https://www.elite-magazin.de/dossiers/sauberkeit-und-hygiene-sind-der-schluessel-zum-erfolg-9321632.htmlElite Magazin
Sauberkeit und Hygiene sind der Schlüssel zum Erfolg!
Veröffentlicht am 01.01.2009 von Veauthier, Gregor Elite Magazin
Automatisches Melken: Fluch oder Segen für die Eutergesundheit? Die Meinungen in der Praxis klaffen hier weit auseinander. Fakt ist, das belegen jüngste Studien, dass der Zellgehalt in den meisten Milchviehbetrieben nach der Umstellung erst einmal hochschnellt. Doch wie weit lässt sich der Zellgehalt nach der Umstellungsphase wieder reduzieren? Sind beim AMS Zellzahlen um 100.000/ml Milch möglich? Wir haben uns bei Familie Hansen in Quern (Schleswig-Holstein) umgeschaut.
AMS2
Vor sechs Jahren hielt der erste Melkroboter Einzug auf dem Betrieb von Henning Hansen (30). Damals entschied er sich mit seinem Vater für einen Melkroboter, vor allem, um die körperliche Belastung durch das Melken zu minimieren. So wurde im Jahr 2007 ein Lely A3 vor Kopf in den alten Boxenlaufstall gesetzt. „Der Roboter war damals sofort stark ausgelastet. Im ersten Jahr kam er mit 720.000 kg gleich an seine Grenzen. Dennoch konnten wir bereits in den Monaten nach der Umstellung vom 2 x 4-Fischgräten-Melkstand einen deutlichen Rückgang der Zellzahlen um 50.000 auf 160.000/ml Milch verzeichnen“, beschreibt der Jungunternehmer die ersten Monate am Roboter.
Auch mit dem Umzug in den neuen Boxenlaufstall 2009, ausgestattet mit 138 Liegeplätzen, gab es bei der Eutergesundheit keinen Einbruch. Mit der Aufstockung investierte Hansen erneut in einen A3, mit dem er bis dahin „gute Erfahrungen“ gemacht hatte. Inzwischen umfasst die Herde 125 Kühe, darunter auch 30 Angler-Kühe, die der Unternehmer von einem benachbarten Betrieb zukaufen konnte. Die Rasse bietet nach Hansens Erfahrung aber keinen Vorteil im Hinblick auf die Eutergesundheit: „Obwohl diese Kühe robuster sind, erkranken sie genauso häufig an Mastitis wie ihre holsteinischen Kolleginnen.“
AMS3
Durch den zweiten Roboter ging die Auslastung der einzelnen Maschinen natürlich erst einmal deutlich zurück, auf ca. 1.500 kg Milch pro Roboter und Tag (2,9 Melkungen/Kuh). Dennoch sieht Henning Hansen hier nicht den entscheidenden Faktor für die hervorragende Eutergesundheit, denn „auch bei der Vollauslastung hatten wir nur wenig mit Euterentzündungen zu kämpfen“. Für den Junglandwirt steht vielmehr fest, dass vor allem die Sauberkeit und Hygiene in verschiedenen Betriebsbereichen der Schlüssel zum Erfolg sind.
Melkzeug und Roboterarm täglich säubern
Sauberkeit, das zeigt sich beim Rundgang durch den Betrieb, wird bei Hansen tatsächlich groß geschrieben. So werden – und das hält Hansen für einen großen Pluspunkt – beide Roboter von außen inklusive der Melkräume zweimal täglich gereinigt. Notfalls auch mit der Bürste. „Wir achten besonders darauf, dass am Roboterarm und Melkzeug kein Kot kleben bleibt. Auch die Bürsten der Zitzenreinigung werden regelmäßig gesäubert.“ Daneben sorgt eine Zwischendesinfektion mit heißem Wasserdampf dafür, dass die Melkzeuge nach jeder Melkung weitestgehend von Keimen befreit werden. Zudem durchlaufen die Roboter zweimal täglich eine Hauptreinigung.
Trotz Roboterreinigung und Zwischendesinfektion verzichtet Hansen aber nicht auf das Dippen nach dem Melken. „Wir besprühen die Zitzen mit einem Mittel auf Milchsäurebasis. Auf das Dippen, z. B. aus Zeitgründen, zu verzichten, kommt für uns nicht infrage, denn das hätte fatale Folgen für die Eutergesundheit.“
20 kg Strohmehl
Neben der Hygiene im Melkbereich legt Hansen großen Wert auf die Sauberkeit der Laufflächen. Deshalb hat er bei der Investition in den zweiten Roboter auch einen Spaltenroboter eingehandelt. „So sauber wie der Roboter kann man die Spalten nicht von Hand abschieben. Das sechsmalige Befahren verringert spürbar die Verschmutzung der Beine, Euter und der Liegeflächen“, erklärt der Junglandwirt.
Trotz der geringen Verschmutzung der Tiere reinigt und streut der Milcherzeuger die Hochboxen zweimal täglich ein. Dabei wird der Kot aus den Boxen gekratzt und diese mit gereinigtem Strohmehl neu eingestreut. Insgesamt verbraucht Hansen täglich ca. 20 kg Strohmehl: „Wir haben über Jahre gute Erfahrungen mit Strohmehl gemacht. Es saugt die Feuchtigkeit sehr gut auf und weist vor allem keine mikrobiologischen Verunreinigungen wie selbst gehäckseltes Stroh auf.“
Bis vor drei Monaten mischte Hansen dem Strohmehl zudem Vibo-Kalk (aus Kreide) unter. „Wir haben auf Kalk verzichtet, da die Kühe unter Läsionen an den Sprunggelenken litten.“ Dies war jedoch ein Fehler, da zwischenzeitlich eine Strep. uberis-Infektion aufgetreten ist. Deshalb hat er bereits neuen Kalk bestellt und will diesen zukünftig zwei- bis dreimal pro Woche einstreuen.
Damit alle Boxen gereinigt werden können, ohne die Kühe unnötig aufzuscheuchen, erledigt der Betriebsleiter dies abends direkt nach dem Füttern und morgens nach dem ersten Ranschieben des Futters.
Teststreifen zur Mastitiserkennung
Neben Roboter- und Boxenhygiene lässt sich eine gute Eutergesundheit auch auf eine optimale Futterqualität, speziell auf die mikrobiologische Beschaffenheit, zurückführen. „Wir achten deshalb sehr penibel darauf, dass sowohl das Grund- als auch das Kraftfutter einwandfrei ist. Feucht-warmes Kraftfutter käme uns nicht in die Silos.“ Eine wichtige Hygienemaßnahme sei auch das Scheren der Euter, der unteren Bauchpartie und des Schwanzes. Davon ist Henning Hansen jedenfalls fest überzeugt. Geschoren wird vor der Abkalbung – hier aber zur besseren Eutererkennung im Roboter – und anschließend alle zwei Monate zur Verbesserung der Euterhygiene.
Um die Eutergesundheit der Herde auch nachhaltig zu stabilisieren, setzt Hansen bei der Vererberauswahl auf ein hervorragendes Exterieur, speziell auf fest aufgehangene Euter sowie eine korrekte Strichstellung und einen guten Zuchtwert für den somatischen Zellgehalt. „Bei der Anpaarungsberatung achte ich andererseits auch auf eine gute Melkbarkeit, denn die ist wichtig, um eine Leistung von 2 000 kg Milch pro Roboter realisieren zu können.“
Erst homöopathisch behandelnTrotz all der vielen Maßnahmen treten natürlich auch in Hansens Milchviehherde immer wieder Euterentzündungen auf. Die versucht er so früh wie möglich über die Leitfähigkeits- und Milchmengenmessung herauszufiltern: „Wir drucken jeden Morgen eine Alarmliste aus. Bei einem erhöhten Leitwert selektieren wir die Kuh sofort aus und schauen uns das Euter genau an“, erklärt Hansen seine Vorgehensweise. Dazu melkt er aus jedem Viertel Milch auf einen Euterteststreifen (Lackmus-Test). Mithilfe dieses Indikatorpapiers kann er feststellen, ob sich der pH-Wert der Milch erhöht hat und damit eine Mastitis vorliegt.
„Sind noch keine eindeutigen Anzeichen zu erkennen, versuchen wir zuerst homöopathisch mit einer Phytolacca-Injektion einzugreifen. Bei einer akuten Entzündung behandeln wir natürlich mit Antibiotika.“ Auch trockengestellt wird bei Hansen grundsätzlich antibiotisch. „Ich habe schon darüber nachgedacht, eutergesunde Kühe ohne Antibiotikum und dafür mit Zitzenversiegler trockenzustellen. Bisher war mir das Risiko jedoch zu groß, da wir bei der letzten bakteriologischen Untersuchung Staph. aureus im Bestand gefunden haben.“ Neben Staph. aureus ist auch der Abkalbebereich ein Grund für den Einsatz der Trockensteller. Denn das Stallabteil ist, gemessen an der Zahl der abkalbenden Kühe, „relativ knapp bemessen“. So kann nicht nach jeder Kalbung ausgemistet und damit der Keimdruck reduziert werden.
Hyperkeratosen sind ein Problem
Aber auch bei Hansens gibt es noch Ansatzpunkte, die Eutergesundheit zu verbessern. So hat der Milcherzeuger bei der von ihm regelmäßig durchgeführten Kontrolle der Zitzenkondition eine Zunahme der Hyperkeratosen festgestellt. Im Moment weisen ca. 20 % der Kühe eine mittlere Hyperkeratose auf. „Ein Techniker von Lely hat bereits die Anlage durchgemessen, aber keinen Fehler gefunden. Deshalb erwägen wir, die Zitzengummigröße zu wechseln.“
Alle genannten Maßnahmen, darüber ist sich Henning Hansen im Klaren, fressen eine Menge Arbeitszeit auf. In dem Betrieb mit einer Außenwirtschaft von 132 ha Acker- und Grünlandfläche arbeitet neben Henning Hansen und seinem Vater daher auch noch ein Auszubildender mit.
„Durch die Roboter hat sich die Arbeitszeit im Stall nicht wesentlich verkürzt. Wir haben nur jetzt mehr Zeit, die Problemtiere zu managen“, ist der Milcherzeuger überzeugt. An dem Arbeitszeitbedarf wird sich auch in Zukunft nur wenig ändern, denn Hansen will über eine Herdenaufstockung mindestens 2.000 kg pro Melkroboter melken. „Unser Ziel ist und bleibt es aber, die Leistung nicht auf Kosten der Eutergesundheit zu verbessern.“ Der durchschnittliche Tankmilchzellgehalt lag im brigen in den vergangenen Monaten bei 120.000 Zellen/ml. Das zeigt, ein Dauerzustand müssen hohe Zellgehaltebei AMS jedenfalls nicht sein.
(B. Ostermann-Palz)
© Landwirtschaftsverlag GmbH, Hülsebrockstraße 2-8, 48165 Münster