Filmausschnitt:
Sprecher:
"Prof. Meyl geht davon aus, dass im Erdkern atomare Zerfallsprozesse
stattfinden, an denen Neutrinos maßgeblich beteiligt sind.
Nach seiner These geben die Neutrinos Bremsenergie ab und
materialisieren zu Masseteilchen."
"Besonders intensiv soll die Wirkung der Neutrinos während
einer Sonnenfinsternis sein. Der vor der Sonne stehende Mond wirke wie
ein Brennglas und bündele die Neutrinos. Daraus folge eine
Beeinflussung der Erdrotation."
Es wird das Foucault'sche Pendel in der Sternwarte
Kremsmünster gezeigt. Im Text wird erklärt:
Sprecher: "Bei
der Sonnenfinsternis 1999 wurde eine solche Gangabweichung
dokumentiert. In der Sternwarte Kremsmünster lief ein 53 m
langes Pendel. Jetzt wird klar, warum der eingangs gezeigte
Pendel-Versuch hier von Bedeutung ist." (Anmerkung: Diese Szene wird
bereits am Anfang des Film als Prolog gezeigt und an dieser Stelle
wiederholt)
"Normalerweise dreht sich die Schwingungsebene, verursacht durch die
Erddrehung langsam und gleichmäßig unter dem Pendel
hindurch. Doch 6 Stunden nach Beginn der Sonnenfinsternis war das nun
ausschwingende Pendel um 10 Grad aus dem erwarteten Bereich
hinausgelaufen."
"Eine
mögliche Erklärung dafür ist die
Beschleunigung der Erdrotation. Ein Sensationelles Ergebnis, doch es
wurde bald darauf zurückgezogen. Begründung: das
Pendel in Kremsmünster laufe ungenau. Inzwischen
ist eine neue Generation von Präzisionspendeln im Einsatz. Sie
heißen Parakonische Pendel und können, da sie auf
einer Kugel gelagert sind, in alle Richtungen schwingen. Lasersensoren
messen den Schwingungswinkel. Jüngste Messungen des Instituts
für Gravitationsforschung fanden eine abrupte
Änderung dieses Schwingungswinkels während der
letzten
Sonnenfinsternis im September 2006. Die Ursache ist unter
Wissenschaftlern umstritten."
"Unabhängig
von den Pendelexperimenten fügt Prof. Meyl ein
weiteres Indiz für eine Beschleunigung der Erdrotation
während der Sonnenfinsternis 1999 hinzu. Er erinnert
an die Schaltsekunden, die eingefügt werden, um die Weltzeit
an die langsamere Erdrotation anzugleichen. Seit 1997 kam fast jedes
Jahr eine Schaltsekunde hinzu. Auffällig ist aber die Zeit
zwischen 1999 und 2005 in der keine Schaltsekunde nötig war,
weil sich die Erde deutlich schneller gedreht hat.
Prof. Meyl: Es
besteht die Möglichkeit, dass die Beschleunigung durch die
Sonnenfinsternis 1999 bewirkt worden ist.
Kritik:
Bemerkenswert,
wie hier trotz Fehlens jeglicher
Anhaltspunkte für den Einfluss einer
Sonnenfinsternis auf die Erdrotation mit einer Serie von Bildern
versucht wird, diese unsinnige Behautpung zu beweisen.
- Neutrinos sind
Teilchen, die mit anderen Teilchen nur
sehr schwach wechselwirken. Selbst eine Bleiwand mit einer Dicke von
einem Lichtjahr, würde nur ca. 50% der Sonnenneutrinos
abfangen.
Die Erde ist für Neutrinos also quasi vollkommen transparent.
Neutrinos können nicht, wie von Prof. Meyl behauptet, im
Erdkern
zu Masseteilchen "materialisieren". Sie können weder die Erde
wachsen lassen noch einen Einfluss auf die Erdrotation
ausüben. Siehe z.B. hier
.
- Selbst, wenn man
diese Fakten ignorieren würde,
gäbe es keinen Hinweis darauf, dass der Mond auf die Neutrinos
eine Brennglaswirkung ausübt.
- Betrachtet man
den Abstand Erde-Mond im korrekten
Größenverhältnis, so wird auch der Laie
erkennen, dass
eine solche Brennglaswirkung nicht vorstellbar ist. Woher will Prof.
Meyl denn wissen, dass der Brennpunkt ausgerechnet in der Erde liegt.
Korrektes Größen- und Abstandsverhältnis
zwischen Erde
und Mond, nach
Wikipedia
- Das Pendel in
Kremsmünster geht am Ende der
Sonnenfinsternis etwa um eine Stunde vor. Hat Prof. Meyl etwa vermutet,
dass seit der Sonnenfinsternis 1999, die Tage eine Stunde
kürzer
sind?
- Warum
verschweigt Prof. Meyl, dass auch andere
Institutionen während der Sonnenfinsternis 1999 den gleichen
Versuch durchgeführt haben und keine signifikanten
Abweichungen
beobachtet haben? Siehe z.B. im Technischen
Museum Wien.
Hier eine Liste
der Versuchsteilnehmer.
- Die Frage, ob
die Erde nach einer
Sonnenfinsternis schneller läuft als vorher, kann mit
einfachen
Mitteln viel genauer geklärt werden, z.B. müssten
nach einer
Beschleunigung der Erdrotation alle GPS-System falsche Orte anzeigen.
Warum wurde, um einen angeblichen
Zusammenhang zu belegen, ein untaugliches und außerdem noch
missglücktes Experiment herangezogen , das auch dann nicht
geieignet wäre wenn es
optimal durchgeführt worden wäre? Offensichtlich, um
den
Zuschauer durch Bilder von einem Zusammenhang zu
überzeugen
der real nicht existiert.
- Prof. Meyl will
mit einer Graphik belegen, dass die
Sonnenfinsternis 1999 die Erdrotation beschleugt hat. Er bleibt die
Erklärung schuldig, warum andere Sonnenfinsternisse, z.B. die
folgenden,
26.02.1979, Canada
26.02.1980, Kenia
06.06.1983, Java
11.07.1991, Mexiko
10.05.1994, Texas
03.11.1994, Chile
24.10.1995, Indien
26.2.1998, Aruba
die alle in den Zeitraum fallen, der auf der Graphik aufgetragen ist,
keine Beschleunigung der Erdrotation bewirkt haben.
- Im Zusammenhang
mit dem von ihm vermutetem Wachstum
der Erde
hatte Prof. Meyl den Zuschauern erklärt, die Erdrotation
verlangsame sich jedes Jahr um 0,7 Sekunden. Nun erfahren wir, dass
Sonnenfinsternisse die
Erdrotation beschleunigen sollen. Wie diese widersprüchlichen
Behauptungen zusammenpassen, verrrät
der
Professor seinen Zuschauern nicht.
Dieser Pendelversuch ist ein typisches Beispiel
dafür, wie
in dem Fernsehbeitrag der Zuschauer irregeführt wird.
Die
Fakten:
Wie der Leiter der Sternwarte, Dr. Kraml mir schrieb, war das Pendel
kurzfristig erneuert worden und
eine
Nachprüfung habe ergeben, dass die Pendelschwingungen auch ohne
Sonnenfinsternis Abweichungen von den erwarteten Werten zeigten. Der
Versuch ist also aus technischen Gründen
misslungen. Dr. Kraml betont, dass er das dem Fernsehteam auch klar
gemacht habe. Dieser Versuch war wertlos und hätte in dem Film
überhaupt nicht gezeigt werden dürfen. Den Autro des Beitrags
stört das nicht. Er schreibt: "Bei
der Sonnenfinsternis 1999 wurde eine solche Gangabweichung
dokumentiert.
Die
Inszenierung durch
Arte:
Das Ziel dieser Inszenierung war offenbar die Manipulation des
Zuschauers. Er sollte glauben, dass der Pendelversuch doch eine
Beschleunigung der Erdrotation nachgewiesen habe. Die angebliche
"Abweichung" passt so schön in die esoterische
Inszenierung,
dass sie im Film gleich zweimal gezeigt wurde. Bereits am Anfang des
Films wurde der Zuschauer durch die Pendel-Szenen darauf vorbereitet,
dass es um etwas ganz Wichtiges gehe. Bei der späteren
Wiederholung der Szenen wurde betont, dass es sich um ein
"sensationelles Ergebnis" handele. Die anschließend
erwähnte
Rücknahme des Ergebnisses durch die Sternwarte konnte nicht
gegen
die "Macht der Bilder" ankommen, die den Zuschauer in eine ganz
besondere Richtung lenken sollte.
Dieser Effekt wurde weiter verstärkt durch die
anschließende
Szene in der ein parakonisches Pendel gezeigt wurde das ebenfalls eine
Abweichung während der Sonnenfinsternis gezeigt haben soll.
Der
Hinweis, die Erklärung dafür sei unter
Wissenschaftlern
umstritten, sollte offenbar den Eindruck erwecken, dass einige dieser
Wissenschaftler, ebenso wie Meyl, diese Abweichung als ein Anzeichen
für die Beschleunigung der Erdrotation werteten. Das ist aber
nicht der Fall. Kein Wissenschaftler, außer Meyl, nimmt an,
dass
die Sonnenfinsternis die Erdrotation beschleunigt habe, zumal sich ja
inzwischen durch Vergleich der Sonnenzeit mit der UTC-Zeit eindeutig
gezeigt hat, dass keine Bescheunigung der Erdrotation durch die
Sonnenfinsternis aufgetreten ist.
Dieses nichtssagende Experiment wurde von dem Sprecher trotzdem zu
einem Indiz für eine Beschleunigung der Erderotation
aufgewertet,
denn er fährt fort: "Unabhängig von den
Pendelexperimenten fügt Prof. Meyl ein weiteres
Indiz
für eine Beschleunigung der Erdrotation während der
Sonnenfinsternis 1999 hinzu. Er erinnert an die Schaltsekunde...."
Typisch ist auch die in dem Film mehrfach verwendete Formulierung "Eine
mögliche Erklärung dafür ist
....". Diese
Erklärung ist aber eben nicht möglich, da alle
vernünftigen Argumente und Messwerte dagegen sprechen. Diese
mögliche Erklärung wird durch die Inszenierung zur
Gewissheit. Für den Zuschauer ergibt sich der Eindruck dass
sie
die einzig richtige sei, weil alle Beobachtungen diese
Erklärung
zu stützen scheinen.
In anderen Filmszenen wird gezeigt, wie Prof. Meyl die Voraussage
macht, dass wenige Tage nach der Sonnenfinsternis 2006 im
Mittelmeerraum Erdbeben zu erwarten seien, weil die vom Mond auf die
Erde fokusierten Neutrinos den Erdkern verlagern und dadurch Erdebeben
auslösen würden.
Der Geophysiker Prof. Wielandt schrieb auf meine Anfrage, ob
möglicherweise andere Gründe während einer
Sonnenfinsternis Erbeben auslösen könnten:
Prof. Wielandt:
"Dass die Gezeiten
der festen Erde Erdbeben auslösen könnten, wurde
schon lange
vermutet und behauptet, wird aber nicht beobachtet. Möglich
wäre es durchaus. Wenn das Gestein bei einer bestimmten
Spannung
plötzlich brechen
würde, müssten Erdbeben immer dann eintreten, wenn
die
Gezeitenspannung die
tektonisch sich langsam aufbauende Spannung verstärkt. Aber
offenbar
spielen da noch andere Vorgänge, vielleicht
Diffusionsvorgänge, eine Rolle,
die langsam sind und dieses einfache Bild verwischen.
Die Gezeitenspannungen sind allerdings bei einer Sonnenfinsternis nicht
nennenswert größer als wenn der Neumond um ein paar
Grad an
der Sonne vorbei-
zieht. Ein etwaiger Effekt müsste sich eher als eine schwache,
nur
über lange
Beobachtungszeiträume nachweisbare Korrelation der lokalen
Seismizität mit den
Erdgezeiten äußern. Behauptet wurde das, wie gesagt,
auch
schon, aber mit der
statistischen Signifikanz sieht es schlecht aus, und
sorgfältige
Unter-
suchungen sind zu einem negativen Resultat gekommen."