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Author Topic: Heilpraktiker und Taschendiebe - das Gesundheitsministerium in der Zwicke  (Read 176 times)

MiLena

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Der notorische Herr Becker Christian aus Hamburg-Plusterhausen plustert sich auf:

https://homoeopathiewatchblog.de/2021/03/24/homoeopathie-verband-verklagt-den-staat-und-sammelt-patienten-fallberichte-fuer-gerichts-anhoerung/
https://archive.is/agdFx
[*quote*]
homöopathie anwälte

HOMÖOPATHIE-VERBAND VERKLAGT DEN STAAT – UND SAMMELT PATIENTEN-FALLBERICHTE FÜR GERICHTS-ANHÖRUNG
24/03/2021 Christian J. Becker Allgemein

Das Rechtsgutachten des Gesundheitsministeriums war nicht gut ausgefallen. Es hatte geprüft, ob ein ganzer Beruf einfach gestrichen werden sollte. Und das Ergebnis war eindeutig. Gegen die politische Entscheidung auf Basis dieses Rechtsgutachtens setzt sich nun ein Homöopathie-Verband zur Wehr und hat beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Er klagt auf Entschädigung und will die Entscheidung rückgängig machen. Dafür braucht er Ihre Hilfe (immateriell). Das [ … weiter lesen als Globuli-Club-Mitglied … ]
[*/quote*]

Hat der Berufsverband der Taschendiebe es nötig, Rechtsgutachten einzuholen?
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MiLena

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Die sichtbaren Punkte:

"HOMÖOPATHIE-VERBAND VERKLAGT DEN STAAT"
"UND SAMMELT PATIENTEN-FALLBERICHTE FÜR GERICHTS-ANHÖRUNG"

"Das Rechtsgutachten des Gesundheitsministeriums war nicht gut ausgefallen."

"Es hatte geprüft, ob ein ganzer Beruf einfach gestrichen werden sollte."

"Und das Ergebnis war eindeutig."

"Gegen die politische Entscheidung auf Basis dieses Rechtsgutachtens setzt sich nun ein Homöopathie-Verband zur Wehr und hat beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht."

"Er klagt auf Entschädigung und will die Entscheidung rückgängig machen."


Ein Beruf? Was für ein Beruf? Homöopath ist kein Beruf. Wieso will ein Verein von Homöopathen klagen? Wogegen soll er klagen. Was für eine Entschädigung? Können Taschendiebe auf Verdienstausgleich klagen?
Logged

MiLena

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Was der notorische Herr Becker verschweigt:

DAS GUTACHTEN

https://www.bundestag.de/resource/blob/710020/60d8de59f2d4e5f98f5ce9f25f8df1e6/WD-9-043-20-pdf-data.pdf

[*quote*]
Wissenschaftliche Dienste
Ausarbeitung
Heilpraktiker in Deutschland
Rechtsgrundlagen und aktuelle Diskussion
© 2020 Deutscher Bundestag
WD 9 - 3000 - 043/20Wissenschaftliche Dienste
Ausarbeitung
WD 9 - 3000 - 043/20
Seite 2
Heilpraktiker in Deutschland
Aktenzeichen:
Abschluss der Arbeit:
Fachbereich:
WD 9 - 3000 - 043/20
24. Juli 2020
WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages
bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines sei-
ner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasse-
rinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeit-
punkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abge-
ordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, ge-
schützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder
Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fach-
bereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen.Wissenschaftliche Dienste
Ausarbeitung
WD 9 - 3000 - 043/20
Seite 3
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkung 4
2.
2.1.
2.2.
2.3. Ausgangslage
Gesetzliche Grundlagen
Reformen und Reformansätze seit 2016
Datenlage 4
4
6
9
3.
3.1.
3.2.
3.2.1.
3.2.2. Berufszulassung und Ausbildung
Voraussetzungen für die Zulassung
Zur Frage der Vereinheitlichung der Ausbildung
Derzeitige Situation
Diskussion 10
10
12
12
12
4.
4.1.
4.2.
4.2.1.
4.2.2.
4.3. Berufsausübung
Umfrage zur Inanspruchnahme und Akzeptanz
Fehlen einer rechtsverbindlichen Berufsordnung
Derzeitige Situation
Diskussion
Behandlungskosten und Kostenerstattung 14
14
15
15
15
17
5. Möglichkeiten der Kooperation zwischen Ärzten und
Heilpraktikern 19Wissenschaftliche Dienste
1.
Ausarbeitung
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Seite 4
Vorbemerkung
In den letzten Jahren haben alternative Heilmethoden, die von Heilpraktikern angewendet wer-
den, neben der Schulmedizin zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dies gilt in besonderer Weise
für die Nachfrage nach Behandlungen in den Bereichen Naturheilkunde, Traditionelle Chinesi-
sche Medizin, Akupunktur, Homöopathie oder auch Osteopathie.
Viele Patienten nutzen heute die Angebote von Heilpraktikern, wobei ihre Beweggründe ganz un-
terschiedlich sind: Sie erhoffen sich von der alternativen Medizin Hilfe, wenn die Schulmedizin
nicht erfolgreich war, sei es bei der Diagnostik oder bei der Therapiewahl. Sie suchen Heilprakti-
ker auf, weil diese häufig einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Häufig fühlen sich Patienten
durch die Angebote von Heilpraktikern angesprochen, die mit Methoden der Selbstheilungskräfte
arbeiten, was die Chance bieten kann, dass Patienten bei Behandlungen nur mit wenigen oder
keinen Nebenwirkungen rechnen müssen. Viele schätzen im Übrigen, dass sich die Behandeln-
den oftmals mehr Zeit für den einzelnen nehmen bzw. nehmen können.
Die Zunahme der Inanspruchnahme der alternativen Medizin und damit auch der Tätigkeit der
Heilpraktiker spiegelt sich allerdings bislang nicht in der Ausgestaltung der Rechtsgrundlagen
wider. Das für den Beruf des Heilpraktikers bislang maßgebliche Heilpraktikergesetz ist vorkon-
stitutionelles Recht aus dem Jahr 1939. Die Frage eines grundlegenden Reformbedarfs des Geset-
zes ist nach wie vor offen. Es gibt bislang keine einheitliche und staatlich geregelte Ausbildung
zum Heilpraktiker und auch die aktuell geltende Berufsordnung, die von sechs Verbänden verab-
schiedet wurde, entfaltet nur Wirkungen für die Heilpraktiker, die einem dieser Verbände ange-
hören.
Vor diesem Hintergrund werden bereits seit einigen Jahren unterschiedliche Reformansätze dis-
kutiert, nicht zuletzt auch zu der Frage, wie in Zukunft das Nebeneinander von Schulmedizinern
und Heilpraktikern im Interesse einer guten Gesundheitsversorgung gewährleistet werden kann.
2.
Ausgangslage
2.1. Gesetzliche Grundlagen
Der Norddeutsche Bund führte im Jahr 1869 durch Erlass der Gewerbeordnung die sog. Kurier-
freiheit ein. Sie erstreckte sich in den Folgejahren auf das gesamte Gebiet des Deutschen Reiches.
Dies führte zu einem großen Anstieg von heilpraktischen Angeboten. Anfang des 20. Jahrhun-
derts führten bereits mehr als 10.000 Personen heilpraktische Anwendungen durch. Seit dieser
Zeit wird der Beruf des Heilpraktikers begrifflich verwendet. 1
1
Ausführlich zur Rechtsentwicklung seit 1869: Sasse, René, Der Heilpraktiker – Ein Gesundheitsberuf ohne
Berufsausübungsrecht?, 1. Auflage 2011, S. 26.Wissenschaftliche Dienste
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Wesentliche gesetzliche Grundlage ist bis heute das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der
Heilkunde ohne Bestallung, das sog. Heilpraktikergesetz, (HeilprG) 2 . Das Gesetz hatte – was im
Titel so nicht deutlich wurde – zunächst allerdings das Ziel, den Beruf des Heilpraktikers dem
des Arztes entgegenzusetzen und den Berufsstand „aussterben“ zu lassen. 3 Zwei Jahre zuvor, im
Mai 1937, habe, so wird in der Literatur ausgeführt, der Reichsärzteführer erklärt, die Duldung
der Heilpraktiker sei mit den Grundgedanken des Nationalsozialismus unvereinbar. Die Absicht
des damaligen Gesetzgebers, den Beruf des Heilpraktikers nach und nach abzuschaffen, wird
auch in einigen der ursprünglichen Vorschriften deutlich, so etwa in § 2, wonach eine Erlaub-
niserteilung zur Ausübung des Berufs nur in besonders begründeten Ausnahmefällen eingeräumt
wurde. § 4 der ursprünglichen Fassung untersagte die Vorhaltung von Ausbildungsstätten. Wei-
tere Einschränkungen erfolgten durch Erlass der Ersten und Zweiten Durchführungsverordnung
(DVO) in den Jahren 1939 und 1941, auf die in § 7 HeilprG verwiesen wird. 4
Diese regelten unter anderem die Voraussetzungen für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis.
In den 1950er Jahren waren die vorgenannten Einschränkungen Gegenstand mehrerer Gerichts-
entscheidungen. Auf diese Entscheidungen verweist das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in
seinem Beschluss vom 10. Mai 1988 und stellte fest, die Erlaubniserteilung, die nur noch in „be-
sonders begründeten Ausnahmefällen“ zulässig war, sei unvereinbar mit dem Grundrecht der Be-
rufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG. 5 Zitiert werden in diesem Zusammenhang das OVG Hamburg
mit einem Urteil aus dem Jahr 1950 6 , der Württemberg-Badische Verwaltungsgerichtshof mit ei-
nem Urteil von 1951 7 und vor allem das Urteil des BVerwG vom 24. Januar 1957 8 . Letzteres hat
zwar die Regelung des § 2 Abs. 1 der 1. DVO nicht für nichtig, aber nur noch im Wege der verfas-
sungskonformen Auslegung für gültig erkannt mit der Folge, dass jeder Bewerber zur berufsmäßi-
gen Ausübung der Heilkunde zuzulassen sei, wenn er die in der DVO genannten Zulassungsvo-
raussetzungen erfülle. Das BVerfG weist in der genannten Entscheidung von 1988 aber auch da-
rauf hin, dass § 2 Abs. 1 HPG im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der Einschränkung in
2 Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung, Heilpraktikergesetz, in der im BGBl.
Teil III, Gliederungsnummer 2122-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 17e des
Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191).
3 Siehe hierzu unter Hinweis auf die Begründung des Gesetzes: Sasse, René, Der Heilpraktiker – Ein Gesundheits-
beruf ohne Berufsausübungsrecht?, 1. Auflage 2011, S. 23 ff.
4 Siehe die Ausführungen bei Sasse, René, Der Heilpraktiker – Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?
1. Auflage 2011, S. 26. Siehe insbesondere: Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige
Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede-
rungsnummer 2122-2-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 17f i.Vm. Art.18
Abs. 4 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191).
5 Beschluss des Ersten Senats vom 10. Mai 1988, 1 BvR 482/84, BVerGE 78, 179, und 1166/85, BVerfGE 78, 201.
6 OVG Hamburg vom 11. Mai 1950, in: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV), 1950, S. 716.
7 Württemberg-Badischer Verwaltungsgerichtshof, 3 K 92/51 vom 26. Oktober 1951, DÖV, 1952, S. 441.
8 BVerwGE 4, 250.Wissenschaftliche Dienste
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entsprechend geänderter Form in die Bereinigte Sammlung des Bundesrechts aufgenommen wor-
den sei. Die vorgenannte Entscheidung des BVerwG vom Januar 1957 ist im Übrigen auch des-
halb von besonderer Bedeutung, weil das Gericht hier erstmals die Tätigkeit des Heilpraktikers
als Beruf ausdrücklich anerkannt hat.
Im September 1992 hatte das BMG erstmals Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeran-
wärtern als Empfehlung für die Bundesländer veröffentlicht. Mit ihnen sollten die Ziele verfolgt
werden, Erlaubnisverfahren und Kenntnisüberprüfung in den Bundesländern zu vereinheitlichen
und ein bundesweites Qualitätsniveau zu erreichen. 9
Im Juni 2016 forderte die 89. Gesundheitsministerkonferenz von Bund und Ländern (GKM) das
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf, die Anforderungen an die Erlaubniserteilung für
Heilpraktiker den gestiegenen Qualitätserfordernissen auf Grund des Patientenschutzes im Rah-
men einer Überarbeitung der bestehenden Leitlinien für Heilpraktiker anzupassen.
Das Dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG III), das vom Deutschen Bundestag am 1. Dezember 2016
verabschiedet worden ist 10 , verweist in § 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilprakti-
kergesetz auf die vom BMG zu überprüfenden und zu erlassenden Leitlinien.
2.2. Reformen und Reformansätze seit 2016
Wenige Monate vor der Verabschiedung des PSG III hatten sich in Brüggen-Bracht, nahe der
deutsch-niederländischen Grenze, drei tragische Todesfälle ereignet, die zu einer Verschärfung
der damals gerade geführten Diskussion über die künftige Ausgestaltung des Berufsstandes der
Heilpraktiker beigetragen haben. Im Juli 2016 waren drei Patienten, die in einer alternativen
Krebsklinik in Brüggen-Bracht behandelt worden waren, verstorben. In der Öffentlichkeit ent-
stand der Verdacht, dass alternative medizinische Methoden für diese Todesfälle ursächlich ge-
wesen sein könnten. In den Medien wurde in der Folgezeit über weitere Todesfälle berichtet, die
möglicherweise im Zusammenhang mit heilpraktischen Behandlungen gestanden haben könn-
ten. 11 Dies führte ganz offensichtlich zu der Frage, ob das HeilprG künftig nicht erneut restrikti-
vere Regelungen für die Berufstätigkeit der Heilpraktiker vorhalten müsste, um weitere tragische
Behandlungsfolgen möglichst zu verhindern. Auch das BMG habe zunächst, darauf weist u. a.
der Verband Die Heilpraktiker e.V., hin, im laufenden Gesetzgebungsverfahren Handlungsbedarf
zur Änderung des HeilprG gesehen. Man habe aber offensichtlich festgestellt, dass diese Vorfälle,
9 Siehe die Leitlinien für die Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern des Bundesministeriums für Gesundheit
vom 2. September 1992, abrufbar unter: http://www.fdhps.de/files/FDHPS-Blog/Leitlinien-des-BMG-1992.pdf.
10 Art. 17e und f des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer
Vorschriften vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191).
11 Vgl. Brüggen-Bracht, Alternatives Krebszentrum: Staatsanwaltschaft ermittelt in 70 Todesfällen, in: Augsburger
Allgemeine vom 29. August 2016, abrufbar unter: https://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Alterna-
tives-Krebszentrum-Staatsanwaltschaft-ermittelt-in-70-Todesfaellen-id38783762.html.Wissenschaftliche Dienste
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wie auch bereits weiter zurückliegende, auf einer Missachtung bestehender gesetzlicher Regelun-
gen beruhten und dass dies nicht Anlass zu einer restriktiveren gesetzlichen Regelung sein
müsste. 12
SPD-Gesundheitsexperte Prof Karl Lauterbach, MdB, äußerte sich anlässlich der Vorfälle in
Brüggen-Bracht kritisch zum Berufsstand der Heilpraktiker. Er forderte u. a., ein Register einzu-
führen, in denen Heilpraktiker-Behandlungen künftig dokumentiert würden. Dies könne dazu
beitragen, mehr Transparenz zu schaffen. 13
Ebenfalls vor dem Hintergrund der genannten Vorfälle hatten die Bundestagsabgeordneten Kor-
dula Schulz-Asche, Elisabeth Scharfenberg u. a. und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im
Jahr 2016 eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zum Reformbedarf des Heilpraktikerrechts
gerichtet. 14 Das BMG betonte in seiner Antwort, dass gerade die aktuellen Vorgänge Anlass für
die Bundesregierung seien, im Bereich der komplementärmedizinischen Methoden kritisch zu
prüfen, ob rechtlicher Handlungsbedarf bestehe. 15
Im Hinblick auf den Entwurf einer Bekanntmachung von Leitlinien zur Überprüfung von Heil-
praktikeranwärtern forderte die Bundesärztekammer in ihrer Stellungnahme im Oktober 2017,
dass der Erlaubnisumfang der Täktigkeitsfelder von Heilpraktikern eingeschränkt werden müsse.
Die geplanten Leitlinien seine „eine in jeder Hinsicht unzureichende Maßnahme zum Schutz der
Bevölkerung“ 16
Im Oktober 2017 setzte sich der „Münsteraner Kreis“ für eine Neureglung des Heilpraktikerwe-
sens ein. Die 17 Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen mit Expertise im Bereich der
komplementären und alternativen Medizin formulierten das „Münsteraner Memorandum Heil-
praktiker“ und präsentierten darin neben einer Analyse der Problemlagen zwei Lösungsansätze:
Die sog. „Abschaffungslösung“ und die „Kompetenzlösung“. Im Falle der Abschaffungslösung
12 Die Heilpraktiker e.V., Änderungen im Heilpraktikergesetz, abrufbar unter: https://www.dhp-ev.de/aenderun-
gen-im-heilpraktikergesetz/ .
13 SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: „Heilpraktikerberuf verbieten“, in: Pfalz-Express vom 3. September
2016, abrufbar unter: https://www.pfalz-express.de/spd-gesundheitsexperte-karl-lauterbach-heilpraktikerberuf-
verbieten/.
14 Kleine Anfrage zu Patientenschutz und Reformbedürftigkeit des Heilpraktikerrechts in Deutschland, BT-Drs.
18/9567 vom 6. September 2016.
15 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu Patientenschutz und Reformbedürftigkeit des
Heilpraktikerrechts in Deutschland vom 21. September 2016, BT-Drs. 18/9743.
16 Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 13. Oktober 2017, abrufbar unter: https://www.bundesaerztekam-
mer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Stellungnahmen/Heilpraktiker.pdf (S. 2).Wissenschaftliche Dienste
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würde der Beruf des Heilpraktikers „annulliert“. Die Kompetenzlösung würde bedeuten, den Be-
ruf des Heilpraktikers so weiterzuentwickeln, dass der Ausübende ein staatlich anerkannter
Fach-Heilpraktiker mit wissenschaftsorientierter Ausbildung und staatlicher Prüfung wäre. 17
Im Koalitionsvertrag 2018 vereinbarten die Koalitionäre, im Interesse einer verstärkten Patien-
tensicherheit das Spektrum der heilpraktischen Behandlung überprüfen zu wollen. 18
Am 22. März 2018 sind die neuen bundeseinheitlichen Leitlinien zur Überprüfung von Heil-
praktikeranwärtern in Kraft getreten. 19 Sie sollen zu mehr Qualitätssicherung beitragen und ins-
besondere eine gerechtere Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern, die eine Erlaubnis anstre-
ben, ermöglichen. Überprüft werden danach medizinische und rechtliche Kenntnisse, damit si-
chergestellt ist, dass den Anwärtern die möglichen Gefahren für die Gesundheit der Patienten
und die daraus resultierende Verantwortung bewusst sind. 20 Insbesondere die notwendigen me-
dizinischen Kenntnisse werden in den Leitlinien einzeln aufgeführt. Nicht überprüft werden na-
turheilkundliche Fähigkeiten, da sie wissenschaftlich häufig nicht anerkannt seien und der Staat
auch nicht den Eindruck erwecken wolle, dass er diese Verfahren anerkenne. 21
Für 2019 war – auf Grund eines Beschlusses der Gesundheitsministerkonferenz (GKM) – zu-
nächst die Erarbeitung von Vorschlägen zu einer etwaigen Neuordnung des Heilpraktikerwesens
durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorgesehen. Mit Blick auf die im Frühjahr 2018 in Kraft
getretenen bundesweiten Leitlinien wurde dann jedoch entschieden abzuwarten, ob und inwie-
weit bereits deren Anwendung zu einer Steigerung der Qualität der heilpraktischen Tätigkeit bei-
tragen werde.
Laut einem Bericht in der Zeitschrift Ärzteblatt erklärte die FDP-Fraktion in einem Positionspa-
pier im April 2019: „Wir nehmen wahr, dass sich Menschen von Heilpraktikern gut beraten und
betreut fühlen. Wir respektieren das Empfinden der Menschen, Heilung zu finden“. Der Bericht
17 Das Münsteraner Memorandum ist veröffentlicht bei Ärzteblatt.de: Münsteraner Memorandum Heilpraktiker,
Ein Statement der interdisziplinären Expertengruppe „Münsteraner Kreis“ zu einer Neureglung des
Heilpraktikerwesens, 21. August 2017, abrufbar unter: https://www.aerzteblatt.de/down.asp?id=19264.
18 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, 12. März 2018, abrufbar unter:
https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-
03-14-koalitionsvertrag-data.pdf?download=1 (S. 101) .
19 Diese Leitlinien gehen zurück auf die oben unter 2.1. erwähnte Forderung der 89. Gesundheitsministerkonfe-
renz, die Leitlinien sind veröffentlicht im Bundesanzeiger, abrufbar unter: https://www.bundesanzeiger.de/e-
banzwww/wexsservlet?page.navid=to_bookmark_official&bookmark_id=d6Pk1lbZta8EPCulJuE .
20 Hespeler, Ulrike/ Küntzel, Wolfram, in: Heilpraktiker, HK-AKM, Rn. 8; Sasse, René, Heilpraktikerrecht – Ein
Überblick und Ausblick, in: GesundheitsRecht (GesR), 2018, S. 279 (281).
21 Hilpert-Mühlig, Ursula, Berufsrecht/Berufsaufsicht aus Sicht des Heilpraktikers, in: Medizinrecht (MedR), 2019,
S. 473; Sasse, Heilpraktikerrecht – ein Überblick und Ausblick, in: GesR, 2018, S. 279 (282).Wissenschaftliche Dienste
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betont, dass die FDP-Fraktion offensichtlich eine Kehrwende gegenüber einer früheren grund-
sätzlich ablehnenden Haltung zum Heilpraktikerberuf vorgenommen habe. 22
Am 30. Oktober 2019 hat das BMG ein Rechtsgutachten zum Heilpraktikerrecht ausgeschrieben.
Der Bund Deutscher Heilpraktiker e. V. erläutert, dass das Gutachten dem Ausschreibungstext
zufolge Klarheit darüber bringen solle, welchen Gestaltungsspielraum der Gesetzgeber im Falle
einer Reform des Heilpraktikerrechts haben würde und ob der Heilpraktikerberuf als Heilberuf
im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG geregelt werden könne. 23
2.3. Datenlage
Über Daten, wie z. B. die Zahl der praktizierenden Heilpraktiker, sowie die Häufigkeit der Inan-
spruchnahme von Heilpraktikerleistungen lassen sich nur wenig einheitliche und verlässliche
Aussagen treffen. Dies beruht ganz offensichtlich auch darauf, dass die Leistungen von den ge-
setzlichen Krankenkassen nicht erstattet und daher dort auch nicht erfasst werden.
Am 17. Dezember 2019 wurde in einem Bericht des Bayerischen Rundfunks – anlässlich des kurz
zuvor ausgeschriebenen Rechtsgutachtens 24 – ausgeführt, dass das Statistische Bundesamt aus
verschiedenen Befragungen für ganz Deutschland die Zahl von 46.000 Heilpraktikern errechnet
habe. 25
Das BMG teilte in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche,
Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im September 2016 mit, nach
den Erhebungen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes sei im Jahr 2014 von rd. 43.000
Beschäftigten in den Berufen der Heilkunde und Homöopathie auszugehen, wobei 40.000 davon
Fachkräfte seien. 26
In einer Erhebung zur Kostenstruktur bei Einrichtungen des Gesundheitswesens, veröffentlicht
im Jahr 2016 27 , kommt das Statistische Bundesamt zu dem Ergebnis, dass es in Deutschland im
22 FDP will Heilpraktikerberuf jetzt doch erhalten, in: Ärzteblatt.de vom 16. April 2019, abrufbar unter:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/102470/FDP-will-Heilpraktikerberuf-jetzt-doch-erhalten.
23 Vgl. Bundesgesundheitsministerium gibt Rechtsgutachten zum Heilpraktikerberuf in Auftrag, 5. November
2019, in: bdh-online.de, abrufbar unter: https://www.bdh-online.de/bundesgesundheitsministerium-gibt-rechts-
gutachten-zum-heilpraktikerberuf-in-auftrag/.
24 Siehe oben, Gliederungspunkt 2.2.
25 Siehe: Heilpraktiker vor ungewisser Zukunft, in: Bayerischer Rundfunk, 17. Dezember 2019, abrufbar unter:
https://www.br.de/nachrichten/bayern/trend-beruf-in-bayern-heilpraktiker-vor-ungewisser-zukunft,RkbeOcu .
26 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom 6. September 2016 (BT-Drs. 18/9567), in: BT-Drs.
18/9743 vom 21. September 2016.
27 Fachserie 2 Reihe 1.6.6 des Statistischen Bundesamtes, erschienen am 23. August 2016, abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/Service/Bibliothek/_publikationen-fachserienliste-2.html.Wissenschaftliche Dienste
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Jahr 2014 15.651 Heilpraktikerpraxen mit insgesamt 25.794 tätigen Personen gegeben habe. Sie
hätten im Jahr einen Gesamtumsatz von gut 1 Mrd. Euro erwirtschaftet.
Nach der Einkommensteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2014 24.824
einkommensteuerpflichtige Heilpraktiker, im Jahr 2016 hingegen schon 27.185. Im Vergleich
dazu habe die Zahl der steuerpflichtigen Heilpraktiker im Jahr1995 6.127 betragen. 28
Eine Umfrage des Bundes Deutscher Heilpraktiker aus dem Jahr 2017, an der 1.733 Heilpraktiker
teilnahmen, betraf ebenfalls die Frage der Zahl der in Deutschland praktizierenden Heilpraktiker
und darüber hinaus deren Patientenkontakte. 29 Die Hochrechnung der erhobenen Daten erfolgte
anhand von Vergleichszahlen des Statistischen Bundesamtes. 30 Da die durch die Umfrage ermit-
telte Stichprobe weitestgehend den Zahlen des Statistischen Bundesamtes entspreche, wird die
Umfrage vom Bund Deutscher Heilpraktiker als repräsentativ bezeichnet. Der Verband kommt zu
dem Ergebnis, dass im Jahr 2017 hochgerechnet rund 60.000 Beschäftigte in Heilpraktiker-Praxen
arbeiteten, davon 47.000 praktizierende Heilpraktiker und 11.215 sonstige Beschäftigte. Weitere
Hochrechnungen hätten ergeben, dass es rund 128.000 Patientenkontakte pro Tag und rund 46
Millionen Patientenkontakte pro Jahr gäbe.
Der Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V., der nach eigener Aussage mit über 7.000 Mitglie-
dern der größte Heilpraktikerverband in Deutschland ist 31 , führte eine Umfrage durch, die Auf-
schluss über die Situation des „typischen“ Heilpraktikers geben sollte. 32 Der „typische Heilprak-
tiker“ sei zu 74 Prozent weiblich, er sei zwischen 40 und 60 Jahre alt, wohne in einer Kleinstadt
oder im ländlichen Raum, arbeite im Vollerwerb mit unbeschränkter Erlaubnis und behandle bis
zu 30 Patienten pro Woche.
3.
Berufszulassung und Ausbildung
3.1. Voraussetzungen für die Zulassung
Die Heilpraktikertätigkeit ist gemäß § 1 Abs. 1 HeilprG eine erlaubnispflichtige Tätigkeit. Wer als
Heilpraktiker tätig werden will, benötigt somit eine Zulassung. Wer ohne ärztliche Approbation
und ohne Heilpraktikererlaubnis heilkundlich tätig wird, wird gemäß § 5 HeilprG mit Freiheits-
strafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. § 2 der Ersten HeilprDVO nennt dabei als
28 Daten abrufbar unter: www.gbe-bund.de unter dem Stichwort „Steuerpflichtige mit überwiegenden Einkünften
aus heilberuflicher Tätigkeit in Heilberufen“.
29 Umfrage vom Bund Deutscher Heilpraktiker vom 28. November 2017, abrufbar unter: https://www.bdh-on-
line.de/repraesentative-umfrage-jeden-tag-gehen-in-deutschland-128-000-patienten-zum-heilpraktiker/.
30 Daten des Statistischen Bundesamtes vom 25. Januar 2017, Untersuchungsjahr 2015, Fachserie 12, Reihe 7.3.1,
abrufbar unter: http://www.gbe-bund.de/pdf/2120731.pdf.
31 Informationen abrufbar unter: https://www.heilpraktiker.org/die-vorteile-als-mitglied.
32 Umfrage abrufbar unter: https://www.heilpraktiker.org/stiftungsumfrage.Wissenschaftliche Dienste
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Zulassungsvoraussetzungen die Vollendung des 25. Lebensjahres, eine abgeschlossene „Volks-
schulbildung“ 33 , die „sittliche Zuverlässigkeit“ und die gesundheitliche Eignung.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. i) der Ersten HeilprDVO wird die Erlaubnis nicht erteilt, „wenn sich aus ei-
ner Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt,
die auf der Grundlage von Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern durchgeführt
wurde, ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Ge-
sundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten
würde.“
Für die Erteilung der Erlaubnis ist das erfolgreiche Durchlaufen einer Ausbildung nicht erforder-
lich, diese kann aber an einer der privaten Heilpraktikerschulen absolviert werden. Möglich ist
auch, entsprechende Qualifikationen mit Hilfe von Lehrgängen zu erwerben, die Anbieter spre-
chen hier häufig von Kursen, zum Teil aber auch von „Studienangeboten“.
Die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ und damit zur Ausübung des
Berufs erteilt das örtliche Gesundheitsamt, wenn die vorgenannten Voraussetzungen für die Er-
teilung der Erlaubnis vorliegen. Neben einer umfassenden Erlaubnis kann auch eine sog. sekt-
orale Erlaubnis erteilt werden, die sich auf ein Gebiet der Heilkunde beschränkt, so etwa auf den
Bereich der Physiotherapie oder der Ergotherapie. Dies hat das BVerwG in einer Entscheidung
vom 26. August 2009 ausdrücklich für möglich erklärt. 34
Zu den Voraussetzungen zählt die Überprüfung, ob die Ausübung der heilkundlichen Tätigkeit
durch den Bewerber eine Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung darstellt. Hierzu haben
die Bundesländer Richtlinien erlassen. 35
Nach § 7 der Ersten HeilprDVO ist die Erlaubnis durch die höhere Verwaltungsbehörde zurück-
zunehmen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die eine Versagung der
Erlaubnis nach § 2 Absatz 1 rechtfertigen würden. Hierzu kann im Einzelfall auch gehören, dass
einem Heilpraktiker die Anwendung einer besonders gefahrenträchtigen Behandlungsmethode
untersagt wird. Wichtig ist, dass die Behörde nur im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig wird,
aber nicht einschreitet, um Qualitätsstandards zu überwachen. 36
33 Gefordert wird der heutige Hauptschulabschluss, siehe: Sasse, René, Heilpraktikerrecht – Ein Überblick und
Ausblick, in: GesR, 2018, S. 279 (282).
34 BVerwG 3 C 19.08, in: BVerwGE 134, 345 ff. Der Kläger hatte hier die Erteilung einer auf den Bereich der Physi-
otherapie beschränkten Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde beantragt.
35 Beispiel Nordrhein-Westfalen: Richtlinie zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes, Runderlass des Ministeri-
ums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 18. Mai 1999 – III B 2-04012,
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=4369&vd_back=N812&sg=0&menu=1.
36 Dies wird hervorgehoben von Sasse, René, Heilpraktikerrecht – Ein Überblick und Ausblick, in: GesR, 2018,
S. 279 (282).Wissenschaftliche Dienste
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3.2. Zur Frage der Vereinheitlichung der Ausbildung
3.2.1.
Derzeitige Situation
Deutschlandweit gibt es derzeit mehrere hundert Heilpraktiker-Schulen. Die Schulen erstellen
ihre jeweiligen Lehrpläne individuell. Die Dauer der Lehrgänge ist ganz unterschiedlich, sie kann
– so etwa die Informationen der Deutschen Paracelsus Schulen für Naturheilverfahren GmbH –
bei acht Monaten bis drei Jahren liegen. 37
3.2.2.
Diskussion
Sowohl von Ärzten, als auch von Heilpraktikern und ihren Berufsverbänden selbst und nicht zu-
letzt von Politikern wird gefordert, eine einheitliche Ausbildung zum Heilpraktiker zu schaffen.
Der Münsteraner Kreis zog den Vergleich zur ärztlichen Ausbildung zu den hohen Standards der
ärztlichen Ausbildung. Er monierte, dass die gesetzlichen Hürden für angehende Heilpraktiker
sehr niedrig seien und keinerlei wissenschaftlich fundierte, standardisierte oder kontrollierte
Ausbildung vorgesehen werde: „Dies ... wird weder der Komplexität des heute bekannten Krank-
heitsspektrums gerecht, noch berücksichtigt sie die vielfältigen Risiken durch Nebenwirkungen
von KAM-Präparaten oder durch ihre Wechselwirkungen mit Medikamenten der wissenschafts-
orientierten Medizin. 38
Die Deutsche Heilpraktikerschule schlägt vor, die Ausbildung in Einrichtungen durchzuführen,
die sich an gesetzlichen Vorgaben orientiert, insbesondere dem Berufsbildungsgesetz. Die Auszu-
bildenden müssten eine anerkannte, den Qualitätsmerkmalen entsprechende Heilpraktikerschule
besuchen, mit einheitlichen Regelungen zu den Unterrichtsstunden und zur Dauer der Ausbil-
dung. Wichtig sei ein verbindlicher Ausbildungsplan, der sicherstelle, dass den Auszubildenden
umfangreiches medizinisches Wissen und das Wissen über die verschiedenen Bereiche der Heil-
praktikertätigkeit vermittelt werde. Erforderlich sei deshalb auch, eine bundeseinheitliche Prü-
fungsordnung zu schaffen. 39
Die Initiative für Qualitätssicherung im Heilpraktiker-Beruf (IQHP) – ihre Initiatoren sind der
Bund Deutscher Heilpraktiker und Naturheilkundiger e. V., der Berufsverband Deutsche Natur-
heilkunde e. V. und der Verband Deutscher Heilpraktiker e. V. – verfolgt aktuell als Hauptziel
die Einführung einer geregelten einheitlichen Ausbildung im Rahmen einer Qualitätssicherungs-
kette zur Schaffung eines Ausbildungsstandards unter zentraler Mitwirkung der Fachverbände.
37 Siehe die Informationen auf der Seite der Deutschen Paracelsus Schulen bei heilpraktiker-schulen.de, abrufbar
unter: https://www.heilpraktiker-schulen.de/heilpraktikerschulen.
38 Münsteraner Memorandum Heilpraktiker, Ein Statement der interdisziplinären Expertengruppe „Münsteraner
Kreis“ zu einer Neureglung des Heilpraktikerwesens, 21. August 2017, abrufbar unter: https://www.aerzte-
blatt.de/down.asp?id=19264, Anmerkung: KAM-Präparate sind Präparate der komplementären und alternativen
Medizin .
39 Heilpraktiker: Kritik an Ausbildung, in: NDR vom 6. März 2020, abrufbar unter: https://www.ndr.de/ratge-
ber/verbraucher/Heilpraktiker-Kritik-an-Ausbildung,heilpraktiker108.html .Wissenschaftliche Dienste
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Die IQHP weist in ihrer Presseerklärung zu einem gemeinsamen Gespräch mit dem Vorsitzenden
des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag, Erwin Rüddel, im Juni 2020 darauf hin,
dass sie dem BMG, wie auch weiteren Entscheidungsträgern im Gesundheitsbereich in den ver-
gangenen Jahren Vorschläge zu entsprechenden Reformen unterbreitet habe. 40
Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml, CSU, plädiert ebenfalls dafür, einheitliche
Regeln und Prüfungsmaßstäbe bei der Ausbildung zu schaffen. Damit könne verhindert werden,
dass Heilpraktiker ihre Kompetenzen überschreiten würden. Zunächst sollten ihrer Ansicht aber
noch die Ergebnisse des vom BMG in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens abgewartet werden. 41
Auch CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß ist dieser Auffassung. Zwar sei festzustellen,
dass sich bereits heute die Ausbildung auf einem hohen Niveau befinde, aber eine Standardisie-
rung sei zur Qualitätssicherung erforderlich, die Schulen müssten zertifiziert werden und mit ei-
nem einheitlichen Lehrplan arbeiten. 42
Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Detlev Spangenberg, spricht
sich dafür aus, das Heilpraktikergesetz im Hinblick auf eine Einheitlichkeit sowie Qualitäts- und
Prüfungsstandards der Ausbildung nachzubessern. Er kündigt an, dass seine Fraktion ein ent-
sprechendes Konzept in den Deutschen Bundestag einbringen werde. 43
Die Präsidentin des Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker e. V., Ursula Hilpert-Mühlig, ist
demgegenüber der Ansicht, es sei praktisch nicht möglich, eine staatlich geregelte Ausbildung
mit den nötigen Ausbildungsinhalten vorzuschreiben. Die Tätigkeiten des Heilpraktikers er-
streckten sich über eine Vielzahl diagnostischer und therapeutischer Verfahren, viele davon
seien – mangels fehlender oder umstrittener Wirksamkeitsnachweise – medizinwissenschaftlich
nicht anerkannt. Der Staat könne sich hier nicht zum Richter im medizinischen Methodenstreit
ernennen und dürfe dies auch nicht. Er müsste zwangsläufig nicht anerkannte, aber heilprakti-
kertypische Heilmethoden mit in die Ausbildung einbeziehen und hier quasi die Gewähr für ihre
Qualität übernehmen. Vor diesem Hintergrund sei stattdessen die neue Leitlinie zu begrüßen,
40 IQHP „öffnet Tür“ in der Bundespolitik, Presseerklärung zu einem Gespräch am 18. Juni 2020, abrufbar unter:
https://berufsverband-naturheilkunde.de/initiative-fuer-qualitaetssicherung-im-heilpraktikerberufiqhp-oeffnet-
tuer-in-der-berufspolitk/.
41 Heilpraktiker vor ungewisser Zukunft, in: Bayerischer Rundfunk, 17. Dezember 2019, abrufbar unter:
https://www.br.de/nachrichten/bayern/trend-beruf-in-bayern-heilpraktiker-vor-ungewisser-zukunft,RkbeOcu .
42 Heilpraktiker-Ausbildung vereinheitlichen, Internetseite des Bundestagsabgeordneten Alexander Krauss,
18. Juni 2020, abrufbar unter: https://www.alexander-krauss.com/2020/06/18/heilpraktiker-ausbildung-verein-
heitlichen/ .
43 Spangenberg: Heilpraktiker – Berufsbild schützen und weiterentwickeln, in afdbundestag.de vom 11. Juni 2020,
abrufbar unter: https://www.afdbundestag.de/spangenberg-heilpraktiker-berufsbild-schuetzen-und-weiterentwi-
ckeln/.Wissenschaftliche Dienste
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die, indem sie medizinische Kenntnisse und weitere Fertigkeiten bei der Überprüfung von An-
wärtern vorsehe, damit durchaus Qualitätsaspekte einbeziehe. 44
4.
Berufsausübung
Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde wird in den meisten Fällen als umfassende Erlaubnis
erteilt, der Heilpraktiker könnte somit grundsätzlich eine Vielzahl von Behandlungsmethoden
anwenden. Nach dem Grundsatz der Selbstbeschränkung darf er jedoch nur Verfahren durchfüh-
ren, die er auch sicher beherrscht. Geht er darüber hinaus, kommt sowohl eine zivilrechtliche
Haftung als auch eine Strafbarkeit in Betracht. 45
Lässt sich ein Patient von einem Heilpraktiker behandeln, so wird zunächst ein Behandlungsver-
trag nach §§ 630a ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 46 geschlossen. Es gelten daher auch die zivil-
rechtlichen Haftungsregelungen bei etwaigen Behandlungsfehlern oder verletzten Aufklärungs-
pflichten. 47 Gemäß § 630a Abs. 2 BGB hat die Behandlung „nach den zum Zeitpunkt der Behand-
lung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas
anderes vereinbart ist.“ Es gilt dabei der sog. „Fachstandard für Heilpraktiker“, wobei die Festle-
gung des Standards schwierig ist, da die Behandlungsmethoden teilweise nicht auf naturwissen-
schaftlichen Erkenntnissen beruhen und zudem keine einheitliche fachliche Ausbildung erfolgt.
Der Heilpraktiker ist deshalb verpflichtet, sich das notwendige Wissen und die notwendigen Fä-
higkeiten für die jeweilige Behandlungsmethode anzueignen, um die Patienten risikolos behan-
deln zu können. 48 Behandelt er sie unter Missachtung der vorgenannten Kriterien, kommen zu-
dem auch strafrechtliche Folgen – vor allem eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung – in Be-
tracht. Heilpraktiker unterliegen ebenso wie Ärzte dem Heilmittelwerbegesetz sowie dem Gesetz
gegen den unlauteren Wettbewerb. 49
4.1. Umfrage zur Inanspruchnahme und Akzeptanz
Eine von „ausbildungsheilpraktiker.info“ und der „Arbeitsgemeinschaft lebenslanges Lernen“ in
Auftrag gegebene Umfrage aus dem Jahr 2016 ermittelte die Inanspruchnahme und Akzeptanz
klassischer Naturheilverfahren und alternativer Heilmethoden in Deutschland. 50 Dazu wurden im
44 Hilpert-Mühlig, Ursula, Berufsrecht/Berufsaufsicht aus Sicht des Heilpraktikers, in: MedR, 2019, S. 473 (473 f.).
45 Hilpert-Mühlig, Ursula, Berufsrecht/Berufsaufsicht aus Sicht des Heilpraktikers, in: MedR, 2019, 473 (474);
Sasse, Der Heilpraktiker - Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 1. Auflage 2011, S. 70.
46 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I
S. 738), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1245).
47 Nomos-BR/Haage, Heinz, HeilpraktikerG, 2. Auflage 2013, § 1 Rn. 25.
48 BT-Drs. 17/10488, 19; Katzenmeier, Christian, in: Beck ́scher Onlinekommentar BGB, 54. Edition Mai 2020,
§ 630a Rn. 180.
49 Nomos-BR/Haage, Heinz, HeilpraktikerG, 2. Auflage 2013, § 1 Rn. 25 f.
50 Umfrage zur Inanspruchnahme und Akzeptanz klassischer Naturheilverfahren in Deutschland 2016, abrufbar
unter: https://ausbildungheilpraktiker.info/wp-content/uploads/2017/01/Umfrage-zur-Inanspruchsnahme-klas-
sischer-naturheilverfahren-2017.pdf.Wissenschaftliche Dienste
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Jahr 2016 insgesamt 2.291 Personen befragt. Fast 50 Prozent der Befragten zwischen 18 und 33
Jahren, 75 Prozent zwischen 34 und 49 Jahren, 47 Prozent zwischen 50 und 65 Jahren sowie 33
Prozent der über 65-Jährigen gaben an, schon einmal eine Heilpraktiker-Behandlung in Anspruch
genommen zu haben. In allen Altersklassen habe es dabei einen Anstieg im Vergleich zum Vor-
jahr gegeben. Weiterhin gaben 85 Prozent der Befragten an, bei einer Erkältung alternative Heil-
methoden der Schulmedizin vorzuziehen. Bei Krebserkrankungen seien dies nur 10 Prozent ge-
wesen. Zudem hätten 48 Prozent derjenigen, die Heilpraktikerleistungen in Anspruch genommen
hätten, angegeben, 100 bis 300 Euro ausgegeben zu haben. Der Umfrage zufolge gaben 26 Prozent
300 bis 500 Euro aus, 12 Prozent zwischen 500 und 1000 Euro und 14 Prozent mehr als 1000
Euro. Die Ausgaben seien im Vergleich zum Jahr 2015 um 11 Prozent gestiegen.
4.2. Fehlen einer rechtsverbindlichen Berufsordnung
4.2.1.
Derzeitige Situation
Bislang gibt es für den Beruf des Heilpraktikers keine rechtlich verbindliche Berufsordnung. Al-
lerdings haben sich die sechs großen Heilpraktikerberufsverbände auf eine Berufsordnung für
Heilpraktiker (BOH) verständigt. Die Berufsordnung wurde am 31. Oktober 1992 erstmals be-
schlossen. Die überarbeitete Fassung ist seit dem 16. Januar 2008 in Kraft. 51
Der Fachverband Deutscher Heilpraktiker e. V. hat darüber hinaus gemeinsam mit der Union
Deutscher Heilpraktiker Bundesverband e. V. im Jahr 2010 Ethische Rahmenrichtlinien verab-
schiedet, die Regeln zur Berufsausübung enthalten, darunter ausführliche Bestimmungen zu Ver-
haltensregeln, Aufklärungs- und Schweigepflichten. 52
Die Berufsordnung ist im Gegensatz zu den Berufsordnungen für Ärzte privatrechtlicher Natur.
Die einzelnen Heilpraktiker unterwerfen sich durch ihre jeweilige Mitgliedschaft in einem der
Fachverbände den Regelungen im Wege einer Selbstverpflichtung. Bei Verstoß gegen einzelne
Regelungen haben die Berufsverbände die Möglichkeit, dies zu sanktionieren und vor ihren Eh-
rengerichten zu entscheiden. Dabei können sie allerdings nicht in die Berufsausübungsfreiheit
eingreifen. In der Regel sprechen sie bei Verstößen Ermahnungen aus, führen vier- bis sechs-Au-
gen-Gespräche durch oder legen den Betreffenden Zahlungspflichten auf.
4.2.2.
Diskussion
Mit Blick auf die Qualitätssicherung der Heilpraktikerschaft wird vorgeschlagen, eine „gesetzli-
che Berufsordnung“ zu schaffen, in der die Berufspflichten der Heilpraktiker verbindlich defi-
niert und ausgestaltet werden könnten. Rechtsanwalt René Sasse 53 hat sich mit der Frage der
51 Dachverband Deutscher Heilpraktikerverbände e.V., https://ddh-online.de/infos/berufsordnung.
52 Ethische Rahmenrichtlinien des Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker e. V. (FDH) und der Union Deutscher
Heilpraktiker Bundesverband e. V. (UDH), Januar 2010, abrufbar unter: https://www.udh-bundesverband.de/fi-
les/ethik-richtlinien_gesamt.pdf.
53 René Sasse ist nach eigenen Angaben Rechtsanwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt Heilpraktikerrecht.Wissenschaftliche Dienste
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Weiterentwicklung des Berufsausübungsrechts der Heilpraktiker ausführlich befasst. Er hat erläu-
tert, welche Vorteile eine solche gesetzliche Berufsordnung hätte und konkrete Vorschläge entwi-
ckelt, welche Regelungen sie enthalten sollte. 54 Dabei gibt er zu bedenken, dass die Gesetzge-
bungskompetenz für die Schaffung von Berufsausübungsregelungen, anders als bei Bestimmun-
gen über die Berufszulassung, gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG i. V. m. Art. 70 GG bei den Län-
dern liegen würde. 55
Vorteile seien insbesondere:





Sicherung einer gleichwertigen und vergleichbaren Berufsausübung
Gewährleistung von qualitativen Mindeststandards bei der Behandlung
Erhöhung der Transparenz
Konkretisierung des Berufsbildes und
Stärkung der externen Anerkennung des Berufs.
Geregelt werden müssten bestimmte Berufspflichten:





die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung (insbes. durch Schaffen einer General-
pflichtenklausel)
die Pflicht zur nötigen allgemein-heilkundlichen Fortbildung
die Verschwiegenheitspflicht
die Pflicht zur Dokumentation der Behandlungsschritte und die Pflicht zur Aufbewahrung
entsprechender Aufzeichnungen
die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung (bislang nur in wenigen
Bundesländern gesetzlich vorgeschrieben).
Wichtig sei aus seiner Sicht darüber hinaus, die Weiterbildung gesetzlich zu regeln und einheitli-
che Weiterbildungsbezeichnungen einzuführen. Die Heilpraktiker könnten damit ihre erworbe-
nen Fachkenntnisse belegen. Die Bezeichnungen könnten sich an einzelnen naturkundlichen
Therapieverfahren oder aber an bestimmten Erkrankungen orientieren; damit sei es möglich, sich
einen bestimmten Patientenkreis zu sichern. Für die Patienten wiederum würden diese Bezeich-
nungen die Orientierung bei der Auswahl des Behandelnden erleichtern.
Ursula Hilpert-Mühlig, die Präsidentin des Fachverbandes Deutscher Heilpraktiker e. V., weist
darauf hin, ein Berufsgesetz sei schon allein wegen seines Schutzzwecks erforderlich. Mangels
eines Berufsgesetzes für die Heilpraktiker sei denkbar, dass über Erlaubnisvorbehalte anderer
Heil- und Gesundheitsberufe der Heilpraktiker schleichend in seinen Tätigkeitsbereichen einge-
schränkt werde. Dies könne dann auch den Patienten schaden, weil ihre Möglichkeiten, sich für
54 Ausführlich zu diesen Fragen: Sasse, René, Heilpraktikerrecht – Ein Überblick und Ausblick, in: GesR, 2018,
S. 279 (285-289), ders., Der Heilpraktiker, Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 2011, S. 113-229.
55 Sasse, René, Heilpraktikerrecht – ein Überblick und Ausblick, in: GesR, 2018, S. 279 (287).Wissenschaftliche Dienste
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eine schulmedizinische oder aber naturheilkundliche Behandlungsmethode zu entscheiden, re-
duziert werden könnten. 56
Die AfD-Bundestagsfraktion ist der Ansicht, neue gesetzliche Regelungen würden zu einer höhe-
ren Qualifizierung beitragen. Da die Tätigkeit der Heilpraktiker vielfach der Tätigkeit eines prak-
tischen Arztes entspreche, sei zu erwägen, ob man allen in eigener Praxis tätigen Heilpraktikern
die Möglichkeit geben solle, durch ein „gesetzlich festgelegtes Curriculum mit staatlicher Ab-
schlussprüfung eine Qualifizierung zum approbierten Arzt abzulegen“, und zwar bezogen auf fest
umschriebene Teilbereiche, wie etwa die Naturheilkunde oder die Psychosomatik. 57
4.3. Behandlungskosten und Kostenerstattung
Für Heilpraktikerleistungen besteht bislang keine verbindliche Gebührenordnung, das Honorar
kann vielmehr gemäß §§ 611 ff. BGB frei vereinbart werden. Die meisten Heilpraktiker orientie-
ren sich am Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker 58 , schon allein deshalb, weil auch die priva-
ten Krankenkassen dieses nutzen. 59 Allerdings weist der Heilpraktiker Berufsbund auf seiner In-
ternetseite die Patienten ausdrücklich darauf hin, dass dieses Gebührenverzeichnis keine ver-
bindliche Gebührenordnung darstelle. Den genannten Gebühren lägen statistische Durchschnitts-
werte zugrunde, die bereits vor 20 Jahren im Wege einer Umfrage ermittelt worden seien. 60
Wenn keine Vergütung zwischen dem Behandelnden und dem Patienten vereinbart wurde, wird
das Gebührenverzeichnis zur Bestimmung der „üblichen Vergütung“ gemäß § 612 Abs. 2 BGB
herangezogen. 61
56 Zu den Nachteilen eines fehlenden Berufsgesetzes siehe Hilpert-Mühlig, Ursula, Berufsrecht/Berufsaufsicht aus
Sicht des Heilpraktikers, in: MedR, 2019, S. 473 (475).
57 Gehrke: Heilpraktikerberuf gefährdet? – AfD-Fraktion schlägt „Qualifizierungslösung“ vor, in: afdbundestag.de
vom 18. Juli 2018, abrufbar unter: https://www.afdbundestag.de/gehrke-heilpraktikerberuf-gefaehrdet-afd-frak-
tion-schlaegt-qualifizierungsloesung-vor/.
58 Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker, abrufbar unter: https://www.heilpraktiker.org/files/seiteninhalt/inhalts-
seiten/c_fuer_heilpraktiker/cf-fuer-mitglieder-intern/cf-02-versicherungsfragen/cf-02-01-01-gebueh-85-2002-
final.pdf (Stand: 8.7.2020) .
59 Sasse, René, Heilpraktikerrecht - Ein Überblick und Ausblick, in: GesR 2018, 279 (284f.).
60 Heilpraktiker Berufsbund, Startseite, Patienten, abrufbar unter: https://www.heilpraktiker-berufs-bund.de/pati-
enten/gebuehrenverzeichnis-heilpraktiker.html.
61 Hespeler, Ulrike/ Küntzel, Wolfram: Heilpraktiker, in: Heidelberger Kommentar: Arztrecht, Krankenhausrecht,
Medizinrecht (HK-AKM), Stand: 73. Aktualisierung, Juli 2018, Rn. 25.Wissenschaftliche Dienste
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Der Bund Deutscher Heilpraktiker (BDH) merkt zu dem Verzeichnis an, dies sei veraltet und es
sei zu bedauern, dass eine Anpassung an die heutigen wirtschaftlichen Gegebenheiten bislang
nicht stattgefunden habe. 62
Heilpraktikerleistungen werden aufgrund des Arztvorbehaltes nach § 15 Abs. 1 Fünftes Buch So-
zialgesetzbuch (SGB V) 63 nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt, sie können
hier nur von privaten Zusatzversicherungen abgedeckt werden. 64 Möglich wäre eine Kostenerstat-
tung allerdings dann, wenn der Behandelnde Heilpraktiker mit abgeschlossenem medizinischem
Studium ist, d. h. etwa ein Arzt mit Spezialisierung in Naturheilkunde. In diesen Fällen und nur
dann prüfen die Krankenkassen eine Erstattung und können diese gewähren, wenn die Schulme-
dizin versagt hat und die Kosten der heilpraktischen Behandlung unterhalb der der Schulmedi-
zin liegen. 65
Anders ist dies grundsätzlich bei den privaten Krankenkassen 66 und nach § 13 Bundesbeihil-
feverordnung (BBhV) 67 auch bei der Beihilfe für Bundesbeamte. 68 Für die Beihilfe ist in § 6 Abs. 2
BBhV geregelt, dass die Untersuchungen und Behandlungen grundsätzlich nach einer wissen-
schaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden müssen. Einige Methoden, die danach
nicht beihilfefähig sind, sind in Anlage 1 der Verordnung zu finden. Zudem legt die Anlage 2 zu
§ 6 Abs. 3 S. 4 BBhV die Höchstbeträge für die Angemessenheit der Aufwendungen für Heilprak-
tiker/innen fest.
62 Das Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH), bdh online, abrufbar unter: https://www.bdh-on-
line.de/heilpraktiker/praxismanagement/abrechnung/gebuehrenverzeichnis/.
63 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (Art. 1 des Gesetzes vom
20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Art. 311 der Verordnung vom 19. Juni 2020
(BGBl. I S. 1328).
64 Z B. Techniker Krankenkasse: https://www.tk.de/techniker/leistungen-und-mitgliedschaft/informationen-versi-
cherte/leistungen/weitere-leistungen/alternative-medizin/alternative-behandlungsmethoden/uebernahme-kos-
ten-heilpraktiker-2002038.
65 Siehe hierzu die Informationen bei krankenkassen.de, abrufbar unter: https://www.krankenkassenzent-
rale.de/wiki/alternativmedizin#.
66 Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 2 der Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung
(MB/KK) von 2009, abrufbar unter: https://www.pkv.de/service/rechtsquellen/musterbedingun-
gen/mb_kk_2009.pdf.
67 Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326), zuletzt geändert durch Art. 4a des Gesetzes
vom 28. April 2020 (BGBl. I S. 960).
68 Für Beamte des Bundes gilt seit dem 31. Juli 2013 folgende Abrechnungstabelle: https://www.heilprakti-
ker.org/files/seiteninhalt/beihilfe-tabelle-0913-web.pdf.Wissenschaftliche Dienste
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Im Jahr 2018 beliefen sich die Ausgaben der privaten Krankenkassen für Heilpraktikerleistungen
auf 304,3 Millionen Euro 69 , was einen Anstieg von 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeu-
tet. 2008 hingegen waren es noch 196,6 Millionen Euro, die Tendenz ist stetig steigend. 70
5.
Möglichkeiten der Kooperation zwischen Ärzten und Heilpraktikern
In den letzten Jahren wird vermehrt die Frage nach Kooperationsmöglichkeiten zwischen Ärzten
und Heilpraktikern gestellt.
Im Rahmen des Projekts „Das Phänomen der ärztlichen Hinwendung zu komplementären und
alternativen Heilverfahren“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wurde,
sind mit 15 niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten im Jahr 2013 Befragungen durchgeführt,
worden, wobei festgestellt wurde, dass weitere Untersuchungen notwendig seien, um reprodu-
zierbare Ergebnisse zu erzielen. Diese ersten Befragungen hätten gezeigt, dass ein Interesse zur
Zusammenarbeit mit Heilpraktikern in den meisten Fällen grundsätzlich bestehe. Möglicher-
weise lasse sich dadurch das Risiko vermindern, dass schwere Krankheiten übersehen würden. 71
Als Bedingung für eine Zusammenarbeit werde von den Ärzten allerdings verlangt, dass der Heil-
praktiker die Grenzen seiner Behandlungsformen kenne. Chancen zu einer Zusammenarbeit se-
hen sie vor allem bei leichteren oder psychisch beeinflussten Erkrankungen, 72 denn Patienten be-
klagten häufig, dass Ärzte nicht genug Zeit für den Einzelnen hätten und den Patienten zudem
nicht „ganzheitlich“ betrachteten. 73 Einer Zusammenarbeit im Wege stehe jedoch das mangelnde
Vertrauen der Ärzte in die Ausbildung der Heilpraktiker. Zudem befürchteten einige, dass Heil-
praktiker die medizinischen Methoden der Ärzte infrage stellten. 74 Auch gebe es eine Art Kon-
kurrenzverhältnis zwischen Ärzten und Heilpraktikern, da mittlerweile auch Ärzte komplemen-
täre und alternative Behandlungsmethoden wie Akupunktur oder Homöopathie praktizierten,
weshalb eine Zusammenarbeit schwierig sein könnte. 75
69 Insgesamt betrugen die Ausgaben der privaten Krankenversicherungen 33,253 Milliarden Euro, einschließlich
privater Pflegepflichtversicherung, Auswertung des Statistischen Bundesamtes, abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Gesundheitsausgaben/Tabellen/ausga-
bentraeger.html .
70 Zahlenbericht der privaten Krankenversicherungen 2018, abrufbar unter: https://www.pkv.de/service/zahlen-
und-fakten/archiv-pkv-zahlenbericht/zahlenbericht-2018.pdf.
71 Thanner, Mirjam/ Nagel, Eckhard/ Loss, Julika, Möglichkeiten und Grenzen einer Zusammenarbeit mit
Heilpraktikern aus ärztlicher Sicht, 2013, S. 27.
72 Thanner, Mirjam/ Nagel, Eckhard/ Loss, Julika, Möglichkeiten und Grenzen einer Zusammenarbeit mit
Heilpraktikern aus ärztlicher Sicht, 2013, S. 28f .
73 Thanner, Mirjam/ Nagel, Eckhard/ Loss, Julika, Möglichkeiten und Grenzen einer Zusammenarbeit mit
Heilpraktikern aus ärztlicher Sicht, 2013, S. 26.
74 Thanner, Mirjam/ Nagel, Eckhard/ Loss, Julika, Möglichkeiten und Grenzen einer Zusammenarbeit mit
Heilpraktikern aus ärztlicher Sicht, 2013, S. 29.
75 Thanner, Mirjam/ Nagel, Eckhard/ Loss, Julika, Möglichkeiten und Grenzen einer Zusammenarbeit mit
Heilpraktikern aus ärztlicher Sicht, 2013, S. 24 f.Wissenschaftliche Dienste
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Rechtlich wird die Kooperationsmöglichkeit nach heutigem Stand wie folgt eingeschätzt:
Eine Zusammenarbeit von Ärzten und Heilpraktikern ist nur unter sehr engen Voraussetzungen
möglich. Das HPG und auch die Erste HeilprDVO sehen für Heilpraktiker keine Einschränkungen
vor. § 23b der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-
Ä) 76 enthält Regelungen zu möglichen medizinischen Kooperationsgemeinschaften zwischen
Ärzten und Angehörigen anderer Fachberufe, mit der Folge, dass diese Möglichkeit für dort nicht
genannte Berufstätige nicht besteht. 77 Genannt werden dabei Berufsangehörige anderer akademi-
scher Heilberufe oder staatlicher Ausbildungsberufe sowie Naturwissenschaftler und Angehörige
sozialpädagogischer Berufe. Da es für Heilpraktiker jedoch keine staatlich anerkannte Ausbildung
gibt und der Beruf auch nicht zu den akademischen Heilberufen gehört, werden sie von § 23b
MBO-Ä nicht erfasst. Eine Kooperationsgemeinschaft ist daher nicht möglich. 78 Die Berufsord-
nung für die Ärzte Bayerns hat – anders als die MBO-Ä – die Kooperation zwischen Ärzten und
Heilpraktikern ausdrücklich ausgeschlossen. § 23 Abs. 1 Satz 2 lautet: „Dies gilt nicht, soweit der
Angehörige des anderen Berufs durch sein Berufsrecht an dem Zusammenschluss gehindert ist
oder aufgrund einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz tätig wird. 79
Ärzten ist es im Übrigen gemäß § 29 a MBO-Ä nicht gestattet, mit Personen, die nicht Ärztin oder
Arzt sind, gemeinsam Untersuchungen durchzuführen oder Patienten gemeinsam zu behan-
deln. 80
Der Wortlaut macht deutlich, dass nur die gemeinsame Arbeit am Patienten ausgeschlossen ist.
Ein rein organisatorischer Zusammenschluss ist demgegenüber möglich, soweit er keine Umge-
hung des Kooperationsverbots darstellt. Darunter fällt beispielsweise die gemeinsame Nutzung
von Räumen und Apparaturen, solange die Arbeit von Arzt und Heilpraktiker streng getrennt
76 (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte – MBO-Ä 1997 -*) in der Fassung
der Beschlüsse des 121. Deutschen Ärztetages 2018 in Erfurt, geändert durch Beschluss des Vorstandes der
Bundesärztekammer am 14. Dezember 2018, abrufbar unter: .
https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-
Ordner/MBO/MBO_02.07.2015.pdf.
77 Die für Ärzte verbindlichen Berufsordnungen der Landesärztekammern enthalten entsprechende Regelungen,
siehe Thanner, Mirjam/ Nagel, Eckhard/ Loss, Julika, Möglichkeiten und Grenzen einer Zusammenarbeit mit
Heilpraktikern aus ärztlicher Sicht, 2013, S. 24.
78 Hinweise und Erläuterungen der Bundesärztekammer zu §§ 7-19 und 23a-d MBO, in: Deutsches Ärzteblatt
2008, S. 1024, abrufbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/MBO-
Hinweise2008.pdf.
79 Berufsordnung für die Ärzte Bayerns, Bekanntmachung vom 09. Januar 2020 i. d. F. der Änderungsbeschlüsse
vom 28. Oktober 2018, Bayerisches Ärzteblatt 12/2018, S. 694, abrufbar unter: https://www.blaek.de/kammer-
recht/berufsordnung-fuer-die-aerzte-bayerns/berufsordnung-fuer-die-aerzte-bayerns-bekanntmachung-vom-09-
januar-2012-i-d-f-der-aenderungsbeschluesse-vom-28-oktober-2018-bayerisches-aerzteblatt-12-2018-s-694.
80 Die Rechtmäßigkeit des Kooperationsverbotes von Ärzten und Heilpraktikern wird teilweise angezweifelt, siehe
ausführlich Sasse, Der Heilpraktiker - Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 1. Auflage 2011,
S. 222 ff.; Walburg, Die Zusammenarbeit von Ärzten und Heilpraktikern nach den ärztlichen Berufsordnungen
im Lichte der Berufsfreiheit, in: „Neue“ Wege in der Medizin: Alternativmedizin-Fluch oder Segen? (Hrsg.:
Becker u. a.), 2010, S. 305 ff .Wissenschaftliche Dienste
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wird und sichergestellt ist, dass dieselben Räume nicht gleichzeitig genutzt werden. 81 Der Heil-
praktiker darf den Patienten mit behandeln, wenn dieser jederzeit sicher weiß, wer für welchen
Behandlungsschritt zuständig ist. 82 Auch ist es möglich, dass der Arzt auf Veranlassung des Heil-
praktikers tätig wird und Untersuchungen wie das Anfertigen von Röntgenmaßnahmen durch-
führt, da dies eindeutig in den Verantwortungsbereich des Arztes fällt. 83
Zu dieser rechtlichen Einschätzung kommen auch Rechtsanwalt René Sasse und Ines Walburg,
die sich mit den verfassungsrechtlichen Fragen ausführlich befasst haben:
Rechtsanwalt Sasse wirft die Frage auf, ob das Kooperationsverbot verfassungsrechtlich haltbar
ist. Dies betreffe das Verbot der gemeinsamen Behandlung mit Nicht-Ärzten des § 29a 84 , aber
auch den Ausschluss der Heilpraktiker durch die abschließende Aufzählung in § 23b MBO-Ä.
Nach seiner Auffassung dient das Verbot der gemeinsamen Tätigkeit von Arzt und Nicht-Arzt
dem Schutz des Patienten. Dieser müsse die Gewähr haben, dass sich seine Behandlung unter Be-
achtung sämtlicher Berufspflichten der Ärzte ausschließlich nach diesem Standard ausrichte. Im
Falle einer Gemeinschaftspraxis mit einem Heilpraktiker entfalle diese Garantie. Das Grundrecht
der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG würde insoweit in verhältnismäßiger und damit zulässi-
ger Weise eingeschränkt. Demgegenüber sei ein schrankenloses Kooperationsverbot von Ärzten
und Heilpraktikern mit dem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit nicht vereinbar. Eine strikte
Ausgrenzung der Heilpraktikerschaft laufe dem Wohl der Patienten zuwider. Die Integration von
Naturheilkunde und Schulmedizin fördere gerade „eine effektive, effiziente und ganzheitliche
Gesundheitsbetreuung der Bevölkerung“ 85 .
Zum gleichen Ergebnis gelangt auch Ines Walburg: Während das Verbot der Zusammenarbeit
nach § 30 bzw. 29a MBO-Ä verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, verstoße die medizini-
sche Kooperation gemäß § 23b MBO-Ä nicht gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit
des Art. 12 Abs. 1 GG. Die medizinische Kooperation habe keine erhebliche Gefährdung für den
Patienten zur Folge. Die medizinische Kooperation von Ärzten und Heilpraktikern ermögliche
sogar eine höhere Qualität in der Gesundheitsversorgung. Im Übrigen sei auch nicht nachvoll-
ziehbar, warum das Selbstbestimmungsrecht des Patienten durch ein solches Verbot unterlaufen
81 Walburg, Ines, Die Zusammenarbeit von Ärzten und Heilpraktikern nach den ärztlichen Berufsordnungen im
Lichte der Berufsfreiheit, in: „Neue“ Wege in der Medizin: Alternativmedizin-Fluch oder Segen? (Hrsg.: Becker
u. a.), 2010, S. 299 f; Sasse, René, Der Heilpraktiker - Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 1. Auf-
lage 2011, S. 213 f., 216 f.
82 Hespeler, Ulrike/ Küntzel, Wolfram, : Heilpraktiker, in: Heidelberger Kommentar: Arztrecht, Krankenhausrecht,
Medizinrecht (HK-AKM), Stand: 73. Aktualisierung, Juli 2018, Rn. 38; Sasse, René, Der Heilpraktiker - Ein Ge-
sundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 1. Auflage 2011, S. 218 f.
83 Sasse, René, Der Heilpraktiker – Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht? 2011S. 299; Nomos-
BR/Haage HeilpraktikerG/Heinz Haage, 2. Auflage 2013, HeilPraktG § 1 Rn. 23.
84 Sasse, René, Der Heilpraktiker – Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 2011, S. 219, Anmerkung:
Der Autor zitiert in seiner Veröffentlichung die 2011 geltende Fassung der MBO-Ä, die entsprechende Vor-
schrift war seinerzeit § 30 MBO-Ä.
85 Sasse, René, Der Heilpraktiker – Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 2011, S. 228.Wissenschaftliche Dienste
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werden sollte. 86 Die Autorin schlägt vor, den Beruf des Heilpraktikers in den Katalog der in § 23b
MBO-Ä genannten Berufe aufzunehmen oder aber, und dies sei die bessere Lösung, den Heil-
praktikerberuf in einen staatlichen Ausbildungsberuf umzuwandeln und damit automatisch in
diesen Katalog zu integrieren.
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86
Sasse, René, Der Heilpraktiker – Ein Gesundheitsberuf ohne Berufsausübungsrecht?, 2011, S. 305 und 311.
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