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Author Topic: Offener Brief an den OB der Stadt Oberhausen  (Read 768 times)

Zollstein

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Offener Brief an den OB der Stadt Oberhausen
« on: February 18, 2017, 03:49:34 PM »

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Offener Brief an den OB der Stadt Oberhausen

Veröffentlicht am Februar 18, 2017 von anti3anti

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

es war der spätere Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, der seinerzeit (17.02.33) als amtierender Oberbürgermeister der Stadt Köln die Beflaggung der Deutzer Brücke mit Hakenkreuzfahnen aufhob und dafür von den amtierenden Machthabern des Reiches seines Postens enthoben wurde. Adenauer legte sich also direkt mit den Nazis an und zahlte einen entsprechenden Preis. Frage an den jetzigen Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen: Was ist Ihnen die Verteidigung einer freiheitlich-rechtlichen Grundordnung wert, auf deren Prinzipien unser Zusammenleben, unser ganzes Selbstverständnis nach wie vor beruht? Sind dieselben nur mehr hohle Allgemeinplätze, die sich je nach ´Interesse´ oder ´Sachzwang´ biegen, beugen lassen? Damit, steht fest, bricht man sie am Ende ganz entzwei.

Sie wissen, worauf ich hinaus will. Direkt und ohne Umschweife: Was werden Sie gegen die geplante Propaganda-Veranstaltung in der König Pilsener Arena unternehmen? In wenigen Tagen ist es so weit. Warum tun sie nichts? Welche Skrupel hemmen sie? Worauf warten Sie noch? Wollen Sie das allen Ernstes aussitzen?

Ihnen ist bestens bekannt, wer da am Samstag in ihre Stadt kommt. Sie wissen, worum es geht und Sie wissen auch, wie diese ´Sache´ laufen wird. Binal Yildirim, türkischer Ministerpräsident von Erdogans Gnaden, trommelt keine zehntausend Menschen zusammen um ein harmloses Kaffeekränzchen zu veranstalten. Diese ´Volksgemeinschaft´, ohnehin ´führergläubig´ bis aufs Blut, soll für ein sogenanntes Referendum mobilisiert werden, das die letzten Reste eines halbwegs demokratisch konstituierten Gebildes beseitigt um an seiner Statt eine totalitäre Diktatur zu installieren. Wo ich oben an die deutsche Vergangenheit erinnerte: Der geplante Staatsstreich, als Volksabstimmung getarnt, übertrifft die Maßgaben des nationalsozialistischen Ermächtigungsgesetzes bei weitem, und das, was nun schon seit Monaten in der Türkei passiert, erinnert fatal an die im Anschluss an den Reichstagsbrand verordneten Maßnahmen, mittels derer tausende ´Andersdenkender´ in sogenannte Schutzhaft genommen wurden. In der Türkei sind es deren hunderttausende mehr. Auch denen wurde qua Dekret die Freiheit geraubt; Folter und Mord inklusive. Mittels ´Referendum´ soll nun die nächste Eskalationsstufe gezündet werden. Eine, die einmal mehr an düstere Kapitel Großdeutscher Vergangenheit erinnert. Ich meine den 20. Juli 44 und seine Folgen. Hat sich nämlich der gesunde Volkswille, den Yildirim nun auch in Oberhausen zu entfachen gedenkt, erst einmal durchgesetzt, kommt´s richtig dicke. Dann sind der Todesstrafe Tür und Tor geöffnet und dann wird es in der Türkei binnen kurzem Hinrichtungen hageln, dass sich die Balken biegen. Dafür wollen sie demnächst in ihrer ´Arena´ werben lassen? Gemeuchelt werden die Menschen schließlich drüben, sicher; aber in ihrer Arena wurde schon mal feste ´rein gefeiert´. Das von der Kamarilla geschnürte Gesamtpaket ist in Wahrheit ein Sprengsatz, der alle freiheitlich-rechtlichen Grundlagen pulverisiert. Die von der AKP und ihren Anhängern geplante Präsidialdiktatur spricht den in diesem Lande geltenden staatsrechtlichen Grundsätzen Hohn. Finden sie es in Ordnung, dass den Totengräbern der Demokratie in ihrer Stadt eine entsprechende Bühne geboten wird? Ist ihnen überhaupt bewusst, dass Sie damit ihrerseits den Spaten anlegen, also: zum Mittäter werden?

Es mag schlimm genug sein, dass man uns solchen Staatsterroristen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert hat, mittels eines faulen, moralisch verwerflichen Deals, aber was die Bundeskanzlerin falsch gemacht hat, kann man ja unmöglich Ihnen zur Last legen. Frau Merkel hat diesen Staat erpressbar gemacht. Sie, lieber Herr Oberbürgermeister, träfe, ließen sie Yildirim und seine Schergen gewähren, ein nicht minder schwerer Vorwurf: einmal mehr nicht den Anfängen gewehrt zu haben. Mit solchen zu Floskeln herunter gekommenen Mahnungen profilieren sich gern jene, die spätestens im Moment der Bewährung reflexartig die geduckte Stellung einnehmen. Verstehen sie mich nicht falsch: In diesen Tagen schrumpft auch ihre Erscheinung, je näher der Termin rückt. So kündigt sich jedes Einknicken an. Ob das mit ihrer Selbstachtung vereinbar ist?

Ich vermute, dass auch Sie zu den Leuten gehören, die ganz selbstverständlich an den Widerstand im dritten Reich erinnern, auf Menschenrechtsverletzungen im Ausland hinweisen und Vorhaben, die unserem Grundgesetz widersprechen, präventiv begegnen – also: alle dafür in Frage kommenden Aktionen unterbinden. Wie können Sie dann aber zulassen, dass in ihrer Stadt um Zustimmung für die Abschaffung unverhandelbarer Grundsätze und Prinzipien geworben wird, in Form einer einschüchternden, quasi faschistischen, libertäre Errungenschaften verhöhnenden ´Reichsparteitagsveranstaltung´? Ich neige wirklich nicht dazu, durch dauernde Verweise auf die braunen Jahre um Zustimmung oder nur Verständnis zu werben, mir ist diese Art der Zweckinstrumentalisierung eigentlich zuwider, weil sie meist dem bequemen Opportunismus dient. Aber mein bescheidener kleiner Migrationshintergrund – ich bin weder Kurde noch Alevit oder Bio-Türke – sagt mir, das ´die Deutschen´ darauf qua Gewöhnung immer noch am direktesten anspringen. Es geht, heute wie damals, um Würde und Selbstachtung, um Authentizität und Gesinnungstreue. All das verraten Sie, verhindern Sie das unsägliche Spektakel nicht.

Sicher: Was in der Türkei passiert liegt nicht in der Zuständigkeit eines deutschen Oberbürgermeisters. Aber was in seiner Stadt geschieht, das hat ihn direkt und ohne Ausflüchte anzugehen. Da muss er Farbe bekennen. Etliche PolitikerInnen haben sich zu der ´Affäre´ schon geäußert. Von Ihnen habe ich überregional leider noch gar nichts vernommen. Sie hätten aber, längst, der erste sein müssen. Noch einmal: worauf warten Sie?

Ihrem Steckbrief entnehme ich, dass wir in etwa einer Generation angehören. Ich war früher gleich ihnen parteipolitisch aktiv. Ich weiß um die Ränke in der Politik; auch um die Kunst des ´Kompromisses´. Er muss immer wieder neu ausgehandelt werden. Aber es gibt einen Punkt, da kann und darf nicht mehr verhandelt werden, ganz im Gegenteil; da muss Klartext gelten, alles andere wäre Verrat am Letzten, Wesentlichen – am Eigentlichen. Auf Samstag gemünzt hieße das: Wir dürfen unter gar keinen Umständen den Feinden der Demokratie innerhalb unserer Demokratie die Möglichkeit geben, für die Vernichtung der Demokratie zu werben. Sie vergessen sich und ihr Amt, lassen sie den Diktator in ihrer Stadt gewähren. Sicher: Sie wollen keine Unruhe, keinen Krawall – eine geschmeidige Lösung. Das kennt man zu Genüge. Und das wird nur noch so lange gut gehen, bis die Gegenseite (auch wenn sie als ´Partner´ auftritt) den Job endgültig übernimmt. Dann ist nämlich der Punkt erreicht, wo wir vollends zu Vasallen des Unrechts geworden sein werden. Wollen wir, wollen SIE das? Heute in Oberhausen und morgen dann in dieser oder jener Stadt? Bilden Sie sich allen Ernstes ein, der Kelch wäre damit schon an Ihnen vorüber gegangen? In den zwölf Jahren, die den verkündeten tausend im Ergebnis folgten, haben sich allzu viele mit dem Hinweis auf ihre eigenen, eng umfassten Zuständigkeiten – ihre eigene, so kleine wie heile Welt – aus der Gesamtverantwortung herausgeschummelt, deren begleitende Monstranz wir heute mit geheuchelter Anteilnahme bestaunen. Womöglich erscheint Ihnen, lieber Herr Schranz, die geplante ´Sportpalast-Rede´ des Herrn Yildirim als bloßer Spuk, der sich so jäh verflüchtigen wird wie ein kalter Furz. Nase zu und durch. Das mag für Oberhausen und alle weiteren ´Austragungsorte´ gelten. Für unsere Feinde sind solche Auftritte in Wahrheit lauter kleine Etappensiege. An die man uns später hoffentlich nicht mehr allzu oft erinnern wird. Später, das heißt: wenn einmal mehr wirklich alles zu spät gewesen sein wird. Sie mögen sich und Ihre Stadt im nämlichen Zusammenhang als lästige Fußnote wahrnehmen, Herr Oberbürgermeister, aber das spricht Sie in meinen Augen nicht von Ihrer Verantwortung frei. Die nimmt Ihnen keiner ab. Sie gilt auch und gerade im Zusammenhang und sie kennt keine Ausnahmen.

Schon lange vor der sogenannten ´Machtergreifung´, die in Wahrheit Volkes breite Zustimmung genoss, hat ihr Parteikollege Adenauer jeder bloßen Ausnahme eine jeweils strikte Absage erteilt. Das können sie nachlesen. Erinnern möchte ich sie auch an den tapferen Herrn Gerstenmaier. Er war exakt in ihrem Alter, als er zwecks Verteidigung der Freiheit mit seiner ganzen Person wider das Unrecht aufbegehrte. Beide, der Alte und der Jüngere, stehen stellvertretend für eine Vielzahl weiterer, Ihrer Partei zugehöriger Männer von Format, die in ungleich schwierigeren Zeiten mehr Mut bewiesen als man das heute offenbar noch erwarten darf. Beide standen in Amt und Würden. Und probten sogar unter Lebensgefahr den Aufstand des Gewissens. Das unterschied sie in der Tat von all jenen, die heute mittels feiger Enthaltung der Erosion freiheitlich-rechtlicher Grundlagen zunehmend tatenlos begegnen. Das dumpfe Schweigen oder ehrlose Schwiemeln hilft am Ende aber keinem mehr.

Womöglich klingt all das, was ich in zunehmender Erregung schreibe, pathetisch und vorgestrig in den Ohren eines gewiegten Polit-Routiniers. Diese Mail wäre Ihnen ohnehin erspart geblieben, hätte sich seinerzeit das tatenlose Zusehen ohne Unterbrechung fort– und durchgesetzt. Dann wäre die Familie meines Vaters infolge Sippenhaft im Internierungslager verreckt oder ermordet worden. Das war dann schon mitten im Krieg. Wer hätte zu dem Zeitpunkt noch daran gedacht, dass alles mal ganz klein und beiläufig begann? Etwa mit ein paar Naziflaggen an der Deutzer Brücke. Wenn sie den Vergleich für gewagt, gar für abwegig halten, empfehle ich Ihnen eine stille Stunde reinen Nachdenkens, trotz knapp bemessener Zeit. Die größten Katastrophen kündigten sich immer kläglich kleinlaut an. Studieren Sie die Geschichte. In Ruhe und innerer Sammlung. Das war doch mal, siehe Steckbrief, ihr Steckenpferd.

Endlich: Mein Bitten und Drängen gründet nicht auf einseitiger Parteinahme. Im Gegenteil. ob NPD oder AFD, ob Salafistenprediger oder DITIB-Funktionär: Wer sich in Wort und Tat gegen unsere Grundordnung ausspricht, darf dies öffentlich kein weiteres Mal wiederholen. Hier kann es kein Vertun, keine Aufschübe, keine Ausflüchte mehr geben. Grundsätzlich. Das ist und bleibt im eigenen Interesse. Darum müssen Sie den geplanten ´Privatauftritt´, der Millionen Menschen meint, unbedingt verhindern.

Wenn wir Vorgänge wie diese dauernd dulden, dann müssen wir uns bald nicht mehr wundern, dass die begleitenden Pogrome (etwa gegen Kurden oder Gülen-Anhänger) überhand nehmen; wir laden dann ja förmlich dazu ein. Eskalationen ist eigen, dass sie gewisser Vorläufe, sagen wir: Eingewöhnungen bedürfen. Das lehrt die Geschichte.

Schauen Sie: Ich bin seit bald sechzehn Jahren im Schuldienst tätig, nunmehr elf davon an einer Brennpunktschule; in Bielefeld Stieghorst. Ich habe dort viel Gelegenheit, mit Schülerinnen und Schülern aus der Türkei zu reden. Auch deren Eltern kommen zu Wort. Mein deprimierender Eindruck: Die verstehen dich schließlich besser als jene Biodeutschen, die beinahe täglich von Toleranz und Meinungsfreiheit reden und im Ergebnis – also: wenn es zum Schwur kommt – mit linkischer Geste jeder echten Beweisführung ausweichen. Wie oft und wie lange noch?

Und kommen Sie mir bloß nicht mit irgendwelchen formaljuristischen Spitzfindigkeiten. Von wegen: Geht nicht, weil… oder: kann man nicht, denn… – und so weiter. Bloß keine unnötigen Provokationen, nicht wahr? Solches entbehrt jeder Würde und erinnert einmal mehr an die verfluchte Vergangenheit. Erinnert: Wir konnten ja nicht anders. Oder: So war eben das Gesetz. Und so weiter und so fort. Über Ihrem ehrwürdigen Haupt, Herr OB, hängt nicht das Damoklesschwert von Gestapo oder Schutzstaffel, Sie sind auch an keinen Führereid gebunden. So zu tun, als ob man nur den Vorschriften gehorche, verrät den feigen Opportunismus. Das Problem reicht viel tiefer. Die Ausflucht, der Herr Yildirim käme privatim und lade tausende Deutschtürken zu einer Party ein, genügt einem bestimmten Paragraphen, weniger dem eigenen Selbstverständnis. Es ließen sich ohnehin etliche weitere Paragraphen finden, die der geplanten Sause zuwider sprächen. Haben Sie schon nach denen gesucht?

Lieber Herr Schranz! Sie sollen und Sie müssen jetzt ein Geständnis zur FREIHEIT ablegen. Nicht mehr und nicht weniger. Schauen Sie: Rein rechtlich bestand damals für Adenauer überhaupt kein Anlass, die paar Lappen an der ollen Brücke abzureißen. Er tat´s trotzdem. Ganz ehrlich gefragt, Herr OB: Fürchten sie den Verlust ihres Amtes mehr als den ihres Ansehens?

Genug. Es ist der Moment gekommen, da Sie Ihre Überzeugungen unmissverständlich unter Beweis stellen müssen, gemäß jenes Eides, den Sie mal geschworen haben. Ich will Ihnen die Treue zu unserer Verfassung (noch) nicht absprechen. Wenn Ihnen das alles zu feierlich und förmlich klingt: Genau so ist es auch gemeint. Dir große Sause des Herrn Yildirim ist weder Comedy noch Klamauk. Die Lage ist ernst, sehr ernst.

Als Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen entscheiden SIE, ob dieselbe zur Bühne für Rechtsbrecher und ihren fanatisierten, rasend hörigen Mob werden wird. Adenauer nannte die Nazis und ihr Gefolge Radaubrüder. Und verbot, in besseren Zeiten, mehr als nur eine ihrer Veranstaltungen. In welchen Zeiten leben wir? Können sie mir darauf eine ehrliche Antwort geben?

Es liegt jetzt wirklich einzig und allein an Ihnen selbst, das Heft in die Hand zu nehmen. Handeln Sie! Zeigen Sie, dass Sie Ihrem Amt gewachsen sind! Lassen Sie Worte und Taten folgen! Kurzum: Geben sie ein Beispiel!

Und seien Sie ruhig der Erste. Scheuen Sie das Wagnis nicht. Um es mit allem Nachdruck zu wiederholen: Sie haben einen Eid geschworen. Nur an den sind und bleiben Sie gebunden. Er verträgt sich nach wie vor mit allem, was uns lieb und teuer geworden ist. Setzen wir das aufs Spiel, dann ist das Spiel bald ganz aus.

 

Mit freundlichen Grüßen,

herzlichst
Shanto Trdic, 16.02.2017
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mehr:
https://numeri249.wordpress.com/2017/02/18/offener-brief-an-den-ob-der-stadt-oberhausen/


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