Dumm wie ein Deutscher > Die Pharmamafia

,dass dieses Votum entgegen veterinär- medizinischem Sachverstand erfolgte.

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RadlMadl:
Die Protokolle beim BfArm sind eine echte Fundgrube von Dingen, die man lieber nicht wissen wollte...


https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Gremien/Verschreibungspflicht/72Sitzung/anlage1.pdf?__blob=publicationFile&v=4

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AA
ANLAGE 1
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Voten des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht nach § 53 AMG

72. Sitzung, 01.07.2014
zu Positionen, über deren Änderung abgestimmt wurde.
5.
Fluticason
Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses:
Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich,
Fluticason und seine Ester
- Fluticasonpropionat zur intranasalen Anwendung zur Prophylaxe und Behand-
lung der allergischen Rhinitis in Packungsgrößen bis zu 3,0 mg Fluticason-
propionat, sofern auf Behältnissen und äußeren Umhüllungen angegeben ist,
dass die Anwendung auf Erwachsene beschränkt ist
aus der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG zu entlassen.
Begründung:
Fluticasonpropionat ist ein synthetisches, 3-fach fluoriertes Kortikosteroid mit starken
anti-inflammatorischen Wirkungen. Es ist ein Glukokortikoidrezeptor-Agonist mit einer
im Vergleich zu Dexamethason und Budesonid höheren Affinität zum intrazellulären
Rezeptor.
Aufgrund seiner hohen Wirksamkeit wird inhalatives Fluticason zur Behandlung von
Asthma bronchiale und obstruktiven Lungenerkrankungen eingesetzt. In nasaler Dar-
reichungsform ist Fluticason zur Prophylaxe und Therapie der saisonalen und peren-
nialen allergischen Rhinitis zugelassen. Die Wirkung baut sich erst allmählich auf und
erreicht ihr Maximum nach einigen Wochen konstanter Anwendung, d.h. langsamer
als bei Anwendung von H 1 -Antihistaminika der 2. Generation. Daher ist der Wirkstoff
nicht zur sofortigen Behandlung akuter Beschwerden geeignet. Fluticason Nasen-
spray muss regelmäßig angewendet werden (Flutide Nasal ® Fachinformation, Ab-
schnitt 4.1: Fluticason eignet sich nicht zur sofortigen Behandlung akut auftretender
Krankheitszeichen bei allergischer Rhinitis ... Eine Wirkung ist meist innerhalb weni-
ger Tage zu erwarten. Deshalb ist es wichtig, Fluticason regelmäßig in der vom Arzt
verordneten Dosierung anzuwenden.).
Es wird die Entlassung von Fluticason zur Behandlung der allergischen Rhinitis aus
der Verschreibungspflicht empfohlen, d.h. zur Behandlung einer chronischen Erkran-
kung mit ganzjährigen Beschwerden. Unter dem Überbegriff allergische Rhinitis wer-
den die saisonale allergische Rhinitis, die perenniale (z.B. Hausstauballergie) und die
berufsbedingte allergische Rhinitis zusammengefasst.
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Durch die Resorption des Wirkstoffs kann es auch bei nasaler Applikation zu syste-
mischen Wirkungen und zu schwerwiegenden systemischen Nebenwirkungen kom-
men.
Im Juni 2010 initiierte der Pharmakovigilanzausschuss des CHMP, die Pharmacovi-
gilance Working Party (PhVWP, in 2012 vom PRAC abgelöst), eine Untersuchung
aller vorliegenden Erkenntnisse zu psychiatrischen und nicht-psychiatrischen Ne-
benwirkungen bei Anwendung von intranasalen Steroiden (Fallmeldungen aus Euro-
pa, Studienergebnisse etc.).
Als Ergebnis wurde festgestellt, dass bei Anwendung intranasaler Kortikosteroide,
wenn auch seltener als nach systemischer Gabe, ein Risiko für die aus der systemi-
schen Anwendung bekannten Nebenwirkungen
- M. Cushing und Zeichen der adrenalen Suppression
- Erkrankungen der Augen (Katarakt und Glaukom)
- Wachstumsverzögerungen bei Kindern
- psychische Reaktionen oder Verhaltensstörungen einschließlich psychomoto-
rischer Hyperaktivität, Schlafstörungen, Angst, Depression oder Aggressio-
nen (besonders bei Kindern)
besteht.
Fach- und Gebrauchsinformationen der betroffenen Arzneimittel wurden seither um
diese Informationen ergänzt.
Weitere Nebenwirkungen sind Beeinträchtigungen von Geschmacks- und Geruch-
sinn sowie Reizungen und Trockenheit der Nasenschleimhaut, sehr häufig (≥ 10%)
Nasenbluten, sehr selten eine Perforation der Nasenscheidewand (s. Produktinfor-
mationen entsprechender Arzneimittel).
Bei gleichzeitiger Anwendung von Fluticason nasal und Inhibitoren des Cytochrom
P450 3A4 (dies sind u.a. Proteaseinhibitoren, Makrolidantibiotika und Azol-
Antimykotika) kann es zu - teilweise deutlich erhöhten - Plasmakonzentrationen von
Fluticason kommen mit der Folge systemischer Kortikoid-Nebenwirkungen (siehe
Fachinformationen Flutide ® Nasal, Flutica-Teva ® 50 μg Nasenspray, Abschnitt 4.5).
Nach der ‚Switch-Guideline‘ (Guideline On Changing The Classification For The
Supply Of A Medicinal Product For Human Use) ist eine Bedingung für die Entlas-
sung eines Wirkstoffs aus der Verschreibungspflicht „- no interactions with commonly
used medicines which can produce serious adverse reactions”.
Bei Wunden an der Nasenschleimhaut darf Fluticason nicht angewendet werden.
Besteht eine Mykose oder bakterielle Infektion der Nasenschleimhaut, darf Fluticason
nur bei gleichzeitiger antimykotischer oder antibakterieller Behandlung angewendet
werden. Der Patient selbst kann die Differenzialdiagnose zwischen infektiösem und
allergischem Schnupfen bzw. von Mischformen nicht stellen.
Bei der allergischen Rhinitis handelt es sich um ein Symptom einer chronischen Sys-
temerkrankung, die häufig mit einem allergischen Asthma bronchiale (‚Etagenwech-
sel‘) verbunden ist. Die Prävalenz von Asthma bei Patienten mit Rhinitis variiert in
verschiedenen Studien zwischen 10 und 40%.
Nach der ARIA-Leitlinie besteht das Management der allergischen Rhinitis aus Pati-
entenschulung, einer dem Schweregrad angepassten mehrstufigen Pharmakothera-
pie sowie einer allergen-spezifischen Immuntherapie. Voraussetzung für die Durch-
führung einer an die individuelle Ausprägung angepassten Pharmakotherapie in der
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Selbstmedikation ist, dass die Patienten den Schweregrad ihrer Erkrankung selbst
objektiv richtig beurteilen können. Davon ist aus Sicht des BfArM jedoch nicht auszu-
gehen. Die allergische Rhinitis kann nur durch vom Arzt durchgeführte Untersuchun-
gen und Tests sicher diagnostiziert werden, und nur ein Arzt kann die Behandlung, in
Abhängigkeit von den jeweiligen Befunden, an Schweregrad und Verlauf der chroni-
schen Erkrankung anpassen.
Die Sicht des BfArM zur fehlenden Beurteilungsmöglichkeit des Schweregrads der
Erkrankung durch die Patienten selbst wurde vom Sachverständigenausschuss nicht
einhellig geteilt. Ferner wurde auf die geringe systemische Verfügbarkeit von Fluti-
cason nach intranasaler Anwendung und auf die auch vom BfArM konstatierte nied-
rige Wahrscheinlichkeit schwerwiegender systemischer Nebenwirkungen bei be-
stimmungsgemäßem Gebrauch hingewiesen. Darüber hinaus wird die allergische
Rhinitis als ein aus zwei Komponenten bestehendes Geschehen gesehen: allergi-
sche Symptomatik und entzündlicher Prozess. Fluticason zeige aus Sicht der Sach-
verständigen durchaus positive Wirkungen in der Akutbehandlung allergischer Symp-
tome.
Aus der Verschreibungspflicht entlassen werden soll eine Packungsgröße von 3 mg,
die bei einer maximalen Tagesdosis von 8 Sprühstößen für eine Behandlungsdauer
von ca. 7 Tagen ausreicht.
Fluticason ist in folgenden Ländern in der Selbstmedikation erhältlich: Spanien (ma-
ximale Behandlungsdauer 1 Woche), Großbritannien (ohne ärztliche Kontrolle nicht
länger als 3 Monate) und Irland, Finnland und Schweden, Australien und Neusee-
land.
In allen anderen Ländern, einschließlich U.S.A., besteht Rezeptpflicht.
8.
Praziquantel
Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses:
Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich
die Entlassung aus der Verschreibungspflicht für
a) Hunde und Katzen
b) Zierfische der Ordnungen Karpfenartige, Barschartige, Welsartige und
Zahnkärpflinge mit einem Wirkstoffgehalt bis zu 20 g je Packung
zurückzunehmen und Praziquantel vollumfänglich der Verschreibungspflicht nach
§ 48 AMG zu unterstellen.
Begründung:
1. Anwendung bei Hund und Katze
Für die Anwendung bei diesen Tierarten sollte die Verschreibungspflicht vorgesehen
werden, da sowohl die Diagnose und Therapie einer Endoparasitose beim Tier sowie
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der Schutz des Menschen durch die Prävention von Zoonosen tierärztlichen Sach-
verstand erfordern.
Dies ist aufgrund der besonderen Relevanz für den Schutz des Menschen im Hin-
blick auf die Echinokokkose erforderlich.
Regulatorische Vorgeschichte
In der 3. Sitzung des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht am
23. Januar 1979 wurde Praziquantel automatisch aus der Verschreibungspflicht ent-
lassen.
Das damalige Bundesgesundheitsamt hatte die vollumfängliche Verschreibungs-
pflicht befürwortet und somit die erneute Unterstellung unter die Arzneimittel-
verschreibungsverordnung nach § 48 AMG beantragt.
Der Zulassungsinhaber sprach sich für die Entlassung aus der Verschreibungspflicht
und für die Apothekenpflicht von Praziquantel für Hund und Katze aus.
Für die turnusgemäße Bewertung von Stoffen nach § 49 und § 48 AMG gab es da-
mals keine vorbereitenden Unterlagen für die Sachverständigen, sondern Tischvorla-
gen und es wurde ad hoc abgestimmt.
Die Mitglieder des Sachverständigenausschusses votierten mehrheitlich für die Ent-
lassung von Praziquantel für Hund und Katze aus der Verschreibungspflicht.
Als Begründung wurde zu Protokoll gegeben, dass Praziquantel bei Untersuchungen
an verschiedenen Tierarten eine geringe Toxizität zeigt. Bei bestimmungsgemäßer
Anwendung seien unerwünschte Wirkungen bei den behandelten Tieren nicht zu er-
warten. Der Ausschuss hielt es daher für vertretbar, dass Praziquantel ohne tierärzt-
liche Anweisung und Kontrolle bei Hunden und Katzen angewendet wird.

Auf ausdrücklichen Wunsch der Veterinärmediziner im damaligen Sachverständigen-
ausschuss wurde zu Protokoll genommen, dass dieses Votum entgegen veterinär-
medizinischem Sachverstand erfolgte. In der Begründung der Veterinärmediziner
hieß es, dass die „Cestodenbehandlung bei Hund und Katze im Regelfall eine Diag-
nose (klinisch und Kotuntersuchung) voraussetzt, da sonst weder eine richtige Dosie-
rung noch eine wirksame Mitbekämpfung des Zwischenwirtes gewährleistet ist. Die
mögliche Übertragung einiger Bandwurmarten auf den Menschen ist nur durch eine
gezielte Therapie zu vermeiden.“

Infektionen

Im Folgenden wird speziell auf Infektionen mit dem Kleinen Hundebandwurm und
dem Fuchsbandwurm (Echinococcus spp.) eingegangen.
Die Echinokokkose wird durch Vertreter der Gattung Echinococcus (E.) hervorgeru-
fen – die zystische Echinokokkose durch den Kleinen Hundebandwurm (E. granulo-
sus) und die alveoläre Echinokokkose durch den Kleinen Fuchsbandwurm (E. multi-
locularis).
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Die Gattung Echinococcus ist durch einen obligaten Wirtswechsel charakterisiert. Der
Mensch kann als Fehlwirt vom Larvenstadium befallen werden. Es handelt sich somit
um eine Zoonose.
Der Mensch infiziert sich mit den Parasiten über die mit dem Kot des Hauptwirtes
ausgeschiedenen Eier, durch direkten Kontakt (Fell des Hauptwirtes) mit dem infizier-
ten Tier, Schmierinfektionen, Umgang mit kontaminierter Erde oder die Aufnahme
kontaminierter Nahrungsmittel. Es wird davon ausgegangen, dass die Infektion in der
Regel über einen Kontakt mit einem infizierten Tier oder über die kontaminierte Um-
welt erfolgt.
Verbreitung der Echinokokkose
Im Jahr 2010 traten 117 von insgesamt 738 bestätigten Fällen von Echinokokkose in
der EU/im EEA in Deutschland auf. Damit nimmt Deutschland Platz drei hinter Bulga-
rien (291 bestätigte Fälle) und Rumänien (128) ein.
Die Surveillance von Infektionen und Erkrankungsfällen von Menschen und Tieren ist
als Basis effektiver Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen unabdingbar.
Die Echinokokkose ist seit 1. Januar 2001 eine meldepflichtige Erkrankung.
In Deutschland gibt es ein mehr oder weniger flächendeckendes Vorkommen von
E. multilocularis beim Hauptendwirt Fuchs bei einem ausgeprägten Süd-Nord-
Gefälle.
Einzelne Untersuchungen in ausgewählten Bundesländern belegen, dass es in
Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Verlauf der letzten Jahre zu einem
Anstieg der Prävalenz und zu einer Ausdehnung der Endemiegebiete gekommen ist.
Diagnostik
Zwei umfangreiche Studien, in denen Hundekotproben untersucht wurden ergaben,
dass 0,3 bzw. 0,4% der Kotproben positiv für Bandwurmeier vom Taenientyp getestet
wurden.
Die Diagnose eines Bandwurmbefalls mit Standarduntersuchungsverfahren ist mög-
lich, die Differenzierung zwischen den Gattungen ist jedoch nur mit hohem Aufwand
möglich.
Diese Untersuchungen wurden bei einer Studie durchgeführt, dabei erwiesen sich
68% der Taenia spp.-positiven Proben als E. multilocularis positiv.
Der Nachweis eines Bandwurmbefalls kann vom Tierarzt durch Standardunter-
suchungsverfahren erbracht werden, bei Bedarf (Endemiegebiet, Kontakt etc.) kön-
nen weiterführende Untersuchungen eingeleitet werden bzw. insbesondere individu-
elle Behandlungsstrategien entworfen werden.
Prävention einer Infektion und Kontrolle von E. multilocularis bei Hunden und
Katzen in Endemiegebieten
Vorraussetzung sind
- Kenntnis der epidemiologischen Situation und der Übertragungswege
- Kenntnis vom Lebenszyklus der Zwischenwirte
- Korrekte Einschätzung des individuellen Risikos (jagdlich geführtes Tier? Fa-
milienhund? Kontakt mit infizierten Nagern zu erwarten?)
5AA
-
Festlegung risikobasierter Behandlungsintervalle: Vermeidung unnötiger Be-
handlungen (z.B. NRW), Sicherstellen angemessener Behandlungen z.B. in
BY und BW (Endemiegebiete)
Maßnahmen zur Reduzierung von Morbidität und Mortalität der alveolären
Echinokokkose beim Menschen aus dem WHO/OIE Manual on Echinococcosis
in Humans and Animals (2002)
Empfehlung ist das Screening von Individuen:
- allgemein: Alle Personen, die einem Infektionsrisiko ausgesetzt waren (z.B.
Besitzer von mit E. multilocularis infizierten Hunden und Katzen).
Dies setzt eine Identifizierung gefährdeter Personen voraus.
- Serologische Untersuchung nach Serum-AK mit einem geeigneten Testverfah-
ren nach ca. 4 Wochen nach vermuteter Exposition sowie nach 6, 12 and 24
Monaten da so im Falle einer Infektion eine frühzeitige Überwachung und ggf.
rechtzeitige Therapieeinleitung möglich wird.
Die WHO schreibt, dass die Behandlung infizierter Tiere ausschließlich unter der
Aufsicht des Tierarztes durch geschultes Personal erfolgen sollte. Der Erfolg der Be-
handlung sollte durch wiederholte Kotuntersuchungen überprüft werden.
Der Schutz des Menschen setzt voraus, dass möglicherweise infizierte Tiere identifi-
ziert werden. Diagnosestellung und das Erstellen des Behandlungsregimes können
nur durch den Tierarzt erfolgen.
Da Praziquantel keine präventive oder prophylaktische Wirkung hat, beinhalten die
Fachinformationen der zugelassenen praziquantelhaltigen Tierarzneimittel auch kei-
ne definierten Behandlungsintervalle. Vielmehr muss das Behandlungsregime nach
der epidemiologischen und individuellen Situation entwickelt werden.
Durch ein Stufenplanverfahren für praziquantelhaltige Tierarzneimittel zur Behand-
lung der Echinokokkose bei Hunden und Katzen im Jahr 1998 (5310-02-1156/97)
wurde dem durch den folgenden Hinweis, der in die Fachinformationen der entspre-
chenden Präparate aufgenommen wurde, Rechnung getragen:
„Bei Echinokokkose sind hinsichtlich der Behandlung, der erforderlichen Nachkontrol-
len und des Personenschutzes besondere Richtlinien zu beachten. Hierzu sollten
spezialisierte Tierärzte oder Institute für Parasitologie konsultiert werden.“
Auf europäischer Ebene wurde im Mai 2014 in einem Verfahren der Antrag eines
pharmazeutischen Unternehmers zur Änderung der Verkaufsabgrenzung (Entlas-
sung aus der Verschreibungspflicht zu OTC) eines zentral zugelassenen Antiparasiti-
kums, das Emodepsid und Praziquantel enthält, mehrheitlich abgelehnt. Die Ableh-
nung wurde unter anderem auch damit begründet, dass der tierärztliche Sachver-
stand zur Prävention von Zoonosen, insbesondere im Hinblick auf die Echinokokkose
als notwendig angesehen wird.
Vom Tierarzt kann erwartet werden, dass er, abgesehen von der regelmäßigen Ent-
wurmung seiner Patienten, auch einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Tier-
halter über Infektionswege und Risiken der Echinokokkose bei Mensch und Tier (ein-
schließlich der Maßnahmen bei Verdacht auf Infektionen beim Menschen) leistet.
6AA
Fazit
Diagnose und Therapie einer Endoparasitose beim Tier sowie der Schutz des Men-
schen durch die Prävention von Zoonosen erfordern tierärztlichen Sachverstand um
effektive Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen bei Mensch und Tier umsetzen
zu können.
Dies ist aufgrund der besonderen Relevanz für den Schutz des Menschen im Hin-
blick auf die Echinokokkose erforderlich.
Der Tierhalter selbst kann weder die Diagnose stellen, noch kann er selbst das Be-
handlungsregime an die Erfordernisse anpassen oder die erforderlichen Kontrollen
durchführen.
Aktuell entspricht die Verkaufsabgrenzung von Praziquantel weder dem in den Pro-
duktinformationen zugelassener Arzneimittel enthaltenen aktuellen wissenschaftli-
chen Erkenntnisstand noch den internationalen Richtlinien der WHO. Daher sollte
Praziquantel zur Anwendung bei Hunden und Katzen vollumfänglich der Verschrei-
bungspflicht unterstellt werden.
2. Anwendung bei Zierfischen
Erste Erfahrungsberichte von Tierärzten
Praziquantel wurde 2011 zur Anwendung bei den o. g. Zierfischen aus der Ver-
schreibungspflicht entlassen.
Bei Befragung einiger Tierärzte bzw. Fachtierärzte für Fische und der Tierärztlichen
Hochschule Hannover, ob sich die Situation bei der Behandlung von Parasitosen bei
Zierfischen durch die Freiverkäuflichkeit von Praziquantel verändert hätte, wurde von
folgenden Veränderungen bzw. Problemen für die betroffenen Tiere berichtet:
⇒ Die Anwender (Halter, Händler) hielten sich nicht an die angegebenen An-
wendungsgebiete, sondern würden Praziquantel in der Regel ohne vorherige
Diagnosestellung einsetzen in der Hoffnung, das Präparat würde eine positi-
ve Wirkung auf das Krankheitsgeschehen ausüben
⇒ Unsachgemäße Anwendung mit falschen Behandlungsintervallen, da Ent-
wicklungszyklen der Parasiten in der Regel unbekannt seien. Es könne er-
fahrungsgemäß nicht davon ausgegangen werden, dass ein interessierter
Laie ausreichende Kenntnisse über die Art der Anwendung, Dosierung, Be-
handlungsintervalle und Behandlungsdauer habe.
⇒ Der Tierarzt würde erst kontaktiert, wenn die Anwender mit ihrem Behand-
lungsversuch gescheitert sind.
⇒ Die Anwender versuchten, Parasitosen ausschließlich durch die Gabe eines
Arzneimittels zu beheben, ohne gleichzeitig die auslösenden Faktoren - wie
unzureichende Hygiene - zu beseitigen. Parasitosen würden aber häufig ver-
ursacht durch suboptimale bzw. instabile Wasserparameter (insb. pH-Werte)
oder eine Immunsuppression bei den Fischen (durch Behandlungs-Stress,
Akkumulation von dem Halter kaum offensichtlichen, eher unbedeutend er-
7AA






scheinenden Nebenwirkungen als Folge unsachgemäßer/andauernder Arz-
neimittelgabe).
Die Präparate würden häufig nicht bestimmungsgemäß dosiert. Die Gründe
seien vielfältig: Kostenersparnis durch Unterdosierung, Überdosierung in der
Annahme einer besseren Wirkung, Nutzung von Informationsquellen in Inter-
netforen interessierter Laien.
In tierärztlichen Praxen würden vermehrt Nebenwirkungen nach Anwendung
von Praziquantel durch Laien gesehen, z.B Tiere mit zentralnervösen Stö-
rungen nach Überdosierung.
Es wird eine hohe Dunkelziffer von Tieren vermutet, bei denen durch eine
unsachgemäße Anwendung von Praziquantel Nebenwirkungen auftreten.
Diese werden nicht bekannt, weil kein System für Pharmakovigilanz für frei-
verkäufliche Arzneimittel, die bei Heimtieren (§60 AMG) eingesetzt werden,
vorhanden ist.
Praziquantel wird offenbar in größeren Teichen großflächig eingesetzt.
Es gäbe sehr lange Expositionszeiten der Fische gegenüber Praziquantel,
mit der Folge degenerativer Prozesse (Immunsuppression, s. oben.) sowie
von Hautirritationen. Diese Nebenwirkungen treten häufig auf, da nach der
Medikation der notwendige Teilwasserwechsel unterbleibt.
Erste Anzeichen von Wirkverlusten wiesen möglicherweise auf eine Resis-
tenzentwicklung bei Fischparasiten hin, die durch lange Expositionszeiten
begünstigt wird.

Vom BVL dokumentierte Verstöße

- Auslobung der Arzneimittel für alle „Zierfische“, die Begrenzung auf die vorgesehe-
nen Arten wird von den Herstellern wird nicht umgesetzt

- Die vorgeschriebene Begrenzung der Packungsgröße auf max. 20 g Praziquantel
wird umgangen

- Auf einer Internetplattform werden Gebinde von 10 Packungen mit 20 g Praziquan-
tel mit eigener Kennzeichnung (200 g) beworben mit der Angabe, dass die Menge für
80.000 Liter Wasser ausreichend sei. Es können pro Bestellung 5 Gebinde (für
400.000 Liter Wasser) erworben werden.

Umweltbelastung

Praziquantel sollte nur in geschlossenen Systemen mit Teilwasserwechsel eingesetzt
werden. Davon kann jedoch aufgrund der im Internet angebotenen Packungsmen-
gen/Gebinde nicht ausgegangen werden. Es muss vielmehr davon ausgegangen
werden, dass Praziquantel in größeren aquatischen Systemen ohne ordnungsgemä-
ße Entsorgung angewendet wird.

Negative Auswirkungen auf die Umwelt sind daher absehbar.


Fazit

Die aktuell bestehende Freiverkäuflichkeit von Praziquantel für die o. g. Zierfische ist
aus der Sicht des BVL mit Risiken verbunden, die zu einer unmittelbaren oder mittel-
baren Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier, insbesondere durch un-
sachgemäße Behandlung (§ 45 Absatz 1 Satz 1 AMG) führen.

Zum Schutz der Fische, der Umwelt und der Gewässer sowie zur Verringerung des
durch die Freiverkäuflichkeit erhöhten Risikos einer Resistenzentwicklung sollte für

8
AA

die Anwendung von Praziquantel bei Zierfischen die Verschreibungspflicht vorgese-
hen werden.

Damit wäre gewährleistet, dass ein Tierarzt die korrekte Diagnose stellt und eine alle
Aspekte der Tierhaltung umfassende Therapie und Beratung erfolgen kann.

9
[*quote*]

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