Eine sog. Nanopartikelanalyse beauftragt man über einen niedergelassenen Arzt beim Biomedizinischen Institut Bingen (BMIB). Es handelt sich hierbei nicht um einen beliebigen Arzt, sondern um einen Therapeuten, in der Regel ein Vertreter alternativer Heilmethoden, der mit dem Institut eng zusammenarbeitet. Eine Liste war bis kurz nach dem Erscheinen der Kritik von Herrn Dr. Keck (siehe
http://www.xy44.de/indago/) auf der Homepage des BMIB zu finden. Auf der entsprechenden Seite des BMIB ist unter
http://www.bmib.de/cms/index.php?view=,4,5 nur noch eine Telefonnummer angegeben. Die ehemalige Therapeutenliste ist jedoch hier im Forum veröffentlicht.
Der Therapeut nimmt dem Patienten Blut ab, das zur Analyse an das BMIB gesandt wird. Darüber hinaus füllt der Patient einen Fragebogen aus, in dem er Angaben über
a) das Krankheitsbild,
b) bislang vorgenommene Behandlungen und
c) eingenommene Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel
macht. Nach rund drei bis vier Wochen erhält der Patient eine Nachricht vom Therapeuten, dass die Ergebnisse des BMIB eingetroffen sind. Es erfolgt nun ein Beratungsgespräch mit dem Therapeuten, wobei es nach meiner Einschätzung stets darauf hinausläuft, weitere Untersuchungen – die selbstredend keine Kassenleistungen sind – dem Patienten anzupreisen. Ob hieran auch das BMIB verdient, ist mir nicht bekannt. In der Summe sieht das Ganze stark nach Geldbeutelschneiderei aus, was auch ein Blick auf die Auswertung bestätigt.
Betrachtet man die 13-seitige Auswertung einer sog. Nanopartikelanalyse, so gewinnt man den Eindruck, es handle sich um eine Werbebroschüre – imposante Aufmachung und wenig Inhalt. Die Auswertung kommt in gebundener Form, der Inhalt kann wie folgt angegeben werden:
Die erste Seite ist das Deckblatt, das keinerlei Aussagekraft besitzt. Anstatt auf dieser "Nanopartikel" abzubilden, sieht man vielmehr einen Graphen, der an eine Massenspektrometrie erinnert. Dabei wären die "Nanopartikel" mit Sicherheit beeindruckend, wenn es diese nur gäbe.
Die nächsten vier Seiten stellen die eigentliche Auswertung dar; davon drei Seiten mit fragwürdigen Graphiken. Auffällig an den bunten Balkendiagrammen ist, dass keine Erklärungen zu den Zahlen an der x-Achse gegeben werden. Je nach getesteter Funktion liegt die Bandbreite zwischen 0 und +100 oder -100 und +100. Wie uns allen aus dem Physikunterricht der Schule noch bekannt sein dürfte, ist jede Achse stets mit der Messgröße und der entsprechenden Einheit zu versehen. Der Patient tappt hier also vollkommen im Dunkeln.
Die textuelle Zusammenfassung und Interpretation der Graphiken umfasst lediglich eine drittel Seite, wobei der Patient die Ursache seiner Krankheit nicht erfährt. Ich zitiere wörtlich aus einem mir vorliegenden AD(H)S-Profil: "Von einer Nahrungsmittelunverträglichkeit kann ausgegangen werden." Wer die 3sat-"Werbesendung" nano (nach 3sat-eigenen Angaben eine Wissenschaftsjournal ohne Effekthascherei und Spekulationen) gesehen hat, wird sich an die Mutter mit ihrem Kind erinnern, das unter ADHS leidet. Eine angebliche Nanopartikelanaylse hat ergeben, dass eine Nahrungsmittelallergie vorliegt und das Verfahren konnte auch noch den Allergieauslöser bestimmen.
Auf einer weiteren Seite zeichnet sich Frau Dr. med. Barbara Bräuer - ihres Zeichens Fachärztin für Laboratoriumsmedizin - dafür verantwortlich, dass die vorliegende Nanopartikelanalyse unter ihrer Leitung durchgeführt wurde.
Im Anschluss folgen fünf Seiten Glossar, in dem überwiegend Begriffe aus den Bereichen Biologie und Medizin auf einfachstem Niveau erklärt werden.
Schließlich folgt eine Seite mit Bezug auf das getestete Anwendungsgebiet, z.B. ADHS oder Fibromylagie. Zu sehen ist ein Schaubild, das die "medizinischen Faktoren bei der Entstehung und Unterhaltung" des jeweiligen untersuchten Krankheitsbildes veranschaulichen soll. Diese Schaubilder sind ebenfalls auf der Internetseite des BMIB zu finden; und zwar unter:
http://www.bmib.de/cms/index.php?view=,4,3.
Zu guter Letzt ist eine Seite mit der Überschrift "So funktionieren Nanopartikel - Analysen aus Blutmetaboliten" beigefügt. Zu sehen sind drei inhaltslose Bilder – u.a. der eingangs erwähnte Graph und das einzige, jemals veröffentlichte "Nanopartikel" (siehe
http://www.transgallaxys.com/~veritas/npa/nanopartikel.gif) – mit einem noch inhaltsloserem Text. Für weitere Informationen wird auf das BMIB verwiesen.
Liest man die Zusammenfassung aufmerksam durch und macht man sich die Mühe, die Fachbegriffe mit Hilfe von Internetrecherchen zu entschlüsseln, so wird man sehr schnell feststellen, dass die Untersuchung, wie auch immer diese zustande kam, keine neuen Erkenntnisse brachten. Gibt ein Patient eine sog. Nanopartikelanalyse in Auftrag, so hat er sich mit Sicherheit in der Vergangenheit ausgiebig mit seiner Krankheit auseinandergesetzt. Die sog. Nanopartikelanalyse wird als Wunderwaffe angepriesen und kommt somit für viele Menschen mit chronischen Schmerzen einem Strohhalm gleich, an dem sie sich klammern können.
Ich behaupte, das BMIB nimmt lediglich gängige Blutuntersuchungen vor und verkauft diese Ergebnisse gepaart mit den Angaben des Patienten aus dem Fragebogen sowie den jeweiligen allgemein bekannten Symptomen als ihr Analyseergebnis. Zitat aus einem mir vorliegenden Fibromyalgie-Profil: "Die Leber zeigt sich stark belastet, entzündlich und parenchymal verändert." Ich möchte lediglich anmerken, dass die Leberwerte über das Blut auch ohne eine sog. Nanopartikelanalyse ermittelt werden können. Da der Patient wie bereits erwähnt vorab einen Fragebogen ausfüllt, kann u.U. aufgrund der eingenommenen Medikamente hierauf ebenfalls geschlossen werden.
Zum Schluss möchte ich ein weiteres Zitat aus einem Fibromylagie-Profil anführen: "Dazu gehören auch Erscheinungen wie Schlafstörungen, Nachlassen der Gedächtnisleistung, aber auch Stimmungsschwankungen bis hin zu depressiven Verstimmungen." All diese Angaben machte der Patient vorab im erwähnten Fragebogen...
Anmerkungen vom 16.11.2006:(1) Aufgrund der neuen Internetpräsenz der INDAGO wurden die entsprechenden Verweise.
(2) Da der INDAGO gerichtlich untersagt wurde, öffentlich mit Musterbefunden für die Nanopartikelanalyse zu werben, wurden diese aus dem Netz entfernt. Damit sich der Leser ein besseres Bild bzgl. des Forumsbeitrages machen kann, habe ich hier einen Musterbefund gesichert:
http://www.transgallaxys.com/~veritas/npa/musterbefund_kopfschmerz.pdf.