abstreitet. Die Angaben des Zeugen Z6 hat die Angeklagte nicht bestritten.
Die Feststellungen zu den Kontakten und Gesprächen mit der Angeklagten, dem Geburtsgeschehen und den eingetretenen Komplikationen und Folgen beruhen im wesentlichen auf den Angaben des Zeugen Z6, der Verlesung eines von den Kindseltern übersandten Schreibens sowie eines Klinikberichts.
Der Zeuge Z6 hat glaubhaft das Gespräch vom 04.07.2008 wiedergegeben, das er sowohl in Bezug auf das Datum - den Geburtstag einer Freundin, der leicht zu erinnern sei, da sein eigener Geburtstag der 07.04. sei - als auch den Inhalt konkret erinnert hat. Er und seine Ehefrau hätten Respekt vor der Sache gehabt und wären nicht ganz blauäugig gewesen. Die Zusage, dass Frau S. dazukomme, habe ihnen Sicherheit vermittelt und Mut gegeben, es zuhause zu versuchen, mit jemandem, der erfahren sei und so etwas schon oft gemacht habe. In dem Gespräch sei es um die Bewertung und Gewichtung der Risiken gegangen, wobei sie anschließend mit dem Gefühl nach Hause gefahren seien, es wagen zu können. Frau S. habe das auch auf die ausdrückliche Frage seiner Frau bejaht. Die Angeklagte habe Techniken beschrieben, wie sie das Kind hochdrücke und erklärt, dass es lange ohne Sauerstoff auskommen könne, weil Sauerstoff in der Leber gespeichert werde, man könne eine Hausgeburt gut machen, die Beckenendlage würde als viel zu gefährlich angesehen, das sei ein Mythos, die Risiken seien nahezu gleichwertig wie bei der Schädellage, sie selbst habe ein Kind aus Beckenendlage geboren. Die endgültige Entscheidung zu einer Hausgeburt hätte sie erst nach dem Gespräch mit der Angeklagten getroffen. Der Zeuge Z6 hat auf Nachfragen weiter angegeben, dass die Angeklagte von keinen negativen Erfahrungen berichtet habe, das habe sie erst im Anschluss an die Geburt getan. In einem Telefonat habe sie geäußert, dass sie froh gewesen sei, nicht dabei gewesen zu sein, da es in letzter Zeit Vorfälle gegeben habe und sie sonst vielleicht den Beruf an den Nagel gehängt hätte.
Der Zeuge hat weiter geschildert, dass die von der Angeklagten sodann wenige Tage vor der Geburt verlangte Erklärung wie eine "kalte Dusche" gewesen sei, da es so eine Diskrepanz zu dem Besprochenen gewesen sei.
Der Zeuge Z6 hat weiter nachvollziehbar erklärt, dass eine Mitteilung seitens der Angeklagten von der Geburt am 30.06. ihre Entscheidung beeinflusst und einen Unterschied gemacht hätte, da sie eher vorsichtige Menschen seien, und sich auf die Beratung durch die Angeklagte, dass das Risiko dramatisiert werde und dem nichts entgegenstünde, verlassen hätten.
Zur Überzeugung der Kammer spricht viel dafür, dass die Angeklagte angesichts der wenige Tage zuvor erlebten Situation deshalb nicht zu der Geburt erschienen ist, weil sie im Falle erneuter Komplikationen weitere Schwierigkeiten für sich befürchtete. In der Hauptverhandlung hat sie geltend gemacht, an Migräne gelitten zu haben, während eine andere Geburt nicht als Grund angegeben wurde. Ihr Verhalten, auch in Kenntnis der konkreten Umstände, dass nämlich die Zeugen Z6 in der Geburtssituation allein mit in Beckenendlagenentbindungen unerfahrenen Hebammen waren, keine Verlegung anzuraten, trotz der bei der Geburt von G. Z1 gemachten Erfahrung die Risiken der Beckenendlage nach wie vor zu negieren, Wert darauf zu legen, eine Haftungsfreizeichnung zu erhalten, wie auch etwa bei der nachfolgenden Geburt Z36 die Bereitschaft der Betreuung einer Zwillingsgeburt mit Beckenendlage nicht aufgrund der Risiken für die Kinder zu unterlassen, sondern allein von einer entsprechenden Erklärung abhängig zu machen, "um rechtlich aus der Nummer raus zu sein", in Kenntnis der Risiken einer Drillingsgeburt auf einer Insel ohne Krankenhaus nur wenige Wochen nach G. Z1s Tod unbeeindruckt teilzunehmen, und den Eltern von L. Z2, G. Z1 und J. Z6 gleichermaßen von einem Lungenkeim zu berichten, den es nicht gibt, lässt zur zweifelsfeien Überzeugung der Kammer nur den Schluss zu, dass die Angeklagte ihrem natürlichen Entbindungskonzept und ihrer Reputation Vorrang vor den Gefahren für die ungeborenen Kinder eingeräumt hat. Anders kann ihr gesamtes Verhalten angesichts ihrer Ausbildung und Kenntnisse nicht gesehen werden. Ihre fehlende Empathie und die für sie im Vordergrund stehende eigene Situation hat sie nicht zuletzt in der an die Zeugin Z19 gesandten SMS mit dem Wortlaut, dass das O31er Baby "ziemlich leblos" in einer Kinderklinik liege und sie aus "glücklichen Umständen" bei der Geburt nicht dabei gewesen sei, zum Ausdruck gebracht. Der Rat an die Zeugen Z6, eine Geistheilerin zu kontaktieren, zeigt ihr esoterisches Gedankengut.
Auch diese offensichtliche Situation der Realisierung der typischen Risiken der Beckenendlage mit der Folge eines Sauerstoffmangels unter der Geburt, die die Angeklagte in der Hauptverhandlung selbst entsprechend bewertet hat, hat in ihr kein Umdenken und keine Verhaltensänderung bewirkt.
Drillingsgeburt Z15
Dass die Angeklagte, anders als von ihr nunmehr darzustellen versucht, geplant an der auf der Insel O13 im August 2008 erfolgten Drillingsgeburt teilgenommen hat, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme außer Zweifel. Zum Ende ihrer Einlassung hat sie dann versucht, ihre Verantwortung in der Form zu negieren, dass sie erklärt hat, dass sie keine Möglichkeit habe, bereits entschlossene Eltern noch zu beeinflussen und insbesondere der kompetenten Zeugin Z14 keine Vorschriften machen und sie von einer Geburtsplanung nicht abhalten könne.
Die Feststellungen zum Verlauf der Schwangerschaft, zu den Kontakten zu der Zeugin Z14, der Planung der Geburt auf der Insel und der Einstellung der Kindseltern beruhen auf den Angaben der Kindsmutter und der Verlesung von Eintragungen im Mutterpass. Die Zeugin ... Z15 hat dabei keinen Hehl aus ihrer Ablehnung der Schulmedizin und ihrer besonderen Einstellung einer Geburt gegenüber gemacht. So hat sie erklärt, dass sie selbst schon vor einem Test gespürt habe, dass sie schwanger sei und auch, dass da mehrere Kinder drin seien, sie erst auf den Rat ihrer Hebamme das erste Mal in der 16. Schwangerschaftswoche zu einer Gynäkologin gegangen sei, gegen Ultraschalluntersuchungen habe sie Vorbehalte, weil sie bei ihrer ersten Schwangerschaft gemerkt habe, dass es ihrer Tochter nicht gutgetan habe, eine Geburt in einem Krankenhaus habe sie nicht gewollt, sie sei davon ausgegangen, dass alles in Ordnung sei und sei sich sicher gewesen, dass das so funktionieren werde. Ob sie gewusst habe, dass es auf O13 kein Krankenhaus gebe, könne sie nicht mehr erinnern; sie wäre aber gleichwohl zur Geburt dorthin gegangen, weil sie gewusst habe, dass es gehe. Irgendwann habe sie sich keine Gedanken mehr gemacht; die Kinder seien ja auf natürlichem Wege in ihren Bauch gekommen, und sie habe gewusst, dass sie so auch wieder herauskommen würden. Aus dem Organisatorischen habe sie sich rausgehalten, ihre Aufgabe habe darin bestanden, so lange wie möglich zu "brüten".
Die Zeugin ist, wie dargelegt, Lehrerin und Schulpsychologin.
Hinsichtlich der geplanten und erfolgten Teilnahme der Angeklagten an der Geburt haben die Zeuginnen Z14 und Z15 in Absprache ihrer Angaben gelogen. Wortgleich haben sie zunächst erklärt, die Angeklagte sei "nicht in dem Raum gewesen", was schon für sich genommen in Anbetracht ihrer Anwesenheit auf O13 absurd klingt. Haben die Zeuginnen sich im übrigen bei ihren weiter auf Nachfrage erfolgten Angaben widersprochen oder offensichtlich Erinnerungslosigkeit vorgegeben, ist ihre Angabe aufgrund weiterer Beweismittel widerlegt.
Dass die Beteiligung der Angeklagten bereits im Vorfeld geplant war, ergibt sich nicht nur aus den glaubhaften Bekundungen der Zeugen Z1 einer entsprechenden Mitteilung der Zeugin Z14 bereits Anfang Juli 2008, die Veranlassung zur Benachrichtigung des Zeugen KHK Z35 gegeben hat. Auch die Zeugin Z16, eine ebenfalls mit der Angeklagten eng befreundete Hebamme, die auch teilweise unwahre Angaben gemacht und zunächst behauptet hat, erst im nachhinein von der Geburt auf O13 erfahren zu haben, musste auf Nachfragen ungern zugeben, von der Angeklagten über eine Kurznachricht aufgrund ihrer Teilnahme an einer Mehrlingsgeburt Anfang August um die Übernahme einer anderen Geburt gebeten worden zu sein. Die Zeugin Z16 hat sodann auch erinnert, von der Angeklagten im Anschluss an die Geburt eine SMS erhalten zu haben, in der von den Zeiten der Geburt der drei Kinder und der Reponierung der dritten sich vorschiebenden Fruchtblase berichtet worden sei.
Auch war es die Angeklagte, die nach der Eintragung im Mutterpass die erste Untersuchung der drei neugeborenen Kinder durchgeführt hat.
Die Aussage der Zeugin Z15, Frau S. habe nur einmal kurz reingeschaut und hallo gesagt, sonst habe sie sie nicht weiter gesehen, sie sei auch mit den Wehen beschäftigt gewesen, die Angeklagte sei aber bei der Geburt nicht im Zimmer gewesen, sie wisse nicht, was sie gemacht habe, ist angesichts dessen eine dreiste Lüge. Während die Zeugin auf weitere Nachfragen erklärt hat, sie könne sich auch nicht erinnern, ob sie die Angeklagte im Anschluss gesehen habe, möglicherweise am nächsten Tag, es sei alles sehr verschwommen, sie sei wohl in dem Haus gewesen, hat sie auf Vorhalt einer Angabe der Zeugin Z14, dass jede helfende Hand gebraucht werde, schließlich erklärt, dass es sein könne, dass die Angeklagte da gewesen sei, sie könne sich nicht daran erinnern.
Dass die Zeugin Z15 in Absprache mit der Zeugin Z14 im Hinblick auf das Strafverfahren versuchen wollte, zugunsten der Angeklagten ihre Teilnahme an der Geburt zu verheimlichen, ergibt sich für die Kammer nicht nur aus der wortgleichen falschen Aussage, sondern wird bestätigt durch die Angabe der Zeugin Z15, dass sie mit der Zeugin Z14 in Kontakt stehe, ab und zu von ihr besucht werde, und auch über das Verfahren und die Zeugenvernehmung der Hebamme Z14 gesprochen worden sei.
Die Aussagegenese der Zeugin Z14 spricht ebenfalls für sich. Hat sie zunächst angegeben, die Angeklagte sei abends nach O13 geflogen, um sie zu besuchen, sie sei aber nicht in dem Raum gewesen, weil die Mutter sie nicht gekannt habe, sie habe nur eine helfende Hand geboten, sie meine, sie habe B. angerufen oder ihr geschrieben, dass es eine Drillingsgeburt auf O13 gebe und ob sie in der Nähe sei und Lust habe, dabei zu sein, hat sie sich im weiteren Verlauf der Vernehmung in Widersprüche verwickelt. Abgesehen davon, dass ihre Darstellung schon für sich genommen und insbesondere angesichts der Äußerung gegenüber den Nebenklägern ausgesprochen lächerlich ist, hat sie später zunächst geschildert, es sei auch der Arzt der Insel bei der Geburt anwesend gewesen, während sie einige Zeit später sodann erklärt hat, die Angeklagte sei als Ärztin bei der Geburt dabei gewesen, der Inselarzt erst bei der Verlegung der Drillinge mit dem Rettungshubschrauber.
Dass nach allem auch die Darstellung der Angeklagten in ihrem Schreiben an die Oberrätin ... vom 16.07.2012, sie habe mit der Geburtsplanung und Betreuung nichts zu tun gehabt, eine Lüge ist, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Die konkreten Hintergründe der im Anschluss an die Geburt erforderlichen Verlegung der Drillinge in der Nacht mittels Rettungshubschrauber konnte, wie dargelegt, mangels Entbindungserklärung der Zeugin Z15 von der ärztlichen Schweigepflicht nicht festgestellt werden.
Die medizinische und geburtshilfliche Beurteilung der Drillingsgeburt beruht, wie bereits im Rahmen der Geburt Z13 dargelegt, auf den kompetenten Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1. Der Umstand, dass Drillinge aufgrund des Geburtsgewichts und der Schwangerschaftswoche immer Frühgeburten sind, ist nach den Ausführungen des Sachverständigen ein Ausschlusskriterium für eine Hausgeburt. Die 20 minütige E-E-Zeit für eine Notfall-Sectio ist auf einer Insel ohne Krankenhaus nicht zu realisieren.
Geburt Z36
Dass die Angeklagte entgegen ärztlichem Rat die Begleitung einer Zwillingsgeburt mit Beckenendlage nur wenige Wochen nach G. Z1s Tod plante, wobei sie wiederum im wesentlichen Wert auf eine juristische Absicherung ihrer Tätigkeit legte, ist, wie oben dargelegt, zur Überzeugung der Kammer ein weiterer Beleg für ihr unbeirrbares Festhalten an ihrem Entbindungskonzept. Die wenigen Feststellungen, die getroffen werden konnten, beruhen auf Angaben der Zeugin Z36 und dem von der Angeklagten bestätigten Inhalt von SMS-Verkehr. Die Angeklagte hat auf Vorhalt den Inhalt von SMS mit der Zeugin Z36 bestätigt und sich dazu eingelassen. Der Inhalt ihrer oben dargelegten Einlassung, es für schädigende Informationen und für nicht richtig zu halten, einer gesunden Frau mit zwei gesunden Kindern im Bauch zu erzählen, was passieren könne, ist ein Beleg für ihre Einstellung.
Die Zeugin Z36 hat in dreistester Form die Unwahrheit gesagt und ihre falschen Angaben zuletzt noch beschworen. So hat sie eine Darstellung versucht, wonach sie die Angeklagte nur einmal persönlich gesehen haben will anlässlich eines Besuchs; irgendwann im Sommer habe die Angeklagte dann gesagt, dass ihr das ganze zu heikel sei. Es sei dann vor der Geburt die Fruchtblase geplatzt und sie sei auf den Rat einer befreundeten Hebamme ins Krankenhaus gefahren, da das Fruchtwasser grün gewesen sei. Die Zeugin Z36 hat auf wiederholten Vorhalt des Inhalts des mit der Angeklagten geführten SMS-Verkehrs erklärt, sich daran nicht zu erinnern. Es handle sich zwar um ihre Handynummer, ihr Handy werde auch von keinem anderen benutzt und es sei auch ihr Stil, zu schreiben, sie habe aber keinerlei Erinnerung an den Vorgang. Angesichts des von der Angeklagten bestätigten Inhalts des SMS-Verkehrs in Bezug auf eine Haftungsfreizeichnung, eines Austausches von über 30 SMS zwischen der Zeugin und der Angeklagten, der zu erwartenden intellektuellen Fähigkeiten der als psychologische Psychotherapeutin arbeitenden Zeugin, die nach ihren eigenen Bekundungen normalerweise über ein exzellentes Erinnerungsvermögen verfügt und zugeben musste, dass eine Formulierung wie "rechtlich aus der Nummer raus zu sein" nicht alltäglich für sie sei, ist für die Kammer nicht zweifelhaft, dass die Zeugin Z36 mit der behaupteten Erinnerungslosigkeit gelogen hat.
In Anbetracht der Gesamtumstände ist die Kammer auch der sicheren Überzeugung, dass die Angeklagte nicht im Vorfeld Abstand von der Geburtsbegleitung genommen hat, sondern sich das Geschehen durch den vorzeitigen Fruchtblasensprung mit dem Abgang von mekoniumhaltigen Fruchtwasser und dem Rat der weiteren Hebamme, eine Klinik aufzusuchen, überholt hat. Dass die Angeklagte nicht, wie in ihrer Einlassung behauptet, deshalb von der Begleitung abgesehen habe, weil sie in Anbetracht des Verfahrens das Gefühl gehabt habe, sich für ihr Handeln rechtfertigen zu müssen, zeigt nämlich weiter der Umstand, dass sie nur wenige Monate später die nächste Zwillingsgeburt außerklinisch betreut hat.
Zwillingsgeburt Z37
Die Feststellungen zur Zwillingsgeburt im Januar 2009 beruhen im wesentlichen auf den Angaben der Kindseltern und den Verlesungen einer Kopie des Mutterpasses sowie von in Übereinstimmung mit einem Internetblog stehenden Geburtsnotizen der Zeugin Z37 unter Einarbeitung eines Geburtsberichts der Angeklagten.
Die Zeugin Z37 hat ebenfalls eine ablehnende Haltung der Schulmedizin gegenüber deutlich gemacht. Sie hat bekundet, bei der Pränataldiagnostik sei ihr von den Ärzten immer viel Angst gemacht worden, sie habe von außen immer abwertende Kommentare gehört, da sie schon drei Kinder gehabt habe und dann eine Hausgeburt mit Zwillingen geplant hätte, dass ihre Schwangerschaft für sie an Qualität verloren habe. Sie habe ihrer Gynäkologin auch nicht von der Planung einer Hausgeburt berichtet, da ihr klar gewesen sei, dass für die Zwillinge in eine Klinik gehörten. Die Zeugin hat weiter ihre Abneigung gegen Krankenhäuser basierend auf angeblichen Erlebnissen in ihrer Zeit als Praktikantin auf einer geburtshilflichen Station geschildert, wonach OP-Pfleger bei der Vorbereitung einer Frau darüber gestritten hätten, wer den Katheter einführen durfte, wobei sie beischlafähnliche Bewegungen ausgeführt hätten. Außerdem wären den Müttern sofort die Kinder weggenommen und das Stillen verboten worden.
Die Feststellungen zum Geburtsverlauf hat die Kammer im wesentlichen auf der Grundlage des detaillierten etwa 15-seitigen handschriftlichen Berichts der Zeugin Z37 getroffen, die nach ihren Angaben wörtliche Formulierungen der Angeklagten aus deren Geburtsprotokoll eingearbeitet hat. Die Umstände sind zur Überzeugung der Kammer ein weiterer Beleg für die Uneinsichtigkeit, Risikofreudigkeit und Ignoranz der Angeklagten. Trotz der nicht lange zurückliegenden Erfahrung der komplikationsreichen Geburt G. Z1s und in Anbetracht einer Zwillingsgeburt, die zwingend klinisch zu entbinden ist, hat sie die Gebärende erneut über die gesamte Eröffnungsphase und wohl auch einen Teil der Austreibungsphase allein gelassen. Nach sich über den Tag hinziehenden Wehen und dem Fruchtblasensprung um kurz vor Mitternacht, hat sich die Angeklagte bei Schnee und Eis - die Wetterverhältnisse im Januar 2009 sind allgemein bekannt - erst zu diesem Zeitpunkt auf den Weg gemacht. Sie war gerade einmal 34 Minuten da, als das erste Kind auf die Welt kam, wie dargelegt mit doppelter Nabelschnurumschlingung, mithin in einem gefährdeten Zustand. Auch nach ihrer Ankunft hat sie nicht unmittelbar eine Untersuchung der Kindsmutter vorgenommen und erst etwa 13 Minuten später die Beckenendlage festgestellt. Trotz der noch möglichen Verlegung - nach den Angaben der Zeugin war die Uniklinik ca. 4 Minuten entfernt - hat sie die Geburt außerklinisch ohne Überwachung fortgesetzt. Dass auch hier Mekoniumabgang in Anbetracht der Äußerung der Kindsmutter, da "kommt total viel" naheliegend ist, ergibt sich aus den vergleichbaren Geburten.
Bei dem von der Zeugin Z37 beschriebenen "Holzuterus" und der von der Angeklagten infolge der Symptome als "partielle Plazentalösung" eingeordnete Komplikation handelte es sich nach den oben dargelegten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 um die Realisierung des typischen Risikos einer Mehrlingsgeburt mit der konkreten Gefahr der Sauerstoffunterversorgung und dem Tod des Kindes. Wäre es der Zeugin Z37 nicht gelungen, auch ohne Presswehen das Kind in wenigen Minuten zu gebären, was nach den Darlegungen des Sachverständigen allein vom Zufall, ihrer Konstitution und dem eigenen Blutverlust abhängig war, hätte auch A. Z37 die Geburt mutmaßlich nicht überlebt. Dass es bereits zu einer Sauerstoffunterversorgung gekommen war, belegt die Eintragung der Angeklagten: "1.27 Uhr wird der Kopf bis zu den Augenhöhlen geboren (Hypotoniezeichen), ... (Vorname der Zeugin Z37) begreift sofort, dass sie das Kind jetzt ganz herausschieben muss, ich entwickle die Schultern aktiv. Das Mädchen ist blass, tonus- und bewegungslos, die NS pulsiert bei 100 bpm. ...(Vorname der Zeugin Z37) steigt sofort aus dem Pool. Das Kind lässt sich für eine Beatmung nicht optimal lagern".
Soweit die Angeklagte danach in ihrer Einlassung in Bezug auf Zwillingsgeburten und Beckenendlagen erklärt hat, ihre Erfahrung gebe es nicht her, dass etwas passieren könne, sie rechne nicht damit und könne nicht auf die laienmäßige Einschätzung kommen, dass das gefährlich sei, belegt das ihre Uneinsichtigkeit, Selbstüberschätzung und bewusste Negierung medizinischer Erkenntnisse und eigener Erfahrungen.
Geburt Z38
Nichts anderes belegt auch die Geburt Z38 im Juni 2010.
Die Feststellungen zu dem Geburtsgeschehen beruhen auf der Zeugenvernehmung der Kindsmutter, der Verlesung des sichergestellten Geburtsberichts der Angeklagten und des unter dem 18.01.2013 gefertigten Geburtsberichts der Zeugin Z38 sowie hinsichtlich des Vorgeschehens und der Folgen auf den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. Z40 und der Verlesung der Unterlagen des K.-Krankenhauses in O36.
Die Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass sie sich in Bezug auf den Rat des Arztes zur sofortigen Aufnahme nicht eingemischt habe. Es sei Sache des Arztes gewesen und sie sei vor den Kindseltern gegangen.
Dieses Geburtsgeschehen ist ein weiterer Beleg für die unbegreifliche, lebensfremde, hanebüchene Lebenseinstellung und Sichtweise einzelner Klienten der Angeklagten und ihrer diese Einstellung teilenden und unterstützenden Ideologie. Die von der Angeklagten für eine von ihr initiierte Verlegung in ein Krankenhaus und ihre verantwortliche Handlungsweise benannte Zeugin hat bewusst zugunsten der Angeklagten die Unwahrheit gesagt, und die tatsächlichen Umstände belegen gerade das Gegenteil einer verantwortlichen, medizinische Notwendigkeiten berücksichtigenden Verhaltensweise der Angeklagten.
Hat die Zeugin Z38 bereits eingangs ihrer Zeugenvernehmung in Bezug auf ihre Motivation deutlich gemacht, dass sie sich freiwillig gemeldet habe, als sie von dem Verfahren erfahren habe, um Frau S. bei der Wahrheitsfindung in dem Prozess zu unterstützen und ihr zu helfen, die sie als sehr kompetent erlebt habe, wobei es auch bei ihnen so hätte ausgehen können und ihr kleiner Sohn nicht mehr leben würde, wenn Frau S. nicht entscheidend dazu beigetragen hätte, dass sie alle noch leben würden - hat die Zeugin weiter sowohl in dem von ihr extra verfassten Geburtsbericht als auch in ihrer Zeugenaussage eine bewusst falsche Darstellung zugunsten der Angeklagten abgegeben. Sie hat - und zwar in Abrede mit der Angeklagten - wesentliche Umstände weggelassen und unwahr geschildert. Insoweit hat die Zeugin auf Nachfrage nämlich eingeräumt, sich über den Computer mit der Angeklagten ausgetauscht zu haben und den Geburtsbericht so abgeglichen zu haben, "dass er der Wahrheit entspreche".
Die tatsächlichen Geschehnisse hat die Kammer erst nach Einführung ärztlicher Unterlagen und der Vernehmung des Oberarztes Dr. Z40 aufklären können.
Soweit die Zeugin Z38 angegeben hat, im Krankenhaus sei am Vortag der Geburt lediglich "diagnostiziert" worden, dass sie zu wenig getrunken habe, ist das falsch. Darüberhinaus hat die Zeugin in ihrer Darstellung die kritische und aus Sicht des Klinikarztes Dr. Z40 für das ungeborene Kind lebensbedrohliche Situation völlig unterschlagen und das Geschehen so geschildert, als habe die Angeklagte unter der Geburt eine erstmalig auftretende Komplikation sofort erkannt und umgehend gehandelt. Erst auf Nachfragen der Staatsanwaltschaft hat sie eingeräumt, dass es eine Empfehlung gegeben habe, in der Klinik zu bleiben, sodann aber gelogen, dass der Grund dafür nur darin gelegen habe, dass Klinikärzte eben die Meinung vertreten, dass Geburten grundsätzlich im Krankenhaus stattfinden sollten. Es habe sie auch nicht interessiert. Auf die Frage, ob es die Angeklagte interessiert habe, hat die Zeugin erklärt, dass es ja nicht ihre Zuständigkeit gewesen sei, sondern ihre Entscheidung und die ihres Mannes.
Dass sie selber wie auch die Angeklagte sich gegen den dringenden ärztlichen Rat zu einem Kaiserschnitt unter Hinweis auf die akut drohende Lebensgefahr für das Kind entschieden und das Krankenhaus zur Durchführung einer vaginalen Hausgeburt wieder verlassen haben, hat die Zeugin Z38 nicht angegeben.
Der Zeuge Dr. Z40 hat insoweit nachvollziehbar auf der Grundlage seiner detaillierten Erinnerung an das außergewöhnliche Benehmen der Kindseltern und der Angeklagten und der ärztlichen Unterlagen beschrieben, wie dramatisch die Situation aus seiner Sicht gewesen sei und wie er in einem über einstündigen Gespräch, bei dem auch die Angeklagte anwesend gewesen sei, versucht habe, die Kindseltern und die Angeklagte von der Notwendigkeit eines Kaiserschnitts zu überzeugen. Das CTG sei so auffällig gewesen, dass man hätte sagen müssen, man müsse das Kind sofort holen. Angesichts der Schnelligkeit der Herztöne, der Abfälle bis auf 70 bpm und der Einengung der Ausschläge sei das CTG hoch pathologisch gewesen; die ebenfalls auffällige hohe Fruchtwassermenge sei auch auffällig und abklärungsbedürftig im Hinblick auf etwaige Sekundärerkrankungen gewesen, in der Situation aber sekundär. Er habe die Situation mehrfach mit den Kindseltern und Frau S. besprochen. Der Arzt hat auch der Darstellung der Zeugin Z38 in ihrem Geburtsbericht ausdrücklich widersprochen und erklärt, es habe sich um eine ihm gut erinnerliche Sondersituation gehandelt, da Patienten normalerweise der Empfehlung nachkämen und so ein Verhalten glücklicherweise selten sei. Die später bei der Geburt aufgetretene Uterusruptur sei ausweislich des OP-Berichts vom 20.06.2010 an einer typischen Stelle, nämlich der Narbe, aufgetreten. Grundsätzlich werde eine Narbenruptur durch eine zu große Menge an Fruchtwasser, wie er es bei der Patientin am Vortag festgestellt habe, aufgrund des erhöhten Drucks in der Gebärmutter begünstigt.
Den Ablauf der Geburt sowie die Realisierung des typischen Risikos der Narbenruptur nach Kaiserschnitt hat die Angeklagte in einem Geburtsprotokoll selbst dokumentiert. Ihr verlesener Bericht enthält u.a. die Eintragungen: "FBS ca. 16 Uhr; 18.30 VU im Sitzen wg. Va Stillstand, Kopf schwer abschiebbar auf BE, massig FW dunkelgelb (!), stechender Geruch, vordere MM-Lippe ohne Kontakt zum Kopf".
Die Einstellung der Zeugin Z38, wie dargelegt, Körpertherapeutin und Psychologin sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeutin in Ausbildung, die sich in Äußerungen der Art dokumentiert hat, dass sie eine Hausgeburt nach wie vor für richtig halte, den Moment der Befruchtung und das Wachstum ihres Kindes gespürt habe, auch die Angeklagte von außen fühlen könne, wie groß ein Kind sei, sie gerade selbst mit Patienten deren eigene Zeit im Brutkasten psychologisch aufarbeite, und insbesondere der in ihrem Geburtsbericht erfolgten abenteuerlichen Darstellung, dass ihr ungeborenes Kind ihnen beiden mit Überlegung das Leben gerettet habe, indem es seine Schulter in die Ruptur gedrückt und so ein Verbluten verhindert habe, bedarf aus Sicht der Kammer keiner weiteren Würdigung.
Weitere Geburten / Verlegungen
Die Aussagen der weiteren zahlreich von der Angeklagten für eine Verlegung unter der Geburt in ein Krankenhaus, und damit für das Fehlen ihrer Risikobereitschaft benannten Zeuginnen waren nicht geeignet, den insgesamt auf der Basis der umfangreichen Beweisaufnahme gewonnenen Eindruck von der Vorgehensweise und Einstellung der Angeklagten zu erschüttern. In allen Fällen handelte es sich entweder um Geburten, die bereits etwa zwei bis drei Jahrzehnte zurücklagen, und daher für die in den letzten Jahren vollzogene Wandlung der Denkungsart der Angeklagten von keiner Aussagekraft sind - wie die Geburten Z41, Z42 und Z43 -, oder es war eine andere erstbetreuende Hebamme beteiligt - wie bei den Geburten Z44, Z62, Z63, Z64, Z46, Z48 und Z51 -, es war die eigene Entscheidung der Kindsmutter, die Geburt nicht außerklinisch fortsetzen zu wollen - wie bei den Geburten Z50 und auch Z64 und Z43 -, die Angeklagte stand unter dem Eindruck des laufenden Verfahrens - wie bei den Geburten Z48, Z50 und Z51 -, oder es handelte sich überhaupt nicht um Verlegungen im Rahmen eines Geburtsgeschehens - wie bei der Geburt Z65, der Geburt Z66 im 6. Schwangerschaftsmonat oder der Zwillingsgeburt Z47, die eine außerklinische Geburt sogar strikt abgelehnt hatte. Bei den Geburten Z67 und Z68 waren die konkreten Einzelheiten nicht festzustellen.
Einige der vernommenen Zeuginnen - wie die Zeuginnen Z42, Z69, Z46, Z50 - hatten, wie im Rahmen der Feststellungen dargelegt, im Vorfeld in Absprache mit der Angeklagten und durch die sie redigiert, Geburtsberichte gefertigt, die selektiv eine Darstellung zugunsten der Angeklagten enthielten, und bewusst entscheidende Informationen nicht mitteilten. Auch mit den anderen von ihr benannten Zeuginnen hatte die Angeklagte zuvor telefonischen Kontakt. Auf Nachfragen haben die Zeuginnen übereinstimmend erklärt, der Angeklagten mit ihren Berichten helfen zu wollen.
Die Feststellungen zu den einzelnen Geburtsgeschehen beruhen auf den Angaben der Zeuginnen, weiter beteiligter Hebammen, der Verlesung von ihnen gefertigter Berichte, sichergestellter Unterlagen, insbesondere Geburtsberichte der Angeklagten sowie im Fall Z44 der Verlesung ärztlicher Unterlagen.
So hat die Zeugin Dr. Z47 erklärt, dass für sie angesichts der erwarteten Zwillingsgeburt eine außerklinische Geburt nicht in Frage gekommen sei und sie noch gar nicht auf die Geburt eingestellt gewesen sei, als die Kinder zum Ende der 35. Schwangerschaftswoche gekommen seien. Sie habe eigentlich eine Hebamme gesucht, die sie bei der Geburt von Anfang an begleiten würde; ob sie das mit der Angeklagten zu dem Zeitpunkt schon besprochen habe, wisse sie nicht mehr. Da die Zwillingsgeburt an sich schon ein Risiko sei, sei eine Hausgeburt für sie nicht in Betracht gekommen.
Die Zeugin Z66 hat bekundet, dass sie, da die Angeklagte ihre Praxis neben ihrer Zahnarztpraxis gehabt habe, überlegt habe, wenn das Baby komme, eben rüber in die Nachbarpraxis zu gehen. Sie habe dann aber in der 26. Schwangerschaftswoche bereits Wehen bekommen und Fruchtwasser und Blut verloren, woraufhin die Angeklagte den Krankenwagen alarmiert habe.
Die Zeugin Z65 hat bekundet, dass die Angeklagte sie zu ihrer Hausgeburt aufgesucht habe und nach der Untersuchung erklärt habe, dass es so aussehe, als läge die Hand vor dem Kopf. Sie brauche daher zunächst nochmal einen Ultraschall und sie sollten dazu einmal in die Klinik fahren. In der Klinik sei es dann auch so festgestellt worden und kurze Zeit später sei ihr Sohn bereits geboren worden, nachdem die Hand dann wieder weg gewesen sei.
Auch die Zeugin Z42, bei der das Geburtsgeschehen zum Zeitpunkt ihrer Vernehmung 21 Jahre zurücklag, hat auf Nachfragen eingeräumt, mit der Angeklagten gemeinsam einen Geburtsbericht verfasst zu haben, bei dem sich im Vergleich zu einem in einem Hebammentagebuch der Angeklagten verfassten und verlesenen Bericht deutliche Diskrepanzen zugunsten der Angeklagten ergaben. So hatte die Zeugin den Umstand, dass sie - ausweislich des Geburtsberichtes der Angeklagten bereits seit 48 Stunden Wehen hatte - völlig verschwiegen, und stattdessen den Ablauf so dargestellt, dass die Angeklagte unmittelbar nach ihrem Erscheinen eine Verlegung angeraten hat. In ihrem Schreiben hat sie dazu formuliert: "Als ... S. bei mir ankam, überprüfte sie die Herztöne des Kindes die auffallend schnell waren. Mein Puls war aber in Ordnung. In der weiteren Untersuchung stellte sie fest, dass die Nabelschnur vorgefallen war. Da dies ein lebensbedrohlicher Zustand war, verständigte sie umgehend einen Rettungswagen und meldete einen Nabelschnurvorfall. Bei Eintreffen des Rettungswagens und anschließender Lagerung auf die Liege gelang das Zurückverlagern der Nabelschnur. Da jetzt für mich alles in Ordnung war und ich nicht in die Klinik wollte, bat ich ... S. den Rettungswagen ohne uns wieder zurückzuschicken. Damit war ... S. nicht einverstanden und begründete, dass dies sicherer für das Kind wäre."
Angesichts des Umstands, dass die Zeugin sich nicht an die ungewöhnlich lange Dauer der Geburt erinnert haben will, wohl aber an alle für die Angeklagten günstigen Äußerungen, und auf Nachfragen eingeräumt hat, von der Angeklagten angerufen worden zu sein, die sie gefragt habe, ob sie eine Aussage machen könne, was bei der Geburt von Dennis passiert sei, wobei sie ihr gesagt habe, was wichtig sei, sie dann mit dem Entwurf zu der Angeklagten gegangen sei, mit der sie alles nochmal durchgegangen sei, da ihre Erinnerung habe aufgefrischt werden müssen, ist die tendenziöse, durch die Angeklagte beeinflusste Darstellung unabhängig davon, dass die Geburt über zwei Jahrzehnte zurückliegt und ein Nabelschnurvorfall nach den Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. C1 ein geburtsunmöglicher Zustand ist, für die Kammer von keiner Bedeutung.
Auch die Geburt der Zeugin Z41, einer mit der Angeklagten gut bekannten Ärztin, liegt nahezu 30 Jahre zurück. Darüberhinaus hat die Zeugin bekundet, dass sie bei der Geburt an einen Punkt gekommen seien, an dem sie entschieden hätten, zuhause abzubrechen und ins Krankenhaus zu gehen. Sie habe starke Schmerzen und ineffektive Wehen gehabt, Frau S. habe dann die Möglichkeit einer Eröffnung der Fruchtblase angesprochen, wozu aber eine gewisse Wehenstärke erforderlich gewesen sei, oder ins Krankenhaus zu gehen. Sie hätten dann das Krankenhaus gewählt.
Die im Jahre 1996 stattfindende Geburt der Zeugin Z43 ist zum einen für die Beurteilung der Ideologie und Risikobereitschaft der Angeklagten im Jahre 2008 nicht von Bedeutung. Darüber hinaus war es die Entscheidung der Kindsmutter, die Hausgeburt abzubrechen. Die Zeugin hat insoweit bekundet, dass die Angeklagte ihr zwar im Hinblick auf die Beckenendlage gesagt habe, dass alles gut sei und es dem Kind gut gehe, sie aber eine Blockade gehabt und gedacht habe, sie wolle es doch nicht hier auf dem Sofa. Sie habe auch eigentlich gar keine Hausgeburt geplant und ihr seien in dem Moment die Warnungen ihres Arztes durch den Kopf gegangen. Frau S. und ihre Hebamme, Frau Z16 hätten zwar gesagt, sie solle den Wehen freien Lauf lassen, das sei aber nicht gegangen.
Offenkundig war auch der von der Zeugin Z50 gefertigte schriftliche Geburtsbericht mit der Angeklagten abgesprochen. Die Darstellung der Zeugin lässt zur Überzeugung der Kammer den zweifelsfreien Rückschluss zu, dass erneut eine Darstellung im Hinblick auf die verantwortungsvolle Vorgehensweise der Angeklagten in Bezug auf Kontrolluntersuchungen und die Entscheidung zu einer Verlegung bestätigt werden sollte. Formulierungen wie: "Während des gesamten Abends blieb sie dezent im Hintergrund, gab dann und wann Tipps, untersuchte mich und beobachtete den Geburtsverlauf. Nachdem nach Mitternacht, mittlerweile der 02.11.2009, immer noch keine Anzeichen einer beginnenden Geburt zu sehen waren, untersuchte sie mich erneut, dabei sprang die Fruchtblase, das Fruchtwasser war grün. Ab diesem Moment änderte sich die gesamte Situation. Ab sofort kontrollierte sie, bis zur Abfahrt in die Klinik nach jeder Wehe die Herztöne meiner Tochter. Die Herztöne waren in Ordnung. ... S. klärte mich auf, dass die Färbung des Fruchtwassers nicht zwangsläufig etwas zu sagen haben müsse, aber dennoch hindeuten könne, dass hier irgendetwas nicht in Ordnung sein könne. Der bereits lang andauernde Geburtsverlauf müsse sicherheitshalber beschleunigt werden. Da alle Tipps, die sie mir bis dahin gegeben hatte erfolglos geblieben waren, wäre sie nun am Ende der Interventionsmöglichkeiten und riet mir zur Verlegung in die Klinik.. und machte mir die Notwendigkeit einer Verlegung in die Klinik unmissverständlich klar.", lassen diesen Schluss zur zur Überzeugung der Kammer zu.
Der Geburtsbericht der Angeklagten und die auf Nachfragen der Kammer erfolgten Angaben der Zeugin zeichnen nämlich wiederum ein ganz anderes Bild und die erfolgte Verlegung ist vielmehr vor dem Hintergrund des gegen die Angeklagte zu dem Zeitpunkt geführten Ermittlungsverfahrens und des eigenen Wunsches der Kindsmutter zu sehen. Ist bereits das Verhalten der Angeklagten, dass sie ausweislich ihres eigenen verlesenen Geburtsberichts das Geburtsgeschehen etwa ein Jahr nach G. Z1s Tod trotz Überschreitung des errechneten Geburtstermins, einer Dauer vom Abend des 31.10.2009 bis zum 02.11.2009 gegen 0.10 Uhr ohne kontinuierliche Überwachung begleitet hat, der Muttermund nach ca. 24- stündiger und damit protrahierter Eröffnungsphase erst auf 7 cm Weite war und der Abgang von gründlichem Fruchtwasser nach über 30 Stunden Geburtsdauer eine kritische Situation für das Ungeborene bedeutete, das schließlich in der Klinik mit Kaiserschnitt zur Welt kam, erneut unverständlich und unverantwortlich, ist nachvollziehbar, dass insbesondere die Angst vor weiteren juristischen Konsequenzen die Angeklagte zu einer Krankenhausverlegung veranlasst hat. Angesichts des Umstands, dass die Zeugin Z50 auf Nachfragen angegeben hat, dass ihr als Krankenschwester klar gewesen sei, was grünes Fruchtwasser für eine Bedeutung haben könne und sich zudem aus dem Geburtsprotokoll der Angeklagten gegen 21 Uhr die Äußerung der Zeugin entnehmen lässt, dass sie auch nicht weiter wisse, "wenn das jetzt ineffektiv sei", und weiter die Wehentätigkeit nach dem Fruchtblasensprung gegen 0.10 Uhr nur mäßig war, steht für die Kammer außer Zweifel, dass die Verlegung in eine Klinik auch dem eigenen Wunsch der Kindsmutter entsprach.
Die Zeugin Z64 hat nachvollziehbar bekundet, dass es ihr Wunsch gewesen sei, die Geburt in der Klinik fortzusetzen. Sie habe irgendwann für sich gemerkt, dass sie das zuhause nicht weiter fortsetzen und gerne ins Krankenhaus wollte. Sie habe auch ausdrücklich geäußert, dass sie gerne ins Krankenhaus wolle, da sie das für besser hielte.
Die Zeugin Z62 hat bekundet, dass ihre erstbetreuende Hebamme, die Zeugin ... Z60, ihr eine Verlegung empfohlen habe. Die Angeklagte sei nicht häufig mit ihr im selben Raum gewesen. An die Äußerung, dass sie etwas mehr Ehrgeiz erwartet hätte, hatte die Zeugin eine ebenso sichere Erinnerung, wie daran, dass sie von der Angeklagten ausgesprochen wurde. Auch die Zeugin Z60, die ihre grundsätzliche Ablehnung der Begleitung einer Beckenendlage als Hausgeburt aufgrund der Risiken, insbesondere einer Nabelschnurabklemmung und Sauerstoffunterversorgung des Kindes, bekundet hat, hat die Angaben der Kindsmutter mit den Worten bestätigt, dass es sein könne, dass sie die erste gewesen sei, die geraten habe, in die Klinik zu fahren.
Auch dieses Geburtsgeschehen ist zu Überzeugung der Kammer ein weiterer Beleg für die Risikobereitschaft der Angeklagten, die bei einer Beckenendlage, einer Überschreitung des errechneten Geburtstermins um 11 Tage und zweimaligem Mekoniumabgang innerhalb von 4 Stunden ohne ausreichende Überwachungsmöglichkeiten eine außerklinische Geburt fortgeführt hätte. Weiter sind auch die Geburten Z48 und Z44 kein Beleg für ein verantwortungsvolles Handeln der Angeklagten, sondern belegen aus Sicht der Kammer vielmehr das Gegenteil.
Die Feststellungen zur Geburt Z44 beruhen auf den Angaben der Zeugin, dem Geburtsbericht der Angeklagten und den Unterlagen des Knappschaftskrankenhauses in O36-...(Ortsteil). Angesichts der Eintragung in dem Geburtsprotokoll der Angeklagten war es der "eigene Wunsch" der Kindsmutter, in eine Klinik verlegt zu werden; zudem war eine zweite erstbetreuende Hebamme anwesend. Die Umstände der Geburt, die Begleitung einer Beckenendlage, nach rechnerischer Übertragung, Mekoniumabgang unter der Geburt und die schließlich erfolgte Notsectio bei einer Nabelschnurumschlingung des ungeborenen Kindes belegen vielmehr einen weiteren Verstoß gegen geburtshilfliche Vorschriften und Leitlinien.
Erst recht gilt dies für die Umstände der Geburt Z48. Die nur 4 Monate nach dem Tod von G. Z1 erfolgte Begleitung einer Geburt, bei der die Risikofaktoren Beckenendlage und Zustand nach Sectio sich summierten, weiter eine rechnerische Übertagung und ein protrahierter Geburtsverlauf vorlagen, wobei allein die Eröffnungsphase 17 Stunden dauerte, lässt vielmehr erkennen, dass die Angeklagte aus der Geburt G. Z1s, wie auch alle weiteren im Anschluss festgestellten Geburtsvorgänge erkennen lassen, keinerlei Konsequenzen gezogen hat. Dass die Verlegungsentscheidung vor dem Hintergrund der Beteiligung einer zweiten Hebamme und weiter in Zusammenhang mit dem laufenden Ermittlungsverfahren zu sehen und zu beurteilen ist, steht für die Kammer außer Frage. Die Zeugin Z48 hat in dem Zusammenhang im übrigen erklärt, dass ihre Hebamme ... (Vorname der Zeugin) zu ihr gekommen sei und gesagt habe, dass man besser in eine Klinik verlegen solle.
Die Einzelheiten zu den konkreten Umständen des Geburtsverlaufs hat die Kammer aus dem sichergestellten und verlesenen Geburtsprotokoll der Angeklagten entnommen. Dass die Angeklagte auch nach der Überschreitung des errechneten Geburtstermins keine ausreichenden Kontrollen und auch keine Risikoaufklärung vorgenommen hat, hat die Zeugin Z48 bekundet. Bei der Zeugin handelte sich im übrigen auch um eine die Angeklagte unterstützende Zuhörerin, die an zahlreichen Verhandlungstagen anwesend war. So hat die Zeugin etwa angegeben, die Angeklagte habe erklärt, dass eine Beckenendlage durchaus als Hausgeburt gehe, dass sie das schon mehrfach gemacht habe und das durchaus üblich sei; sie könne nicht sagen, ob über Risiken gesprochen worden sei, das hätte sie auch nicht beeindruckt, sie hätte auf keinen Fall in ein Krankenhaus gewollt. Auf Nachfragen wollte die Zeugin sich nicht erinnern, ob die Angeklagte von dem Tod G. Z1s wenige Monate zuvor berichtet hat, was die Kammer angesichts der Bedeutung eines solchen Umstands für ausgeschlossen hält. Die Zeugin hat weiter bestätigt, dass es mehr als die aus dem Geburtsprotokoll der Angeklagten zitierten Untersuchungstermine nicht gegeben habe.
Die Zeugin Z46 hat wie die Zeugin Z69 einen falschen Geburtsbericht erstellt. So hat die Zeugin Z46, eine Grundschullehrerin, die im Jahre 2000 bereits eine Beckenendlagengeburt mit der Angeklagten und der Zeugin Z16 durchgeführt hatte, in ihrem Bericht die Geburt wie folgt geschildert: "Im Oktober 2007 brachte ich meine zweite Tochter Lilly zur Welt. Sie sollte zu Hause geboren werden und sowohl Frau S., als auch Frau Z16 waren abermals die betreuenden Hebammen. Nach einiger Zeit ließ die Wehentätigkeit nach und die Herztöne gaben Anlass zur Sorge. In Absprache entschieden beide Frauen einvernehmlich präventiv eine sofortige Verlegung ins Krankenhaus. Die diensthabende Gynäkologin unternahm über einen längeren Zeitraum verschiedene Versuche, Mutter und Kind eine natürliche Geburt zu ermöglichen. Schließlich entschied sie sich für einen Kaiserschnitt.". Weiter hat die Zeugin Z46 unter anderem formuliert: "Frau S. kenne ich seit nunmehr 11 Jahren und sie hat meine Kinder und mich in dieser Zeit betreut. Ich hatte niemals auch nur ansatzweise das Gefühl, dass sie ihre Fähigkeiten überschätzte oder gar in leichtsinniger Art und Weise an Problemen herumprobierte, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass ihre eigene Kompetenz nicht ausreichte.".
Unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich bei der Vernehmung der Zeugin in der Hauptverhandlung schließlich herausgestellt hat, dass zwar ursprünglich beide Hebammen anwesend gewesen, beide aber zwischenzeitlich nach Hause gefahren waren und nur die Hebamme Z16 zurückgekommen war, die dann erklärt habe, dass die Herztöne Anlass zur Sorge geben und sie ins Krankenhaus fahren würden, wovon sie die Angeklagte telefonisch in Kenntnis gesetzt habe, ist der Geburtsbericht, der eine einvernehmliche Entscheidung beider Hebammen belegen soll, unbrauchbar. Auch die Zeugin Z16 hat insoweit bekundet, dass sie mit der Angeklagten besprochen habe, sie zur Geburt erneut zur rufen oder über eine andere Entscheidung zu informieren. Ihr hätten die Herztöne nicht gefallen, so dass sie entschieden hätte, sie wolle verlegen.
Unter weiterer Berücksichtigung des Umstands, dass die Zeugin Z46 nach ihren Angaben mit der Angeklagten gut bekannt ist, gemeinsame Hundespaziergänge unternimmt, und die Angeklagte ihr davon berichtet hat, dass G. Z1s Mutter bei der Geburt nicht ins Krankenhaus gewollt habe, obwohl das der Angeklagten lieber gewesen sei, und dass G. Z1 wahrscheinlich bereits im Bauch der Mutter verstorben sei, ist auch diese Zeugin, angesichts ihrer weiteren Bekundung, dass sie es entsetzlich finde, dass man Frau S. Leichtfertigkeit vorwerfe, von keinem Wert.
Gleiches gilt für die Zeugin Z69. Auch sie hat persönliche Kontakte zu der Angeklagten und Gespräche über das Geburtsgeschehen von G. Z1 auf Nachfragen eingeräumt und erklärt, sie habe den Bericht auf Wunsch der Angeklagten aufgeschrieben, da sie ihn vielleicht mal für die Anklage gebrauchen könne. Sie habe den Bericht aus Dankbarkeit aufgeschrieben und er habe zur Entlastung der Angeklagten dienen sollen. Entsprechend ist der Inhalt des Berichts zu werten, der anders als der sichergestellte Geburtsbericht der Angeklagten wesentliche Fakten, wie die protrahierte Austreibungsphase und den Abgang von Mekonium und das anschließende Abwarten weiterer vier Stunden nicht explizit zum Ausdruck brachte. Aufgrund der weiter erfolgten Angabe der Zeugin, dass ihr Mann den dringenden Wunsch gehabt habe, die Hausgeburt aufzugeben, ist auch dieses Geburtsgeschehen nicht als Beleg für die verantwortliche Handlungsweise der Angeklagten geeignet.
Die Zeugin Z51 hat hinsichtlich ihrer Geburt im Jahre 2010 ausgesagt, dass ihre betreuende Hebamme aus dem Geburtshaus die Angeklagte aufgrund der Beckenendlage hinzugezogen habe. Die Untersuchungen und Messungen der Herztöne habe ihre Hebamme gemacht. Dabei habe sich herausgestellt, dass das Baby zu einem Zeitpunkt Stress gehabt habe, als es noch nicht tief genug gewesen sei. Die beiden Hebammen hätten dann miteinander gesprochen und gesagt, sie führen jetzt in die Klinik. Sie habe die Situation bereits vorher mit ihrer Hebamme besprochen, dass in einem solchen Fall eine Fortsetzung der Geburt im Geburtshaus nicht diskutiert werde. In Anbetracht der Geburtsleitung durch eine zweite Hebamme und der laufenden Ermittlungen ist das Verhalten der Angeklagten entsprechend zu werten.
Auch bei der Geburt der Zeugin Z63 war eine zweite Hebamme beteiligt, weshalb die Beurteilung der Verlegung nicht als Maßstab verantwortungsbewussten Handelns der Angeklagten dienen kann.
Auch mehrere weitere Zeuginnen, insbesondere mit der Angeklagten befreundete Hebammen, haben versucht, ihr unkritisch, mit gleicher Gesinnung und zum Teil mit falschen Bekundungen zur Seite zu stehen. So hat die oben benannte Zeugin Z59 etwa ausgesagt, dass unerklärliche Todesfälle immer mit Azidose erkärt würden; dies sei aber nicht die Ursache; die Wahrheit sei, dass in der Geburtshilfe gestorben werde, es ungeklärte Todesfälle gebe, die mit Plazentainsuffizienz oder Azidose erklärt würden, dies seien reine Verdachtsdiagnosen von Schulmedizinern.
Die Zeugin Z16, eine seit 27 mit der Angeklagten eng befreundete Hebamme, hat etwa bekundet, Beckenendlage hätten kein größeres Risiko als Schädellagen, entsprechende Studien seien widerlegt. Man könne auch nicht zwei verschiedene Systeme vergleichen; man könne klinisch denken und alles mit einer Gefahr verbinden, und man könne außerklinisch denken, und wenn es der Frau gut gehe, könne man fortfahren. Allerdings hat sie weiter erklärt, Beckenendlagen selbst nur klinisch zu begleiten. Auch die Zeugin Z16 hat zum Teil unwahre Angaben gemacht. Während sie zunächst bei ihrer ersten Vernehmung erklärt hat, zu keinem Zeitpunkt eine Beckenendlagengeburt geplant außerklinisch mit der Angeklagten begleitet zu haben, und es nur in zwei Fällen dazu gekommen sei, da sonst die Gefahr bestanden hätte, dass das Kind unterwegs auf dem Weg zum Krankenhaus geboren worden wäre, da die Frauen sie erst relativ spät informiert hätten, und ihr klar gewesen sei, dass es mit einer Verlegung zu knapp würde, hat sie in einer ergänzenden Vernehmung ein Jahr später etwas ganz anderes bekundet. Bei der Vernehmung der Zeugin Z46 hatte sich sodann herausgestellt, dass die Zeugin zwei Geburten im Jahre 2000 und 2007 gemeinsam mit der Angeklagten begleitet hatte, wobei es sich bei der ersten Geburt um eine geplante außerklinische Beckenendlagenentbindung handelte, so dass die erste Aussage der Zeugin Z16 gelogen war.
Eine weitere enge Freundin der Angeklagten, die Zeugin Z19, hat die Kompetenz der Angeklagten hervorgehoben, auf entsprechende Nachfragen, die ungünstige Rückschlüsse hätten zulassen können, aber bewusst ausweichend geantwortet. So hat sie etwa in Bezug auf die Drillingsgeburt im August 2008 erklärt, sie habe zwar erfahren, dass die Angeklagte da gewesen sei, aber insoweit nur, dass es diese Geburt gegeben habe und die Kinder wohlauf seien, ob die Angeklagte als Hebamme, Ärztin oder rein zufällig da gewesen sei, wisse sie aber nicht, darüber hätten sie sich nicht ausgetauscht. Angesichts des Umstands, dass die Zeugin von 1988 bis 1994 eng mit der Angeklagten zusammengearbeitet hat, seit dieser Zeit mit ihr befreundet ist und an zahlreichen Verhandlungstagen anwesend war, ist eine solche Aussage eine Farce.
IV.
1. Rechtliche Würdigung
Die Angeklagte hat sich danach eines Totschlags durch Unterlassen gem.
§§ 212, 13 StGB schuldig gemacht.
Dass mit dem Beginn der Eröffnungswehen am Morgen des 30.06.2008 der Beginn des Geburtsaktes und damit der Beginn des menschlichen Lebens von G. Z1 anzunehmen ist, und sie nicht mehr als Leibesfrucht anzusehen war, bedarf keiner weiteren Erörterung.
Die Angeklagte hat es unterlassen, einen Tatbestandserfolg abzuwenden, wobei sie rechtlich dafür einzustehen hatte, dass der Tod des Kindes nicht eintrat. Das Unterlassen entspricht auch der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun. Die Angeklagte hatte, wie sie wusste, eine Garantenstellung, d.h. eine Rechtspflicht zur Betreuung der Zeugin Z1 und ihres ungeborenen Kindes und zur Abwendung der Lebensgefahr. Eine solche Rechtspflicht kann sich aus der tatsächlichen Übernahme einer Schutzfunktion ergeben; auf die zivilrechtliche Wirksamkeit eines möglicherweise zugrunde liegenden Vertrages, z.B. eines Behandlungsvertrages, kommt es nicht an. Entscheidend sind vielmehr die tatsächliche Übernahme einer Vertrauensstellung sowie die Gewährung von Vertrauen. Die Angeklagte hatte die Betreuung der Zeugin Z1 und ihres ungeborenen Kindes übernommen. Nach § 1 des LHebG NRW und § 2 der HebBO NRW war sie verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft und nach dem jeweiligen Stand der medizinischen, psychologischen und soziologischen und geburtshilflichen Erkenntnisse unter Berücksichtigung soziokultureller Unterschiede auszuüben. Die Hebamme hat Schwangeren und Gebärenden und Neugeborenen Beistand zu leisten.
Mit ihrem Verhalten im Rahmen ihrer Berufsausübung hat die Angeklagte vorsätzlich gegen die gesetzlichen Vorschriften, die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die Empfehlungen des Bundes deutscher Hebammen und freiberuflicher Hebammen und Lehrbuchwissen verstoßen. Neben sämtlichen weiteren Verstößen im Rahmen der Geburtsbegleitung hat sie die Verlegung der Gebärenden in eine Klinik unterlassen.
Die Angeklagte hatte auch eine Garantenstellung aus Ingerenz. Ihr Vorverhalten, eine außerklinische Geburt zu planen, war bereits pflichtwidrig, wobei sich die Gefahrenlage durch das weitere Verhalten, das Zuwarten und die unterbliebene Aufklärung der Kindseltern, noch erhöht hat.
Dabei steht die Kausalität auf der Grundlage des normativen Kausalitätsbegriffs außer Zweifel. Ursächlichkeit liegt dann vor, wenn bei Vornahme der pflichtgemäßen Handlung der tatbestandsmäßige Schadenserfolg ausgeblieben wäre, dieser also entfiele, wenn die Handlung hinzugedacht würde. Die von der Angeklagten unterlassene Verlegung in ein Krankenhaus hätte den Eintritt des Todes von G. Z1 verhindert. Durch eine rechtzeitige und auch mögliche Veranlassung der Verlegung der Gebärenden Z1 in ein Krankenhaus hatte die Angeklagte die Möglichkeit zur Verhinderung des Eintritts des Todes von G. Z1 gehabt und dies war ihr auch zumutbar.
Das Unterlassen entspricht auch der Verwirklichung des Tatbestands durch ein Tun und die Angeklagte handelte vorsätzlich, wobei sie auch die Umstände ihrer Handlungspflicht, deren Zumutbarkeit und die Möglichkeit der Erfolgsverhinderung erfasst hat.
Wie dargelegt hat die Angeklagte die Tatbestandsverwirklichung zwar nicht für sicher gehalten und auch nicht angestrebt, sie hat sie aber für möglich gehalten. Nach der vom BGH angewandten Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit entspricht das kognitive Element des bedingten Vorsatzes dem der bewussten Fahrlässigkeit, nicht jedoch das voluntative Element. Der bewusst fahrlässig Handelnde ist mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden und vertraut auf ihren Nichteintritt, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintritt des Erfolges in dem Sinne einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt.
Bei einer Gesamtwürdigung der objektiven und subjektiven Tatumstände handelte die Angeklagte bedingt vorsätzlich. Die Angeklagte hat den Eintritt des Todes von G. Z1 als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt. Dabei billigt der Täter auch einen an sich unerwünschten, aber notwendigen Erfolg, wenn er sich mit ihm um eines erstrebten Zieles willen abfindet und die als möglich erkannte Folge hinzunehmen bereit ist. Wenn auch aus der Kenntnis der allgemeinen Gefährlichkeit einer Handlung die Billigung des Erfolgseintritts nicht abgeleitet werden kann, ergeben sich hier aus dem äußeren Tatgeschehen - dem Verlauf des Geburtsgeschehens mit erkennbaren Anhaltspunkten für eine lebensbedrohliche Notsituation des Kindes und einer Wahrnehmung dieser Umstände durch die Angeklagte - und der Kenntnis der Angeklagten von der Möglichkeit des Eintritts des Todes des Kindes, wie dargelegt, ohne begründete Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang der Geburt, vor dem Hintergrund sachfremder Erwägungen - ausreichende Indizien für die Überzeugung der Kammer von einer billigenden Inkaufnahme. Zwar ist eine besonders hohe Hemmschwelle vor dem Tötungsvorsatz vornehmlich für gefährliche Gewalthandlungen ohne nachvollziehbares Motiv anzunehmen. In den Fällen des Unterlassens besteht aber generell keine psychologisch vergleichbare Hemmschwelle vor einem Tötungsvorsatz wie bei positivem Tun. Im übrigen steht das Unterlassen der Angeklagten vorliegend auch in Zusammenhang mit schuldhaftem Vorverhalten und sachfremden Motiven, weshalb dieses psychologische Moment unter anderem auch wegen der gegenläufigen Selbstschutzmotive hier nicht Platz greift.
An einem bedingten Tötungsvorsatz der Angeklagten könnte es nur dann fehlen, wenn die Angeklagte aufgrund besonderer außergewöhnlicher Umstände darauf hätte vertrauen können, der von ihr für möglich gehaltene Tod des Kindes G. Z1 werde nicht eintreten. Die Angeklagte hat ein solches Vertrauen behauptet, was aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt ist.
Das Unterlassen kommt dem Unrechtsgehalt aktiver Tatbestandsverwirklichung auch so nahe, dass es sich dem Unrechtstypus des Tatbestands einfügt.
2. Schuldfähigkeit
Die Angeklagte ist für die von ihr begangene Tat in vollem Umfang strafrechtlich verantwortlich. Anhaltspunkte für eine Einschränkung oder Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit haben sich nicht ergeben. Die ideologisch verfestigte Sichtweise der Angeklagten begründet keine Zweifel an ihrer Einsichtsfähigkeit.
V.
Hilfsbeweisantrag
Der hilfsweise für den Fall einer Verurteilung der Angeklagten wegen Totschlags oder fahrlässiger Tötung gestellte Beweisantrag der Verteidigung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens eines neonatologisch versierten Pulmologen, zum Beweis der Tatsache, dass ausweislich des Obduktionsbefundes, wonach ein Teil der Lunge überbläht und weite Teile der Lunge gar nicht belüftet gewesen seien, ein pathologischer Zustand der Lunge vorgelegen habe, der auch im Rahmen einer neonatologischen Versorgung in einem Krankenhaus ab 17 Uhr des 30.06.2008 letztlich zum Tode des Kindes geführt hätte, war gem. § 244 Abs. 4 StPO zurückzuweisen, da durch die früheren Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist.
Zum wiederholten Male hat die Verteidigung angestrebt, eine Lungenhypoplasie nachweisen zu wollen, wobei sie Umstände angeführt hat, die bereits umfangreich durch die vernommenen Sachverständigen, insbesondere den Rechtsmediziner Dr. C3 und die Fetalpathologin Dr. C7, deren Befund in dem Beweisantrag zitiert wird, erörtert worden sind. Sämtliche angeführten Befunde, die Überblähung eines Teils der Lunge sowie der Umstand, dass Teile der Lunge nicht belüftet waren, ist ein typischer, und häufig anzutreffender Befund, wenn Reanimationsmaßnahmen in Form einer Beatmung bei einem sterbenden bzw. verstorbenen Menschen durchgeführt werden. Soweit in dem Hilfsbeweisantrag behauptet wird, dass bislang seitens der Gutachter der von der Sachverständigen C7 und im Obduktionsbefund beschriebene Zustand der Lunge pathologisch und nicht im Ansatz erklärt worden sei, ist das wiederum falsch. Sowohl der Rechtsmediziner Dr. C3 als auch die Sachverständige Dr. C7 haben diesen Zustand mit der Beatmung erklärt.
Dass kein "wesentlicher Defekt der Lunge" vorlag, und die Lungen nicht "morphologisch und funktional pathologisch" waren, sondern es sich histologisch um die reife, gesunde, normal entwickelte Lunge eines eutrophen Neugeborenen gehandelt hat, ist, wie dargelegt, nach dem unabhängigen Ergebnis der insoweit im Rahmen der Beweiswürdigung benannten Gutachter eine sicher festgestellte Tatsache.
Weder ist die Sachkunde der früheren Gutachter zweifelhaft, noch gehen die Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus; die Gutachten weisen keine Widersprüche auf und ein anderer Sachverständiger verfügt auch nicht über überlegene Forschungsmittel. Dass der benannte Sachverständige einer anderen Fachrichtung angehört, ist angesichts des vorliegenden Beweisgegenstandes von keiner Bedeutung. Darüberhinaus ist die Kammer durch die einzelnen Gutachten der Sachverständigen Dr. C3, Dr. C7 und weiter des Sachverständigen Prof. Dr. C6 zur Beurteilung der Beweisfrage selbst genügend sachkundig geworden.
VI.
Strafzumessung
Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer von nachfolgenden Erwägungen leiten lassen:
Zugunsten der Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass sie als Erstverbüßerin, zudem in ihrer Lebenssituation als Ärztin und ihrem Lebensalter von 60 Jahren, in besonderem Maße straf- und haftempfindlich ist. Es ist davon auszugehen, dass sie durch die zwischenzeitlich erlittene Untersuchungshaft beeindruckt ist. Die Angeklagte ist bislang unbestraft. Die Tat liegt bereits längere Zeit zurück, wobei zwar die lange Verfahrensdauer und die damit verbundenen Belastungen für die Angeklagte zu berücksichtigen sind, die Dauer der Hauptverhandlung aber nicht unwesentlich auf das Erfordernis, mehreren Verteidigern die Mitwirkung zu ermöglichen, und auf die zahlreichen, in großen zeitlichen Abständen gestellten Beweisanträge der Angeklagten bzw. der Verteidigung zurückzuführen war, wobei etwa Zeuginnen zum Teil erst 1 ½ Jahre nach einer erfolgten Kontaktaufnahme durch die Angeklagte benannt worden sind, obwohl die Kammer vom Anfang des Verfahrens an ihr Interesse an der Aufklärung anderer Geburtsvorgänge mit Besonderheiten offen angesprochen hat. Strafmildernd hat die Kammer weiter den Umstand berücksichtigt, dass es sich um ein Unterlassen und nicht um ein aktives Tun handelt. Die Kammer hat weiter das gegen die Angeklagte zu verhängende dauerhafte Berufsverbot und die sich auch daraus für sie ergebenden beruflichen und privaten Konsequenzen strafmildernd berücksichtigt. Letztlich bedeutet das Urteil für die Angeklagte den wirtschaftlichen und persönlichen Ruin.
Zu Lasten der Angeklagten hat die Kammer auf der anderen Seite die schweren psychischen Folgen mit auch physischen Beeinträchtigungen für die Nebenkläger berücksichtigt, die bis heute und voraussichtlich dauerhaft unter dem traumatischen Erlebnis und insbesondere dem Tod und Verlust ihres Kindes G. Z1 leiden werden. Sie hat dabei unter der Geburt aktiv darauf hingewirkt, dass die Eltern von ihrer Entscheidungsfreiheit, die Geburt in einer Klinik fortzusetzen, keinen Gebrauch gemacht haben, und so verhindert, dass die Eltern die Gefahr für die Gesundheit und das Leben ihres ungeborenen Kindes erkennen konnten, da sie sie trotz Nachfragen in Sicherheit gewiegt hat. Die Kammer hat gleichwohl - was auch im Rahmen des Adhäsionsverfahrens zu berücksichtigen war - das "blinde" Vertrauen der Kindseltern angesichts des langen Zeitablaufs von 11 Stunden, in denen sich die Angeklagte in keiner Weise um sie gekümmert hat, berücksichtigt. Strafschärfend war weiter zu berücksichtigen, dass die Angeklagte im nachhinein noch versucht hat, in unredlicher und unzulässiger Weise auf die traumatisierten Eltern einzuwirken, um eine Haftungsfreizeichnung zu erlangen, die sie vor der Durchsetzung berechtigter Ansprüche bewahren sollte.
Ein minder schwerer Fall im Sinne des § 213, 2. Hs. StGB liegt - allein unter Berücksichtigung der allgemeinen Milderungsgründe sowie auch unter ergänzender Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes des § 13 StGB nicht vor. Dabei kommt es, wie auch sonst bei minder schweren Fällen, auf eine Gesamtbewertung aller Umstände an, wobei aus Sicht der Kammer der Strafrahmen des § 212 StGB bzw. der nach §§ 212, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen nicht unangemessen hart wäre. Entscheidend für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maß abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Die Gesamtwürdigung aller Gesichtspunkte, die der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen und folgen, und die für die Wertung der Tat und der Person der Angeklagten in Betracht kommen, ergibt hier, dass das gesamte Tatbild im Hinblick auf die Intensität des Unrechts und das Ausmaß des Verschuldens vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle nicht in einem solchen Maß abweicht, wobei die Kammer bei ihrer Abwägung den bislang eingetretenen und mindestens auf absehbare Dauer fortbestehenden psyschischen Beeinträchtigungen der Kindseltern besonderes Gewicht beigemessen hat.
Die Kammer hat jedoch nach einer wertenden Gesamtwürdigung der wesentlichen unterlassungsbezogenen Gesichtspunkte eine Strafrahmenverschiebung gem. §§ 49 Abs. 1, 13 Abs. 2 StGB vorgenommen, da nach einer Gesamtbetrachtung der Unrechts- und Schuldgehalt des Unterlassens vorliegend gleichwohl geringer ist als der des aktiven Tuns. Zwar hätte die gebotene Handlung von der Angeklagten nicht mehr verlangt als den normalen Einsatz rechtstreuen Willens, gleichwohl wiegt das Unterlassen im Verhältnis zur entsprechenden Begehungstat eines Tötungsdelikts weniger schwer.
Nach Abwägung sämtlicher für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungserwägungen hat die Kammer unter Anwendung des nach §§ 49, 13 StGB gemilderten Strafrahmens des § 212 Abs. 1 StGB danach auf eine tat- und schuldangemessene Freiheitsstrafe von
6 Jahren und 9 Monaten
erkannt.
Die Kammer hat weiter festgelegt, dass 3 Monate der Strafe zur Kompensation der auf einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung beruhenden Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Dabei hat die Kammer den zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil sowie die besonderen Belastungen, denen die Angeklagte wegen der überlangen Verfahrensdauer ausgesetzt war, bereits bei der Straffestsetzung mildernd berücksichtigt. Für die im Rahmen der Feststellungen dargelegten Umstände der überlangen Verfahrensdauer, die teilweise auf einem konventions- und rechtsstaatswidrigen Verhalten der Strafverfolgungsbehörden beruht haben, hat die Kammer den bezifferten Teil der Strafe festgesetzt. Dabei haben der durch die Verzögerungen der Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, Umfang und Schwierigkeit des Verfahrensgegenstands, Art und Weise der Ermittlungen sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des schwebenden Verfahrens für die Angeklagte verbundenen besonderen Belastungen Berücksichtigung gefunden. Von Bedeutung war wie dargelegt auch der Umstand, dass ein erheblicher Anteil der überlangen Verfahrensdauer dem Verhalten der Angeklagten zuzurechnen ist. Nicht eingerechnet worden sind im übrigen die Zeiträume, die bei zeitlich angemessener Verfahrensgestaltung beansprucht werden durften.
VII.
Berufsverbot
Gegen die Angeklagte war ein dauerhaftes Berufsverbot als Hebamme und Ärztin zu verhängen (§ 70 Abs. 1 S. 2). Die Angeklagte hat unter grober Verletzung der mit ihren Berufen verbundenen Pflichten eine rechtswidrige Tat begangen, wegen derer sie verurteilt wird. Eine Gesamtwürdigung der Person der Angeklagten und der Tat lässt auch die Gefahr erkennen, dass die Angeklagte bei weiterer Ausübung ihres Berufes erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art unter grober Verletzung von Berufspflichten begehen wird.
Das Berufsverbot ist für immer anzuordnen, da zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist von fünf Jahren zur Abwehr der von der Angeklagten drohenden Gefahr nicht ausreichen wird.
Die Angeklagte ist in einer verfestigten ideologisierten Anschauung verhaftet und vertritt nach wie vor uneingeschränkt ihr Entbindungskonzept, was nachträgliche Veröffentlichungen und Vorträge im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen für Hebammen dokumentieren. Trotz ihrer entgegenstehenden fachlichen medizinischen Kenntnisse vertritt sie weiter wissenschaftlich unhaltbare Thesen, die Risiken bei komplikationsträchtigen Geburtsverläufen negieren. Auch im Anschluss an das hier abzuurteilende Geburtsgeschehen hat sie bis zu der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster, mit der das Ruhen ihrer Approbation angeordnet worden ist, weiter unbeeindruckt an Risikogeburten teilgenommen, die eine klinische Betreuung erfordert hätten, wie die Drillingsgeburt auf O13, wobei es auch im nachhinein noch zu lebensbedrohlichen Komplikationen für Kinder, wie etwa im Fall van Almsik und Z38, gekommen ist.
Die Angeklagte hat auch im Rahmen des Verfahrens - unabhängig von dem zulässigen Verteidigungsverhalten, was die Kammer nicht in die Beurteilung mit einbezogen hat -, mit dem jedes Risiko einer komplikationsträchtigen Geburt in Abrede gestellt und organische Ursachen für Probleme der Kindes behauptet wurden - zu keinem Zeitpunkt eine Einsicht im Hinblick auf allgemeine Einschätzungen gezeigt. Nicht zuletzt ihre im Rahmen des Verfahrens erfolgte Ergänzung ihres Artikels "Hausgeburt - eine andere Lebensphilosophie", mit der sie zum Ausdruck bringt, dass die Hausgeburtshilfe die "zurzeit sicherste Betreuungsform" darstelle, es "eine Garantie für einen glücklichen Ausgang nicht geben könne", und "Kinder, die eine derartig zurückhaltende Geburtshilfe nicht unbeschadet überleben, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu etwa 90 % durch Infekte, Thrombosen, Blutungen oder chemische Noxen vorbelastet seien", zeigt überdeutlich die manifeste, unbeeindruckte, unbeirrbare und fehlgeleitete Einstellung der Angeklagten. Angesichts der infolge der von der Angeklagten vehement vertretenen und praktizierten Geburtshilfe und von ihr negierter wissenschaftlicher medizinischer Erkenntnisse und Standards, die ein hohes Gefahrenpotenzial für das Leben von Mutter und Kind bergen, ist ein lebenslanges Berufsverbot angemessen und erforderlich.
VIII.
Entscheidung im Adhäsionsverfahren
Die Kammer hat weiter die im Tenor dokumentierten Entscheidungen im Rahmen des Adhäsionsverfahrens getroffen. Eine wirksame Antragstellung im Sinne von § 404 StPO liegt vor.
Die Angeklagte ist den Nebenklägern Z1 gem. §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2, 253 Abs. 2, 249 ff. BGB iVm §§ 212, 223 StGB zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet.
1. Hinsichtlich der Gewährung von Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB sind die Nebenkläger infolge des Todes ihres Kindes mittelbar Geschädigte. Die Kammer hat danach berücksichtigt, dass nur dann ein Schmerzensgeldanspruch besteht, wenn sie eigene gesundheitliche Beeinträchtigungen mit - auch nach allgemeiner Verkehrsauffassung anzuerkennendem - Krankheitswert erlitten haben. Psychische Beeinträchtigungen wie Trauer, Depression, Unlust, Antriebslosschwäche, denen keine unmittelbare Verletzungshandlung des Schädigers gegen den Betroffenen zugrunde liegt, und die damit keine pathologisch nachweisbare Ursache haben, sind von einer billigen Entschädigung ausgeschlossen. Nur wenn diese mentalen Probleme die Form einer verifizierbaren Erkrankung annehmen, ist das Tatbestandsmerkmal der Gesundheitsverletzung gegeben und Schmerzensgeld zu gewähren. Bei den Nebenklägern steht dies außer Zweifel. Es ist angesichts des miterlebten Todes ihrer Tochter unter den besonderen Bedingungen und Erwartungen der Geburt eine Gesundheitsbeeinträchtigung in Form einer pathologischen nervlichen Zerrüttung eintreten. Die Geschädigten leiden noch heute, Jahre nach dem Geschehen, unter psychischen Beeinträchtigungen. Die über einen langen Zeitraum bei der Zeugin Z1 bestehende posttraumatische Belastungsstörung und reaktive depressive Episode, die wiederholte Klinikaufenthalte und psychotherapeutische Behandlungen zur Folge hatte, sowie die von beiden Nebenklägern erlebten psychischen Beeinträchtigungen, wie der Verlust der Lebensfreude, Interessenlosigkeit, Antriebsarmut, vegetative Störungen, wie Unruhezustände, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen sind in ihrer Gesamtheit mit den Gesundheitsbeeinträchtigungen gleichzustellen, die bei einer schweren Krankheit auftreten. Die Zeugin Z1 litt weiter unter Panikattacken, Ängsten, Zyklusstörungen und Suizidgedanken. Sämtliche Beeinträchtigungen, die insbesondere im Hinblick auf die Nebenklägerin auch durch mehrere Arztberichte dokumentiert sind, sind von der Angeklagten nicht bestritten worden. Auch der Zeuge Z1 hat längere psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen müssen.
Die Höhe des Schmerzensgeldanspruchs hat die Kammer unter Berücksichtigung einschlägiger Rechtsprechung, der konkreten Umstände und der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Tatbeteiligten im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens festgesetzt. Hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten hat die Kammer berücksichtigt, dass es sich bei den geschädigten Nebenklägern um Akademiker in verantwortungsvollen beruflichen Positionen handelt. Die Nebenklägerin Z1 ist Historikerin und Ethnologin und als Journalistin tätig. Der Nebenkläger Z1 hat Wirtschaftswissenschaften studiert und ist als Ökonom in O23 erfolgreich tätig - worauf auch die Angeklagte in ihrer Einlassung hingewiesen hat, dass er sich mit seinen Fähigkeiten in der Finanzwelt in Lettland bereits einen Namen gemacht habe. Die Angeklagte hat über Jahrzehnte als Ärztin und Hebamme über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt und ist im Besitz von Hauseigentum. Dass sie im Laufe des Verfahrens für Verteidigerkosten und Gutachten nach Angaben von Zeugen wohl Beträge im sechsstelligen Bereich finanziert haben will, wovon nur ein geringer Teil durch Spenden bezahlt werden konnte, kann jedenfalls den Nebenklägern bei der Berücksichtigung ihrer Ansprüche nicht zum Nachteil gereichen.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat Berücksichtigung gefunden, dass die Angeklagte vorsätzlich gehandelt hat, wobei auch die Folgen für die Eltern absehbar waren, die Nebenkläger die oben dargelegten massiven psychischen Beeinträchtigungen mit körperlichen Folgewirkungen erlitten haben, die mehrere Jahre bestanden und zum Teil noch immer andauern. Bei der Zeugin Z1 hat die posttraumatische Belastungsstörung ein solches Ausmaß erreicht, dass sie von Suizidgedanken gequält wurde und sich stationärer psychotherapeutischer Behandlung unterziehen musste. Die Eltern mussten bei der mit Freude erwarteten Geburt den Todeskampf ihrer Tochter miterleben, was sie, wie der große Verlust ein Leben lang belasten wird.
Die Kammer hält danach in Bezug auf die Nebenklägerin Z1 ein Schmerzensgeld von 40.000,- € und in Bezug auf den Nebenkläger Z1 ein solches von 10.000,- € für angemessen. Wie dargelegt beruht die Differenzierung nicht darauf, dass die Kammer davon ausgeht, dass der Zeuge Z1 weniger beeinträchtigt ist, sondern diese hat ihren Hintergrund in der differenzierteren Darlegung der Beeinträchtigungen der Zeugin Z1 durch Klinik - und Psychotherapieberichte.
Soweit die Kammer ein Mitverschulden der Nebenkläger i.S.v. § 254 BGB zu prüfen hatte, bezieht sich dies allein auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen im zivilrechtlichen Bereich. In keiner Weise ist den Nebenklägern ein "Mitverschulden" am Tod ihres Kindes vorzuwerfen. Zwar hatten sie grundsätzliche Kenntnisse hinsichtlich einer möglichen problematischen Entwicklung einer Beckenendlagengeburt, weshalb sie die Entscheidung zu einer außerklinischen Geburt aber gerade nur unter der Bedingung der Möglichkeit einer sofortigen und rechtzeitigen Verlegung in eine nur wenige Minuten entfernt liegenden Geburtsklinik mit der jederzeitigen Möglichkeit einer rechtzeitigen Notsectio im Falle des Auftretens von Komplikationen getroffen haben.
Die Angeklagte hat den Kindseltern im Rahmen des Geburtsgeschehens keine Chance einer verantwortlichen Entscheidung gelassen, da sie sie bewusst über die konkret eingetretenen Komplikationen und Warnzeichen im Unklaren gelassen und sie getäuscht hat, indem sie im Gegenteil auf Nachfragen der Zeugen behauptet hat, dass alles normal verlaufe und die gefahrlose Fortsetzung der Entbindung unter außerklinischen Bedingungen möglich sei.
Vorzuwerfen ist den Kindseltern lediglich das "blinde Vertrauen", das sie auch noch in die Angeklagte gesetzt haben, als diese sich 12 Stunden nach dem Fruchtblasensprung noch immer nicht im Hotel hatte blicken lassen, und sich noch nicht einmal zwischenzeitlich nach dem Befinden der Gebärenden erkundigt hatte. Dieses Verhalten hätte aus Sicht der Kammer Veranlassung geboten, darüber nachzudenken, ob die Angeklagte tatsächlich das in sie gesetzte Vertrauen verdient hatte. Hinsichtlich des nachfolgenden Geburtsgeschehens, bei dem es erst zu einer Gefährdung G. Z1s gekommen ist, ist den Eltern angesichts der Täuschung der Angeklagten keinerlei Vorhalt zu machen.
Das insoweit zivilrechtlich zu berücksichtigende Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB hat die Kammer mit 15 % angesetzt, weshalb der Nebenklägerin Z1 ein Schmerzensgeld in Höhe von 34.000,- € und dem Nebenkläger Z1 ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.500,- € zuzuerkennen war.
2. In materieller Hinsicht ist die Angeklagte den Nebenklägern, wie tenoriert, zur Zahlung von Schadensersatz - auf der Grundlage vorgelegter Belege und insgesamt nicht bestritten, abzüglich von jeweils 15 % gem. § 254 BGB - in Bezug auf die Beerdigungskosten für G. Z1 in Höhe von 1.191,16 € (anstatt 1.401,37 €), die Kosten für die Behandlung der Nebenklägerin in der S.-Klinik in der Zeit vom 19.01.2010 bis zum 30.01.2010 in Höhe von 4.066,24 € (anstatt 4.783,80 €), Kosten des Mehraufwands im Rahmen einer privaten Krankenversicherung infolge eines Risikozuschlags aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörungen in Höhe von 1.636,72 € (anstatt 1925,55 €) für den Zeitraum von September 2011 bis Juli 2012, mithin eines Gesamtbetrages von 6.894,12 € verpflichtet.
3. Die Angeklagte ist gegenüber der Nebenklägerin Z1 zur Zahlung des weiter monatlich ab dem 01.08.2012 zu zahlenden Risikozuschlags der privaten ... Krankenversicherung in Höhe von 148,80 € (anstatt 175,05 €) verpflichtet.
4. Die Angeklagte hat darüber hinaus die von den Nebenklägern aufgewandten außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 3.097, 45 € zu erstatten, die sich auf der Grundlage der zuerkannten Beträge nach einem Wert von 65.000,- € aus der Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG, § 13 RVG) in Höhe von 2.246,- €, der Erhöhungsgebühr (§ 7 RVG iVm Nr. 1008 VV RVG) von 336,90 € und der Pauschale von 20,- € (7002 VV RVG) sowie 494,55 € Umsatzsteuer auf die Vergütung (Nr. 7008 VV RVG 19 %) zusammensetzt.
5. Desweiteren war die Verpflichtung der Angeklagten zum Ersatz sämtlicher weiterer materieller Schäden aus der Geburtsbetreuung zu 85 % festzustellen.
Von einer Entscheidung über ein Schmerzensgeld für G. Z1, das in Höhe von 1.000,- € beantragt war, hat die Kammer abgesehen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 406 Abs. 3, 404 Abs. 2, 406 b StPO, 288 Abs. 1 BGB, 709 ZPO.
IX.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und des Adhäsionsverfahrens, die notwendigen Auslagen der Nebenkläger und ihre eigenen Auslagen, §§ 465, 472, 472 a Abs. 1 StPO.
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